Dienstag, Mai 16, 2006

Autoritätsprobleme

Um ein wenig meine therapeutischen Fähigkeiten für Frau T. zu trainieren, die zwar bislang morgens ihre Jacke bei mir aufhängt, dann aber den ganzen Tag auf Zwutsch ist, weil sie noch ihren alten Job (haha) zu erledigen hat bis zum 1. Juni, ist es wohl mal Zeit, eine Innenschau zu betreiben. Denn nur wer selbst auf ehernen Füßen steht, kann Weisheit verbreiten und vor allem seine Nerven behalten.

Also. Karten auf den Tisch Schätzchen.

Ich steh nie rechtzeitig auf in der Woche. Und das hat nur einen einzigen Grund: Renitenz, passiver Widerstand und die totale Ablehnung meiner eigenen Autorität. Klugscheisser werden jetzt die Köpfe wiegen und sagen: Binebine, das sind aber drei Gründe. Die sollen mal schön irgendwo anders Kaffee trinken gehen diese Erbsenzähler. Für mich ist das alles ein Matsch.

Daß ich nämlich durchaus in der Lage bin früh aufzustehen, wird mir an den Wochenenden schmerzlich bewußt, wenn ich mich ab sieben Uhr morgens schlaflos in den Laken wälze. In der Woche wache ich auch um sieben Uhr morgens auf, starre dann aber höchstens desorientiert auf den Wecker, mache ihn aus, weil er laut ist, überlege kurz, welchen Wochentag wir eigentlich haben und ob ich überhaupt aufstehen muß, und beschließe, das ganze in zehn Minuten noch einmal etwas ausgeruhter zu überdenken. Dann drehe ich mich um um schlafe sofort wieder ein.

Das Spiel mache ich wenn ich ganz gut drauf bin bis halb neun. Manchmal auch nur bis acht. Und jetzt schießt mir auch ein, warum es kein Mann länger bei mir aushält. Wäre ich ein Mann und müßte meinen Morgen damit verbringen, alle paar Minuten von einem schreienden Wecker aus den Träumen gerissen zu werden um dann zu beobachten, wie die Holde mit dem wirren Haar den Lärmmacher ausdruckslos anguckt, ihn nach einer halben Ewigkeit ausmacht und wieder stumpf nach hinten umkippt, würde ich auch meine Zahnbürste und den Abschied nehmen.

Aber nur weil ich irgendwann die Notwendigkeit aufzustehen durchaus anerkenne, heißt das nicht, daß ich mich dann sofort unter die Dusche schwinge, mich in die am Vortag zurechtgelegten Klamotten werfe und in die Ubahn falle. Nein. Ich lege mir abends keine Klamotten zurecht, was bedeutet, daß ich morgens noch leicht tranig den Kleiderschrank öffne und hoffe, daß etwas Sauberes drin ist. Im schlimmsten Fall muß ich die Teile noch bügeln. Denn die Sinnhaftigkeit, gebügelte Klamotten in den Schrank zu hängen, hat sich mir noch nicht erschlossen. "Da legen sich doch direkt wieder Falten rein und ich hab einen Nachmittag mit nutzloser Arbeit vertrödelt."

Nein, dann kann man die Nachmittage doch lieber verfernsehn. Oder gebt mir ein Blatt Papier, das loch ich euch weg. Aber bügeln? Umgotteswillen.

Wenn das erledigt ist, geh ich duschen. Nicht ohne vorher ein wenig vorm Spiegel zu stehen und darüber nachzudenken, ob ich mir die Haare jetzt waschen muß oder nicht. Das ist sehr wichtig, weil das föhnen wertvolle Zeit frißt. Aber alle zwei Tage muß das schon sein. Gut. Also Haare waschen. Dann komm ich halt etwas später ins Büro.

Zwischendurch trinke ich jede Menge Kaffee, blogge ein wenig, gucke Frühstücksfernsehen, rufe meine Mails ab, gieße meine Balkonpflanzen, trinke noch mehr Kaffee und bringe meinen Nikotinspiegel auf einen Pegel der bis Abends hält.

Und jeden morgen überlege ich auf dem Weg zur Arbeit, daß es viel besser wäre, früher loszufahren, weil ich dann auch früher Feierabend machen könnte. Und ärger mich über mich selbst. Das hat leider nur zur Folge, daß ich mir am nächsten Tag richtig den Stinkefinger zeige und den Wecker gar nicht höre.

