Donnerstag, Dezember 28, 2006

Winterwonderland

Bei frühlingshaften Temperaturen Glühwein trinken, das war meine Vorweihnachtszeit. Abwechselnd zu dick oder zu dünn angezogen schwitzen oder frieren. Die Jahreszeit schrie nach Rollkragenwollpulli und das Wetter bat um Blüschen. Ich hatte stets den gefüllten Taschenofen im Anschlag, um doch nur wieder das Feuerzeugbenzin verdunsten zu lassen. Ein Dezember wie ein Frühling. Gewöhnungsbedürftig? Nicht unbedingt. Unschlüssigkeit ist mir nicht ganz fremd. Ich versteh das Wetter. Und wenn ich ehrlich bin, hab ichs ganz gern warm. Kühl bin ich selbst genug. Eigentlich ist es mir echt schnurz, obs im Dezember schneit oder nicht.

Es ist etwas ermüdend, immer wieder von allen Seiten darauf hingewiesen zu werden, daß es noch nie so warm war wie in diesem Dezember. Was im übrigen nicht ganz richtig ist. Ich erinnere mich dunkel, daß es im August deutlich wärmer war. Mit diesen Bemerkungen haushalte ich allerdings sehr sparsam. Es gibt originellere Möglichkeiten, in entgeisterte Gesichter zu blicken.

Doch heut war es so weit. Es hat geschneit. Und trotz aller Wetteregalheit fühlte ich mich heute morgen, als ich mit dem Kaffeebecher ins Wohnzimmer schlurfte und mit einem mal mit großen Augen das ebenso große weiße Geriesel sah, wie Pippi Langstrumpf und Michel von Lönneberga zusammen. Raus auf den Balkon, Mund auf und Flocken fangen. Eklig? Neinnein, das ist ungefährlich. Gelber Schnee kommt selten von oben. Hoffe ich.

Ich habe mir den Tag dick im Kalender angestrichen. Nur für den Fall, daß im nächsten Jahr jemand behauptet, daß es im Jahr 2006 keinen Winter gegeben hat. Klugscheißen macht Spaß.

Mit Pipi, nein, nicht dem gelben Schnee, dem Lindgren-Terminator, und Michel habe ich mich übrigens über die Weihnachtsfeiertage amüsiert. So ist das. Tausend tolle Filme laufen und was guck ich? Pipi, Michel, Heidi und Stuart Little. Wenn man sich ein Mal im Jahr wieder in die alte Rolle als Kind im Familienkreis begibt, dann hat das originelle Auswirkungen.

Um mir das Daumenlutschen wieder abzutrainieren und mich langsam wieder auf mein wahres Alter und meinen Job in der Bank vorzubereiten, bin ich am zweiten Feiertag ganz ganz lange aufgeblieben. Und einen Krimi hab ich auch geguckt. Ich habe mich nicht hinterm Sofa versteckt und auch nicht den Ton weggedreht als es spannend wurde. Was allerdings nur daran liegt, daß der Papagei die ganzen Tasten auf der Fernbedienung abgefressen hat und ich daher nicht weiß, wo ich drücken soll. Aber ich habe die Spannung ausgehalten. Jawohl. Und ich hatte keine Alpträume danach.

Erwachsen sein hat auch Vorteile.

Und ich habe jetzt einen Flachbildschirm. Die Technisierung im Hause Bine ist nicht aufzuhalten. Ich habe jetzt sogar einen Luxus-Frühstücksbereiter. Damit kann man gleichzeitig Brot toasten, Kaffee kochen und Spiegelei braten. Gut. Ich frühstücke nie. Aber wenn, könnte ich alles auf einmal machen. Das ist doch wundervoll. Oder?

Nicht sehr technisch, aber ein Grund, jede Menge gelben Schnee oder schlimmer zu produzieren, ist ein weiteres Geschenk. Ich habe auch noch einen Fallschirmsprung in der Schweiz. Ausm Hubschrauber. Im Januar bekomme ich den Termin. Ich werde früh genug Bescheid sagen, damit ihr lieben Leser in unserem sympathischen Nachbarland wißt, an welchem Tag ihr besser nicht ungeschützt auf die Straße geht.

Den Schnee, der dann von oben kommt, solltet ihr ausnahmsweise auch nicht essen.

Samstag, Dezember 23, 2006

Morgen Kinder wirds was geben

Es ist soweit. Der letzte Tag der Höllenfahrt ist angebrochen. Heut noch sind wir jung und gestreßt. Morgen? Morgen wird sich der Phönix aus dem Staub heben und alle Müh vergessen lassen. Es wird ein Singen sein und Lachen, Kinderaugen werden strahlen, Hände werden gereicht und der Baum wird hoffentlich nur da brennen wo er soll.

In meiner Kinderzeit war es vielleicht so. Am Heiligabend war es schön und entspannt. Aber ehrlich gesagt habe ich von vorweihnachtlichem Streß damals nie etwas mitbekommen. Abgesehen vielleicht von dem üblichen Weihnachtsbaumstreit der Eltern, der aber anscheinend in der westlichen Kultur genetisch verankert ist (was hast du denn da für einen krummen Baum gekauft? Bist du bescheuert, du kannst doch nicht die ganze Spitze abschneiden, das sieht jetzt doch aus wie ein halber Baum, da sind ja überall Löcher drin, dreh den nochmal um zehn Zentimeter, das piekt? Dann zieh halt Handschuhe an, alles muß man selber machen, du bist mir wirklich keine Hilfe undsoweiterundsofort).

Wir Kinder flogen am Heiligen Abend morgens um acht mit den Resten unseres Taschengeldes in der Hand aus dem Haus und durften erst um zwölf wieder aufschlagen. Bei diesen Gelegenheiten wurde der Grundstein zu meiner Angewohnheit, die Geschenke immer erst auf die letzte Minute zu kaufen, gelegt.Meine Mutter hat noch ein paar Verzweiflungstaten aus früheren Tagen aufbewahrt, um uns heute lachend daran zu erinnern, was für Ladenhüter wir damals abgriffen. Der Renner in jedem Jahr ist der kleine Plastikkerzenständer in silber mit der Kerze in Form einer Rose. Schlimm. So etwas möchte man noch nicht einmal auf dem Jahrmarkt gewinnen. Als Kind hat man aber manchmal den Geschmack einer Kuh. Auch genetisch glaub ich. Also kollektiv genetisch. Nicht speziell. Das nur, falls meine Eltern mitlesen (Hallo Mama).

Bis vier Uhr wurden dann in den Kinderzimmern hektisch die Geschmacklosigkeiten in Papier gehüllt und noch einmal die Gedichte geübt. Nebenbei guckte man den kleinen Prinzen oder was immer tagsüber als Kinderbespaßung im Fernsehen lief. Neben Krankheit war Weihnachten nämlich die einzige Zeit, in der wir einen kleinen Schwarzweißfernseher mit Drehknöpfen ins Zimmer bekamen um uns ruhig zu stellen. Die offene Treppe war mit Wolldecken verhängt, damit wir auf keinen Fall mitbekamen, was unten im Haus vor sich ging.

Um vier standen wir dann gestiefelt und nett bekleidet vor dem Auto, um den jährlichen Pflichtbesuch in der Kirche abzuhandeln. Hauptamüsement meinerseits war es, mich zwischen meinen Bruder und meinen Vater zu setzen. Mein Bruder sang schon immer so laut und kräftig, als wäre er allein auf der Welt - links - und mein Vater brummte sich auf der rechten Seite kontinuierlich einen Ton danebenliegend in einem Lied durch mindestens acht Oktaven. Und daneben saß meine Schwester und versuchte - ebenso wie ich - vergeblich das alberne Gekicher zu unterdrücken.

Gegen sechs Uhr wurds dann aufregend. Wieder zu Hause sammelten wir Blagen uns oben in einem Zimmer und warteten gespannt auf das alljährliche Glöckchen. Und dann kam es. Strahlende Kinderaugen, ein erstmals in dem Jahr in weihnachtliche Stimmung getauchtes Wohnzimmer, ein brennender Kamin, ein leuchtender Baum, Geschenkegeschenkegeschenke, erwartungsfroh leuchtende Elternaugen, bunte Teller und Würste für die Hunde.

Ganz so ist es heute nicht mehr, aber mit sechsunddreissig ist mein Interesse an Glocken nur einmal im Jahr auch begrenzt. Aber daß Weihnachten erst am 24.12. am Abend anfängt, das hat sich gehalten.

Die Amerikaner hab ich immer bedauert. Weihnachtsstimmung am Morgen klingt falsch. Oder? Und denen fehlt dann auch ein Tag, den man braucht, um sich spätestens am zweiten Weihnachtsfeiertag so richtig auf den Sack zu gehen. So ist das nämlich an Weihnachten auch immer. Viel Familie, viel Spaß, viele Geschenke, viel gutes Essen und nach drei Tagen hat man den Hals voll von allem.

Doch jetzt ist erstmal der letzte Tag angebrochen, was bedeutet, daß ich heute meine Weihnachtseinkäufe erledige. Was schenkt man einem Bruder? Wo ist eigentlich mein Tesafilm? Wen hab ich noch vergessen? Warum sind bloß so viele Leute in der Stadt, können die das nicht vorher erledigen? Gott was für ein Streß.

Darauf erstmal einen Glühwein. Oh du fröhliche.

Mittwoch, Dezember 20, 2006

Heulsusenzeit

Leidensminen. Wohin man schaut, wohin man klickt, Leidensminen. Ich hatte total vergessen, es ist ja Winter. Im Winter, besonders zu Weihnachten gehts vielen Deutschen traditionell schlecht. Dunkle Jahreszeit. Dumpf. Kalt. Ein neues Jahr steht vor der Tür und es wird Bilanz gezogen. Furchtbar war es, das letzte Jahr. Schlimm. Und wieder ist eins rum. Wieder steht man mit einem Bein näher am Grab, wieder nichts erreicht. Wieder nur ein Jahr verdeddelt. Alles ist grau. Hoffnungslos. Herrjeh und so weiter.

Die saisonale Depression zum Jahresende ist amtlich anerkannt und genauso dankbar wie Bauchweh, um Fürsorge und Liebe zu erhalten. Oder den einen oder anderen freien Tag. "Du, mir gehts irgendwie überhaupt nicht, ja, antriebsschwach, total. Hmm, ich geh mal lieber zum Arzt, da könnte ja auch was schlimmes sein. Man liest ja so viel. Nee, ich will ja auch nicht zur Last fallen, aber wenn du ein wenig Hühnersuppe... ja das wär toll, ach ja, ich leg mich noch ein wenig hin im Abgedunkelten... schluchzschniefherrjeh und so weiter".

Im Winter darf es einem mit offizieller Genehmigung mal so richtig scheiße gehen. Das sollte sich niemand entgehen lassen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Ich finde es total in Ordnung, wenn die Leut meinen, ein wenig herumzumosern. Meinetwegen. Macht große Heulsusenpartys zum Jahreswechsel und übt gemeinsam ein wenig das korrekte Zittern mit der Unterlippe, gepaart mit dem feuchten Blick. Das ist wichtig. Und gut. Aber bitte streicht das Wort "Depression" von eurer Liste. Ihr seid einfach mies drauf. Gut so. Prima. Weiter so.

Wenn all jene, die zur Zeit herumschleichen mit gebückten Schultern, herunterfallenden Mundwinkeln und mit dem Aufdruck "Winterdepression" in den großen traurigen Augen, nur mal so zum Spaß eine echte Depression bekämen, würden sie bestimmt ganz schön gucken. Dann wollen sie nämlich mit einem Mal nur noch mies drauf sein. Aber höhö, die Leiter ins nächste Stockwerk, zu den miesen Stimmungen, die ist weg. Ich glaube, so einzwei Tage ganz unten würde sich positiv auf den Wortschatz auswirken. Genauso würde ich gerne diejenigen, die mit einer leicht laufenden Nase herumlaufen und behaupten sie hätten "Grippe", und die, die ein wenig hüsteln und behaupten, sie hätten eine "Bronchitis" (warum nicht gleich eine Lungenentzündung, das wäre doch viel dramaturgischer) einmal kurz dem gewünschten Krankheitsbild vorstellen und sie einen Tag gemeinsam verbringen lassen.

Das wäre bestimmt besser für meine Augen. Ich glaube nämlich, die haben Tuberkugelose oder wie das heißt.. Weil sie immer rollen müssen wenn sie so etwas hören. Hypochonderpack blödes.

Übrigens war die kalte Jahreszeit bisher noch nicht sehr geeignet dafür, eine Winterdepression auszulösen. Es war warm und sonnig. Sogar meine Geranie ist darauf hereingefallen und hat wieder angefangen zu blühen.

Nehmt euch ein Beispiel an ihr.

Montag, Dezember 18, 2006

Going modern

Ich muß mir dringend ein neues Radio kaufen. Die lebensgefährliche Weihnachtszeit mit Herzschmerzmusik ist ja bald vorbei und bei der morgendlichen Alternative VIVA oder MTV taucht mir im Moment ungefähr hundert mal zu oft Xavier die alte Heulsuse Naidoo auf. Dann hör ich doch lieber acht Mal in zwei Stunden "What a wonderful World" von Louis Armstrong auf meinem bevorzugten Oldie-Sender. Ich unmodernes Stück.

Es ist ja nicht so, als wäre ich - abgesehen von der Musik in großen Teilen, nicht interessiert an all dem, was die Gegenwart zu bieten hat, ich gucke schon ganz gerne. Aber Genügsamkeit ist mein zweiter Vorname. Jahrelang lebte ich in trauter Dreisamkeit mit einem Mini-Fernseher, den man nur dadurch an einen Videorecorder anschließen konnte, indem man das Antennenkabel herauszog und in den Recorder steckte und dessen Fernbedienung leider kaputt war, weil mir dort irgendwann eine Batterie drin ausgelaufen war, und einer Minianlage von Tchibo.

Mir hatte es gereicht. Es gibt einen alten Spruch, der auf Küchentücher gestickt und auf kitschige Holzbretter gebrannt ist, der lautet: "Spreche was wahr ist, esse was gar ist, trinke was klar ist und sammle was rar ist. Bei mir müßte er heißen: Spreche was wahr ist, nutze was da ist, esse was da ist und trinke Bier, wenns da ist. Oder so ähnlich.

