Samstag, Juni 30, 2007

Olle Zippe

Seit dem 29.06.2007, 22.00 Uhr habe ich nicht mehr geraucht. Dafür habe ich heute Vormittag schon mehr gegessen, als ich normalerweise am ganzen Wochenende zu mir zu nehmen pflege. Und das finde ich total krank. Erwähnte ich schon einmal, daß ich in der Woche zwischen halb zehn Uhr morgens und halb acht uhr abends gar nicht rauche? Und daß es mir auch nichts ausmacht?

Jetzt denke ich zum ersten mal wieder ernsthaft darüber nach, ganz mit dem Mist aufzuhören, und - zack - verhalte ich mich wie ein neurotischer Vielfraß. Psyche ist scheiße. Das sag ich euch aber.

Ich hatte heute schon:

- 1 Käsebrot
- 2 kleine Kabanossi
- 2 kleine Schüsselchen Schokofrühstückspops pur
- 1 Becher Indian Curry Nudeln von Knorr (Nicht kaufen! Schmeckt scheiße!)
- 1 halben Stabilo Fineliner in blau
- 15 Zahnstocher
- 1 Hustenbonbon
- 1 Scheibe Käse mit Bärlauch pur
- 20 Tassen Kaffee

Normalerweise habe ich um diese Zeit mit Glück grad mal das Käsebrot gegessen. Aber irgendwie muß ich mir die Zeit vertreiben während ich lethargisch in der Ecke herumlümmel und Engelchen und Teufelchen dabei beobachte, wie sie streiten.

Wenn ich das Teufelchen irgendwie in meiner Persönlichkeit nach vorne lassen würde, wäre ich ein sehr gefährlicher Mensch. Manipulativ, schmeichlerisch, überzeugend, überredend, befehlend...ich bin sicher, daß die Leute mir alles abkaufen würden was ich von ihnen verlange weil sie sonst fürchten müßten, mit zwei Löchern in den Kniescheiben irgendwo in der Pampa aufzuwachen. Oder weil sie ansonsten so psychisch fertiggemacht wurden, daß sie anfangen, sich selbst zu stalken.

Auf alle Fälle habe ich mich schon zwei Mal dabei ertappt, wie ich auf dem Weg in die Küche, wo die Zigaretten jetzt lagern, war und dabei dachte: Ach egal. Komm, rauch eine. Eine ist keine.
Hör ich halt morgen auf. Und ich hab mir geglaubt!!

Oh mein Gott, ich denk das grad schon wieder. Jetzt tritt Engelchen auf. Engelchen kommt aber nicht strahlend weiß dahergeschwebt und bereitet mir ein gutes Gefühl. Neiiiin. Engelchen kommt daher wie Dobby ausm Harry Potter. Engelchen haut mit dem Kopf an die Wand und sagt Böööööse Bine. Nicht mehr rauchen. Rauchen ist bööööööse. Teufelchen ist bööööööse. Mach das nicht. Dabei guckt Engelchen verschämt zu Boden und hält sich noch eine Hand vor die Augen, während Hand zwei zu den Schokopops greift.

Ich finde, Engelchen ist nicht sehr hilfreich.

Stattdessen hat mein heutiger Übernachtungshund "Musher" anscheinend meinen inneren Kampf gespürt und sich hinterhältig auf meinen Schoß gewedelt. Da hockt sie jetzt, ich schreibe sozusagen an ihr vorbei, und hindert mich durch ihre Anwesenheit daran, in die Küche zu gehen und zu rauchen. Oder in die Küche zu gehen und zu essen. Wobei Musher eigentlich nichts toller findet, als wenn ich in die Küche gehe. Musher ist nämlich immer so verfressen wie ich heute. Und sie hat immer die Hoffnung, daß sie ein Stück Käse bekommt.

Gucken wir doch mal, was wir für sie tun können...

To be continued. Wohlzuspeisen.

Mittwoch, Juni 27, 2007

Jungbrunnen

Das Geheimnis des Jungbrunnens ist gelüftet:

Wenn man sich mit Erkältungssalbe einschmiert, ist man - zumindest mental - sofort wieder drei Jahre alt.

