Sonntag, Mai 07, 2006

`N little drink in the morningtime

...is better as den ganzen Tach gar kein...

Danke Lotto. Tolle Inspiration am frühen Morgen. Da kann ich grad richtig was mit anfangen. Hamburg meine Perle, ja, selbstverständlich. Aufrecht stehn? Ja, normal. Es wird alles schlimmer werden... Ich mach mir erstmal `n Kaffee.

Kurzes Gegrübel...ja, es wird schlimmer. Nein, ich schiele jetzt nicht auf die Portflasche, los, ab in die hinterste Ecke im Schrank. Weiche Port. Führe mich nicht in Versuchung. Ich brauch dich nicht. So schlimm war das gestern doch gar nicht. Wie? Die letzten beiden Worte streichen? Na gut, es war schlimm. Jaaa, na gut. Es war schlimm.

Schon in dem Moment, wo ich die Haustür der Kollegin, die gestern ihren siebenundzwanzigsten Geburtstag feierte, passierte, war ich nicht mehr ich selbst, weil ein Teil von mir draußen im Hausflur am Türrahmen klammerte und laut skandierte "ICH GEH DA NICH REEEEEIN". Da ich mich selbst einigermaßen kenne, war mir klar, daß hier keine Überredungskünste ziehen würden. Wenn ich nicht will, will ich nicht. Leider hockte jetzt der extrovertierte Teil meiner selbst draußen auf der Treppe und streckte mir mit seinem blöden Dickkopf die Zunge raus. So ein Arsch.

Also, dann eben ohne. Tief Luft geholt und noch ein kurzer Blick auf die beiden Freundinnen, mit denen ich bis zur Haustür noch fröhlich rumscherzte und Harmonie produzierte. Los, gebt mir Zuversicht. Sagt mir, daß das ein ganz super Abend wird. Doch sieh an, anscheinend hat mein Extroego Gesellschaft da draußen. Jeder sicher aus seinen ganz persönlichen Gründen, doch die Blicke der beiden spiegeln meine Gefühle wider. Jetzt stehen wir hier wie die Kühe auf dem Weg zur Schlachtbank. Das Geburtstagskind kommt angestrahlt wie die Judasziege und fordert uns auf, doch bitte reinzukommen. Na dann.

Lächeln aufgesetzt, ins Wohnzimmer getreten, und ein fröhliches Hallo in die Runde geworfen. Warum muß ich grad daran denken, daß in einem meiner Grundschulzeugnisse stand: "Sabine hat große Talente im darstellerischen Spiel"?

Fünf Pärchen, Durchschnittsalter 25, Durchschnitts-IQ etwa 70, Ziel des Abends: acht Flaschen Wodka in der kürztmöglichsten Zeit wegnageln, dabei Blondinenwitze erzählen und Affen nachmachen (Ja doch, richtig gelesen. Diverse Male sprang einer der Jungs unvermittelt auf, steckte sich die Hände in die Achseln und machte uuuhuuuuggguuuh. Es gab auch einen Gorilla, einen Seehund und ein Mammut. Ich glaub, ich hab da irgendwelche Spielregeln nicht verstanden und machte daher lieber die Schildkröte). Hm. Erstmal ein Bier. Das Bier ist warm. Yeah, das macht meine Laune doch gleich viel besser. Örks.

Während ich die Flasche ein wenig durch die Gegend schwenke, damit sie vom Luftzug etwas ankühlt, sinniere ich vor mich hin:

Bine, wo ist dein Problem, normalerweise hast du gegen gepflegtes Kopfabdrehen und volllaufen (cool, drei l) lassen überhaupt nix einzuwenden. Warum sitzt du jetzt hier und schaust arrogant?...Weil ich nach Hause will. Ich will das hier nicht... Tolle Argumentation Bine. Super. Meinst du nicht, du kannst das besser? ...Hey, was nervst du hier eigentlich rum. Hast DU noch Lust darauf, Abende in der Gesellschaft von Leuten zu verbringen, die dich nicht interessieren, und die ganze Zeit darauf zu hoffen, irgendwann betrunken genug zu sein, um dir den ganzen Abend auf unterstem Niveau Sprüche um die Ohren zu kloppen?

Aaaha, jetzt wurde mir klar woher der Wind meiner Renitenz wehte. Rekonvaleszenz. Da hab ich mich wohl einmal zu oft gezwungen, den bescheuerten Kumpelkreis des letzten Freundes, mit denen die Abende wie oben beschrieben abliefen, nett zu finden. Einmal zu viel gute Mine gemacht, einen Abend zu viel mit dem Gedanken an die nächste U-Bahn-Station durchgehalten. Man bin ich froh, daß das vorbei ist.

Die Jungspunde waren bestimmt für sich jeder ganz reizend, vielleicht ein wenig doof, aber nicht der wahre Grund meiner Kotzlaune. Na gut, dann hab ich halt Kotzlaune. Um mich für meine weiterhin anhaltende Arroganz zu strafen, trank ich noch ein warmes Bier, kuschelte mich in meinen Sessel und verbrachte den Rest des Abends damit, die Runde beim trunkener werden zu beobachten. Was für ein Abend. Auf einzelne Highlights der Berieselung komme ich später noch zu sprechen. Es gibt auch noch hübsche neue Erkenntnisse zur Bankonovela. Doch auch hierzu später in einem gesonderten Artikel.

Nur Stimmung war in mich nicht mehr reinzukriegen. Das Extroego saß ja nach wie vor draußen. Vielleicht hätte ich es in die Diskussion mit einbeziehen müssen... Aber mal im Ernst, wenn ich mich wirklich ins Treppenhaus gesetzt hätte, wäre ich nicht nur die arroganteste Person des Abends gewesen, sondern auch die wunderlichste. Man muß mitleidige Blicke ja nicht herausfordern.

Als meine Mitstreiterinnen anfingen, ostentativ zu gähnen, stellte ich schnell die halbvolle Flasche Bier ins Regal: "fertig, wir können loohoos". Noch schnell ein Stück Schokolade für das Ego vor der Tür gegriffen, es abgeholt und gepuschelt (jaaaaaa, braves Ego. Hast du schön gewartet) und ab nach Haus.

Selbstreflektionen auf einer Party. Ich glaub, jetzt werd ich alt.

Übrigens, die Judasziege ist eine Ziege die in Schlachthöfen gehalten wird, um durch ihr unbekümmertes Vorwegschreiten den angehenden Schnitzeln und Steaks zu signalisieren, daß alles in Ordnung ist und keine Gefahr droht. Haha.

2 Kommentare :

Der_grosse_Transzendentale_Steini hat gesagt…

Huh. Was für ein giftiger Abend. Sich selbst zu überreden, führt zu nix. Es wird Zeit, die innere Judasziege zu schlachten. Meine guckt auch schon ganz ängstlich, das Miststück.

Kühles Blondes hat gesagt…

Die Judasziege ist im Pferch und ich geh jetzt ein wenig in die Sonne, Glücksgefühle tanken :)