Bezüglich technischer Modernisierungen ist bisher noch selten etwas auf meinem Mist gewachsen. Stets waren es Freundinnen oder Freunde, die irgendwann beschlossen, daß das nicht mehr geht mit meiner Ausstattung. Diesen Antrieb brauche ich anscheinend. Und jedes Mal habe ich mich trotzdem wie irre über meinen neuen Technikpark gefreut. Es ist ja nicht so, als hätte ich da keinen Spaß dran. Ich sehe nur selbst oft nicht die Notwendigkeit, Funktionierendes auszutauschen. Nur weil etwas alt ist, ist es ja nicht schlecht. Wenn ich da so drüber nachdenke, vielleicht sollte ich diese Einstellung mal auf meine persönlichen Beziehungen anwenden. Noch weiter drüber nachgedacht: Mach ich ja. Nur anscheinend gehen Männer eher kaputt als Fernseher. Egal, das ist jetzt nicht mein Thema. Ich war bei Technik.

So kam ich im Laufe der Zeit durch Interventionen, Geburtstagsgeschenke oder Ausmusterungen im Freundeskreis zu diversen Geräten, daß ich jetzt so ne Fünfpunkt-Anlage besitze, einen anständigen Fernseher, zwei DVD-Geräte und einen Videorecorder. Und bei jedem neuen technischen Mitbewohner freute ich mich, als wäre grad das Telefon erfunden worden und ich hätte eines der ersten Geräte.

Mit meinen Computern ist es ein ähnliches Spiel. Meinen alten Hein hatte ich bereits in einem anderen Artikel vorgestellt. Hein lief - manchmal unpraktischerweise - noch mit Windows 98 und war so laut wie ein Staubsauger. Aber es war okä. Da gewöhnt man sich dran. Ich bin neben einer Bahnlinie aufgewachsen. Die Züge hört man auch irgendwann nicht mehr. Und gut, mit Hein konnte man nicht alles machen. Keine Handy-Synchronisation zum Beispiel, weil das erst ab Windows2000 geht. Weil ich aber vorher auch noch nie das Bedürfnis hatte, irgendwas zu synchronisieren, fehlte mir auch nichts. Bilder lud ich per Kartenleser auf den Hein, alles was ich brauchte, war da.

Seit diesem Wochenende gehe ich wie auf Wolken. Hein ist in den verdienten Ruhestand gegangen. Eine junge Kollegin von ihm ist eingezogen. Schimi sagte, er würde sie eh nur vernachlässigen, bei mir hätte sie es besser. Gerne und dankbar habe ich sie aufgenommen. Seitdem beeindruckt mich mit ihrem zarten Stimmchen, mit ihrem Windows XP und ihrer schlanken Gestalt. Ungeachtet des Wetters freue ich mich wie ein Schneekönig. Und weil ich mich so freue, werde ich sie vielleicht zu Weihnachten aus Eigenantrieb mit einem Flachbildschirm verkuppeln, auf daß die beiden sich aneinander und mich erfreuen.

Wie nenn ich sie bloß?

Donnerstag, Dezember 14, 2006

Es ist an der Zeit

Am Ende eines Jahres treten im gesamten Bundesgebiet und über seine Grenzen hinaus Arbeitnehmer aufgeregt auf der Stelle, flüstern und wispern freudig und erwartungsvoll und können sich kaum noch halten vor lauter Spannung und Vorfreude. Es ist an der Zeit. Weihnachtsfeierzeit. Die Zeit fröhlich enthemmter Besäufnisse im Kollegenkreis, die Zeit, in der man die Jungs und Mädels mal von einer ganz anderen Seite kennenlernt. Da wird der trockenste Knochen zum Partylöwen und die graueste Maus zur lichterloh brennenden Sexbombe.

Kinder werden auf dem Kopierer gezeugt und Grundsteine für Ehen gelegt. Jaja, ein gehöriger Prozentsatz der deutschen Ehen sollen ja im Kollegenkreis akquiriert worden sein. Und wenn nicht bei der Weihnachtsfeier, wann dann?

Wenn man der allgemeinen Meinung und den Fernsehberichten Glauben schenken darf, läuft das wohl so ab. Denkt man. Vielleicht in Elefanten-zeichnenden Werbeagenturen. Bei uns aber nicht. Vielleicht arbeite ich in der falschen Branche oder bin für diese Scherze schon zu alt, aber mir würde beim besten Willen und bei aller Sympathie kein Kollege einfallen, für den ich den Kopierer besteigen würde um mich besteigen zu lassen. Einmal abgesehen davon, daß unser Kopierer ungefähr so groß und so hoch ist wie ein Raumschiff und keiner meiner Kollegen 2.10 m mißt, was für eine solche Situation nicht nur hilfreich, sondern notwendig wäre.

Wobei, im letzten Jahr hätte ich nach der Weihnachtsfeier beinahe die Nacht mit nicht nur einem Kollegen verbracht. Jaha, strengt Eure Phantasie an. Sogar Frauen waren dabei. Uiuiuiuiui. Wenn sie einmal losgelassen... Aber genau das waren wir nicht. Im Gegenteil. Wir waren eingesperrt. Des nachts die Bank zu verlassen geht nämlich nur auf genau einem Weg. Wenn man nicht diese Hintertreppe nutzt, kommt man zwar in bestimmte Bereiche hinein, aber nicht mehr hinaus. Nachdem wir uns nach einigen gescheiterten Fluchtversuchen bereits häuslich eingerichtet hatten und schon in den erreichbaren Küchen nach einem Korkenzieher fahndeten um die mitgeschleppten Weinflaschen zu köpfen, erbarmte sich ein Wachmann unserer. Spielverderber, blöder.

Deswegen wird unsere heutige Weihnachtsfeier sicherheitshalber außerhalb der Bank stattfinden. Und nur für den Fall, daß irgendjemand meint, sich anderweitig als bowlend oder essend mit Kollegen vergnügen zu wollen, werden wir uns beim Spanier bis zur Halskrause mit Knoblauch vollstopfen. Das würde dann das Erwachen doppelt böse machen. So macht man das in einer Abteilung, die sich in erster Linie mit Risikovorsorge beschäftigt. Ohne Sicherheiten geht hier gar nix. Aus Prinzip. Auch wenn das Risiko gegen Null tendiert.

Ach so, und bevor ich es vergesse zu sagen: Ab morgen natürlich wieder "Sie".

Dienstag, Dezember 12, 2006

Gewichtel

Nein, mit meinem Gewichtel hab ich grad weniger Probleme. Die Fußball-Saison ist vorbei, so daß sich die Bierwampe, die schlabberige, jetzt in der Weihnachtszeit ein wenig mit Lebkuchen füllen kann und Gans. Damit ich von Januar bis Mai gar keinen Hunger mehr zu haben brauche. Was jedoch selten klappt. Aber ich bin jetzt auch schon sechsunddreissig Lenze alt. Da brauchts keine Model-Figur mehr. Hatte ich allerdings auch nie. Irgendwer erzählte mir mal, irgendwann im Leben müsse eine Frau sich entscheiden, ob Kuh oder Zicke. Ob jetzt die Äußerlichkeit gemeint ist oder der Charakter weiß ich nicht. Außen bin ich noch "weder, noch", innen kann ich beides. Satt und zufrieden die Kuh, hungrig die Zicke.

Meine Sympathie gehört jedoch der Kuh. Sie ist ruhig und friedvoll, hat die schönsten Augen der Welt und schmeckt besser.

Aber was red ich von Kühen. Mit Wichteln hatte ich es heut. Die waren nämlich da. Schon letzte Woche. Sie haben zwar weder meinen Müll runtergetragen noch die Hundeexkremente von der Straße gehoben, aber sie haben mich beschenkt. Jetzt kann der Winter kommen. Denn ich habe jetzt das (Trommelwirbel) ultimative Winter-Survival-Kit.

Da bleibt kein Wunsch trocken, äh, offen. Seht selbst:
Ich habe DAS Überlebensset für den Winter erhalten.

Eine Wärmflasche. Immer nützlich. Und mit der Schweizer Flagge sehr passend gewählt. Ich schätze, die Leser aus der Schweiz werden sich über diese kleine Aufmerksamkeit genauso freuen wie ich.

Kuschelsocken gegen kalte Füße. Und seien wir mal ehrlich, welche Frau hat schon warme Füße? Ich nicht. Außerdem gehören kuschelige Socken und Flanellpyjamas zu einem schönen Winterabend genauso wie Tee, Kerzenschein und schöne Musik. Eigentlich bräuchte ich dazu noch einen Mann. Aber gut, man kann nicht alles haben. Der paßte bestimmt nicht mehr ins Päckchen. Und ohne Gebrauchsanleitung kann ich da eh nicht mit umgehen. Lassen wir den Mann, nehmen wir das

Quietscheentchen. Als Kumpan für die Advente, die hier ganz alleine neben meinem singenden Weihnachtsbaum (ich habe nie behauptet ich hätte Geschmack) saß. Bis jetzt. Die darf jetzt übrigens wählerisch sein, weil sich in der Zwischenzeit noch eine Pauli-Ente einreihte. Nie hatte ich Entchen. Und jetzt gleich drei. Ich bin total glücklich.

Und zu guter letzt das allerbeste und allernützlichste Wichtelgeschenk dieses Jahres. Ich wünsche jedem der dies liest, daß auch er oder sie ein solches Geschenk erhält. Denn was ist der Winter ohne Schnee? Warm und naß. Ich dagegen kann jetzt meinen neuen Kunstschnee um mich werfen und wenigstens so tun als wäre ich nicht nur blond, sondern auch kühl.

Ein wundervolles Wichtelgeschenk, für welches ich Fräulein Karma allerherzlichst danke.

Sonntag, Dezember 10, 2006

Sag einfach Nö

"Sag `nein`zu Krisselhaar". Wundervoll, mit welchen Lebensweisheiten man in dieser heiligen Zeit aus der Werbewelt bedacht wird. "Sag `nein`zu Krisselhaar", das klingt ein wenig wie "Sag `nein` zu Fußpilz" oder "sag `nein` zu Hämorrhoiden". Das ist eigentlich ganz einfach. Sag einfach "nö". Super Idee. Kreativ müßte man sein. Dann hätte man keine Sorgen mehr. Nur noch Rekordglanz und glückliche Kinder und perfekten Genuß.

In den Kreativpausen könnte man immer noch doofe Elefanten malen und mit artfremden Tieren vermählen um Putzmittel (?) zu verkaufen. Oder dumme Pinguine noch dümmere Tänze aufführen lassen. Manchmal bekommt man schon das Gefühl, daß die Werbung grade an eine Grenze stößt. So wie früher das Theater, als das kulturelle Erlebnis nur noch dadurch getoppt werden konnte, daß die Drillingsgretchen in der modernen Faust-Inszenierung auf die Bühne pinkeln. Das habe ich genauso wenig verstanden, wie die Damen und Herren, die sich anschickten, auf der Bühne live einen Hammel zu schlachten.

Hammel schlachten ist übrigens gar nicht so einfach, wie mir der Vater einer Freundin, seineszeichens Metzger, einst erzählte. Man muß das Tier nämlich erstmal so umnieten, daß es ohnmächtig wird und ihm dann, bevor man zum finalen Stoß ansetzt, die Klüten abschneiden. Sonst wird das gesamte Fleisch bitter und die Schlachtung war fürn Arsch. Metzger wäre ich ungern. Ich hätte zwar im Laufe meines Lebens nichts dagegen gehabt, dann und wann die Möglichkeit zu haben, jemandem die Eier abzuschneiden, aber es gibt Dinge, die sollten dann doch besser der Phantasie überlassen bleiben.

Aber zurück zur Werbung. Ich hätte da eine hochaktuelle Idee für die Weihnachtszeit: Eine große Kampagne "Sag `nein`zum Selbstmord".

Glücklicherweise hat sich aus meinem Bekanntenverwandtenundfreundeskreis noch niemand auf diese Art verabschiedet, aber es soll so etwas geben. Zu Ostern nicht. Nur zu Weihnachten sind Glühweinbecher und Brücken voll. Dunkel ists und einsam. Vielleicht macht auch die Dauerweihnachtsmusikbeschallung wahnsinnig. Das kann ich schwer einschätzen. Ich kaufe meine Weihnachtsgeschenke ja traditionell auf die letzte Minute. Und mein Radio ist kaputt. Vielleicht hat mir das das Leben gerettet. Danke, kaputtes Radio.

Im Ernst, es ist schon traurig, wie viele einsame Menschen es gibt, die nichts mehr zu haben glauben, was das Weiterleben reizvoll erscheinen ließe. Auf alle Fälle: Falls ihr das hier lest: Macht es nicht. "Sagt nö zu Selbstmord". Bitte. Ihr könnt Euch zu der Kampagne auch noch einen tollen Jingle ausdenken. Tut euch zusammen. Das wär doch was. Oder?

Um mich selbst von depressiven Gedanken freizuhalten, gepaart mit dem schlechten Gewissen, einfach keine Mutter Theresa zu sein, habe ich lieber noch ein Lämpchen mehr angemacht und mich gemütlich durch die Darwin-Awards geschmökert. In diesem wirklich amüsanten Buch präsentiert die Autorin (Wendy Northcutt) ungeahnte Möglichkeiten, das Zeitliche zu segnen. Versehentliche Selbstmorde, die so idiotisch sind, daß man davon ausgehen kann, daß die Verstorbenen zum dauerhaften Überleben unserer Spezies beitragen, indem sie den Genpool entlasten.

Manchmal hilft es, sich ernsthaften Themen von einer anderen Seite zu nähern.

Und jetzt nähere ich mich einem anderen Thema, nämlich dem Hund "Dino", der übers Wochenende bei mir wohnen muß, weil Frauchen außerhalb von Hamburg weilt. Um seine andere Seite muß ich mich jetzt auch mal wieder kümmern. Ungern. Wirklich ungern. Wenn nämlich ein oberschenkelhoher Hund sich durchs Hintertürchen entledigt, ist das Einsammeln der Hinterlassenschaften weit unerfreulicher, als wenn ein wadenhoher Hund kackt. Und das, wo ich doch so leicht breche.

Ich habe seit gestern schon etwas Übung und extra noch nicht sehr viel gegessen. Wünscht mir Glück und günstigen Wind.

Waidmannsheil.