Das ist doch schon mal ein guter Anfang. Und jetzt gib mir meinen Teddy wieder!

Dienstag, Juni 26, 2007

Müde

Morgen ist Siebenschläfer. Und ich bin auch schon müde. Schon seit Sonntag komm ich einfach nicht mehr ausm Quark. Ob das was mit Siebenschläfer zu tun hat? Eher nicht. Nett meinende Menschen, die tagsüber damit konfrontiert sind, daß ich nach jedem zweiten Satz einmal wie ein brüllender Löwe meine Futterluke aufreisse um mich mit neuem Sauerstoff zu versorgen, haben mich zwar darüber aufgeklärt, daß die mich umhüllende Müdigkeit vom Wetter kommt, was ich allerdings nicht glaube. Um nicht zu sagen, ich weiß es.

Das Wetter ist mir in der Regel nämlich wurscht. Ich habe nix gegen Regen und ein Gewitter bringt mich nicht zitternd mit dem Blutdruckmeßgerät in die Sofaecke, sondern begeistert an die Fenster, um diese aufzureissen und mich an dem Donnern, Blitzen und Strömen zu erfreuen. Wenn es mal ein wenig herumschwült, schwitze ich tapfer vor mich hin und hänge vielleicht zufrieden meine Füße in die Alster.

Das Wetter hat mich noch niemals vor Müdigkeit gelähmt. Das schaff ich immer selbst.

Den Stab für die aktuelle Müdigkeitsphase hat Dorit, meine PC, gebrochen, nachdem sie am Sonntag kurzfristig entschied, Harakiri zu machen. Nix ging mehr. Ich weiß nicht, was mit ihr los war. Mein technisches Verständnis ist ja leider nicht der Rede wert. Fühlte sie sich vernachlässigt? Versank sie vor Scham weil sie am Samstag für eine Diplomarbeit gefilmt und interviewt wurde? Habe ich Dinge über sie verbreitet, die ihr mißfielen? Ich werde es nicht mehr herausfinden.

Als sie so halbtot vor mir lag, warf ich meine Pläne für den Sonntag über den Haufen, wühlte hektisch in meinem Telefonbuch und organsierte einen netten PC-Rettungsdienst. Während der Reanimation am Nachmittag vergnügten der Notdienst und ich uns damit, irgendwelches Zeugs aus dem Kühlschrank wild zusammenzukochen und dabei die im Kühlschrank vorhandenen Weinreserven auszutrinken.

Und das ist mentaler Genickbruch. Wein am Nachmittag zieht mir die Füße weg. Sobald der Pegel fällt, fallen auch meine Äuglein und ich in einen tiefen Schlaf. Um acht Uhr abends war es dann so weit, ich versank im Reich der Träume und erwachte um Mitternacht frisch gestärkt, erholt und nüchtern.

Kein guter Plan. Nein, kein guter Plan.

Bis vier versuchte ich alles, was man in schlaflosen Nächten so probiert. Ich las, ich hörte ein Hörbuch, weil ich bei vorlesen eigentlich immer einschlafe, ich stand auf und lief ein wenig durch die Gegend, ich trank Milch, ich hielt meine Handgelenke unter kaltes Wasser, ich lag herum, ich beschäftigte mich mit meiner persönlichen Art des Schafezählens, wobei es um räumliche Vorstellungen von Langweiligem geht, dem Alphabet zum Beispiel und beschäftigte mich ernsthaft mit der Überlegung, Papiere zu sortieren oder zu bügeln. Nachdem ich gegen vier endlich wieder einschlief kann man sich denken, daß der Fitneßfaktor am Montag knapp unter Null agierte und ich am Abend so bleiern müde war, als hätte ich an jedem Finger einen Backstein hängen.

Weil ich nicht schon wieder am frühen Abend die Couch beschlafen wollte, trank ich eine Tasse Kaffee als ich von der Arbeit kam. Ich war immer noch müde. Ich trank noch einzwei Tassen Kaffee. Ich blieb müde. Bis drei. Doofer Kaffee.

