Freitag, Juli 28, 2006

Ich bin zu müde um höflich zu sein

Was muß ich einmal wieder lesen, dieses Mal im Focus online:

"Auch winzige Signale des Körpers werden von anderen – und sei es nur unbewusst – ganz genau registriert. Unversehens und unbemerkt hat man eine positive Beziehung zum Gesprächspartner auf Dauer verspielt."

Na super, das macht doch Lust auf mehr oder? Dank diesen Erfolgsratgebern bekommen wir doch kaum noch "echte" Menschen im Erstkontakt vor die Linse. Da sieht man die 10 % bewußt genutzte Hirnmasse seines Gegenüber vor dem ersten Händedruck strammstehen, sich ausrichten und Anweisungen bellen: "Los, stell Dich grade hin, die Füße sollen in Schulterhöhe auseinanderstehen. Nein, nicht oben. In der Breite. Gut. Jetzt knick leicht in den Knien ein, das wirkt sicher und lässig. Schultern nach hinten, zieh den Bauch ein. Und jetzt ganz wichtig, schau deinem Gegenüber fest in die Augen. Sehr gut. Nun der Händedruck. Fest muß er sein. Ein fester Händedruck ist der Ausdruck für einen festen und ehrlichen Charakter. Gut hast du das gemacht. Fein.

Manchmal übertreibt der Körper vor lauter Eifer, so daß der Gegenüber extrem steif wirkt, mich angestrengt anstarrt und mir dann die Hand bricht. Wenn man den Leuten schon beibringen will, daß sie so, wie sie eigentlich sind, nicht gut sind, sollte man schon ein wenig tiefer gehen. Oder? Nicht nur in die Augen glotzen Leute. Ausdauerndes Anstarren löst - zumindest bei mir - keine tiefe Bewunderung für die unglaubliche Eloquenz meines Gegenüber aus, sondern einen Fluchtreflex. Ihr müßt die Bücher dann auch zuende lesen. Starres Starren ist eine Drohgeste. So kommt sie zumindest bei meinen 90 % Tier an. Ihr müsst darauf achten, die Pupillen Eurer Herzdame im Wechsel anszustarren. Das lockert auf.

Und meine Hand brauche ich noch. Natürlich muß ich innerlich auch immer kichern, wenn mir ein gestandenes Mannsbild statt einer Hand einen feuchten toten Fisch hinhängt, aber dann kann ich mir wenigstens ein echtes Bild machen und entscheiden, daß mir so eine Flachflosse nicht ins Haus kommt.

Kein Wunder bin ich Single. Ich würde so gerne mit meinem Gegenüber flirten und nicht mit dem Produkt eines auswendig gelernten Flirtratgebers. Anmachsprüche, die ersten Dates, mit ein wenig Geduld kann man die verschiedenen Techniken und Abläufe ausgooglen, sogar vorformulierte SMS findet man, und hat dann von dem Objekt seiner Begierde noch nichts wirklich gesehen.

Ein weiteres Problem in diesen Situationen, in denen einem eine aus den 10 % heraus bewußt kreierte Person vorgesetzt wird, ist folgende: Wer die ganze Zeit auf sich konzentiert ist, hat keine Zeit, ankommende Signale wissenschaftlich zu analysieren. So habe ich irgendwann schon mal versucht, auf Technik technisch zu reagieren. Wenn diese Leute glauben, Blickkontakt ist ein Zeichen von Sicherheit und Sympathie, guckte ich denen zwei Zentimeter am Ohr vorbei. Mit dem Ergebnis, daß die Leute merken, daß ich sie doof finde? Nein. Mit dem Ergebnis, daß die 90 % aufgeregt herumhopsen und sagen: Heyyy, wie süß, die ist schüchtern. Heraus mit dem Beschützerinstinkt.

Hmpf.

Kommen wir also noch einmal auf den Eingangssatz aus "Focus" zurück. Leute, wenn Ihr es Euch durch Körpersprache bei Eurem Gegenüber versaut: Gut so. Ihr hättet eh nicht zusammengepaßt. Freut euch. Es gibt genügend andere Menschen, bei denen genau Eure Körpersprache super ankommt. Nehmt lieber eine/n von denen.

Mittwoch, Juli 26, 2006

Ein Nachmittag am Piescherbecken

Wenn mir als kinderlosem Großstadt-Nerd etwas suspekt ist, dann diese öffentlichen Kinderplantschbecken, welche hier in Hamburg zuhauf rumstehen. Diese Örtlichkeiten üben auf mich die gleiche Faszination aus wie ein chirurgisches Lehrbuch mit vielen Bildern. Ich bin hin und hergerissen zwischen totaler Ablehnung aus Ekel und einer starken Anziehungskraft, weil man da - realistisch gesehen - einfach eine Menge lustiger Sachen zu sehen bekommt.

Oder in einem anderen Bild ausgedrückt: Es ist wie der "Genuß" von Chilibonbons aus dem Gummibärchenladen. Man steckt sich den ersten Chili in den Mund, kaut ungläubig, voll der Geschmacksirritation, unterdrückt einen Würgereiz weil es definitiv nicht schmeckt, ereifert sich darüber, daß man so einen Scheiß verkaufen kann, bzw. daß man so einen Scheiß gekauft hat, und nach einer halben Stunde hat man den gesamten Tüteninhalt weggenagelt. Nebenbei. Geht doch.

Zurück zu den Plantschbecken. Eine wundervolle Idee für alle Großstädter, die keinen Platz haben, um sich das Aufblasbare oder den Waschzuber in den Garten zu stellen. Jeder kommt. Ob jetzt die ultimative türkische Großfamilie mit Grill oder die ultimative deutsche Kleinfamilie. Auch mit Grill. Die Normale Hamburg-Mutter (ich hab hier ein Kind, das mach ich jetzt groß, Jessica, komm mal her, du hast jetzt genug Sand gegessen) und auch die Extrem-Hamburg-Mutter (ich habe ein Kind und sehe trotzdem toll aus, mein Kind ist immer aktuell modern gekleidet und ich lebe in Eppendorf oder Winterhude, morgen machen wir Werbeaufnahmen für Kindertoilettenpapier und unsere Emanuela-Sarah-Sophie-Charlotte-Sasel-Düdenbüttel ist schon ganz aufgeregt. Ist dieses Camouflage-Kopftuch, welches sie heute trägt nicht entzückend?).

Ich persönlich finde ja, daß Kinder funktionell angezogen sein sollten, weil sie eh alles vollsabbern und nicht wie ein kleiner Laufstegrambo aus dem H & M - Prospekt. Aber Ich muß ja keine Kinderblüschen von Hand waschen. Deswegen kann mir das eigentlich auch schippe sein.

Alle sind da und es herrscht großer Friede. Wie der Wasserlochfrieden in den Nationalparks in Afrika. Hier greifen sich höchstens mal die Kinder im Kampf um eine schöne orangene Plastikschaufel an, dürfen aber ihr Sozialverhalten nicht abschließend lernen und austragen, weil Mama oder Papa immer drei Schritte hinter ihnen stehen und für Recht und Ordnung sorgen.

Die Kinder lernen, was Wasser ist. Also, daß es noch mehr Möglichkeiten der Anwendung gibt als Zähneputzen und Haare waschen. Noch nicht, daß es trägt, weil Plantschbecken höchstens wadentief sind, aber immerhin, und die Mütter dürfen ungehindert und voller Stolz ihre von der Schwangerschaft gezeichneten Körper im Bikini austragen. Ist ja alles ganz natürlich und alle sind eingeweiht. Naja, fast alle. Es gibt ja noch mich. Doch für mich ist das beruhigend. So viel Cellulite sehe ich normalerweise nur, wenn ich mich nackig direkt vor den Spiegel stelle. Auch ich könnte mir jetzt die Kleider vom Leib reissen, mich mitten ins Becken setzen und so tun, als wäre eines der umspielenden Gören von mir. Ich würde auf alle Fälle nicht auffallen. Das beruhigt mich.