Donnerstag, Dezember 07, 2006

Resturlaub

Urlaub ist eine tolle Sache. Eigentlich. Resturlaub hingegen, auf Zwang genommen, weil er dieses Jahr noch weg muß, ist etwas anstrengend. Wenn man keine Pläne hat. Ein wenig wie arbeitslos sein. Genau so stell ich mir das vor. Zuächst liegt man lange im Bett herum, bis einem einfach irgendwann zu langweilig ist. So um neun. Spätestens. Länger schlafen ist schwierig, weil man so irre ausgeruht ist vom vielen faulenzen.

Um neun hievt man also schließlich seinen Kadaver aus den Federn und schlurft in Schlafklamotte zunächst in die Küche, um sich etwas Kaffee aufzusetzen und dann weiter ins Wohnzimmer. Mit Kaffee. Hier fällt man auf die Couch und verbringt die nächsten fünf Minuten damit, das Wohnzimmerfenster anzugucken und darüber nachzudenken, ob man das Rollo jetzt unten läßt oder doch aufsteht und etwas Licht hineinläßt.

Je nach Entscheidung gibt es eine Bewegung in Richtung Fenster oder auch nicht. Man steckt sich eine Zigarette an und guckt sich um. Oh, der Kaffeebecher von gestern steht da auch noch. Den könnte man ja mal in die Küche bringen. Irgendwann. Nicht jetzt. Jetzt macht man erstmal den Fernseher an. Manman. Das Programm ist morgens auch nicht unbedingt für eine intellektuelle Elite gestrickt. Egal. Es bleibt an. Nebenbei nippt man an seinem Kaffee und überlegt, was man machen könnte. Möglichst unanstrengend.

Vielleicht sollte man noch einmal umschalten. Auch Mist. Also zurück zur unanstrengenden Planung. Erstmal wieder in die Küche und einen neuen Kaffee holen. Dabei fällt der Blick auf das restliche Chili con Carne vom unlängst gefeierten Älterwerden. Das ist zwar noch gut, aber essen wird man es nicht mehr. Also muß es weggekippt werden. Irgendwann. Nicht jetzt. Jetzt ist erstmal Kaffee dran.

Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer überlegt man, ob es interessant sein könnte, aus den Resten eine Chili-Creme-Suppe mit dem Pürierstab zu machen. Essen würde man sowas nicht wollen, aber es sähe interessant aus. Vielleicht. Später. Wär ein netter Gag. Oh, es läuft "Unsere kleine Farm". Das fand man damals schon furchtbar, aber man läßt es erstmal an. Noch eine Zigarette.

Stimmt, den Kaffeebecher von gestern hätte man eben mit in die Küche nehmen können. Mist. Nächstes Mal. Wäsche waschen könnte man auch, aufräumen. Hm. Erstmal noch ne Zigarette. Die letzte. Shit. So wie man aussieht kann man auf keinen Fall auf die Straße gehen. Vielleicht liegen ja irgendwo noch vergessene Restbestände rum. Komisch. Kaffeebecher in die Küche tragen ist zu anstrengend. Aber loswandern um die Jackentaschen nach vergessenen Zigarettenschachteln durchzugucken, das ist ganz einfach.

Nix. Egal. Zurück ins Wohnzimmer und umschalten. Es laufen Talkshows, "best-of-Talkshows", achtziger-Jahre-Serien und Gerichtssendungen. Vielleicht macht man doch noch mal die Augen zu. Man hat ja Zeit und nichts mehr zu rauchen. So verdeddelt man schließlich den Tag vor dem Fernseher, um nachts um eins zu entscheiden, daß es eine gute Idee sein könnte ins Bett zu gehen, weil es sonst Rückenschmerzen gibt.

So, oder so ähnlich könnte er ablaufen so ein Resturlaubstag. Auch bei mir. Bin ich froh, daß ich bald wieder arbeiten darf. Und jetzt hole ich noch ein paar Umzugskartons für eine Freundin vom Dachboden und werde dann den Nachmittag nutzen, eine frisch vermutterte Freundin aus der Heimatstadt zu besuchen, weil man da sonst nie zu kommt.

Zigaretten brauch ich auch noch.

Freitag, Dezember 01, 2006

Adventen

Seit letztem Montag ist es wieder so weit. In der Hamburger Innenstadt blitzt, leuchtet, glitzert und duftet es. Die Weihnachtsmärkte haben geöffnet und versuchen jetzt, zunehmend erfolgreich, Glühwein bei frühlingshaften Temperaturen an den Mann zu bringen.

Wer jetzt glaubt, die einzige Bespaßungsmöglichkeit auf den Märkten ist, sich nach und nach in uriger Atmosphäre volllaufen zu lassen, irrt. Es gibt jede Menge lustiges Zeug zu kaufen und an Kalorien kann man sich der hunderttausende zuführen, damit die Gans an den Feiertagen nicht die ganse Verantwortung allein tragen muß.

Was mich jedoch wunderte ist, daß es kaum bis gar nicht möglich ist, eine der bekannten und beliebten Adventen zu finden. Mit einem lieben Freund stromerte ich also unlängst über sämtliche Weihnachtsmärkte und wurden schließlich, kurz bevor wir frustriert aufgeben wollten, auf dem Gerhard-Hauptmann-Platz fündig. Dort werden die einzigen Adventen in ganz Hamburg verkauft.
Wir waren überglücklich. Im Laufe des Abends überlegten wir jedoch, was so eine Advente den Rest des Jahres beruflich macht und sie war so reizend, uns ins Bild zu setzen. Im letzten Jahr verdingte sie sich erfolgreich als Requisiteur.


Allerdings kann man davon nicht leben. Doch die Ente ist klein und ist mit einem Löffelchen Entengrütze dann und wann total zufrieden. Wenn also mal wenig Kohle reinkommt, tangiert sie das nur peripher. Was sie uns gleich eindrucksvoll beschrieb:

Wenn sie einmal richtig viel Geld verdient hat, amüsiert sie sich dabei, blöde Hütchenspieler über den Tisch zu ziehen. Klappt nicht immer:


Im Sommer macht sie gerne Urlaub in Dänemark. Seit die Poelser dort nicht mehr das Nationalgericht zieren, versucht sie, die gesündere Geflügelvariante zu etablieren:


Als wir sie fragten, warum sie denn so schwer zu finden ist auf den Adventenmärkten, wurde sie ganz traurig. Die Paarung der Adventen ist leider mit kleineren Schwierigkeiten verbunden:



Auf diesen Schreck tranken wir noch ein Bier zusammen und bedanken uns für den wirklich ergreifenden Abend.



Allen am Wochenende einen schönen ersten Advent.


Mittwoch, November 29, 2006

Schlaflos in Hamburg

Mist. Ich bin schon wach. Was ist das denn jetzt? Senile Bettflucht? Draußen ist es noch dunkel und ich stelle irgendwann fest, daß ich bereits angefangen habe, aus unbewußten Träumen heraus mein Hirn zu lenken. Nicht auf besonderes. Nicht auf sagenhaftes. Aber gelenkt. Das kann man nicht mehr wirklich "schlafen" nennen. Ich schlage die Augen auf und bin hellwach. Hups? Ohne Wecker? Ohne den Drill-Sergant? Das ist ja`n Ding.

Kann ja nicht sein. Sowas will doch niemand. Ich werfe mich auf die andere Seite und beschließe, bis zum offiziellen Wecken noch ein wenig zu schlummern. Geht nicht. Mein Bein tut weh. Nicht doll. Nur so ein bißchen. Aus reiner Schikane. Egal, wie und wo ich es hinlege, es nervt. Der hellwache Kopf ist auch nicht gewillt, wieder zur Ruhe zu kommen, sondern flitzt hektisch themenlos durchs Hirn wie durch die Lektüre eines Stichwortverzeichnisses.

Hat keinen Zweck, denke ich, dann steh ich halt auf. Auf der Bettkante sitzend und nach meinen Puschen angelnd, werfe ich einen Blick auf die Uhr. Heiliger Bimbam. Halb drei? Ich sitze mitten in der Woche um halb drei hellwach im Bett und will aufstehen? Ich beginne langsam, das Ausmaß meines Problemes zu begreifen.

Das ist mir zuletzt in der Grundschule passiert, als ich mich um ein Uhr nachts gestiefelt und gespornt anschickte, in die Schule zu wandern. Zum Glück fing meine Mutter mich noch kurz vor der Haustür ein.

Na gut. Schlaflos also. Was macht man da? Zunächst einmal wieder umkippen. Egal. Augen zu und durch. Ich probiere ungefähr sechsundzwanzig Schlafpositionen, wobei ich mich, nur um die Zeit herumzukriegen, auch einmal mit dem Kopf an die Fußseite drehe, versuche, im Bett quer zu liegen und endlich auch mal die "Alle-meine-Entchen-Stellung" ausprobiere. Ohne Wasser.

Apropos Wasser. Vielleicht habe ich ja Durst. Wegen des Bieres gestern abend. Kurz in mich hineingehorcht stelle ich fest, daß nein. Keinen Durst. Macht aber nichts. Wenn ich mich schon nicht zwingen kann, zu schlafen, kann ich mich wenigstens zwingen, etwas zu trinken. Ich angel also erneut nach meinen Puschen und wandere Richtung Wasserflasche. Der kurze Blick auf die Uhr gibt wenig Grund zur Freude. Es ist zehn vor Drei.

Ich habe mal gelesen, daß man sich, wenn man nicht schlafen kann, mit Dingen beschäftigen soll, die so langweilig und unangenehm sind, daß man aus Notwehr lieber schläft. Wenn ich mich hier umgucke, gibt es eine Menge Dinge, die sich jetzt erledigen ließen.

Ich könnte staubsaugen, Papiere sortieren und Schubladen aufräumen. Sollte ich nämlich irgendwann einmal zufällig sterben, würde ich mich nachträglich noch zu Tode schämen, wenn ich mir vorstelle, daß jemand in meiner "Außen-hui-innen-pfui-Wohnung" die Schubladen und Schranktüren öffnet. Oder auch nur im Falle eines plötzlichen Krankenhausaufenthaltes in meine Wohnung kommen müßte, um mir frische Wäsche zu besorgen. Bah nee. Da muß was passieren. Aber hab ich jetzt Lust aufzuräumen? Nö. Ich sterb morgen einfach nicht.

Also gut, wieder Licht an, neuer Blick auf die Uhr. Es ist kurz nach drei. Immerhin vergeht sie, die Zeit. Langsam, aber stetig. Schlafend wäre mir die Uhrzeit zwar lieber, aber jetzt muß ich da irgendwie durch. Ich angel also erneut nach meinen Pantoffeln und suche mein aktuelles U-Bahn-Buch. Dann les ich halt. Mit Glück habe ich nach ein paar Seiten keine Lust mehr und meine Äuglein fallen wieder zu.

Weit gefehlt. Hellwach lese ich das gesamte Buch zuende. Wennschon dennschon. Der Griecksch ist zwar kein Hochliterat, aber amüsant und liest sich gut runter. Ich lerne also noch ein wenig über hypochondrische Vierzigjährige auf dem Weg zum eigenen Ich und sinniere noch ein wenig darüber, daß die Gedankengänge von Mann und Frau gar nicht so unterschiedlich sind. Oder Griecksch hatte einen weiblichen Ghostwriter oder ich denke zu männlich. Wie auch immer, was heutzutage von den Geschlechtern gedacht wird, entspricht wohl immer seltener dem ursprünglichen Rollending, sondern entwickelt sich mehr und mehr zu einer Unisex-Toilette. Aber eigentlich muß man für diese Art von Erkenntnissen nicht wirklich eine halbe Nacht wachliegen.

Na gut. Nächster Blick auf die Uhr. Es steht schon eine fünf vorne. Jetzt bekomme ich langsam ein schlechtes Gewissen. Ich weiß auf alle Fälle, wer sich nachher krampfhaft gähnend hinter seinen beiden Bildschirmen verschanzen wird. Das geht doch nicht. Wenigstens zwei Stunden könnte ich jetzt noch schlafen wenn ich wollte. Wenn ich doch nur könnte. Ich wandere noch zehn Minuten ziellos durch die Wohnung, zwinge mich, den Fernseher nicht einzuschalten, weil ich genau weiß, daß ich dann nachher nicht nur richtig schweinemüde sein werde, sondern auch noch Rückenschmerzen bekomme, wenn ich versehentlich auf der Couch einschlafe.

Also zurück zum Anfang. Ich starte wieder die wie-kann-man-noch-so-liegen-Aktion und mein letzter Blick auf die Uhr, bevor ich tatsächlich wieder einschlafe, erzählt mir irgendetwas von kurz nach sechs. Doofe Nacht. Abgeschlossen von einem doofen Traum, der irgendetwas mit einer Invasion von etwas Bösem in mein Haus zu tun hatte. Und im Keller stand das Wasser kniehoch. Fluchtversuche scheiterten kläglich, weil nie jemand war wo er sollte und ich meine Socken nicht fand. Wie das weiterging weiß ich zum Glück nicht, weil mir um viertel vor sieben Nana Mouskouri ihren ersten Gutenmorgensonnenschein-Versuch ins Ohr brüllte und nach deren Abwürgen der unausweichliche Drill-Sergant die letzte Hoffnung auf ein Liegenbleiben nahm.

Ich hätte meinen Kaffee heute gern intravenös, bitte.

Gähn.

Montag, November 27, 2006

Dafür

Ich persönlich würde durchaus meinen bejahenden Abstimmungszeigefinger in die Luft recken, wenn jemand den Vorschlag machte, das Phänomen "Magen-Darm-Grippe" fortan als Kinderkrankheit zu klassifizieren. Vielleicht würde diese dann wissen wohin sie gehört und nicht mehr unschuldige Mittelaltrige, die zwei unbequeme Stufen vor der Toilettenschüssel ihr eigen nennen, angreifen.

Nicht, daß ich der aufrückenden Generation so ein Wochenende wünsche wie ich es gerade durchvegetierte. Das hätten sie auch gar nicht. Sie hätten Eltern da, die sie mit Tees, Eimern, kühlenden Tüchern und neuen Bettdecken versorgten.... Nein, nicht, was ihr denkt. Ich habe es durchaus hinbekommen, rechzeitig das Bad aufzusuchen. Dennoch lag ich heute morgen in einem kaputten Wasserbett. Wenn Fieber wieder abhaut, nimmt es noch 30 Liter Flüssigkeit mit.