Ich bewundere diese durchorganisierten Gesellen, die morgens um fünf aus dem Bett hüpfen, sich schnell fertigmachen, noch ihre Wohnung putzen, damit es immer adrett aussieht (ich putze immer eine halbe Stunde bevor Besuch kommt), die ihren Kram stets ordentlich gebügelt im Schrank hängen haben und am Vortag die Selbstdisziplin besitzen, um halb zehn ins Bett zu gehen. Wirklich. Ich wünschte, ich hätte mich auch im Griff.

Manchmal, wenn die Sterne günstig stehen, schaff ich das auch ein paar Tage. Aber mehr als Spiel. Es geht nicht in Fleisch und Blut über. Die Schlüsselworte hab ich auch schon gefunden. Müssen und wollen. Wenn ich etwas will (morgens den Flieger in den Urlaub kriegen), klappt das hervorragend. Wenn ich aber muß (Arbeiten), quakt es aus den Untiefen meines Selbst: och nö. Willichnich. Und hierzu fielen mir noch tausende Beispiele ein.

Ich muß mich nur davon überzeugen, die Pflicht auch zu wollen. Und damit beißt sich der Hund grad selbst in den Schwanz. Wo ist nur der alte Lenz, ich denke, ich sollte mal wieder in der Deutschstunde ein wenig zu den Freuden der Pflicht lesen. Aber nein. Dann würde ich mich nur wieder freuen, daß ich nicht in einer Jugendstrafanstalt sitze, sondern frei bin zu machen was ich will.

Zum Glück hab ich keine Kinder. Die hätten sicher immer ungekämmte Haare und Ziehfäden in den Kleidern.

6 Kommentare :

Der_grosse_Transzendentale_Steini hat gesagt…

Das kommt alles nur von dieser wahnsinnigen Unterforderung und mangelnden Anreiz. Ein Löwe steht auch nicht während seines Mittagsschlafs auf und macht einen Hechtsprung auf ein Äpfelchen, das man ihm hinwirft. Sollte schon eine saftige Antilope sein.

Bin übrigens auch so ein Selbstverweigerer, mein Morgen sieht exakt genauso aus: Wenn wir beide zwei Kinder hätten, sollten wir sie direkt Kaspar und Hauser nennen.

Bob hat gesagt…

Hey, Für´s Kinderkriegen bin ich zuständig...ööhh... ich meine... Als ob das bei mir anders wär... Ich ärger mich schon am Vorabend, dass ich es wieder erst um 2:17 Uhr ins Bett geschafft habe und am Morgen schiebe ich mich in der Zeit zwischen Weckerklingeln und Putzfrauschellen 39 mal von links nach rechts bis ich dann hektisch ins Bad springe und 20 Minuten überlege welcher Reinigungsakt am nötigsten ist und am flottesten geht. Effizient ist anders, aber so lebt nun mal der verwöhnte Großstadt-Nerd. Wir sind halt alle zu satt.

Kühles Blondes hat gesagt…

okä, wer von euch kann zwillinge machen? ich will nämlich wenndenn zwei für nur einma streß. die können sich dann miteinander beschäftigen und brauchen nicht so viel aufmerksamkeit. so wie die beiden wellensittiche die ich mal hatte.
und abbn kindergarten kommen die ins internat. dann können wir weiterschlafen.

Der_grosse_Transzendentale_Steini hat gesagt…

Nach 20 Jahren intensiver Bildschirmarbeit, 27 Jahren starkem Alkohol- und Nikotinmissbrauch, Mangelernährung und engen Jeans könnte ich mit der Kraft meiner Hoden vielleicht noch locker noch zwei Wellensittiche zeugen, aber bei menschlichen Zwilingen wird die Luft verdammt dünn.

Bob hat gesagt…

Super! Steini. Die nennen wir dann Piep und Pop! Aber immerhin bekommst Du 2 hin. Diese Leistung darf man nicht unterschätzen. Bei mir müssten sich die beiden ein Hirn teilen... und vielleicht auch noch was anderes...:)

Kühles Blondes hat gesagt…

egal, hauptsache zwei. meine überdurchschnittlichen gene gleichen leichte verfehlungen der natur locker aus..