Was mich jedoch nicht beruhigt ist die Frage, wieviel Kinderpiescher an einem Nachmittag in so einem Becken landet. Ich habe es jetzt nicht probiert, schätze aber mal, daß der Chlorgehalt einer solchen Pfütze eher Richtung "unerheblich" tendiert, weil ich viel zu wenig Kinder mit geröteten Augen gesehen habe. Also, kein Chlor (ich lasse mich gern verbessern), sondern eine große fröhliche Eigenurintherapie. Im besten Fall nur Urin. Die Schließmuskelkontrolle schließt ja auch andere Körperöffnungen, die im Plantschbecken meist unverhüllt sind, mit ein. Deswegen sitze ich lieber nicht im Wasser, sondern auf einer Parkbank, beobachte das Treiben und ziehe hin und wieder dem Einjährigen einer Freundin am Fuß weil er dann immer lacht.

Dienstag, Juli 25, 2006

Brave Bine, hol das Stöckchen :)

"Momentan “grassiert” das Stöckchenspiel in der Blogsphäre. Wie es funktioniert? Ganz einfach: Ein Blogger beantwortet einen vorgegebenen Fragebogen und wirft am Ende mehreren Bloggern den Stock zu, damit sie ihn übernehmen".

Ich habe vom Marketing-blog ein Stöckchen bekommen und bin brav in die Elbe gesprungen um es rauszuholen.

Sehr vorbildlich habe ich mich mit dem Fragebogen beschäftigt, ihn ausgewertet, bewertet, beantwortet und war immer ehrlich!


Warum bloggst Du?

Die große Frage…warum blogge ich. Warum verbringe ich meine Zeit nicht sinnvoller, nutzbringender oder wirtschaftlicher? Weil es kaum Zeit kostet, kein Geld kostet und zumindest in meinem kleinen Multiversum Sinn ergibt. Es heißt nämlich "etwas `ergibt´Sinn und nicht `etwas macht Sinn`. Das wissen die wenigsten. Das ist ja nicht schlimm. Ich glaubte auch bis vor gar nicht langer Zeit, daß `absorbieren` etwas `abstoßen` meint. Daß das was mit saugen zu tun hat, war mir total unklar. Allen anderen Menschen offensichtlich auch, denn man ließ mir solcherlei unrichtig gebrauchten Fremdworte ungestraft durchgehen. Womit ich glaube ich zum furchtbarsten und unsympathischten Grund angelangt bin, warum ich blogge: Ich habe gerne Recht, ich stelle gerne unhaltbare Behauptungen auf und finde es toll, wenn mich Leute toll finden. Ich würde auch gern reich werden, aber ich bin Realist.

Seit wann bloggst Du?

Ich guck jetzt nicht nach. Das wäre irgendwie unsportlich. Leider habe ich ein grandioses Zeitempfinden. Klar ist auf alle Fälle, daß mein Archiv im Mai beginnt. Man könnte daraus kurzschließen, daß ich im Mai angefangen habe zu bloggen. Genau. Als die Bäume schlugen. Am Anfang.

Selbstportrait?

Bine halt. Fred Timm singt ein schönes Lied, welches da lautet: "Ich bin Durchschnitt". Das möchte ich auch. Durchschnitt ist erstrebenswert. Ich bin also durchschnittlich Mitte dreissig, durchschnittlich groß, durchschnittlich schwer, durchschnittlich blond, durchschnittlich nicht blauäugig, durchschnittlich modern, durchschnittlich spießig und grad nur unterdurchschnittlich satt weil der Nudelsalat aus der Kantine überdurchschnittlich ähbäh war.

Warum lesen deine Leser Deinen Blog?

Öhm, keine Ahnung. Die einen weil sie mich kennen und wissen, daß ich es schön finde wenn sie es lesen und sagen, daß sie es schön finden. Die anderen vielleicht, weil ich sie dafür bezahle. Und die dritten möglicherweise, weil sie hoffen, daß hier irgendwann mal ein Bild ohne Mütze eingestellt wird. Einer liest das Blog weil er im Google danach suchte, warum Fliegen unter Lampen kreisen, während er apricotfarbene Designerlampen auf Anfrage entwerfen mußte. Ich glaube, wenn ich apricotfarbene Lampen designen müßte, würde ich auch lieber mein Blog lesen

Welche war die letzte Suchanfrage, über die jemand auf Deine Seite kam?

Wenn mir das mal jemand zeigen könnte, wo ich das rausfinde, wäre ich ein sehr, sehr glücklicher Mensch. DAS wüßte ich nämlich auch gern. Also siehe oben. Fliegen umme Lampe. Das war eine. Und weil ich jetzt eh lügen müßte, lüg ich einfach:

- Peterchen und der Wolf
- schwanzgeile Nymphomaninnen hauen auf die Nudel
- Dermatologie, Pickel, Exzem
- Apfelmus
- Kotzen für Cosmopolitan



Welcher Deiner Blogeinträge bekam zu Unrecht zu wenig Aufmerksamkeit?

Alle. Bestimmt alle. Oder zumindest der, den ich noch ziemlich früh unter Einfluß von sehr viel Restalkohol schrub…ach nein. Ich bekomme insgesamt viel zu wenig Beachtung. Ich finde, wir sollten alle etwas achtsamer miteinander umgehen. Und behutsam. Und wir sollten uns etwas mehr mit unserem Karma beschäftigen. Und mit apricot-farbenen Lampen.


Dein aktuelles Lieblings-Blog?

Oh, da ich noch so neu bin und mich noch durch die ganze Szene durchklicke, wäre es vermessen, hier jemanden gesondert hervorzuheben. Der Stöckchenwerfer, der macht Spaß. Dann diese Seite von dem Herrn N., ich komm grad nicht auf den Namen. Wo dieses tolle Zeichentrickvideo zu einem finnischen Song drauf ist. Und dieser irre Junge vorm Computer. Ich mag die Filme bei einigen sehr bekannten Blogs, ich mag Jens in der Schweiz, ich mag Bob und Steini und diese Frau auf Rügen. Ich mag Gewohnheitsklicks und bei Freunden reinschaun, ich mag Cola und Pommes Frittes, ein paar Sänger und Ihre Hits…all das mag ich…..und ganz doch mich :).

An welche vier Blogs wirfst du das Stöckchen weiter und warum?

An Bob fürs herlocken, für Kommentare mit Herz, für Bobsein, ein Stöckchen in Gold.
An Steini, fürs hinterherstolpern und ziemlich schnell ziemlich elegant selbst gebloggt, ebenfalls in Gold.
An Jens in die Schweiz, für das verlinken und bewerben und auch für ganz viel Spaß beim Lesen seiner Seite. Ebenfalls in Gold.
An Chilischote, weil sie jetzt auch ein Blog hat. Auch in Gold. Weil das besser zu ihrem Haar passt als silber. Und weil Gold eh schön ist.
Und alle die mich kennen. Und wollen, also Stöckchen, werfe ich noch eine gehörige Menge in die Menge. In allen Tönen.


Viel Spaß.

Und danke an die Werbung für die reizende Nachmittagsgestaltung. So wird das nie was mit Disziplin.

Einzelzimmer

Frau T. ist immer noch krank. Bis Ende August. Ich habe die berechtigte Befürchtung, daß Robin Bine im Stall bleibt. Sozialisierungen fallen zunächst aus. Meine leider auch. Einzelzimmer machen einsam.

An vier Tagen in der Woche habe ich zumindest bis mittags um zwölf Gesellschaft. Und danach spielt keiner mehr mit mir. Sehr deutlich ist an mir zu merken, daß sich ein Segen auch schnell zum Fluch entwickeln kann. Bei karibischen Temperaturen. Fluch in der Karibik 3. Merkt Euch schon mal den Titel... Sollte ich jemals so etwas wie Geistreichtum besessen haben, nimmt der mit jeder Stunde, die niemand vor mir sitzt und daher schon per se Gesprächsbereitschaft signalisiert, ab.

Wenn das so weitergeht, hat es sich was mit Robin Bine. Gestatten, Robin Hauser.

Ich weiß nicht, wie das die Freiberufler unter Euch machen. Ja, ich bin undiszipliniert. Vielleicht ist das genau der Punkt, an dem ich mich auf meine Arbeit konzentrieren kann. Ich muß einfach lernen damit umzugehen. Mich am Riemen reissen, mich fügen. Das ist alles richtig. Aber wenn das so weitergeht, beginnt bald jeder Artikel dieses Blogs mit: "Sehr geehrte Damen und Herren, zu vorbezeichneter Angelegenheit nehmen wir wie folgt Stellung..." und ich werde verlernt haben, auf Fragen in ganzen Sätzen zu antworten. Wahrscheinlich vergesse ich irgendwann, morgens meine Haare zu waschen und beginne Zeitschriften und Müll zu sammeln.