Irgendwie fühlt man sich wie eine gesalzene Salatgurke. So viel nasses dürfte da eigentlich gar nicht drin sein.

Ihr dürft jetzt Mumie zu mir sagen.

Donnerstag, November 23, 2006

Fabularasa

"Eigentlich könnte ich ja mal wieder was komisches schreiben" dachte ich mir vorhin. So etwas, was nicht einfach so ohne nachzudenken runtergerissen wird, sondern etwas mit Hintergrund. Etwas, bei dem pointiert bewusste Punkte hervorgehoben sind, etwas mit Sinn. Mit einer Moral. Moral ist immer gut. Besonders so kurz vor Weihnachten. Diese humorigen Bilder, die den hinter dem Rücken versteckten aaber doch erhobenen Zeigefinger gerade noch so weit verbergen, dass er unabsichtlich scheint.

Einmal wieder einen Eintrag mit rotem Faden. Mit einem schlüssigen Verlauf. Mit einem Spannungsbogen und ohne aufgemotzt wirkende Alliterationen und so und Stilbrüche sind ja insgesamt auch irgendwie voll doof. Leider weiß ich von Stil nicht sehr viel, glaube aber, dass ich sicher hier und da etwas breche. Mit Pech irgendwann mal meine Finger. Dann hätte ich ein echtes Problem. Meine Finger schreiben nämlich von alleine. Da hat mein Kopf gar nichts mit zu tun. Meine Finger denken manchmal komisch. Ich selbst habe gar keinen Humor. Und dann müsste ich darüber schreiben was ich ernsthaft denke. Wie langweilig.

Ich könnte mir ja schon mal was ausdenken. Nur für den Fall, daß ich irgendwann leer bin. Gedanken anderer Menschen ausdenken hat irgendwie etwas kindlich Befriedigendes wie das Spiel mit einer Barbie-Puppe. Ich könnte mir Geschichten von einem einsamen Singlemann namens - öhm - Kurt vorstellen. Wie er irgendwo rumsitzt und sich Gedanken darüber macht, wie single er ist und ob er lieber Bratkartoffeln möchte oder Reis. Das wäre es doch. Dem könnte ich richtig lustige und singlemäßige Hausschuhe aus Cord anziehen....und ....Cord, das ist ein viel hübscherer Vorname für einen männlichen Single in einsam mit Puschen. Cord, das ist besser als Kurt. Wer Cord heißt, wird bestimmt nur alle Schaltjahr mal geküsst.

Ist ja bald wieder. Ein Schaltjahr. Wenn ich mir jetzt vorstelle, dass Cord am 29. Februar Geburtstag hat, küsst ihn seine Mutter. Und die Tochter von der Nachbarin. Die ist so alt wie er. Und hat früher mit ihm zusammen in der Sandkiste gespielt. Sie hat eine zugenähte Hasenscharte und einen schlechten Charakter. Denn merke: Nicht jeder Mensch, der kacke aussieht, hat ein goldenes Herz.

Cord wird jetzt also 8x4, er hat einen Kurzhaarschnitt mit Pony und an den Seiten gerade heruntergekämmten Haaren. Die Haare sind schon leicht licht und uninteressant gefärbt. Außerdem sind sie einen Tick zu lang und beginnen sich im Nacken ganz leicht zu locken. Nur unten. Wie bei einem Baby. Sieht leider nicht süß aus.

Er ist fast 1,90 m groß und ziemlich dünn. Beachtlich an ihm ist, daß seine Hände beim gehen gerade herunterhängen. Wer ihn anschaut ist deswegen zunächst irritiert. Es sieht aus, als hätte man bei einem Hampelmann die Arme unten festgetackert. Wenn Cord beim tatsächlich einmal mit den Armen schlenkert, dann macht er das im Passgang. Er schlenkert also mit dem rechten Arm nach vorne, wenn das rechte Bein einen Schritt
macht. Das wirkt noch irritierender als die Tackerarme.

Er trägt bestimmt eine Brille. Eine Brille mit einem blauen Gestell. Eher ein kleineres Modell, so wie es vor ein paar Jahren bei den vermeintlich Intellektuellen mit den Wollpullis und den Kindern mit den komischen Namen ("Berenice, kommst du bitte mal zu Wolfgang), die ihre Eltern beim Vornamen nannten, modern war.

Seine Brille ist etwas angeschmutzt. Außerdem rutscht sie auf der Nase immer etwas nach unten, welches Cord mit einem kurzen Stirnrunzen und Naserümpfen wieder in Ordnung zu bringen glaubt. Nach drei oder vier Rümpfern schiebt er dann doch die Brille mit dem Mittelfinger der linken Hand wieder auf den korrekten Platz. Er ist sauber angezogen, jedoch nicht besonders modern. Eher funktionell. Einfach. Grau. Cordhosen. Höhö. Er wäscht und bügelt seine Sachen selbst und putzt seine Schuhe jeden morgen. Das hat er von seinem Vater so übernommen.

Und er ist einsam. Er ist zu viel allein, denkt zu viel nach und keine Frau neben Mutti wollte sich bisher näher mit ihm beschäftigen. Leider hat ihm auch keine gesagt, woran das lag. Immer nur "Nein". Nie "Nein, weil". Das ist doch unfair, denkt er zuweilen. Bei Bewerbungsgesprächen muß doch auch Chancengleichheit herrschen, Absagen müssen konkret mit einem Grund formuliert sein. Das bietet doch Raum für Verbesserungen. Und die ollen Hühner sagen nur "nö".

Was soll man denn nach einem "Du bist ja ganz nett, aber" verbessern? Geschweige denn nach einem "verpiß dich". Ist ja nicht so, als würde er nicht an sich arbeiten wollen, aber dafür muß ihm doch erstmal jemand die wunden Punkte aufzeigen. So dachte er, als er von der Arbeit, einem Bürojob im Amt, kam, und sich mit Puschen (Filz) und einem Käsebrot auf die Couch setzte. Er ist nämlich nicht blöd, wie jetzt vielleicht der eine oder andere schon denken mag.

Neinnein, im Gegenteil. Cord ist nicht blöd. Er wäscht sich nicht oft genug die Haare, aber er ist nicht blöd. Und er hat auch noch nicht die Merkbefreitheit erreicht, die Schicksalsgenossen vom ihm öfter heimsucht als man denkt. Er ist sich über seine Situation noch sehr im klaren. Er hat noch nicht den echten Blick verloren. Er lebt noch im hier und jetzt.Er hat auch noch nicht aufgegeben. Er hat noch Hoffnung. Auch wenn er die Frauen nicht versteht.

Männer übrigens auch nicht. Er ist eigentlich den ganzen Tag irritiert. Was ihn nicht reizvoller macht. So äußerlich betrachtet. Er hängt in einem Verstandsvakuum zwischen den Geschlechtern. Vielleicht schlackert er deshalb nicht mit den Armen. Wer weiß.

Ja, vielleicht könnte ich etwas über Cord schreiben. Oder doch lieber über Sibylle, die sich bereits ihr ganzes Leben darüber ärgert, daß ihre Eltern das Ypsilon und das Ieeh verkehrt herum schrieben. Und die all ihre Probleme des täglichen Lebens darauf schiebt, daß sie als orthographisches Schüttelrätsel herumläuft.

Oder ich lasse einfach meine Finger ganz und bleibe bei Dingen von denen ich etwas verstehe. Ich habe übrigens neue Töpfe. Wunderschöne blaue Emailetöpfe mit Blümchen drauf aus dem Nachlass einer Großtante. Die werf ich bestimmt nicht so schnell weg. Hoffe ich.

Roter Faden? Schlüssigkeit? Absichtliche Moral?

Papperlapapp.

Dienstag, November 21, 2006

Krankenbesuch

Eine Bekannte muß nächste Woche ins Krankenhaus. Ich würde sie ja gern besuchen, muß jetzt aber wirklich langsam zusehen, daß ich dann auch was habe. Ich bin viel zu gesund. Auch wenn ich mich morgens theatralisch, laut und etwas krampfig meiner Lungentoilette hingebe, muß ich wohl einsehen, daß die Husterei weniger etwas mit dramatischen Viren, Bakterien und Tuberkeln zu tun hat, sondern mehr mit den Zigaretten, die ich am Vorabend dort hineinpfiff. In diesen Momenten bekomme ich immer diese wirklich verrückte Idee, daß man damit ja auch eigentlich mal mit der Qualmerei aufhören könnte. Wenn sich diese Idee durchsetzt, werde ich dieses Blog umbenennen in "Tagebuch einer aktuellen Verfettung". Beim letzten Mal griff ich nach 13 Kilos wieder zu einer Zigarette. Ich wollte doch lieber stehend und hustend in die Kiste springen, als rülpsend hineinzurollen.

Doch zurück zu den Krankenbetten. Es gehört sich nicht, Krankenbesuche zu erledigen, ohne selbst anständig herumzujammern. Glaube ich. Als ich selbst ein paar Wochen fluchtunfähig im Krankenhaus verbrachte, weil jemand der Meinung war, daß es mir deutlich besser gehen würde, wenn er mich einmal durchsägt, was erstaunlicherweise auch der Fall war, habe ich mit meinen Zimmerkolleginnen vormittags schon Wetten abgeschlossen, welche kleinen Zipperlein heute an unseren Betten sitzen werden.

Petra gewann meistens, weil ihre Schwiegermutter oft auftauchte. Die Schwiegermutter hatte immer einen schlimmen Fuß. Solche Schmerzen. Eigentlich handelte es sich um einen eingewachsenen Zehennagel, den sie auch großzügig präsentierte, aber die Schmerzen kann sich natürlich keiner vorstellen. Petra schaffte es ja wenigstens noch, trotz ihres Bandscheibenvorfalles das Bett zu verlassen. Das kann ja gar nicht so schlimm sein. Mutti müßte hier liegen. So nach der reinen Schmerzskala. Renate bekam hin und wieder Besuch von ihrer Nachbarin. Einem Knie. Wir ließen Rückenschmerzen, Magenprobleme, Kopfschmerzen, Ellenbogenprobleme und den fraulichen Kram staunend an uns vorbeiprozessieren und wer die meisten Treffer verzeichnen konnte, durfte abends das Fernsehprogramm bestimmen. Das lockert den etwas langweiligen Krankenhausaufenthalt, der davon bestimmt ist, zu unglaublichen Zeiten essen zu müssen und ansonsten auf das Drogentaxi zu warten, auf.

Wer im Krankenhaus liegend das Leid der Welt anhören muß, vergißt kurzum, selbst ein wenig zu leiden.

Na gut, wenn ich mir bis nächste Woche keine anständige Krankheit zuzulegen vermag, kann ich ja noch zur zweiten weitverbreiteten Geheimwaffe der Krankenbetthocker greifen: Was du hast, ja, das ist wirklich schlimm, aber ich hatte ja mal was, da war sogar der Arzt ratlos.

Und jetzt noch das Highlight aus der morgendlichen Teleshoppingbeschallung:

"Eine Frau mit Pinsel sieht wunderschön aus".

Glaub ich nicht.

Samstag, November 18, 2006

Morgens um acht in Hamburg

Auf der Zither erklingt ein fröhliches "Ein Jäger aus Kurpfalz", dazu laufen Bergansichten und Wetterberichte aus den Alpen. In Oberstaufen kann man eine Schrothkur machen. Was das wohl ist? Ich kenne ja nur den Horst Schroth, vermute aber, daß er sich nicht ausschließlich in Oberstaufen aufhält um Touristen zu bekuren. Der reicht doch gar nicht für alle. Der gehört ja eher zu den etwas kürzeren Vertretern der männlichen Rasse. Doch vielleicht ist er ja gar nicht klein, sondern konzentriert. Dann reicht es ja, wenn man nur ein ganz bißchen nimmt.

Die Kamera ist längst weitergewandert. Lassen wir die Leute schroten was sie wollen. Jetzt erhasche ich einen Blick auf die Wolken in Schwangau-Füssen. Da möchte ich ja nicht wohnen. Aber gesehen habe ich es jetzt. Der Bayerische Rundfunk scheut wirklich keine Kosten und Mühen, einem die Schönheit, wie jetzt gerade den Nebel auf dem Nebelhorn, der Natur nahezubringen. Oh, in Garmisch-Partenkirchen sieht es, wenn man den Hintergrund mit den Bergketten einmal ausblendet, aus wie auf Helgoland.

Na gut, wahrscheinlich kann man in Garmisch-Partenkirchen länger und weiter herumgehen, aber auch dort wird sich das Land durch eine eher vertikale Qualität auszeichnen. So wie Helgoland. Teilweise. In Garmisch-Partenkirchen gibt es sicher eine Seilbahn. Auf Helgoland gibt es einen Fahrstuhl. Hoch kommt jeder. Überall. Serviceorientierung wird groß geschrieben.

Apropos Service, ich habe jetzt genug Schuhplattler, Zithern, Akkordeone und allerlei gehört. Um diese Zeit wird sich doch irgendwo ein Sender mit Teleshopping zum Kaffee finden.

Siehste wohl. Eine ganz kuschelige Webpelzjacke mit einer Blende in Fuchsoptik wird gerade mit einer solchen Begeisterung angepriesen, daß man sich wie ein Kleinkind vollgegutschigutschigutschit fühlt. Diese Struktur, nein. Dieser seidige Schimmer. Haben sie diesen Luxusschimmer gesehen? Der Acrylsack kostet übrigens auch nur hundertnoinundnoinzig Euro. Is doch günstig. oder?

Einst verfolgte ich des morgens voller Begeisterung eine für das Produkt recht lange Teleshoppingsendung für Puschen. Hausschuhe. Einfach, unschön und vielleicht gesund. Angepriesen wurden sie, als wären es die edelsteinbesetzten Dschinn-Bommel-Schuhe eines Flaschengeistes mit magischen Elementen. Den schönsten Satz der Ode an die Puschen hat sich mir bis an mein Lebensende ins Hirn gebrannt: Schönheit....muß ja auch innerlich sehr gut sein.

Ich liebe diesen Satz.

Teleshopping ist toll. Es lenkt mich von meinem akutellen Problem ab. Ich habe nämlich einen Pickel in der Nase. Das ist ja grundsätzlich human. Obendrauf fände ich ihn optisch unschöner. Ob es jedoch schöner ist, den ganzen Tag mit einem Finger in der Nase herumzulaufen, ist fraglich.

Ich geh mal meine Fausthandschuhe suchen.