Wenn das so weitergeht, bin ich am Siebenschläfer ein um-sieben-Schläfer.

Paßt ja.

Donnerstag, Juni 21, 2007

Quadratwurzel oder Tod

Haha, darauf fall ich jetzt nicht mehr rein. Ich hab euch gefunden, ihr könnt wieder rauskommen. Los, die Drehbuchschreiber von Stromberg, euch meine ich. Ihr macht doch grad Urlaub in Polen oder? Das kann doch kein halbwegs vernunftsbegabter Mensch mehr glauben. Das wäre doch Realsatire der Spitzenklasse wenn es denn wahr wäre.

Als ich mir heute in der Firma zur kurzzeitigen Entspannung vom Schuldnerverkloppen die Spiegel-online-Seite aufrief, fiel ich fast vom Stuhl. Lolek und Bolek Kotzynisczy steigern sich täglich. Erst wollen sie die EU-Stimmrechte mathematisch schönrechnen. Für diesen Wunsch hätte ich ja vielleicht noch Verständnis. Ich habe ja immer Verständnis für die Unterdrückten und Schwachen, die keine Stimme haben. Gerechtigkeit muß sein. Über EU-Stimmrechte weiß ich persönlich jetzt wirklich zu wenig, finde die quotale Aufteilung nach Einwohnerzahl persönlich aber angemessen.

Allein die Art und Weise wie die Forderungen vorgetragen werden, erinnert allerdings ein wenig an ein etwas überzogen inszeniertes Drama eines langhaarigen Regisseures mit Walroßschnurrbart und Hut. Hier wäre doch weniger mehr.

Dannwill Lechlolek für die Quadratwurzel sterben. Mathematiker haben an dieser wirklich aussagekräftigen Textzeile bestimmt ihre helle Freude. Vielleicht hegt da der eine oder andere ebenfalls eine ähnliche Leidenschaft und steht des nachts mit der Laute vor Balkonen, um Oden an die Primzahl zu singen. Quadratwurzel oder Tod. Sehr beeindruckend. Am besten mit sonorer Bassstimme vorgetragen mit vibirierenden Paukenschlägen im Hintergrund und Gewitterwolken. Shakespeare für Mathematiker. Hurra.

Daß man jetzt noch nicht genau weiß, wen vom doppelten Lottchen man schlußendlich in Brüssel begrüßen darf, gibt der ganzen Sache noch einen leichten Touch der Ungewißheit, ohne die das Leben ja nur halb so spannend wäre.

Bis jetzt war das alles ja noch halbwegs amüsant. Ab jetzt wird der Humor etwas derber. Da kann einem das Lachen schon im Halse steckenbleiben. Weil nämlich Lollobollo anscheinend doch nicht so irre gern sein Versprechen hinsichtlich der Alternative zur Quadratwurzel einlösen möchte, will er jetzt, daß eine Wahrscheinlichkeitsrechnung von vor dem zweiten Weltkrieg angewendet wird.

Wenn alle polnischen Bürger, die im Zuge des zweiten Weltkrieges bedauerlicherweise ums Leben gekommen sind, weitergelebt und kräftig Kinder gezeugt hätten, wäre nach seiner Hochrechnung Polen heute ein Land mit einer Bevölkerung von 66 Millionen Einwohnern. Deswegen dürfte Polen nicht weniger Stimmen haben als Deutschland, die ja immerhin Schuld sind an der reduzierten Bevölkerungsstruktur. Oha, das ist aber ganz schön harter Tobak. Dazu fällt mir nicht wirklich viel Intelligentes ein.

Man sollte den Jungs doch mal das alte Mathebuch wegnehmen. Wer weiß, worauf sie sonst noch kommen. Oder halt, nein, laßt es ihnen. So lange sie sich in Theorien ergießen, marschieren sie wenigstens nicht bei uns ein um sich zurückzuholen was ihnen ihrer Meinung nach zusteht, damit die Stimmen gerecht verteilt sind. Also abgesehen von unseren Autos.