Dann habe ich wenigstens einen nachvollziehbaren Grund, warum niemand mein Büro mit mir teilt.

Ich bin ein einsamer Elefantenbulle. Wo ist bloß die Vogelstimmen-CD?

Sonntag, Juli 23, 2006

Wale in der Elbe

Ja meine Damen und Herren. Und ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Als ich heute am Elbstrand und in derselben weilte, weil ich den Liter Elbwasser in der letzten Woche nicht schaffte, haben Flavia und ich erstaunliche Beobachtungen gemacht, die wir sofort an das Umweltamt und die Naturschutzbehörde gemeldet haben. Ab heute ist Schiffverkehr in der Elbe untersagt, die Passagiere der QM2 werden zukünftig in Cuxhaven ausgebootet und per Bus nach Hamburg verbracht.

Doch seht selbst, welch putzige Tierchen sich im Elbwasser tummeln. Ich bin so stolz, in Hamburg zu leben:



Hier konnten wir den höchstseltenen Paarungstanz erleben, welcher entzückenderweise beinhaltet, sich von Badegästen verlorene Handtücher gegenseitig zu schenken. Diese Tücher werden in komplizierten Ritualen um die Körper geschlungen und dabei werden wohlige Laute gebrummt.


Das zweite Weibchen des Rudels versucht hier mittels eifriger Gebärdensprache, ebenfalls die Gunst des Männchens zu erlangen. Während dieses Tanzes vollführt das Weibchen in schneller Folge mehrere Verbeugungen und stößt dabei grunzende Laute aus.

Sie hatte Erfolg.



So viel Bewegung auf dem Land war für unsere Meeressäuger sehr anstrengend, so daß sie sich, traulich vereint, zuächst ein ein wenig ausruhten. Leider stünde ihnen zu lange an Land ein Tod durch Austrocknung bevor. Hier war Hilfe unsererseits dringend nötig. Rettungshund Dino wartete keine Sekunde und grub einen Kanal bis hin zu den seltenen Tieren.



Danke, Dino, wir danken dir von Herzen.

Donnerstag, Juli 20, 2006

Lupinen

Und wieder bin ich etwas klüger...naja. Hab ich zumindest etwas dazugelernt. Jahrelang erfreute ich mich an dem herrlichen Monty Python-Sketch Dennis Moore (Haha, Lupinen. Man kann doch gar keine Blumen essen. Ist das witzig).

Nachdem jetzt vor einiger Zeit die Stiefmütter auf meinem Balkon den Weg alles ewigen gegangen waren, sie lebten sozusagen schon im heu-te, kaufte ich mir im vorübergehen bei Spar ein neues blühendes Ungeheuer. Der reizende Herr an der Kasse erwähnte, daß es sich um Lupinen handele. Dabei guckte er sehr bedeutungsvoll. Was er mir damit sagen wollte? Das fragte ich ihn auch, woraufhin er mir mitteilte, daß es eine Staude wäre, die im nächsten Jahr wiederkäme. Ach so.

Das fand ich schön, so hat mein Lavendel im Winter Gesellschaft beim mopsen.

Ich schnappte mir also den Topf und summte mich nach Hause: "Dennis Moore, Dennis Moore, riding through the night, soon every lupin in the land will be in his mighty hand. He steals from the rich and gives to the poor, Mister Moore, Mister Moore, dummdummdumm the night, dumdidumdumplight...undsoweiter".

Als zwar erfolglose aber engagierte Pflanzenmama suchte ich zu Hause mit Hein nach der ultimativen Pflegeanleitung für Lupinen. Darf die Sonne, darf die Bier, muß man mit ihr reden? Es ist immer gut, wenn man zumindest theoretisch weiß, was man falsch macht.

Erst war ich entsetzt: Was? Ich habe grade sieben Euro für ein Grünzeug ausgegeben, was an jedem Bahndamm wächst? Na gut, sie verbessert den Boden durch irgendwelche Stickstoffkugeln an den Auslegern, aber da sie ihren eigenen Topf hat, wird sie damit nicht sehr hilfreich den anderen Blümchen zur Seite stehen können.

Dann las ich weiter:

"Lupinen werden als Wildfutter angebaut". Ach was. Essen kann man die auch? Dennis? Der Sketch gewann an Format. Ich muß allerdings aufpassen, daß ich keine Kühe auf meinem Balkon weiden lasse. Die bekommen nämlich schnell eine Lupinenvergiftung und ich will nicht Schuld sein an Skelettmißbildungen bei Kälbern. Auch Ziegen und Schweine muß ich von dem Kasten fernhalten....ich schätze, das wird mir nicht schwerfallen.

Aber warum werden Lupinen als Wildfutter angebaut, wenn die lieben Tierchen anfangen, davon rasselnden Atem und unkontrolliertes Zittern zu bekommen? Hier achte man auf die genaue Wortwahl: "Wild". Was so ein anständiges Reh ist, verträgt die auch "Wolfsbohne" genannte Pflanze gar phantastisch. Haustiere können sie nicht ab. Wahrscheinlich zu wild das giftige Rackerchen. Und jetzt kenn ich auch den Grund dafür, daß es keine freilebenden Meerschweinchen (mehr?) gibt.

Aber ich las noch weiter. Bei Wikipeda fand ich dann folgendes:

"Aus den gerösteten Früchten der Lupine kann ein kaffeeähnliches Getränk gewonnen werden. Durch den Zuchtfortschritt werden heute in Mitteleuropa zunehmend alkaloidarme Süßlupinen angebaut. Wegen der hohen Eiweißqualität der Körnerfrüchte ersetzen diese importiertes Soja als Viehfutter und ein Tofu-ähnliches Produkt (Lopino) wird für die menschliche Ernährung hergestellt. Eingelegte Lupinenkerne (it. Lupini, pt. Tremoços) sind in Südeuropa ein beliebter Bier-Snack in Gaststätten. Lupinenmehl wird zunehmend in der Lebensmittelindustrie eingesetzt. Allergische Reaktionen gegen Lupinen sind möglich."

Nächste Reaktion meinerseits: Hurra, ich gehe unter die Selbstversorger. Ich werd Öko. Ein Trend bei Leuten über dreissig ist ja der Hang zum Selbermachen. Weil man wohl nicht weiß, wohin mit seiner Zeit, wenn man die Abende nicht mehr damit verbringen darf, mit den Nachbarkindern verstecken zu spielen. Also, ich kann mir selbst Kaffee machen und außerdem einen beliebten Biersnack. Hurra. Biersnack find ich gut. In Gedanken sah ich mich schon mit Schürze in der Küche Lupinenbohnen ausprokeln. Fast wäre ich losgegangen, um mir die Schürze zu kaufen.

Und dann stockte mein Blick auf dem Google-Fundstück "Giftinformationszentrale". Ups. Ausgerechnet das lila Prachtstück auf dem Balkon wird dort bildlich hervorgehoben. Dahin der Traum von einer eigenen Kaffeerösterei. Welche Lupinen Wikipeda auch immer meint. Meine ist giftig für mich. Logisch. Ich bin ja auch irgendwie ein Haustier.

Hätte ich auch selbst drauf kommen können.

Damit hat allerdings auch Dennis Moore verloren. Von wegen er nimmt von den Reichen und gibt den Armen. Ha! Giftiges Gestrüpp. Von wegen "Gutmensch". Pah. So kann man natürlich auch erfolgreich Armut bekämpfen.