Freitag, November 17, 2006

Der frühe Vogel fängt den Wurm

Ich schlafe gern. Gern und viel. Leider überkommt mich das Bedürfnis in einer ausgeprägten Intensität zumeist morgens, nachdem der Wecker geklingelt hat.

Zunächst klingelt also des Morges der Wecker. Es handelt sich dabei um mein Telefongerät, aus welchem Nana Mouskouri "Guten Moorgen, guten Moorgen, guten Morgen Sonnenschein" brüllt. Meistens kommt sie nur bis "Guten Mooo..", dann hab ich sie schon im Halbschlaf abgewürgt. Das macht sie in entnervender Art und Weise alle neun Minuten, bis ich sie hasse. "Blödes Weib", schimpfe ich. "Laß mich doch in Ruhe schlafen. Geh weg." Doch sie läßt es sich gefallen. Wirklich langmütig die Dame. Aber ich laß es mir zähneknirschend auch gefallen. Ich kann nämlich länger.

So liege ich dann extra noch ein wenig grummelnd herum, aus Trotz, obwohl ich schon längst nicht mehr müde bin, bis auf einmal mein anderes Telefon klingelt. Jetzt müssen andere Saiten aufgezogen werden. Sofort stehe ich in GI-Manier, Pantoffeln bei Fuß, aufrecht vor dem Bett und brülle "Sir, yes, Sir" in den Hörer. Denn ich weiß, am anderen Ende sitzt mein persönlicher Drill-Sergant, der mich mit verbalen Wassereimern übergießen wird, wenn ich müde herumnödel. Naja gut, meistens ist es dann doch eher ein kurzes, nettes Telefonat, welches - je nach Müdigkeitsgrad - noch von einem Kontrollanruf, ob ich nach dem Anruf wieder in die Laken gekippt bin oder tatsächlich aufstand, gefolgt wird. Leider ist dieses Mißtrauen das eine oder andere Mal durchaus angebracht.

Ich möchte nämlich schon gerne einmal vor zehn Uhr die Bank erreichen. Und wenn ich das nicht alleine schaffe, brauche ich Hilfe. Um Hilfe muß man Bitten. Das kostet manchmal Überwindung, ist aber lohnenswert. Danke Langer, an dieser Stelle, für Deinen selbstlosen Service.

So habe ich es in der vergangenen Zeit durchaus schon das eine oder andere Mal geschafft, bereits gegen halb neun oder sogar schon früher das Haus - stolz wie Oskar - zu verlassen.

Die Welt sieht vor halb zehn anders aus. In der Hauptverkehrszeit U-Bahn zu fahren, ist für mich ein völlig neues Erlebnis. Es ist voll. Sehr voll. Manchmal muß ich stehen, was meiner Laune nicht unbedingt zuträglich ist. Fremder Leute Hintern reiben sich an meinem, nasse Jacken dünsten fünf Zentimeter vor meiner Nase vor sich hin wie alte Schafe und müde Gesichter atmen mir ihr ungehemmt ihr gestriges Tsaziki ins Gesicht.

Wer früh wieder zu Hause sein will, muß leiden. Das habe ich jetzt begriffen.

Das Leben ist nun mal kein Picknick und wir leben nicht auf nem Ponyhof. Und die erstaunten Gesichter der Kollegen, gefolgt von dem ostentativen Blick zur Uhr, erbauen mich. Dafür lasse ich mich auch gerne ein wenig vollstinken.

Oh mist, ich muß los.

Mittwoch, November 15, 2006

Stiefelmode

Wer dieser Tage auf die Straße geht, sieht vieles. Jede Menge Laub auf den Straßen, Regenwolken, herbstliches Ambiente, Autounfälle und Stiefel.

Stiefel, Stiefel, Stiefel. Wohin man schaut. Stiefel. Die Frau von Welt trägt in dieser Saison nicht nur Stiefel, sie trägt sie nach der neuesten - oder ältesten - Mode über den Jeans.

Was ja nicht gar so furchtbar erscheint auf den ersten Blick. Das ist schon schick. Irgendwie. Schaut man aber genauer hin, wird einem klar, daß man, im Gegensatz zu der etwas legereren und lässig sitzenderen Mode der letzten Jahre, hierfür Hosen benötigt, die an den Beinen unangenehm eng anliegen. Diese Röhrenjeans, in die man nur mit Hilfe von Kneifzangen hineinkommt und deren Reissverschluss man nur liegend hochbekommt. Generationen kämpften schon mit diesen Beinkleidern. Generationen von Männern wurden impotent, der eine oder andere fiel der Drogensucht anheim. Gefährliche Hosen.

Diese Hosen stehen nicht jeder. Wer, wie ich, eine Figur mitbringt, die von der Hüfte abwärts eher "keilig" zu nennen ist, ist vielleicht, abgesehen davon, daß man die Hose sowieso nur bis zu den Knien hochbekommt, was in der Öffentlichkeit befremdlich wirken könnte, besser beraten, die Stiefel weiterhin unter der Kleidung zu tragen, weil sich ansonsten von hinten ein Blick auftut, wie auf eine unmotiviert und unordentlich in Folie eingeschlagene Wurst. Eine moderne Wurst. Aber eine Wurst.

Wer auf bequeme Bekleidung nicht verzichten will, quetscht die weiten ausgestellten Beinkleider in den Stiefelschaft. Wenn ich so etwas sehe, denke ich zunächst an Dschingis Khan. Oder ich bekämpfe den Drang, den Trägerinnen Eimerchen und Schäufelchen zu schenken, da frühkindliche Phantasien Erinnerungen an vergangene Regentage wecken, an denen man nur mit Gummistiefeln raus durfte.

Das gleiche Bild erscheint mir allerdings auch, wenn ich eine Dame mit beneidenswerten Streichholzbeinen, Stiefeln und Rock sehe. Nach meinem persönlichen Geschmack sollten Stiefel im oberen Bereich nicht so weit vom Bein abstehen, daß man als Vorübergehender bequem hineinaschen kann.

Diesen Beobachtungen liegt natürlich reiner Neid zugrunde. Die meisten Stiefel bleiben für mich unerreichbar. So wie die Sohle. Wegen meiner Quadratlatschen komme ich nämlich in den meisten Fällen noch nicht einmal annährend in ihre Nähe. Meine Füße bleiben in der Neunzig-Grad-Kurve stecken wie ein Sofa im Treppenhaus.

Also keine Stiefel für mich. Es sei denn, eine andere Mode kommt wieder. Als ich nämlich jünger war, haben wir Stiefel nicht angezogen, sondern getrunken. Hierbei wurden sämtliche auftreibbaren Alkoholika zusammen in einen riesigen Glasstiefel gegossen und reihum getrunken, stets scharf beobachtet von den Mittrinkern, weil der, bei dem die Luftblase in den Vorderfußbereich blubberte, irgendetwas tun mußte. Ich weiß aber nicht mehr, was. Ist vielleicht auch gut so. Sonst dürfte ich aus Gründen der Fairness nie wieder über die Jungend von heute herziehen.

Was schade wäre.

Montag, November 13, 2006

Noch`n Stock

Wir sind im Keller angekommen. Ist es noch eines von den alten Stöckchen, welches sich inflationär entstilt hat, oder wurde es ernsthaft gestartet? Ich weiß es nicht. Aber ich habe es gern gefangen. Weils vom Bob kommt. Und weil ich auf doofe Frage stehe. Nehmt es mir aber nicht übel, wenn ich es jetzt fallenlasse. Es ist auch schon etwas angeschmutzt.


Wie war es, als du deinen ersten Kuß bekommen hast?

Ich bekam den ersten Kuss beim Flaschendrehen. Glaub ich. Vielleicht war es auch "Tat oder Wahrheit". Es war auf alle Fälle der Auftakt der Zeit, in welcher damals ununterbrochen Flaschendrehen und Tat oder Wahrheit gespielt wurde. Manchmal auch "Schatz, bin ich die Richtige. Aber das war eigentlich langweilig. Dabei wurde nur auf die Wange geküsst. Bei Flaschendrehen und T+W wurde hemmungslos geknutscht. Es löste direkt das Puppenspiel ab und endete mit dem Start der Berufsausbildung. Da kann ich mich nun wirklich nicht an irgendjemanden Bestimmten erinnern. Worüber ich in Einzelfällen auch sehr dankbar bin. An das "wie" erinnere ich mich erst recht nicht mehr. Ich erinnere mich ja auch nicht mehr an den ersten Regenwurm, den ich gegessen habe. Wahrscheinlich mit Panik in den Augen, eisernem Willen und fest zusammengepressten Lippen. Du hast einen Regenwurm gegessen Bine? Nein, manchmal lüge ich.


Was war dein peinlichstes Beischlaferlebnis?


Wer zu Sex "Beischlaf" sagt, verdient keine ernsthafte Antwort auf diese Frage. Da stelle ich mir jemanden vor, der mit einem Paket Taschentücher in der Hand onaniert, "Sex" wie "sechs" ausspricht, Atemnot bei dem Anblick einer Bockwurst bekommt und rot anläuft und nicht mehr laufen kann, wenn einer das Wort "Liebesapfel" sagt. Neenee, ich sehe ihn direkt vor mir. Häkeldeckchen auf den Sofakanten, Hausschuhe für jeden Besucher, Umschläge mit Nacktfotos von Exfreundinnen hinter den Büchern im Bücherregal und ein mit Tüchern verhängtes Regal mit "erotischer Literatur" mit zusammengeklebten Seiten über dem Bett. Ein Mensch, bei dem ich niemals freiwillig Frikadellen essen würde.


Hast du unflätige Phantasien, in denen Blogger vorkommen?


Noch so eine Frage. Bemühen wir doch erst einmal die Definition "unflätig". Laut Duden, zumindest dem alten (Ich schätze, der, der sich die Fragen ausgedacht hat, besitzt auch noch keinen neuen), bedeutet es "in höchst ungebührlicher Weise derb, grob, unanständig". Zugegebenermaßen habe ich mich noch keiner in ungebührlicher Weise derben Phantasien hingeben müssen. Also, Jungs, tut mir leid. Ich wollte noch keinen Blogger anpinkeln. Ihr könnt die Taschentücher wieder einstecken.


Welche Deiner Eroberungen sollen im geheimen bleiben?

Amerika. Nicht weitersagen.


Wenn du dir jemanden Aussuchen könntest, der dich in einer Verfilmung deines Lebens darstellt, wer wäre das?


Johnny Depp. Oder Flipper. Weiß ich noch nicht.


Wer müsste deine Zu-Zensieren-Szenen doublen?

Ich drehe meine Stunts selbst.

Freitag, November 10, 2006

Kollegen

Seit nunmehr über fünfzehn Jahren trage ich an den meisten Tagen des Jahres meinen müden Körper in eine Bank Und immer wieder schaue ich verwundert um mich und schaffe es nicht, meine landläufigen Kleinmädchenphantasien hinsichtlich des Wesens von Bänkern mit dem zu synchronisieren, was mir so tagtäglich im wahrsten Sinne des Wortes vorbeigeht.

Merkwürdigerweise habe ich in all den Jahren fast nur mit Menschen zusammengearbeitet, welche zwar grundsätzlich einmal nett sind, aber weit entfernt von dem, was man als "normal" bezeichnen würde. Eine Kollegin drückte es gestern aus, wie ich es nicht besser könnte: "Stehen die morgens vorm Spiegel, feuern mit der nackten Hand eine vermeintliche Pistole auf ihr Spiegelbild und sagen zu sich "Hey Baby, du bist so wunderbar verschroben"?.

Das Kuriositätenkabinett folgt mir auf dem Fuße. Ich beginne langsam, das persönlich zu nehmen. Gestaltet meine Umwelt mich, oder ich meine Umwelt? Es wird Zeit darüber nachzudenken und Konsequenzen zu ziehen. Was darauf hinauslaufen wird, daß ich mich dann wohl ab nächster Woche dem allgemeinen Irrsinn anpasse. Ich werde es dadurch zu unterstreichen wissen, daß ich meine Unterwäsche über der Kleidung tragen werde. Realistisch betrachtet wird das niemandem auffallen.

Ich habe einen Kollegen, der aussieht wie ein Ball und seine Nachmittage damit verbringt, in seinem Büro zu sitzen und Fischdosen zu löffeln, wir nennen ihn "Free Willy", ich habe einen Kollegen, der es schafft, einem eine Stunde lang ein Ohr abzukauen, ohne daß man auch nur annährend herausfindet, worüber er grad spricht. Zwar sind die Worte geläufig, weil er durchaus die deutsche Sprache benutzt, aber der Sinn muß verborgen bleiben, weil er nur halbe Sätze spricht und dabei nuschelt. Ich habe eine Kollegin, die die Wahl zum Maskottchen örtlicher Hypochondervereine mit Abstand gewinnen würde. Sie verbringt ihre Arbeitszeit größtenteils in den Wartezimmern umliegender Ärzte. Weil sie einen steifen Nacken hat. Oder es "hier" wehtut wenn man drückt.

Ich habe einen Kollegen, der seine Frisur mit der von Prinz Eisenherz teilt und einen, der seine durchaus vorhandene Fachkompetenz selbst so toll findet, daß er abwechselnd klugscheißert und sich mit Weihrauch und Rosenblättern begießt. Und einen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, andere Kollegen aus seinem direkten Umfeld zu vergraulen. Mit Recht dürfte man ihn "Herrn-mit-dem-arbeite-ich-nicht-mehr" nennen. Aber ich mag ihn. Dann gibt es noch den Herren, der immer mit einem gehetzt gestressten Blick umherwandert, obwohl er eigentlich gar nichts zu tun hat. Es bietet sich eben immer an, überarbeitet zu wirken, um drohender Beschäftigung aus dem Weg zu gehen.

Und ich arbeite auch noch da. Jeder so wie er es verdient. Aber es hätte schlimmer kommen können.

Machen wir uns nichts vor. Lieber teile ich meine Zeit mit dem liebenswert skurrilen Alltagskabarett, als mit der anderen in einer Bank weit verbreiteten Spezies von Kollegen mit den hautfarbenen Badekappen und der Tube Vaseline im Anschlag. Arschkriecher sind in meiner kleinen Nachbarschaft zum Glück dünn gesäät.