In einem originellen Fall wird ja aber auch europaweit angefangen, die Kriege der letzten dreihundert Jahre zurückzurechnen. Und zack liegt Hamburg in Dänemark.

Ich fürchte, wir können uns noch auf einiges gefaßt machen. Ich kauf mir schon mal ein paar CD-Sprachkurse.

Zdrowie.

Mittwoch, Juni 20, 2007

Das perfekte Dinner

Wenn ich des abends nach Hause komme und nichts mehr vorhabe, außer mit der Nase voran aufs Sofa zu fallen und darauf zu warten, daß neben dem großen Spiegel und dem einen Kerzenhalter, bald auch der letzte Kerzenhalter spontan von der Wohnzimmerwand fällt, ich wette, in dieser Wand wohnt ein Poltergeist, guck ich als Einstand für einen hübsch langweiligen Abend immer gern "Das perfekte Dinner" auf Vox.

Eine bunte Mische sich einander nicht kennender Menschen, wird da für fünf Tage in Folge genötigt, rundum zu kochen und die Kocherei dann gegenseitig unter dem Aspekt "perfektes Dinner" zu benoten.

Ich bin noch nicht dahintergestiegen, ob ein nach seiner Meinung befragter Mensch automatisch zum Fachmann mutiert, oder ob ich meine Mitmenschen unterschätze und jeder Baggerfahrer seine Freizeit nutzt, um im Jacobs herumzusitzen und mit dem Kellner über passende Weine zu parlieren. Vielleicht habe ich da den Teil der Emanzipation verpaßt.

Ich sitze also abends nicht im Jacobs, sondern auf dem Sofa und kugel mich vor Freude, wenn einmal wieder ein Mensch, der ansonsten den Eindruck erweckt, außer Currywurst und Hühnersuppe mit Muschelnudeln kaum etwas zu essen, dem auf den ersten Blick unterstellt werden könnte, frittierte Calamari für den Hochgenuß der "Oht Kwisin", zu halten, Dinger bringt wie: "Also von der Garung her war der Fisch in Ordnung. Seeteufel ist ja halt eher festes Fleisch. Mir persönlich war er aber einen Tick zu salzig". "Das Fleisch ist mir jetzt nicht auf der Zunge zergangen, die Sauce hätte eine Idee flüssiger sein können. Das Eis war leider nicht selbst gemacht, das hat mich enttäuscht. Ja, das war alles ganz lecker, ich hab auch Nachschlag verlangt, aber für ein perfektes Dinner hat da für mich noch ein wenig gefehlt, deswegen gebe ich ganz ganz lieb gemeinte sechs Punkte".

Und nachdem dann die Jacobsmuscheln auf Papayagemüse mit Vanilleschaum erst weggeputzt und dann niedergemacht wurden, werden, wenn der eigene Abend ansteht, ernsthaft Nudeln mit Lachssauce serviert. Das ist doch an Originalität kaum zu überbieten.

Für mich wäre das nichts. Ich würde schon allein an der sehr peinlich genau bewerteten Tischdeko scheitern, weil ich überhaupt keine Tischsets besitze, die noch nicht vollgekleckert sind und eine totale Niete bin, was Farbzusammenstellungen und die richtigen Blumen angeht. Eine Ansage wie: "Ihr wisst ja, wo der Kühlschrank ist wenn ihr noch was trinken wollt", würde sicher auch zu radikalem Punktabzug führen.

Ich stehe sowieso mehr auf Biolek-Kocherei. Mit alle Mann in der Küche stehen, die Umstehenden mit Spargelschälen beauftragen und schon mal vor dem Essen mit unschuldigem aber stetem Auffüllen, abfüllen. Das lockert die Stimmung und niemand kann mir hinterher nachsagen, ich würde meine Gäste vernachlässigen.

Und als Nachtisch fertiges Schokoeis mit Klötenköm und ein Taxi.

Wahrscheinlich müßte ich mir hinterher selbst immer ganz ganz lieb gemeinte anderthalb Punkte geben, Egal. Hauptsache, wir hatten einen schönen Abend.