Mittwoch, Juli 19, 2006

Vermieterin in der U-Bahn

(Zwei Damen in der U-Bahn. Eine guckt leicht gelangweilt aus dem Fenster, die andere bebt vor gerechtem Zorn. Die Bäckchen sind rot und Punkte und Kommas sollten nicht mitgelesen werden)

"Sag mal Else, das ist doch ungeheuerlich. Wenn ich denen gesagt habe, daß ich keine Haustiere genehmige, dann können die mich doch jetzt nicht zwingen, eines zu genehmigen? Wenn ich die Wohnung weitervermieten möchte, stinkt da alles nach Katzenpisse und bestimmt hat das Vieh dann auch an allen Ecken die Tapete von den Wänden geholt. Neinnein, ich hatte es denen gesagt. Also so wollen wir ja gar nicht erst anfangen. Wenn ich sage keine Haustiere, dann gibts keine Haustiere. Fehlt nur noch, daß sie mir da jetzt auch noch ein Balg vor die Nase setzen. Dann komm ich ja nie zur Ruhe."

(Die Zorndame schraubt ihre Stimme zwei Oktaven nach oben und beugt sich zu ihren Füßen runter)

"JaHektorbistduMuttisbravesHundchenmachschönsitzwirsindjabaldzuHause-
dannkriegstduschöööönesgekochtesHuhn. (kiekst:) Jaaaaaaaaa das gefällt dir. Ne?"

(Wendet sich wieder ihrer Else zu, die aussieht, als hätte sie grad in eine Zitrone gebissen)

"Dabei waren die so nett am Anfang, daß ich sie sogar zwei Wochen vorher zum renovieren reingelassen habe. Ausnahmsweise. Das macht man ja auch nicht einfach nur so. Aber weißt du, wie sie es gedankt haben? Also eins sag ich Dir, und das hab ich denen natürlich auch gesagt, wenn die wieder ausziehen, dann müssen die alles wieder weiß streichen. Die müssen doch alles wieder weiß streichen. Die Wände waren so schön weiß. Wie im Urlaub sah das aus. Und was machen die? Hier Else guck, da hinten, die Notrufsäule. Ungefähr so haben sie den Flur gestrichen. Ich dachte ich guck nich richtich".

Else: "Nääh..."

"Aber das hab ich denen natürlich gleich gesagt. Das kommt wieder weg wenn die ausziehen. So etwas geschmackloses. Und wenn sie die ganze Tapete runterholen und neu machen müssen. Das sag ich Dir. Ich muß nachher unbedingt noch mal den Vertrag lesen. Die müssen das bestimmt wieder weiß machen. Und zwar die ganze Wohnung...und rauchen tun die auch. Das kriegt man doch nie wieder raus."

Else: "Ham die denn die ganze Wohnung so gemacht?"

"Die haben die ganze Wohnung gestrichen. (schrill) `Bunt`. Im Wohnzimmer isses jetzt gelb. Und im Schlafzimmer haben sie Streifen an die Wand gemalt. Die leuchten jetzt doch Jahre durch. So schön sah das aus. Wie im Urlaub. Ich sag Dir. Ich les nachher nochmal den Vertrag. Und dann können die was erleben."

Else: "Hatteste nich auchma Faabe inne Wohnung? So`n dunkelgrrün?"

"Ja, Gottchen, der Flur, so hatte man das eben damals. Aber nun ist doch ne ganz andere Zeit. Wo kämen wir denn dahin, wenn jeder mit meinem Eigentum machen könnte was er will... (kurze Pause, die Zorntante überlegt und holt dann tief Luft)...und nichma Gardinen haben die aufgehängt. Da kann jeder reingucken. Morgens laufen die da manchmal nicht richtig angezogen durch. Das ist doch ne Erregung von öffentlichen Ärgernis. Ich möchte wenn ich in mein Vorgarten steh nicht auf unbekleidete Mieter gucken. Gardinen gehören sich. Ich muß nachher unbedingt mal den Vertrag lesen."

Else: "Warum stehstn du morgens in dein Vorgarten?"

"Das ist doch egal. Immerhin ist das mein Haus. Da kann ich in Vorgarten stehn wann ich will. Hier geht das doch um das Prinzip."

Else: "Dann guck doch nich hin"

"Willst du mir jetzt in den Rücken fallen? Ich dachte, du bist meine Freundin. Da kann man ma sehn, wenn man ma Unterstützung braucht, wer die echten Freunde sind. (Beugt sich runter) Ne Hektorduhälstaberzumuttine?
(guckt Else böse an).

Else: "Ich mein ja nur"

Den Rest der Fahrt gucken beide schweigend mit Zitronengesichtern aus dem Fenster.

Dienstag, Juli 18, 2006

Smalltalk

Smalltalk ist eine hohe Kunst und er fordert in meinen Augen dem Körper genauso viel Energie ab wie ein Achtkilometerlauf um die Alster. Ich persönlich kann weder das eine noch das andere besonders gut und
bin hinterher gleichermaßen erschöpft.

Jeder kennt folgende Szene nur zur Genüge.

Man läuft durch die Stadt/Land/Fluß und trifft auf eine/n entfernte/n Bekannte/n. Nicht immer reicht die Reaktionszeit dafür, schnell abzudrehen und so kommt es schließlich zur Konfrontation, die in der Regel wie folgt abläuft:

Bekannter: Hey!
Bine: Oh, hey!
Bekannter: Mensch, wir haben uns aber lange nicht gesehen.
Bine: Stimmt
Bekannter: Und? Was machst du jetzt so?
Bine: Naja, nix neues, und du?
Bekannter: Du kennst das. Man schlägt sich so durch.
Bine: Hmmmphhmph
Bekannter: Ach mensch, wir müssen unbedingt mal wieder ein Bier trinken gehen.
Bine: pfffhhh Ja...
Bekannter: Au ja du, ich ruf dich an ne?
Bine: Hmmmach das.

Puls auf 180, leichter Schweißfilm und ich möchte mich setzen.

Richtig schön ist vorangestellte Szene, wenn man zusätzlich zu der grundsätzlichen Ablehung unnützer Kommunikation auch noch so ein grauenvolles Gesichtsgedächnis hat wie ich. Die 90 % meines Hirnes, die auch für die Wiedererkennung zuständig sind, spielen offensichtlich in Memorandum Rudi Carell ein andauerndes "Am laufenden Band". Alle Gesichter, die ich länger nicht brauche, fallen irgendwann automatisch in den Papierkorb meiner Festplatte und werden dann in bestimmten, mir nicht bewußten Zeitabständen ersatzlos gelöscht. Woraus folgt, daß ich heute noch nicht einmal mehr alte Klassenkameraden auf der Straße erkennen würde. Ich leide sozusagen unter partiellem visuellem Alzheimer.

In dem Fall ist das natürlich super, daß die gesprochenen Worte mehr automatisch und ohne nachzudenken gesagt werden können, weil der Rest meines Kopfes die ganze Zeit nach Informationen wühlt, wer denn derdiedas vor mir eigentlich ist. Hektischer und mit leicht paranoiden Ansätzen beginne ich zu wühlen, wenn mein Gegenüber über Insiderinformationen verfügt, von denen ich mir in keinster Weise vorstellen kann, woher er die hat. So wie der mir vollständig unbekannte junge Mann letztens auf der Straße, der Dinge fragte wie: Und, Herr sowieso und Frau sowieso, sind die noch in der Bank? Wie ist eigentlich deine Hüftoperation gelaufen, ist da alles gutgegangen?

Auf der Straße versuche ich, diese Situationen nach Möglichkeit zu umgehen, indem ich mich zügigen Schrittes mit leicht gesenktem Blick fortbewege und Rufe wie "Hey" oder "Hallo" nicht auf mich beziehe.

In Fahrstühlen gibt es keine Möglichkeit zur Flucht. Da muß man durch. Aber auch diese Unterhaltungen folgen einem festen Muster, an welches man sich halten kann ("Puh, mal wieder arbeiten, hm? - Ja - Naja, ist ja bald Wochenende - Hm - Wenn das nur nicht so heiß wäre - Ja, ich muß hier raus. Schönen Tag").

Ich hoffe immer, daß sich die Muster nicht ändern werden weil ich nicht weiß, ob ich in der Lage bin, schnell und souverän zu reagieren oder ob ich dann nicht doch lieber aus Notwehr in Ohnmacht falle.

Allerdings...meine Lieblingsszene in einem Fahrstuhl, die ich gern einmal in echt durchspielen würde, habe ich einem Cartoon entnommen:

Person 1: Sagen Sie mal, haben sie eben gepupst?
Person 2: Natürlich oder denken Sie, ich riech immer so?