Also, nur mal so als Tipp: Wenn ihr bei uns durch die Gänge stromert und einen Menschen mit strahlendem Gesicht und ausgestreckten Armen begegnet, der euch überdurchschnittlich begeistert behändeschüttelt und mit einer etwas zu lauten Stimme anbrüllt: "Herr/Frau XY, ich grüüüüüüüße Sie", haut bloß schnell ab.

Dienstag, November 07, 2006

Fahrbier heute

Ich bin sicher, daß es unter der "Jugend von heute" auch die intelligenten Welchen gibt, die die Pisa-Studie Lügen strafen. Junge Menschen auf dem Weg in eine positive Zukunft. Leider haben diese Jugendlichen anscheinend alle ein eigenes Auto. In der U-Bahn trifft man mehr die leicht reduzierte Variante.

Um einen einschneidenden Eindruck zu gewinnen, sollte man seine Beobachtungen auf einen Freitag oder Samstag gegen Abend verlegen. Dann kommen sie aus ihren Löchern, bewaffnet mit dem aktuellen Äquivalent des von unserer Generation - oder sogar schon vorher - etablierten Fahrbieres. Zum Vorglühen reicht der Elite von morgen nämlich kein Bierchen mehr. Heutzutage muß es schon richtig knallen und billig sein. Das Taschengeld geht ja zum großen Teil für die Handyrechnung drauf. Und alkoholische Getränke werden einem nicht überall für`n Appel und `n Ei nachgeworfen. Ich mußte gestern auch zwei Mal schlucken, als ich in einer dieser Geheimtipp-Kneipen in St. Georg, so ein Laden, der von außen nicht nach Kneipe aussieht, für ein
0,25 l-Bier 2,40 Euro bezahlte. Diese zwei Schlucke benötigte ich dann auch, um das Bier zu trinken. Teure Pfütze.

Aber zurück zur Jugend. Etwa fünfzehnjährigen Mädchen wächst häufig eine Rotweinflasche aus dem Hals. Oder billiger Sekt. Die Mädchen, die sich gerade nicht in dem Zustand akuter Befüllung befinden, sondern der Betankung harren, verbringen die Wartezeit zumeist kichernd und kreischend. Hiermit beweist die Jugendmannschaft der örtlichen Alkoholiker schon den Willen zur günstigen Hardcoretrunkenheit.

Die meisten Partywilligen tragen jedoch selbstbefüllte Flaschen mit sich. Eine Wodkaflasche und eine Colaflasche zum Beispiel. Die Inhalte bereits verzehrfertig vermischt. Das Fahrbier wurde also von einer Plastik-Colaflasche mit Schuß verdrängt. Die Zivilisation macht auch in der U-Bahn nicht halt. Härter, schneller, besser. Da kippt man sich zur Not auch mal Opas Asbach Uralt in Mischfähiges. Ich finde, wir können stolz sein auf den deutschen Nachwuchs. Sie lassen sich nicht von der Wirtschafts- bzw. Taschengeldkrise unterkriegen und machen aus dem, was sie haben, das beste. Da schwillt mir direkt die Brust. Oder der Hals? Naja, irgendwas unterhalb meines Kopfes.

Freitag saß ich gegen zehn Uhr abends auf dem Weg nach Hause neben zwei Flaschenmädchen, die sich in dem für den Nachwuchs mittlerweile typischen Fetzendeutsch unterhielten. Doch sie gaben Grund zur Hoffnung. Das eine Mädchen lallte nämlich: "Eeeh, isch bin voll stolz eeeh. Hab ein ganzes Buch gelesen. Sechsundfünfzig Seiten eh. Ej, bin total stolz. Sechs-und-fünf-zig Seiten. Ich bin voll froh."

Ich wette, sie wird ihren Weg machen und nicht in ein paar Jahren in der U-Bahn in ihr Handy brüllen: --......--.....-------NU EFOSCHIER DICH NICH SO!

Sonntag, November 05, 2006

Pipiessen

Der rote Blitz ist weg. Zum Glück. Besonders in der kalten Jahreszeit behagt mir die Vorstellung des Autofahren-Müssens nicht. Im Sommer fuhr ich zwar auch kaum noch, weil ich in Hamburg alle Wege bequem, schnell und ohne langwierige Parkplatzsuche mit der U-Bahn erledigen kann, doch im Winter wurden die Pausen, in denen der Wagen sich kaputtstand, immer länger. Es ist zwar nicht so, als hätte ich für mein Vehikel keine Winterreifen besessen, aber als unlustiger Reifentauscher bzw. - wie ich mit schamgesenktem Haupt zugeben muß - Reifen-vom-Dachboden-Holer, der trotzdem an seinem Leben hängt, zog und ziehe ich doch die eine oder andere Schlenderei an der frischen Luft vor.

Daran mußte ich heute morgen denken, als ich im Radio von den ersten Bodenfrostergebnissen hörte. Jede Menge Unfälle und Staus. Der Winter kommt aber auch immer so plötzlich. Hinterhältig sowas. Aber nicht mehr mein Problem. Ich bin jetzt wieder Fußgänger.

Fußgänger und Grünkohlesser. Denn pünktlich zum ersten Frost war ich heute zum Grünkohlanstich geladen. Ob man das sagt? Keine Ahnung. Grünkohlanessen? Grünkohl Start-up? Grünkohl-Premiere? Auf alle Fälle gabs heut zum ersten Mal in diesem Jahr Grünkohl mit Kochwurst, Kassler und Kartoffeln. Und Pinkel. Börps. Hinterher gibt es traditionell ziemlich viel Schnaps, was der Laune am Tisch nicht unbedingt abträglich ist.

Ungeachtet des urinstrotzenden Namens ist Pinkel eine Wurst. Mein Gefühl bezüglich dieser Wurst ist ein zwiespältiges. Es handelt sich hierbei um eine Art Grützwurst, welche ich unter normalen Umständen in ihrer Urausprägung niemals in meinem Munde dulden würde, nachdem ich einst im Fernsehen sah, wie sie hergestellt wird. Die normale Grützwurst, welche auf dem Teller liegend zu allerhand Fäkalphantasien einlädt, was die inliegenden Rosinen in keinster Weise abmildern, baut man nämlich zusammen aus einem im ganzen gekochten Schweinekopf, der durch den Wolf gedreht wurde, Grütze und noch mancherlei Gemenge. Mögen andere Leute Innereien und Gehirn essen. Mir wird schon von der Vorstellung schlecht.

Mir wurde versichert, daß Pinkel nicht die Intelligenz eines Schweines beherbergt, und so habe ich sie, höflich und leichtgläubig wie ich bin, gegessen. Es war okä. Kein Jahrmarkt der Geschmackknospen mit Feuerwerk, aber eßbar. Wieder zu Hause angekommen, gebot mein natürliches Mißtrauen allerdings, die Zusammensetzung der Pipiwurst google-technisch zu prüfen.

Glück gehabt. Teilweise. In Pinkel ist kein Hirn hurra. Cholesterinzählende Lebensmittelphobiker sollten sie allerdings auch weiterhin von ihrem Speiseplan fernhalten. Eigentlich besteht sie nämlich nur aus Fett und Grütze. Schmalz, Speck, Talg und Grütze. Was übrigens irgendetwas aus Getreide ist. Fragt mich nicht. Fragt Oma. Oma weiß sowas.

Der Name "Pinkel" kommt übrigens aus dem ostfriesischen und bedeutet so viel wie "Geschlechtsteil". Ich bitte jetzt einmal die männliche Leserschar, sich zu entblößen und an sich herunterzuschauen. Was ihr seht, ist es dunkelgrau? Etwa zehn Zentimeter lang und labberig? Ungefähr zweieinhalb Zentimeter im Durchmesser? Sieh an. Wenn jetzt auch noch das, was da rauskommt, krümelig ist, braucht ihr euch keine Sorgen machen. Ich würde mal sagen, dann seid ihr Ostfriesen.

Oder tot.

Donnerstag, November 02, 2006

Milch macht müde Mädchen munter

"Igitt" dachte ich gestern, als ich morgens noch leicht verschlafen an diesem Werbeschild für Milch vorbeiging. Die mag Milch mit Haut? Örks. Milchhaut rangiert in meinen Augen in der Hitparade besonders ekliger Lebensmittel im oberen Viertel. Auf umherdümpelnde Haare kann ich auch gut verzichten. Diese Frau Zimmermann hat aber auch einen merkwürdigen Geschmack. Vielleicht liegt es daran, daß sie für diese Jahreszeit auch etwas spärlich bekleidet ist. Sicher sprach sie im Fieberwahn einer üblen Erkältung.

Nee, so etwas druckt man doch nicht auf ein Werbeplakat. Vielleicht sollte ich das nochmal lesen:


Ach so. Calcium. Proteine. UND Biotin. Jaja. Jetzt verstehe ich. Die folgende Fahrt mit der U-Bahn verbringe ich mit der erheiternden Vorstellung der Frau Zimmermann, wie sie bei sich in der Küche steht, ein schönes großes Glas Milch in der Hand, und sich gemeinsam mit ihren Haaren und ihrer Haut über das tolle Calcium freut. Und hey, da kommt auch Protein. Die Haare können sich vor lauter Überschwang kaum noch auf dem Kopf halten und versuchen abwechselnd über die Achselhöhlen und die Arme zum Glas zu robben und der Milch entgegenzuwachsen. Die Poren ploppen auf, als hätte die Kosmetikerin sie grade einen halbe Stunde mit Dampf bestrahlt und piepsen in hunderten kleiner Stimmen: "Jippieeh, Miiiiilch, gib Miiilch, Bi-o-tin, Bi-o-tin".

Und voller Neid schauen alle Poren und die Haare auf die Kollegen an der Oberlippe. Genüßlich wälzt sich der Damenbart im kühlen Nass und die benachbarten Poren erstarren vor Freude.

Was für eine Freude. Was für eine doofe Werbung. Immerhin bin ich jetzt wach.

Mittwoch, November 01, 2006

Sturmflut mit Rod Steward

Halloween ist vorbei und die schönste Nachricht, die ich eben im Radio hörte, ist, daß Rod Steward jetzt anfangen möchte, sich als ganzer Mann zu fühlen und fortan davon absehen wird, die G-Strings seiner Freundin zu tragen. Das finde ich löblich. Wobei ich der Meinung bin, daß nichts verwerfliches daran zu finden ist, Damenunterwäsche zu tragen. Ich selbst gönne mir diesen Spaß dann und wann.

Ob das mit dem "ganzen Mann" allerdings klappen wird beim guten Rod, ist fraglich. Ich weiß nicht, wer seine Freundin ist und welche Form von String sie zu tragen pflegt. Aber schimpft mich gern Unke, ich kann mir nicht wirklich vorstellen, daß ein "ganzer Mann" sein gesamtes Freudenpaket schlackersicher vorne in dem kleinen Stringdreieck parken kann. Vielleicht in einer Unterhose der Weather Girls. Gut. Als Freundin vom Steward stellt man sich doch aber eine dieser eher magersüchtigen Maiden mit aufgeflufften Möpsen vor. Tja Rod, schätze, mit dieser Nachricht hast du dir selbst keinen Gefallen getan. Hättest du doch besser gesagt, daß du jetzt davon absehen wirst, deine Wimpern zu tuschen und die Augenbrauen zu zupfen. Das hätte man dir sicher noch mit völlig ersthaft-mitfühlendem Gesicht verziehen und gemurmelt: Jaja, diese Künstler aus den Achtzigern. Langsam werden sie auch erwachsen.

In diesem Zusammenhang fällt mir ein, daß ich meiner gestrigen Abendbegleitung (Vielen Dank noch einmal für die Lollies) versprochen habe, einmal öffentlich zu fragen, wo man eigentlich mißt. Also, ihr wißt schon. Diese Geodreieckaktionen auf dem Jungsklo. Wo setzt man korrekt die Meßlatte - höhö - an? Vorne oder hinten? Bleibt ruhig in halbwegs wissenschaftlichen Ausdrücken. Die neue Trendsportart des notgeilen googlens macht auch vor diesem Blog nicht halt. Und wir möchten ja nicht, daß die Damen und Herren unnötig Zeit verlieren, indem sie hier auf diesem wenig untenrum-orientierten Blog landen und darüber wieder ernüchtern.

Apropos Weather: Auch das wäre heute für den guten Rod nicht sehr erfreulich. Ruckzuck wären seine hochgeföhnten Haarspitzen umgemäht. Heute ist nämlich zu meiner großen Freude Sturmflut angesagt. Fünf Meter über Normalnull. Ich gehe davon aus, daß eine Stadt wie Hamburg mit so einem Pipifaxwasserstand locker umgehen kann und keine ernsthaften Schäden ins Haus stehen. Und ich darf mir wieder einmal akkurate Föhnaktionen schenken, da sie für die Katz wären. Hurra.

Dienstag, Oktober 31, 2006

Halloween

Was muß ich eben im Radio hören? Heute ist Halloween. Was ist? Halloween? Was ist das? Was muß ich dabei tun? Wäre ich noch ein Kind, wüßte ich es. Genau das gleiche, was ich damals am Neujahrsmorgen tat: Plastiktüten, Kissenbezüge und alle anderen leicht tragbaren Behältnisse schultern und durchs Viertel Süßigkeiten schnorren gehen. Damals hätte ich dies in diesem Umfang auch gern täglich gemacht, aber meine Mutter meinte, das sähe dann doch ein wenig zu sehr nach Bettelei aus. Ich akzeptierte das nach außen zähneknirschend, wohlwissend, daß es in der Straße eine Frau gab, die mir, immer wenn ich dort klingelte, einen Lolli in die Hand drückte. Ich mußte da gar nicht drum bitten, wir verstanden uns wortlos. Also war es auch keine Bettelei. Mein kleines persönliches Halloween. Ich mochte halt Lollis.

Aber was macht man als Erwachsener an diesem Tag? Ich glaube, man kann es in einem kurzen Satz zusammenfassen: Adams-Family spielen und Kürbisse verschimmeln lassen. Klingt einfach. Verschimmeln lassen kann ich gut. Bis gestern hatte ich sogar noch eine bereits etwas obergärige Kürbissuppe in einem meiner legendären Töpfe auf dem Herd stehen. Doch ich habe sie auch schon gestern im Klo versenkt, bevor sie Fell bekommen konnte. Hätte ich das doch bloß nicht getan, dann könnte ich sie jetzt noch ein paar Tage vor die Tür stellen und meine Nachbarn mit meinem kulturellen Zugeständnis erfreuen.