Montag, Juni 18, 2007

Schwarzhändler beim Fußball

Ein eigentlich ungeschriebenes Gesetz auf Pauli lautet: Wenn du deine Karte nicht brauchst, gib sie höchstens zu dem Preis weg, den du dafür bezahlt hast. Das nennt man dann fair. Im Zuge irgendwelcher Pokalspiele, Aufstiegsspiele etc. tauchten natürlich immer wieder doofe Schwarzhändler auf, die sich die Taschen füllen wollten. Die Gruppe G.A.S. geht dieses Problem in meinen Augen sehr pragmatisch und schweinewitzig an.

Nehmt Euch also in acht. Der Pranger wurde wiederbelebt.

Dienstag, Juni 12, 2007

Bat out of Hell

Ich bin traurig. Selten war ich so traurig, nachdem ich ein Konzert besucht habe. Aufgrund freundschaftlichverwandtschaftlicher Verstrickungen, danke Katrin und Knud, kam ich heute spontan dazu, das Meat-Loaf-Konzert in Hamburg zu besuchen und freute mir den ganzen Tag ein zweites Arschloch.

Ich steh auf große Musik. Ich steh auf Stimmen, die den kleinen vorderen Knöchel im kleinen Finger zum schwingen bringen, ich mag Musik, die in die Ohren strömt und sich dann überall im Körper wohlig ausbreitet. Ich mag das. Ich mag das Gefühl was es mir bereitet, ich mag es, wenn mir die Tränen in die Augen strömen, einfach, weil die Musik so schön ist. Ich mag Gänsehaut weil mich die Stimmen so beeindrucken. Ich mag es, wenn die Musik von der Bühne aufsteigt, an der Decke abprallt und mich überzieht wie einen Film. Wie eine Gänsehaut. Ich mag Meat Loaf. Ich hatte viele schöne Zeiten mit seiner Musik. Er verursacht mir freudige Stimmung wenn ich ihn hörte, ich bewundere seinen Stimmumfang, ich verehre seine Lieder.

Und heute? Er war ein Desaster. Furchtbar, schrecklich, traurig. Wie die zweite Sabine im Bunde trefflich fragte: "Hat er kein Management"? "Der ihm sagt wann gut ist?" Erst schien es wie ein schlechter Scherz. Das Dickerchen kam auf die Bühne mit langen Haaren und sang wie ein Greis. Ich dachte, es gehört zur Show und rockte noch fröhlich mit. Die Perücke fiel und ich glaubte noch daran, die Hot Summer night gleich in alter Stärke zu hören.

Aber nein. Der Dicke traf das ganze Konzert über kaum einen Ton. Geschweige, daß er den Rhythmus halten konnte. Immer wieder blinkten zwar zwischendurch Töne, die auf alte Höhen schließen ließen, seine Stimme ließ sich nicht verhehlen, aber er blieb der Greis. Er zitterte, als hätte (hat?) er Parkinson der Spitzenklasse. Körperlich und stimmlich. Er konnte nur singen, wenn er stand wie ich zu besten Hexenschußzeiten. Verkrampft, zitternd. Singen? Nein, es war nicht einmal mehr ein Fragment da von dem was ich verehrte. Und er tat mir leid. Unendlich leid. Warum hat er sich das angetan? Er konnte die Tonlängen nicht halten, er verlor die Luft lange bevor sie verloren sein sollte, er startete neue Zeilen lange bevor sie gestartet werden sollte....es war ein Auftritt, der einen die Hände vor den Mund schlagen ließ vor lauter Entsetzen.

Warum? Wegen Erinnerungen, wegen dem was er war und wegen der phantastischen Band, die einen hervorragenden Sänger verdient hatte. Wegen der grandiosen Backgroundsängerinnen, die ihn in manchem Lied locker rausrissen, weil nettfühlende Tonmeister die Mikros hinten ein wenig lauter stellten. Wegen dem dunkelhaarigen Gitarristen, in den ich mich spontan verliebte, wie es sich für einen anständigen Gitarristen gehört. Wegen diesem liebevollen Auffangbecken herausrangender Musiker, die den armen alten Fleischklops auffingen. Wegen der guten Zwischendurchshow die er machte. Aber nicht mehr wegen der Musik. Hätte man mir heute abend eine CD vorgespielt, ich wäre wohl glücklich nach Hause geschwebt. Aber so?