Montag, Juli 17, 2006

Elbe

Vor achtundzwanzig Jahren schwamm ich zuletzt in der Elbe.

Kurz darauf wurde empfohlen, dies doch lieber zu unterlassen, weil die dort hineingeleiteten Rückstände menschlicher Zivilisation dazu führen könnten, am ganzen Körper Pickel, Hautreizungen und anderweitige lustige Vergiftungserscheinungen hervorzurufen. Daran hielt ich mich natürlich. Wer hat schon gern Pickel?

Seit gestern ist die Durststrecke vorbei. Es ist gem. offizieller Angaben mittlerweile nämlich gesundheitlich völlig unbedenklich, bis zu einem Liter Elbwasser zu trinken. Das ließ ich mir nicht zwei Mal sagen und verbrachte daher den Tag voll der fröhlichen Kindheitserinnerungen im Wasser und am Strand. Zugegebenermaßen schaffte ich keinen ganzen Liter. Doch ich vermute, daß die angegebene Menge eher optional zu betrachten ist.

Die Zeit heilt alle Wunden. Wenn man sie läßt.

Samstag, Juli 15, 2006

Ägypten?

Die Hisbollah hat zwei israelische Soldaten gefangengenommen. Seitdem wirft Israel fröhlich Raketen, Bomben und anderes Spielzeug auf den Libanon und bedroht Syrien. Darf das das? Israel darf tatsächlich ungestraft und nur mit dem einen oder anderen mahnenden Zeigefinger getadelt mal eben 90 Zivilisten um die Ecke bringen? Und das ist wahrscheinlich nur die Vorspeise. Die Jungs machen sich ja grad nur warm.

In den Nachrichten hieß es eben, es "könnte" zu einem Krieg kommen. Ja, haltet mich gern für total bescheuert. Aber was ist das denn jetzt? Ein Geländespiel? Fällt das bombardieren von Nachbarländern noch unter "aktive Außenpolitik"?

Anscheinend leben wir in einem Scheiß-Computerspiel wo jeder rumballern darf wie er lustig ist. Also Jungs, tut mir leid. Daß die Hisbollah in einem nicht duldbaren Rahmen agiert, darüber müssen wir nicht streiten. Ob Krieg gerechtfertigt ist, das mögen andere entscheiden. Meine Zuneigung endet bei Mord. Hiermit entziehe ich also Israel meine Sympathien, die ich in Folge netter Urlaube und deutscher Vergangenheitsbewältigung immer wieder neu erklärt hatte. Geht weg! Gesellt euch in die Kackekiste zu den Radikalislamisten und Kabeljau Busch und seinen Mannen. Ihr seid kein Stück besser.

Und kommt mir ja nicht unter die Augen. Dann erlebt ihr mal meinen mahnenden Zeigefinger.

Freitag, Juli 14, 2006

Karneval der Tiere

Wenn man den Gedanken, daß wir zu einem Großteil genötigt sind, unseren tierischen Trieben zu folgen, weiterspinnt, gelangt man über die Assoziation zum Trieb natürlich auch zu der (räusper...äh...)...Paarung.

Dieser - äh - Themenkomplex läßt einige interessante Schlüsse zu. Bevor wir uns dem eigentlichen hrrrghhAkt zuwenden, betrachten wir erst einmal, in welcher Organisationsstruktur die Tiere leben:

Es steht außer Frage, daß der Mensch zur Gattung "Säugetier" gehört. Einzelne Ausrutscher der Natur lassen zwar anderes vermuten, aber wir gehen einmal von der grundsätzlichen Annahme aus. Vereinfachungen sind in der Wissenschaft gang und gäbe.

Wenden wir uns jetzt den anderen Säugetieren zu, die von der Evolution ausgespuckt wurden, machen wir eine erstaunliche Feststellung. Das Durchschnittssäugetier bevorzugt die soziale Gemeinschaft eines Rudels. Oder einer Herde. Einehen sind in der Struktur der Säugetiere weitestgehend unbekannt. Eigentlich fällt mir, neben dem Mensch, nur ein einziges Säugetier ein, welches eine Einehe bevorzugt. Und das ist das Warzenschwein. Welche Schlüsse man daraus ziehen möchte, bleibt jedem Leser selbst überlassen.

Wer jetzt aber denkt, daß es in einem Rudel zu hemmungslosen äh sexuellen Kontakten kommt, irrt. Wildes Umhergepimper gibt es nach meiner Information lediglich bei den Bonobos. Diese putzige Affenart nutzt den geschlechtlichen Akt zum Streßabbau und ist in der Wahl des diesbezüglichen Partners mehr als wahllos. Dort ist es auch völlig Banane (hmmmphhmpf kleiner Scherz, wenn Sie verstehen), ob das Sexualobjekt gleichen oder anderen Geschlechts ist. Gewisse Parallelen zu menschlichen Verhaltensweisen lassen sich durchaus herleiten.

Es gibt patriarchisch geführte Rudel (Löwen) und matriachisch geführte Rudel (Elefanten). Bei den matriachisch geführten Rudeln fällt auf, daß diese ausschließlich aus weiblichen Mitgliedern mit ihren Kindern bestehen. Die dazu gehörenden Männchen, Bullen, Kater, wasweißich, wandern stets völlig allein von Rudel zu Rudel, um jeweils dort die Leitdame zu befruchten.

Die menschliche Auslegung des Begriffes "einsamer Wolf" stimmt übrigens nicht ganz. Ein Wolfsrudel wird von einem Herrn geführt, einsam sind die Wolfsmänner nur dann, wenn sie den Kampf gegen den Oberboss verloren haben und alleine loswandern müssen, um sich ein neues Rudel zu erkämpfen. Sie bleiben alleine, wenn sie zu alt und zu schwach sind, das zu bewerkstelligen. Dieses bitte ich die männlichen Leser zu beachten, falls sie uns Frauen demnächst wieder mit schleierigem Blick darauf hinweisen wollen, daß sie ja nicht bindungsfähig sind, weil (schluchz) "einsamer Wolf". Natürlich dürft ihr weiterhin den schleierigen Blick aufsetzen und in die Ferne gucken, aber dann bitte mit dem Hinweis, daß ihr "einsame Elefantenbullen" seid.

Oder Lucky Luke.

Einehen finden sich in der Tierwelt vornehmlich in der Ornithologie. Nicht umsonst heißt es "komischer Vogel". Komisch ist zum Beispiel der Vogel, der sich in ein Tretboot verliebt. Oder der Vogel, der den ganzen Tag mit seinem Spiegelbild tiriliert und zwitschert. Komischkomisch. Auch in der menschlichen Natur finden wir Gesellen, die sich ihre Zeit lieber mit "Dummies" als mit realen Partnern vertreiben.

Die Paarungsrituale in der Vogelwelt sind sehr bunt. Während die Säugetiere meistens mittels körperlicher Ausdünstungen darauf hinweisen, daß sie jetzt mal so weit sind, nutzen die Vögel den Frühling, um sich buntgefiedert mit komplizierten Tanzschritten den potentiellen Paarungspartnern zum Gebrauch anzudienen.

Auch hier finden sich Parallelen. Was schließen wir daraus? Dem Menschen sind in seiner Art keine Beschränkungen auferlegt. In welche Richtung jetzt jeder einzelne tendiert liegt wahrscheinlich ursächlich
darin begründet, welches Haustier er als Kind genehmigt bekam. Ein Meerschweinchen, ein Hund, ein Karnickel, einen Wellensittich oder eine Rennmaus. Oder so.

Oh jeh, jetzt habe ich schon wieder meine Redezeit überschritten. Den eigentlichen Akt werden wir daher in einem anderen Vortrag behandeln.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.

Donnerstag, Juli 13, 2006

Herr, schick Hirn

Ich bin ja gerne als Mensch geboren. Weil diese Art so farbig ist. So bunt, so unberechnenbar und oft auch so selten blöde. Und weil das Hirn nicht nur dazu geeignet ist, den Stuhlgang zu kontrollieren und sich über den Sinn und Unsinn des Lebens Gedanken zu machen, oder zu überlegen wo ich das letzte mal mein Handy hingelegt habe, sondern auch, um in gemütlicher Beobachterrolle wahrzunehmen, für was manche anderen Leute das, was wir hier in Ermangelung eines besseren auch ihr "Hirn" nennen wollen, gebrauchen.