So muß ich mir jetzt etwas anderes einfallen lassen. Grusel ist heut angesagt. Jeder gruselt im Rahmen seiner Möglichkeiten. Da es unschicklich wäre, nur in ein Bettuch gewandet in der Bank zu erscheinen und es zudem nur bedingt gespensterhaft aussähe weil ich nur Spannbettlaken besitze, huldige ich denen, denen heute zu huldigen ist (kann mir mal jemand helfen, ich habe keine Ahnung wer das sein sollte) dergestalt, daß ich mir einfach meine Haare nicht wasche. Fettig sind sie leider noch nicht, stehen aber reizenderweise heute in alle Richtungen ab. Gruselig. Meine Haut gewinnt sowieso schon an herbstlichem Kalkeimercharme, das sieht dann zudem auch noch ganz entzückend leichig aus.

Leider fehlen mir aufgrund des sittsam vor dem DVD-Player verbrachten Abends meine sonst nicht so zimperlichen Augenringe. Doch das darf ich vernachlässigen. Ich werde mir einfach dann und wann intensiv die Äuglein reiben und damit die Wimperntusche auf die Unterseite der Augen befördern. Manchmal lohnt es sich, eine Frau zu sein.

Wenn ich ganz gut drauf bin, spucke ich auch noch ein kleines Stück meines morgendlichen Käsebrötchens auf die Tischplatte, verdrehe dabei die Augen und rede ganz exorzistenlike in fremden Zungen. Soll niemand sagen, ich geb mir keine Mühe.

Und wenn ich Glück habe, schenkt mir jemand einen Lolli.

Sonntag, Oktober 29, 2006

Werd ich alt?

Manchmal merke ich sehr deutlich, daß ich alt werde. Damit meine ich jetzt nicht die Neigung, eher einmal müde zu werden, vorm Fernseher einzuschlafen, oder nach einer durchzechten Nacht auf dem Kiez tatsächlich zwei Tage zu brauchen, um wieder einigermaßen lebenstauglich und kopfschmerzfrei zu sein. Nein, ich merke es daran, daß ich beginne, mich stellvertretend für meine Mitmenschen zu schämen und den deutlichen Wunsch verspüre, hier und dort autoritäre Zurechtweisungen in die Welt zu rufen.

So wie eben in der Bahn. Rechts in der Viererecke neben meiner saß ein jugendliches Etwas. Sehr cool. Dicke Stiefel. AUF dem ihm gegenüberliegenden Sitz. Nachdem ich seiner angesichtig wurde, verengten sich meine Poren ein wenig, ebenso wie meine Augen und ich mußte schwer an mich halten, ihm nicht zu erzählen, daß es mir herzlich leid täte, vorher auf dem Platz gesessen zu haben wo seine Füße jetzt aufhältlich seien und ich meine Schuhe, mit denen ich vorher in einen tüchtigen Hundehaufen getreten wäre, dort abgelegt hätte, wo jetzt sein Hintern sitzt.

Das hätte ich natürlich niemals in echt getan. Ich hätte ihn höchstens in einer etwas unhöflichen Art und Weise angeschnauzt, seine Drecksstiefel gefälligst auf dem Fußboden zu parken, wo sie hingehören. Wenn ich nicht der Meinung gewesen wäre, daß es mich, egal wie es nervt, überhaupt nichts angeht. Ich mußte ja nicht stehen. Ich saß stattdessen da und schämte mich stellvertretend für unsere Jugend.

Vor mir saß eine junge Frau, die neben sich auf dem Sitz zwei Taschen abgestellt hatte. Am Hauptbahnhof füllte sich die Bahn und es war mir schrecklich peinlich, daß diese blöde Tusse nicht auf die Idee kam, ihre Dreckstaschen entweder auf den Boden oder auf den Schoß zu nehmen, um einem anderen Mitfahrer eine Sitzmöglichkeit zu eröffnen. Ich bin sicherlich nicht der höflichste Mensch unter der Sonne. Ich rede auch mal mit vollem Mund, verweigere Smalltalk und sage manchmal üble Dinge wie Drecksmistverdammter oder so, aber ich stehe für ältere Damen in der U-Bahn auf, kratze mir nicht in der Öffentlichkeit im Schritt und rotze nicht auf die Straße. Und ich stelle meine Füße und meine Einkaufstaschen auf den Fußboden, wenn es weniger Sitzplätze als Mitfahrer gibt.

Wenn das so weitergeht, werde ich sicherlich eine dieser blöden Meckerliesen, die ich selbst als Kind und Jugendliche ätzend fand. Diese unentspannten Weiber, die ständig der Meinung waren, sich überall einmischen zu müssen. Die der Meinung waren, Mädchen sollten nicht trampen und sich nicht selbst die Haare schneiden. Und vielleicht einmal kämmen oder adretter anziehen. Wenn meine Mutter etwas schief guckte, wenn ich ihr die Ergebnisse meiner selbst mit der Küchenschere produzierten Eigenfrisierkünste präsentierte, dann durfte sie das. Sie war - nee - ist ja meine Mutter. Aber ansonsten hatten wir die achtziger Jahre. Da sahen doch alle etwas merkwürdig aus. Oder?

Und irgendwelche alten Jungfern hatten mir da gar nichts zu sagen. Wenn ich meine Füße in der Bahn auf den Sitz..... Mist. Seht ihr? Das ist der Grund, warum ich mich derzeit nur schäme und noch nicht mecker. Bis zur gänzlich alten Jungfer habe ich noch mindestens drei Jahre. Hoffe ich. Ich befinde mich sozusagen in einem Borderlinezustand.

Aber wieso schäme ich mich eigentlich für andere Leute. Ich habe viel mehr Grund, mir selbst anständig die Augen aus dem Kopf zu schämen. Für den Zustand, in dem sich mein Auto heute befand, als es abgeholt wurde. Der rote Blitz ist verkauft. Ich bin wieder autolos und habe ein paar Probleme weniger, die da hießen: Karre springt nicht an, Benzinleitung muß entrostet werden, Sicherung springt raus wenn man die Lüftung anmacht und der TÜV ist fällig.

Das Autochen stand jetzt fast drei Monate unangetastet auf dem Parkplatz unter den Linden. Daß er rot ist, konnte man nur noch erahnen unter dem ganzen Dreck. Außerdem ist mir irgendwann eine Dose löslichen Kaffees neben dem Beifahrersitz ausgelaufen und ich habe es nicht rechtzeitig entfernt. Deswegen ist da ein unschöner braunschwarzer klebriger Haufen entstanden, der sich auch nicht mehr so leicht entfernen läßt. Und genau so ist der Wagen heute abgeholt worden. Und ich hab da auch noch Geld für bekommen. Nicht viel, aber immerhin.

Zum Glück konnte ich noch die gelbe Stoffente aus dem Kofferraum entfernen, bevor sich jemand originellen Ideen über meine Vorlieben hingeben konnte. Die Ente gehört der Tochter einer Freundin. Aber das weiß ja der Käufer nicht.

Ach, aber selbst schämen macht nicht halb so viel Spaß. Schämen wir uns lieber wieder für andere.

Besonders schämen kann ich mich für meine Mitmenschen, wenn ich fernsehe. Bei "nur die Liebe zählt" komme ich aus einer latenten Verkrampfung kaum noch heraus. Peinliche schräg gesungene Liebeslieder, tränenzerfurchte Leidensminen mit komm-zurück-Botschaft toppen wirklich jede Nachmittagstalkshow um ein vielfaches. Allein die Vorstellung, daß ich versehentlich irgendwann einmal mit jemandem zu tun bekäme, der glaubt, mir auf diesem Wege die Liebe beweisen zu können, läßt mich prophylaktisch würgen.

Hübsch finde ich dagegen die von Herrn Pflaume organisierten Familienzusammenführungen über tausende von Kilometern. Wiedersehensfreude, gern auch tränenreich, wärmt mein Herz. Trifft meine schon beschriebene Rührseligkeit ins Mark und ich weine völlig schamlos mit.

Aber schluchzende Oberlippenbärte, die ihrer Stufendauerwelle hinterhertrauern, finde ich peinlich.

Ist mir ja auch unangenehm.

Donnerstag, Oktober 26, 2006

Bettgeschichten

Heute ist ein großer Tag. Nicht nur, daß es für diese Jahreszeit außergewöhnlich warm ist, nein, heute wird das dritte organische Wesen in dieser Wohnung ausgemustert. Neben mir und meinem Kühlschrank dürfte sich nämlich auch meine Matratze mittlerweile eines emsigen Eigenlebens erfreuen. Eigentlich mag man da gar nicht drüber nachdenken, was sich da mittlerweile in den fünfzehn Jahren, die ich sie schon beschlafe, angesiedelt hat.

Ich stelle mir das ungefähr so vor wie in dem Buch "Teppichvölker" von Terry Pratchett. An jeder Ecke lebt eine eigene kleine Lebensform, die vom Bergbau an den Federschächten leben und die sich ausgezeichnet auf die nächtlichen Erdbeben eingestellt haben, die dadurch entstehen, daß ich mich auf die Matratze werfe und herumwühle, bis ich die perfekte Einschlafposition gefunden habe. Meine Milben tragen bestimmt Rüstung und Helm. Würde ich ihnen auf alle Fälle zu raten.

Die ultimative Einschlafposition ist gar nicht so leicht zu finden. Zunächst liege ich meist auf dem Rücken. Das macht aber keinen Spaß. Also drehe ich mich auf die Seite und ordne meine Gliedmaßen in etwa so an, wie man es von der stabilen Seitenlage aus den erste-Hilfe-Kursen kennt. Dann wühle ich mich wieder hoch und versuche die gleiche Position auf der linken Körperhälfte. Wieder nichts. Ich beginne also, zwischen all den Kissen und Decken das puschelige Nackenkissen zu suchen, finde es meistens neben dem Bett auf dem Boden, drehe mich wieder nach rechts und habe dabei das Nackenkissen wie einen Teddy im Arm, damit sich mein Kinn darauf stützen kann. Nach etwa einer Minute Einschlafversuch beginne ich, wie irre auf das Kopfkissen einzuschlagen, damit sich dort eine Kuhle bildet und es aufhört, mir den Hals in unnatürlicher Art abzuwinkeln.

Wenn ich es so weit geschafft habe, merke ich, daß irgendwo ein Leck in der Deckenumhüllung ist, wodurch kalte Luft meinen von der Müdigkeit aufgeheizten Leib traktiert. Also beginne ich mit der logistischen Meisterleistung, bei möglichst wenig Bewegung, mittels Fußtritten und leichten Drehbewegungen des Körpers, die Ränder des Deckbettes unter meinen Körper zu stopfen. Und alles für die Katz. Wenn ich morgens aufwache, liege ich meist bettfüllend mit ausgebreiteten Armen auf dem Rücken.

Die Matratze wurde soeben geliefert und von mir bereits mit neuer, frisch duftender Bettwäsche belegt. Am liebsten würde ich mich jetzt hineinkuscheln und schon einmal Probeschlafen.

Leider ist Mittag und ich bin gar nicht müde.

Schade eigentlich.

Mittwoch, Oktober 25, 2006

Das heulen der Stürme

Wenn ich die Frage nach der Herkunft ernsthaft beantworten müßte, würde ich behaupten, ich bin Norddeutsche. Als Schleswig-Holsteiner von Geburt, Niedersachse aus der Jugend und Hamburger in der Gegenwart bin ich laut den jeweiligen Landeshymnen nicht nur sturmfest, erdverwachsen und standhaft in Stürmen, ruhlos schäumend und treu, stattlich und laut dem Hamburg-Song auch vielbegabt, ich bin auch eine blöde Heulsuse. Das steht da aber nirgends drin.

Ich behaupte ja immer, Rührseligkeit ist der Preis für allzu großen Realismus. Ihr dürft prima auf mir herumhacken, böse zu mir sein und und versuchen, mir auf normaler zwischenmenschlicher Ebene eine reinzudrehen. Ich werde allerhöchstens ein wenig gemein in Retour und euch den Rücken kehren, so wie das bei all der Erdverwachsenheit möglich ist, und euch Gelegenheit geben, das Schwein zu sein, welches sich am Baum kratzt. Mich haut doch nix um. Wer ein Mädchen will, soll woanders suchen.

Wenn ich allerdings vor den Fernseher sitze und mich mit amerikanischen Rührstücken füttere, werde ich zwei Tage lang meine zugeschwollenen Augen nicht mehr aufbekommen. Es gibt Filme, da heul ich durch. Entweder kompensiere ich vergangene Stürme, oder ich bin eigentlich doch ein Hormonmonster. An manchen Tagen nimmt meine Rührseligkeit schier überhand, daß ich sogar schluchzend vor der Merci-Werbung hocke weil diese Überdosis an Harmonie (wahrscheinlich eher Hormonie - hö) mich so bewegt.

Es kommt wirklich selten vor, daß ich bei dem Ansehen eines komischen Filmes zum zweiten Mal an den gleichen Stellen lache. Gut, ich gehöre sowieso eher zu den Schmunzlern. Laut lache ich meist über das, worüber man nicht lachen sollte, wenn man zu den Menschen mit dem "richtigen" Humor gehören will. Ich lache also immer, wenn im Film jemand im Fahrstuhl pupst, wenn jemand übel stolpert oder Leslie Nielsen auf dem Flugzeugträger seiner Mütze hinterherstaunt. Aber zeig mir zehn mal hintereinander einen anrührenden Film, ich werde zehn Mal schmelzen.

Natürlich nicht in Gesellschaft. In Gesellschaft wende ich all meine Körperbeherrschung auf, drehe mich zu meiner Couchbegleitung um, zeige mit dem Zeigefinger auf ihn oder sie und grinse höhnisch: "Sach ma, heulst du etwa?"

Fies ne?

Montag, Oktober 23, 2006

Augen auf beim Hosenkauf

Wachsen Jeans eigentlich noch im Gebrauch? Und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Es kursiert das Gerücht, dass sich diese Allroundhosen um mindestens eine Größe dehnen, sich nach der Wäsche zwar wieder leicht zurückverlaufen, sich wieder dehnen, sich wieder zurückziehen undsoweiterundsofort.

Ob meine Beobachtungen repräsentativ und studientauglich sind, weiß ich nicht. Aber ich behaupte, dass Jeans nicht etwa hinternhältig, sondern einfach nur hinterhältig sind.