Wir nutzen ja angeblich nur zehn Prozent der gräulichen Masse bewußt und der Rest steuert sich irgendwie selbst. Und uns. Das heißt dann ja wohl im Umkehrschluß, daß wir zu 90 Prozent wie die Tiere sind. Zum Glück haben wir diese 10 %, sonst würden wir wahrscheinlich unsere Kinder essen, uns im Park in Unsäglichem wälzen und überall hinkacken.

Wenn man genau hinguckt, kann man an den lieben Mitmenschen erkennen, welches Tier denn in ihrer Ahnenreihe irgendwann einmal die heiße Schlacht um die Herrschaft über die restlichen 90 Prozent gewonnen hat.

Da gibt es zum Beispiel das Chamäeleon. Immer der aktuellen Umgebung farblich und meinungsmäßig angepaßt. Man kann eine begrenzte Zeit Freude damit haben, das Tier immer wieder auf andersfarbige Untergründe zu setzen und zu beobachten, wie es verzweifelt versucht, den nahtlosen Wechsel von braun auf rosa zu bewerkstelligen. Das wird aber schnell langweilig.

Dann haben wir da das Schwein, welches Schlamm aufwühlt, im Dreck nach Trüffeln sucht, diese´auch findet, aber sofort frißt wenn man es nicht daran hindert.

Der Wildhund. Ein niedliches spielerisches Geschöpf. Aber vorsicht, die kleinen Racker greifen in einem Unachtsamen Moment von hinten an. Und zwar mit dem ganzen Rudel.

Der Kampfhund, der in einer Auseinandersetzung das einzige Ziel hat, sein gegenüber zu töten. Gefangene werden nicht gemacht. Ganz oder gar nicht.

Der Kuckuck, der seine Eier fröhlich in fremden Nestern ablegt und dann nicht weiter um seine Brut kümmert.

Das Eichhörnchen, das Perlhuhn, die Schlange, den Affen, all diese putzigen Tierchen kann man in seinen Mitmenschen erkennen. Und noch viel mehr. Da jetzt aber die Biene in mir emsig sein will und arbeiten gehen muß, kann ich das nicht weiter ausführen.

Ich hätte Zoologe werden sollen. Dann würde ich meine Mitmenschen noch besser verstehen.

Dienstag, Juli 11, 2006

Träume

Nee, was hab ich komische Sachen geträumt letzte Nacht. Normalerweise erinner ich mich kaum und eigentlich behalte ich Erinnertes auch für mich. Aber heute möchte ich "Danke" sagen. Und zwar dem Menschen, der mich vor ein paar Jahren halbwegs zwang, mich freiwillig etwas intensiver mit dem Thema Sportklettern auseinanderzusetzen, obwohl ich eigentlich der Meinung war, daß ich mit meinem etwas runderen Hintern nicht unbedingt in die Riege der bunten Punkte in den Felswänden paßte. Die sind ja alle eher drahtig. Dachte ich. Aber als ich den Bauch vom Kletterlehrer sah, war ich eines besseren belehrt. Das können also auch normale Leute ohne schicke Sportbikinis mit Kopftuch.

Ich wurde zwar nie richtig gut, aber eine Route mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad habe auch ich irgendwann meistern können. Ich kam also immer hoch. Man muß ja nicht immer den schwersten Weg nehmen. Also, "Danke" R, ich denke noch gern an die Zeit, als ich in der Wand hing, das linke Bein auf einem Vorsprung in der Wand, der eigentlich nur dadurch zu erkennen war, daß dort der Fels etwas heller war als anderswo, das rechte Bein fast im Spagat auf einer etwas entfernten Wand, die im 90-Grad-Winkel stand, die Arme weit ausgebreitet in die beiden einzigen Vorsprünge gekrallt, die dafür geeignet waren, um von unten folgende Anweisungen entgegenzunehmen: So, hast du die rechte Hand sicher? Dann jetzt Ganzkörperspannung, drück das rechte Knie durch und zieh dich mit dem langen rechten Arm ein Stück höher, versuch einen Gegendruck mit dem linken Fuß am glatten Fels zu erreichen und immer schön mit dem Hintern an der Wand bleiben (mein Körperschwerpunkt hatte eine andere Dynamik als andere Klettererhintern. Den mußte man immer daran erinnern an der Wand zu bleiben). Prima und JETZT greif mit dem langen linken Arm über Kreuz über den rechten Arm, siehst du dort die Felsspalte, ein Stückchen höher ist sie breit genug für deine Finger. Ganzkörperspannung halten, los jetzt, dynamisch klettern, du brauchst Schwung, ja, jetzt da, nein Bine, du mußt die Spannung halten, was machst du mit dem linken Fuß. Nicht hängen lassen, du sollst dich....klatsch. Na gut, ruh dich ein wenig aus, beim nächsten Mal schaffst du das.

Für mich klang das manchmal so: So Bine, das da vor dir ist ein Spiegel. Laß dir jetzt Saugnäpfe wachsen. Wenn du damit fertig bist, halt dich gut fest. Nimm jetzt dein linkes Bein und führe es über den Rücken am rechten Ohr vorbei zu dem kleinen Sprung über dir. Körperspannung halten. Das ganze machst du jetzt andersrum mit dem anderen Bein. Prima. Und jetzt hakst du dich mit den Fersen in die Sprünge, schwingst mit dem gesamten Oberkörper durch die Beine, ordentlich Schwung nehmen, vollziehe eine kleine Schraube, aber halt den Hintern immer schön an der Wand, und dann fährst du mit dem linken Zeigefinger in das Loch im Fels zwei Meter über dir. Nein, die wachsen nicht nach. Also gib dir Mühe. Prima. Das machen wir gleich noch einmal. War doch gar nicht so schwer.

In meinem Traum mußte ich nämlich diverse Male in einen Raum im oberen Stock eines Hauses und niemand schien zu bemerken, daß die Treppe fehlt. Und so hangelte ich mich zwar widerstrebend, aber durchaus erfolgreich an Fugen und Mauervorsprüngen nach oben. Und auch nach unten. Weil ich das erste Mal oben angekommen feststellen mußte, daß ich den Schlüssel vergessen hatte. Was hätte ich bloß gemacht, wenn ich nicht gewußt hätte wie das geht?

In einer anderen Szene des Traumes saß ich in der Sonne und freute mich meines Lebens. Die Sonne stand links über mir und ich hatte Spaß und Freude daran zu wissen, daß sie jetzt noch über den halben Himmel wandert und ich immer weiter ihre Strahlen genießen kann. Und dann, ich war fassungslos, wanderte der große gelbe Mistball mit einem Mal falschrum und verschwand hinter mir über einem Kirchturm. Und es wurde sofort stockduster.

Wem ich für diese Szenerie danken darf, weiß ich auch. Vielen Dank B. Kinderlose Singles mittleren Alters, nehmt euch in acht. Geht niemals mit einem Kumpel ein Feierabendbier trinken, der vor drei Monaten im Alter von Ende dreissig sein erstes Kind bekommen hat. Mit einer dreissigjährigen jungen Frau. Der jetzt zum Kreis der Erleuchteten gehört und damit der Meinung ist, euch mit seinen Ansichten zu Risikogeburten ab einem bestimmten Alter und den Uraltansichten dazu, daß die Eltern in der Schule irgendwann aussehen wie die Großeltern, was die Kinder quälen würde, nerven zu dürfen.. Außerdem hätten ältere Eltern gar keinen Bezug mehr zu Kindern, weil das bei ihnen schon so lange her sei. Unglückliche Kinder, Erziehungsprobleme und Verständnislosigkeit würden den Weg säumen.

Vielen Dank. Ich weiß, daß ich bald mein sechsunddreissigstes Jahr vollendet haben werde, ohne meiner evolutionären Pflicht nachgekommen zu sein. Ja, ich weiß, daß die Sonne der Fruchtbarkeit jetzt langsam hinter dem Kirchturm verschwindet. Jajajajaja. Na und? Um mich machte der hormonelle Supergau halt bisher einen großen Bogen. Wenns nicht paßt, paßt es nicht. Und noch scheint die Sonne ein Weilchen. Wir mir ein Exfreund bestätigte: Bine, dank der medizinischen Fortschritte könntest sogar du noch Mutter werden. Und der muß das wissen, der ist Arzt. Ich habe also theoretisch noch genug Zeit für eine Supernova.

Auf meinem Balkon besteigt grad eine Babyhummel meine neuen Lupinen. Daran ist doch irgendwas falsch?

Montag, Juli 10, 2006

Es ist vorbei

Ich bin zutiefst erschüttert. In den Grundfesten sozusagen. Meine Beine vermögen mich vor lauter Erschütterung kaum noch zu tragen. Ich hatte nicht Recht. Furchtbarfurchtbar. Ob das mit steigendem Alter nachläßt? Oder liegt es an der Fußballüberladung der letzten Wochen, daß ich mich - ohne es zu wollen - zu einem Fachmann gemausert habe? Habe ich unterschwellig fremden Gedanken gelauscht und mir daraus eine Meinung gezimmert, in Ermangelung einer eigenen? Wie auch immer. Frankreich ist raus. Jetzt gibt es Pizza con Ballo und Macceroni a la Weltmeister. Vielleicht noch den Pokalbecher bei der Eisdiele um die Ecke. Super. Und wir werden es essen. Weil wir einfach so sind.

Ein Vorteil an dem Rausflug von Frankreich ist, daß wir, Deutschland, der Schmetterling und der Baum, jetzt nach Ligaregeln Weltmeister nach Punkten sind. Das tröstet doch. Nach Punkten und nach Herzen. Weltmeister sind wir irgendwie sowieso. Da ist doch egal, in welcher Reihenfolge irgendwelche europäischen Nachbarländer irgendwelche andere Plätze belegen.

Wobei, was der Italiener zu Zidane sagte, das wüßte ich schon gern. Nur so aus Neugier. Aber ich hoffe, daß die Boulevardblätter das irgendwie noch in Erfahrung bringen.

Jetzt ist die Weltmeisterschaft vorbei. Und was jetzt??

Verdrücken die gastfreundlichen fröhlichen Deutschen, bei denen es den ganzen Tag zugeht wie Sonneschein mit Kartoffelsalat, jetzt eine kleine Träne, pfriemeln ihre Banner von den Autos und Balkons und gehen wieder zur Tagesordnung über? Mein Tipp: Ja. Das werden sie. Das kommt so schnell nicht wieder. Aber vielleicht ist das eine oder andere Positive geblieben.

Vielleicht grüßt man den Nachbarn, den man bisher im Treppenhaus noch hat vorbeilaufen lassen bevor man die Tür verließ, damit man nicht grüßen muß, jetzt fröhlich über den Balkon. Vielleicht gibt es jetzt eine Handvoll Frauen, die nicht mehr pünktlich zur Sportschau hysterische Schreikrämpfe bekommen, weil sie die Leidenschaften ihrer Männer jetzt ein wenig nachvollziehen können. Vielleicht steigt Pauli in der nächsten Saison auf....

Nee, moment. Wir wollen die Erwartungen mal nicht zu hoch ansetzen.

Mir persönlich reicht die Erinnerung an eine geile Zeit. Was hatten wir für einen Spaß.

Sonntag, Juli 09, 2006

Wir sind Papst...

wir sind ...schlaaaaaand, wir sind Bundeskanzlerin und wir sind Weltmeister der Herzen. Jawohl. Haltet euch von Tunneln fern. Das könnte nach hinten losgehen.

Ein schönes Spiel dieses letzte Länderspiel von "hat-er-heute-wen-Falschen-gefrühstückt-Oliver-Kahn". Mit einem fairen Tor der Portugiesen sowohl in das deutsche Tor und auch eines in ihr eigenes. Und ich hatte Grillfleisch, Ziegenkäse mit Honig und Joghurt mit Himbeeren. Es gab Feuerwerk und Ergriffenheit, Freude auf den Rängen und auf dem Platz. Auf die Frage "was will man mehr" würde mir zwar noch einiges einfallen, aber ich bin ja von Haus aus mit gesunder Bescheidenheit gesegnet.

Allerdings...wenn ich etwas stets gerne habe, dann Recht. Als altgedienter Klugscheißer habe ich - wie ich finde - das unumstößliche "Recht" darauf, recht zu haben. Also wird selbstverständlich morgen Italien versiert von Zidane auf den zweiten Platz verbannt. Andere Möglichkeiten gibt es gar nicht, wenn ich zukünftig weiterhin das fabelhafteste Carpaccio bei dem schwulsten Italiener von Hamburg essen möchte.

Und das möchte ich, auch wenn er immer meine Begleitungen anbaggert. Oder vielleicht gerade deswegen.

Freitag, Juli 07, 2006

Die reine Wahrheit

Es gibt so`ne Freunde und so`ne. Die, die einem, sagen "Hey, du siehst wie immer fabelhaft aus", selbst wenn man in den durch die Fußballbiertrinkerei immer enger werdenden Klamotten aussieht wie eine schlecht gestopfte Bratwurst, und die anderen. Die ein wenig mit dem Kopfe wiegen und sagen "Jaaaaa Bine, hast schon`n büschn zugelegt".

Ich persönlich würde es wahrscheinlich etwas drastischer ausdrücken wenn ich mir die Wahrheit auf den Kopf zusagen müßte: "Bine, du hast mittlerweile einen Arsch, der einem Brauereipferd zur Ehre gereichen würde. Los, mach was." Bin ich froh, daß ich nicht mit mir befreundet sein muß.

Wenn ich Glück habe und das Wetter so bleibt, schmelze ich vielleicht.

Donnerstag, Juli 06, 2006

Fleischbeschau

Wieder einmal war es soweit. Ein freudiges Ereignis warf nicht seine Schatten in irgendwelche Richtungen, sondern strahlte aus hübschen blauen Augen voraus. Ich wurde aufgefordert, den neuen Liebsten einer Freundin kennenzulernen und zu begutachten. "Der Weg zum Herzen einer Frau führt über das Herz ihrer Freundin" wurde mir erklärt, "komm also mit uns in den Biergarten und mach dir ein Bild".

Ich neige in solcherlei Situationen vorher immer kurz ein wenig zur Nervosität. Egal, in welcher Rolle ich mich grad befinde. Einen neuen Partner den Freunden vorführen ist doch im Prinzip viel einschneidender und folgenschwerer, als diesen den eigenen Eltern zu präsentieren, weil die Freunde das tägliche Leben in (meinem) Normalfall doch noch etwas deutlich stärker präsentieren als die Familie. Die Vorstellung bei den Eltern beinhaltet eine andere Form neurotischen Geflatters, welches vielleicht mal an anderer Stelle näher behandelt wird.

Fragen über Fragen türmen sich vor dem ersten Treffen. Werde ich mich mit ihm oder ihr verstehen, versteht er oder sie sich mit mir? Wird sich durch die neue Spielfigur auf dem Brett irgendetwas an meinen hübsch eingefahrenen Wegen und Beziehungen ändern? Wer ist der Mensch, der zukünftig in stressigen Situationen für oder gegen mich Partei ergreifen soll?

Werde ich mit mißbilligenden Blicken überzogen weil ich rauche, mehr als ein Bier am Abend trinke und sportliche Betätigung meide, oder laufe ich vielleicht mit meiner Art von Humor ins offene Messer (mit dieser unmögliche Person kannst du dich aber zukünftig alleine treffen).

Ist der präsentierte Mensch so langweilig, daß selbst ein Käsebrot die Geduld verlieren würde? Hockt man sich den ganzen Abend schweigend gegenüber, während ein lieber Mensch verzweifelt versucht, Gemeinsamkeiten aufzudecken und ein Gespräch in Gang zu bringen?

Nein. Das ist tatsächlich schon sehr lange nicht mehr passiert. In den meisten Fällen - so auch gestern - sind nervöse Überlegungen dieser Art völlig überflüssig. Einen reizenden Herrn hat sie sich da geangelt und beide versprühten unbefangen das Glück, sich gegenseitig zu haben, daß es nur eine Freude war, ihnen zuzusehen. Genehmigt.

Und ich bin auch ganz nett.

Meistens.