Wenn ich nämlich eine Jeanshose kaufe, die im Geschäft genau meiner Passform entspricht, meinem Geschmack entsprechend nicht zu eng sitzt und mir noch Raum bietet, mich zu bewegen, dann kann ich davon ausgehen, dass diese wächst.

Ich könnte ja unter Protest noch damit leben, dass der hintere Bereich ein wenig Beulen schlägt. Ich sehe mich von hinten selten und wenn andere denken "was trägt die denn für eine scheiße sitzende Hose", geht mir das im wahrsten Sinne des Wortes am Arsch vorbei.

Meine Jeans wachsen aber in der Länge. Ich habe die letzte bereits auf die perfekte Länge stutzen lassen und schon wieder trete ich beim laufen ständig mit der Hacke auf den Saum. Dieser Saum wird mit der Zeit unansehnlich, wirklich dreckig, fransig, flusig und ist bei diesem Wetter ständig naß. So laufen doch nur Fünfzehnjährige rum. Eigentlich.

Die einzige Möglichkeit, dem aus dem Weg zu gehen, ist das Tragen von hochhackigen Schuhen. Eine sackförmig sitzende Jeans zu High-Heels? Ich brauche das nicht zwingend. Außerdem habe ich mir diese Hackenlatschen schon länger abgewöhnt. Ich gehöre zur Fraktion "bequeme Schuhe". Bequeme, nicht "vernünftige Schuhe", diese Fraktion unterscheidet sich von den bequemenSchuhen ungefähr so wie die Volksfront Judäas von der judäischen Volksfront.

Ich sehe also oftmals aus, als würden mir ständig dreckige Lappen am Schuh kleben. Nicht sehr erotisch, hm?

Aber zurück zum Wachstum. Wer glaubt, ALLE Jeans wachsen, hat sich geschnitten. Wenn ich nämlich im Geschäft in weiser Voraussicht eine Hose ordere, die für mich unerträglich eng sitzt, weil ich im Vertrauen auf die Natur der Arbeiterhosen annehme, dass sie nach ein paar Tagen angenehm bequem meine Figur umschmeichelt, dann kann ich eigentlich schon mitSicherheit sagen, dass diese Fasern in keinster Weise nachgeben werden. Formbeständig wird sie mir mein Fleisch zusammenpressen. Egal, wie verzweifelt ich auch versuche, sie auszuleiern um wieder einfacher an Sauerstoff zu kommen.

Sie wird sogar noch hinterhältig schrumpfen bei der nächsten Wäsche. Und sie wird sich nicht weiter dehnen. Sie wird mir die Luft abschnüren und die Blutzirkulation stören. Wobei, diese Thrombosestrümpfe sitzen ähnlich eng. Die Hosenbeine werden sich hochziehen und einen Blick auf die von mir peinlicherweise bevorzugten Ringelsocken in abartigen Farben freimachen.

Man könnte jetzt annehmen, dass die Lösung "kauf doch Stretch" lauten könnte. Glaubt mir, ich habe es versucht. Auch hier verhält sich das Drillich nicht so as ik wohl will. Entweder sie sehen aus wie Reithosen oder legen sich in Falten um Hintern und Oberschenkel.

Ich werde jetzt einfach auf Jogginghosen umsteigen. Oder auf Leggins. Meint ihr, man kann irgendwo noch große rosa-weiss-gestreifte Sweater mit Bärchenmotiv vorne drauf kaufen?

Wennschon dennschon.

Meine Waschmaschine

...ist immer noch kaputt. Dafür habe ich jetzt noch so viel Kuchen im Kühlschrank, daß ich mir ohne Probleme im Laufe dieser Woche mindestens zwei Hosengrößen mehr anfressen kann. Außerdem noch zwanzig Rumkugeln. Wirklich unglaublichst süße Rumkugeln. Ein Rumkugelhochgenuß im ersten Moment, gefolgt von dem Wunsch, nie wieder essen zu müssen. Was deutlich gegen die zwei Hosengrößen mehr spricht. Hatte ich schon einmal angedeutet, daß ich gar nicht der große Kuchenesser bin? Doch, hatte ich.

Dankenswerterweise sind diverse liebe Menschen meinem Aufruf zur Kuchenvernichtung gefolgt. Aber dennoch konnte lediglich die Spitze des Eisberges abgetragen werden. Doch das ist egal. Was zählt ist ja immer der Moment. Der Akt des Kuchenbackens war eine helle Freude. Nein, nicht nackt. Nicht meditativ. Das machen wir das nächste Mal. Ohne Fotoapparat.

Diese Backaktion zeichnete sich durch eine etwas alberne Grundstimmung aus, welche man normalerweise nur bei kichernden fünfzehnjährigen Mädchen beobachten kann.

Ausnahmsweise hier nun als entsprechendes Anschauungsmaterial ein Anschauungsmaterial. Um den hohen Standard unseres Hausfrauenhumors nachvollziehen zu können:



Ansonsten haben wir nebenbei über Philosophie diskutiert und Milch getrunken. Sozusagen.

Ihr wollt mehr? Ich will aber nicht Doppelmoppeln. Deswegen klickt hier.

Freitag, Oktober 20, 2006

Backen mit Alkohol

So sei es denn beschlossen und verkündet. Morgen werden im Hause Bine Ofen und Teigbatzen angefeuert, Duft und meditative Erlebnisse zu verbreiten, in denen man sein Leben wiederfindet. Wie seinerzeit in der Sesamstraße bei der Episode: Toastbrot, das war dein Leben.

Warum "Backen mit Alkohol"? Reine Wahrscheinlichkeitsrechnung. Da ich heute abend lieben Besuch, mit der man nicht "für gut" weggehen kann, bekomme UND auf dem Kiez zum Geburtstag geladen bin, ist die Wahrscheinlichkeit von Restalkohol am morgigen Tag nicht gering. Möglicherweise werden wir uns die Zeit des Backens nebenbei mit einem hübschen Glas Rotwein vertreiben. Oder aber wir kippen das Zeug in den Teig. Das gefällt mir grad am besten.

So schwebt mir vor, frühkindliche Klackermatscherlebnisse mittels des Baues von Rumkugeln wieder lebendig zu machen. Und für die unbedarfte Zeit des Legospiels durch aufeinandergestapelte Butterkekse den Hund zu kühlen. Um die Zeit der Pubertät zu unterstreichen, müßte ich eigentlich etwas backen, was mit Eckes Edelkirsch Creme zu tun hat, auch wenn sich mir bei dem Gedanken der Magendeckel verkrampft. Vielleicht werde ich einfach so tun, als hätte ich damals mehr Baileys getrunken.

Um die Zeit des Heranreifens und sich-findens zu symbolisieren müßte ein Rotweinkuchen her. Je nach Entwicklungsstand fängt ja jeder Mensch zwischen dreissig und vierzig an, über Nacht zum Weinkenner zu mutieren.

Gar nicht lang danach beginnt dann schon die Zeit der Schwarzwälder Kirschtorten. Aber hier werde ich in meinem und eurem Interesse die Finger von lassen. Meine feinmotorischen Fähigkeiten sind in keinster Weise geeignet, eine akkurate Torte zu bauen, sondern beschränken sich darauf, Teigbatzen in Formen zu stopfen.

Deswegen wird diese Zeit hier eher weiblich durch einen Eierlikörkuchen dargestellt.

Aber was machen wir für den Lebensabend? Mir fällt nichts ein. Zur Not werden wir halt einfach einen rappeltrockenen Rührkuchen, einer von der Sorte, nach dem man zwei Stunden staubig ausatmet, bis unter den
Rand in Asbach Uralt oder noch Furchtbarerem, Fernet Menta oder so, tränken. Und dann werden wir den Kuchen feierlich im Garten beerdigen.

Nette Idee, aber ein büschn viel Kuchen für jemanden, der eigentlich kaum Kuchen ißt. Also, helft mir. Am Sonntag wird das, was wir morgen tatsächlich aus dem Ofen ziehen, zum freien Verzehr angeboten. Wer Lust hat, mit uns Kindergeburtstagskaffee zu spielen, ist herzlich eingeladen. Ernsthafte Anfragen nach der Adresse (Mailaddy im Profil) werden beantwortet und hierdurch möglicherweise animierte Stalker seien gleich darauf hingewiesen, daß ich in dem Fach Psychoterror deutlich bessere Noten erzielen würde. Der Spieß würde umgedreht und der Kuchen würde euch im Halse steckenbleiben.

Alsdann. Laßt mich nicht auf dem Gekrümel sitzen.

Prost.

Donnerstag, Oktober 19, 2006

Bonbon aus Wurst

Wißt ihr noch was ihr werden wolltet als ihr klein wart? Ich muß jetzt wirklich ein wenig überlegen, denn das war nicht wenig. Keine Garantie abgebend für die korrekte Chronologie vermute ich, daß meine erste Vorstellung sicher eine große Tierarztphantasie war. Nee. Falsch. Das kam erst später. Eigentlich wollte ich, glaube ich, Fleischereifachverkäuferin werden. Die korrekte Berufsbezeichnung ging mir damals natürlich total ab. Für mich waren das die Frauen die Wurst verkauften. Und ich stand bei jedem Aufschnittkauf grün vor Neid vor der Theke und starrte begehrlich dieses Metallmonstrum an, mit dem die Damen damals wie heute den Bon an die Wursttüte tackerten.

Herrjeh wollte ich sowas haben. Ich wollte unbedingt auch mit diesem Inbegriff der Macht über Schnitzel und Sülze, diesem Symbol dafür, endlich erwachsen zu sein, Bons an Tüten tackern, einfach so Wurstscheiben an Kinder verteilen und "Schöön´ Tach noch" schmettern. Ja. Das wollte ich. Zum Glück habe ich diesen Wunsch nicht verfolgt. Wir haben nämlich einen solchen Wursttütentacker im Büro für die kleinen Hefterchen, und ich gebe zu, der Spaß ist schnell Ernüchterung gewichen.

Stempeln fand ich auch geil. Bei der Post hätte ich auch gern gearbeitet. Aber das war nur kurz.

Aber dann kam die Nummer mit dem Tierarzt. Das bot sich sozusagen von Haus aus an. Zwar waren wir genetisch nicht tierärztlich vorbelastet, dafür hatten wir immer viel Geviech. In erster Linie Hunde. Mindestens zwei, meistens drei. Und Vögel und Katzen und Meerschweinchen auch. Die aber nur so lange, bis uns schließlich unser letztes, Houdini war sein Name, aus dem Käfig, den wir zusätzlich mit einer großen Glasscheibe gesichert in die Sonne gestellt hatten, flüchtete und verschwand. Nomen est omen. Seit vorsichtig, welche Namen ihr euren Kindern gebt...

Durch die Tiere und dadurch, daß wir alle ein bis zwei Jahre eine Horde Welpen im Haus herumlaufen hatten, war ich damals häufiger beim Tierarzt als beim Kinderarzt. Das prägt. Der Tierarzt hatte einen Beo. Einen dieser unglaublich sprachgewandten Biester, der, wenn die Welpen zu irgendwelchen frühkindlichen Aktionen beim Doc vorstellig waren, deren Gewinsel so täuschend echt nachmachte, daß die Mutterhündin, die mit mir im Wartezimmer bleiben mußte, dieses erst einmal gepflegt auseinandernahm aus Sorge um ihre Brut.

Leider muß ich zugeben, daß ich für den Beruf des Tierarztes in keinster Weise geeignet war. Ich hätte nicht einmal eine Zecke aus dem Fell eines Hundes ziehen können ohne ohnmächtig zu werden. Außerdem taten mir die Biester immer leid. Ich hatte auch nie gern Spritzen bekommen. Und mochte das den Viechern auch nicht zumuten. Und wenn denn tatsächlich mal der schwere Tag kam, an dem wir uns von einem Hund auf nicht ganz natürlichem Weg verabschieden mußten weil er litt, dann wollte ich auch nicht in seiner Haut sein. In der des Tierarztes meine ich.

Also, Tierarzt war nix für mich. Tierärztin auch nicht.

Danach folgten die unausweichlichen depressiven pubertären Phantasien. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, schwebte mir damals vor, Biologin zu werden. Und die Verhaltensweisen von Pinguinen in der Arktis zu erforschen. Ga-ha-hnz allei-schluchz-ne. In einer Forscherhütte im Eis. Ohne Menschen. Viel Landschaft, ein paar Tiere und ich. Gottchen, was tat ich mir damals leid.

Als ich älter wurde, wollte ich unbedingt Journalistin werden. In Deutsch war ich meistens gut. Im Gegensatz zu diesem Landkartenunterricht oder "Werte und Normen". Wah. Also Journalist. Was macht man, wenn man in einer Kleinstadt Journalist werden möchte? Man macht ein Praktikum beim örtlichen Käseblatt. Das tat ich auch und war kuriert. Mein Leben lang über die örtlichen Karnickelzüchtervereinsjahresversammlungen (was für ein Wort) berichten, da stand ich ja gar nicht drauf. Kritik an meinen Texten? Das ging gar nicht. Wenn ich etwas für gut befinde, dann ist das gut. Punkt.

Also wurde ich immer älter und irgendwann kam ich auch an den Punkt, wo ich mir über die tatsächliche Berufswahl gedanken machen mußte. Und was machte ich dummes postpubertierendes Huhn? Ich dachte mir: Hey, alle fragen dich, was du jetzt beruflich machst. Und dann sagt man: Rate mal. Also, mußte ich, um den Spaß für mich in optimiertem Rahmen zu halten, etwas lernen, wo nieeeemals jemand drauf kommt. Und machte das auch. Jugendlichen sollte man verbieten, eigene Entscheidungen zu treffen..

Ich überlegte also, was wohl ein Beruf wäre, den mir niemand zutrauen würde, und begann eine Lehre bei einem Rechtsanwalt. Da lernte ich dann alles mögliche, unter anderem "viel arbeiten für wenig Geld". Da genau diese Qualität bei Banken damals gern genommen war, landete ich da, wo ich jetzt bin. Also, nicht ganz. Ein paar Abteilungen hab ich schon durchlaufen und ich verdiene auch nicht mehr so viel wie bei dem Anwalt, eher mehr, aber diese alberne Jugendsünde hat meinen Weg gezeichnet.

Dabei wollte ich doch eigentlich nur Wurst verkaufen.