Mittwoch, Juli 05, 2006

Der Tag danach

Es ist vollbracht. Deutschland hat es nun doch geschafft, sich aus der WM kicken zu lassen. Kurz vor Schluß geben sie auf. Ich kann die Jungs ja irgendwie verstehen. Wenn ich mir vornehme, in meiner Wohnung mal so alles wegzuputzen was wegzuputzen ist, habe ich auch mit einem Mal kurz vor dem großen "Jetzt-ist-es-wirklich-sauber-Finale" keine Lust mehr, nehme die großen Papierberge die noch zu sortieren wären, stopfe die wieder nach ganz hinten in den Schrank mit den Türen davor und wende mich unanstrengenderen Dingen zu. Kaffeetrinken, fernsehen oder rauchen.

Eine Reise nach Berlin als Belohnung schien wohl nicht reizvoll genug. "Haha" hör ich sie in Gedanken rufen. "Soll`n die Italiener doch mal versuchen, ohne Deutschland nach Berlin zu fahren. Knicknack, weißt Bescheid? Gehtdochgarnicht. Da können wir auch rausfliegen.In Berlin sind wir auch so in anderthalb Stunden mit dem Zug. Außerdem waren wir da schon mal." Vielleicht hätte man das Finale nach Hawaii verlegen sollen oder auf die Malediven. Als kleines Incentive für die großartigen Leistungen. Wir dürfen nicht vergessen, daß wir in einer Gesellschaft leben, in der Kinder für das Müll runtertragen und Zimmer aufräumen schon ein paar Euro zugesteckt bekommen.

Hört damit bloß auf Leute, belohnt eure Kinder nicht mehr mit Geld für Selbstverständlichkeiten. In sechzehn Jahren, wenn sie dann für Deutschland auf dem Platz stehen, könnten sie sich auch überlegen, daß 300.000 Euro Preisgeld pro Person ein büschn wenig und daher nicht reizvoll sind.

Auf der anderen Seite: Leistung braucht man für Geld doch gar nicht mehr bringen. Eigentlich. Der Bundeshaushalt hat eine Neuverschuldung von 22 Millionen - oder waren es gar 220 Millionen - Euro beschlossen und ist damit zum ersten Mal wieder mit ihrem Haushalt verfassungsrechtlich im Rahmen. Wie bitte? Und ich mach mir Sorgen, wenn ich über meinen Dispo rutsche? Also schnell notieren: Termin mit der Kundenberaterin der Bank vereinbaren, um eine angemessene Neuverschuldung zu besprechen, die mir verfassungsrechtlich zusteht. Dann kann ich mir auch so ein hübsches Jäckchen schneidern lassen, wie es die Bundesmerkel in allen Farbtönen besitzt.

Aber ich schweife ab. Zurück zum Lieblingssport der verfassungskonform verschuldeten Nation.

Es scheint, als hätte ich meine Mitbürger mit den Unkenrufen auf die Ausländerfeindlichkeit unterschätzt. Nur ein einziges fehlgeleitetes ungefähr sechzehn Jahre altes Mädchen kreischte gestern in der U-Bahn auf dem Weg nach Hause in ihr Handy: "Ej, ich bin total fertig ej, ich könnt heulen. Diese scheiß Spaghetti-Fresser". Und damit wollte sie eindeutig nur ihren Galan beeindrucken, auf dessen Schoß sie saß. Sobald die Bundesliga wieder anfängt, wird sie ihn weiterhin anmaulen, daß er schon wieder Fußball guckt, obwohl sie doch grad ihre Regel hat und den Bauch massiert haben möchte. Der ungehobelte Klotz.

Ein sehr alter und sehr betrunkener Mann, der sein Unterhemd über dem Oberhemd trug, (weils so warm war, hat er sich "nackich gemacht"), erzählte mir, daß der Schiedsrichter für die Italiener gepfiffen und er geweint hätte. Er hatte tatsächlich rote Augen, sah aber schon wieder ganz fröhlich aus. Allerdings unterstelle ich jedem Mitbürger, der seine Unterwäsche oben drüber trägt, eine bestimmte Form der Fröhlichkeit. Hurra.

Die anderen waren damit beschäftigt, sich die richtigen Plätze zu erkämpfen (Laßt mich besser an der Tür stehen, ich muß brechen) und in Ermangelung eines besseren die Fangesänge für Kickers Offenbach und Stuttgart für die nächste Saison zu proben. Deutschland guckt nach vorn.

In den Nachrichten habe ich nichts gehört von Ausschreitungen und brennenden Eisdielen. Die Sonne ist heute morgen trotzdem aufgegangen und der Volkstrauertag wurde auch nicht auf den 4. Juli verlegt. Das wäre aber wohl auch politisch unklug, Trauer zu verordnen an einem Tag, an dem die Weltpolizei USA ihre Unabhängigkeit feiert. Obwohl...ach nee. Lieber nicht.

Aber bei aller Unkerei: Es war ein fabelhaftes Spiel. Und Lehmann möchte ich jetzt erst recht heiraten. Ohne ihn hätten die Italiener, die so auf dem Ball herumgedribbelt haben, wie ich es normalerweise von dem Schlafkrankheitseminar aus Brasilien erwartet hätte, locker noch mindestens drei bis fünf Tore mehr gemacht. Es fiel mir manches mal schon schwer, in altbekannter hanseatischer Arroganzienmanier auf dem Stuhl sitzen zu bleiben. Sogar mein Puls war leicht erhöht.

So spielen wir also um den dritten Platz. Möge der Bessere gewinnen. Ich bestell schon mal für das Endspiel drei Kugeln im Hörnchen. Ohne Sahne. Die WM ist gelaufen. Zeit, sich um die Speckrollen zu kümmern.

Sonntag, Juli 02, 2006

Zitterpartie

Deutschland ist Viertelmeister. Möchte außer mir noch irgendjemand Herrn Lehmann heiraten? Dann sollten wir uns einmal zusammensetzen und das Thema in der erfrischend argentinischen Manier mit einer Balgerei lösen. Wer am Schluß noch aufrecht stehen und zutreten kann, hat gewonnen. Der Verlierer muß als zusätzliche Schmach noch das rote Jäckchen von uns Angela anziehen, welches sie in den letzten Tagen bei jedem öffentlichen Auftritt trug. Da sieht man auch nicht sofort, wenns durchblutet.

Ich gebe zu, daß ich, als sich das Elfmeterschießen abzeichnete, nicht unbedingt davon überzeugt war, daß die Klinsibengels den Fahrschein ins Halbfinale entwerten. Aber dann stellte ich mir vor, welche Auswirkungen eine Niederlage auf das derzeit schwarz-rot-gold-vollbeflaggte Deutschland haben könnte.

Wenn die Deutschen jetzt nicht mehr mitspielen dürften - überlegte ich - darf man dann wieder Ausländer verkloppen? Ist die Welt dann noch zu Gast bei Freunden? Im Siegestaumel beim euphorischen Fähnchen schwenken und Bierflaschen köpfen ist es doch ein leichtes, den Verlierer zu umarmen und guttural väterlich von oben herab zu trösten: "Oooch, isdochnureinSpiel".

Aber wie sieht das aus, wenn ein gesamtes Land, verbunden durch einen emotionalen Flachköpper schmollend in der Ecke steht und mit ansehen muß, wie zum Beispiel die Italiener, die uns zusätzlich noch dadurch, daß sie ihre Bären frei herumstrolchen lassen, ein kollektives schlechtes Gewissen wegen dem deutschen Bärenmord, verschafft haben, sich mit einer leichten Schadenfreude im Blick väterlich zu uns hochrecken und sagen: "Aaah, iste doche nur ein Spiele".

Sind wir gute Verlierer? Nehmen wir uns ein Beispiel an den Ghanaern (Ghanesen?)? Schwenken wir noch Fähnchen wenn die deutsche Mannschaft verliert? Oder schlagen dann die Emotionen um? Ich möchte das bitte nicht erleben. Also Jungs, im Finale dürft ihr abkacken. Danach ist hier eh wieder Ruhe. Aber bis dahin seid euch bitte eurer Verantwortung bewußt. Ihr habt angefangen. Bringt das auch zu Ende. Ich möchte bitte, daß sich die Stimmung, die derzeit durch die Lande zieht, hält. Ich kauf mir dann auch für Dienstag ein Fähnchen.

Bestimmt.