Während ich dieses Blog schreibe läuft im Hintergrund er, wie er war. Heaven can wait..... ja. So, Meat Loaf, so möchte ich dich hören, dich in Erinnerung behalten. I`ve got a taste of Paradise...
But you`ve run away... Währste mal stehengeblieben. Baby, we can talk all night. Hättstes mal gemacht. Kein Geleier. Keine Töne, die sich durch die Oktave leiern. Nur Erinnerung an einen phantastischen Musiker.

Das wärs gewesen. Don`t be sad....Angekommen on the middle of nowhere.

Ich höre jetzt deine CD, Frikadellchen, wie es sein könnte, und mit jeder Silbe macht es mich noch trauriger. Als wir zum Konzert fuhren, für das wir Sitzplatzkarten hatten, fragte Katrin: "Sitzplatz, werden wir alt?" Und ich sagte: "Man ist so alt wie man sich macht. Das hat mit Jahren nichts zu tun". Fleischchen, nach heute bin ich mir nicht mehr sicher.

"I`ve never had a girl, looking better than you did". Vielleicht sollte ich mich nicht drauf verlassen... nee, ain`t no doubt obout it.

Ich wünsch Dir das Beste! Daß du schnell einsiehst, dass die Jahre, die Du auf dem Höhepunkt Deines Schaffens waren, langsam ausklingen. Genieß es. Genieß die Menschen, die immer noch eine Gänsehaut bekommen. Und lehn Dich zurück. Verdammt nochmal.

Oder halt Bat out of Hell.

Bitte.

Montag, Juni 11, 2007

Hitze

Warm was? Wenn es die Möglichkeit gäbe, Klamotten im Minusbereich anzuziehen, ich würds tun. Nur aus Rücksicht auf meine Umwelt zwinge ich mich, meinen Körper nach wie vor in angemessener Weise zu verhüllen und schwitze leidend vor mich hin.

Nicht falsch verstehen, ich mag es warm. Aber mir persönlich reicht völlig eine Spanne zwischen 20 und 25 Grad, ein wenig kühler Wind und viel Sonne. Das wäre wettertechnisch gesehen sozusagen meine Lieblingsspeise. Das könnte ich täglich. Es darf auch morgens auf dem Weg zur Arbeit gerne etwas kühler sein. Das macht das U-Bahn-fahren etwas erträglicher. An dieser Stelle möchte ich noch einmal ganz kurz einflechten, daß es sinnvoll ist, Barfußturnschuhe hin und wieder auszulüften, mit Febreeze zu bearbeiten oder Zimteinlagen zu tragen. Dann würde dieser grüne Bodennebel auch mal aus den Waggons verschwinden. Echt! Auch angeschwitzte Hemden wollen gewechselt werden. Alter Schweiß ist kein Zeichen von Adel.

Wenn es so bruttig warm ist, fällt einem ja wirklich jede Bewegung schwer. Zumindest mir geben die Gene vor, mich einfach wie ein gestrandeter Wal nach vorne in den Sand fallen zu lassen und da den ganzen Tag bewegungslos liegenzubleiben. Das geht natürlich nicht, weil bei mir nicht engagierte Helfer erscheinen, die mich den ganzen Tag mit kühlendem Naß beschütten. Was schade ist.

Denken fällt auch schwer. Es ist wenig erbaulich, wenn man versucht, sich auf ein Thema zu konzentrieren und der eigene Kopf schmeißt einem ständig unangemessene Bemerkungen dazwischen. Vielleicht wegen der Assoziation "Wasser" und "sintflutartige Regenfälle in anderen Teilen Deutschlands", kugeln sich meine unbewußten Gedanken im Moment über das Plakat eines Kabarettprogrammes, welches ich in den letzten Tagen sah: "Noah war ein Archetyp".
Meine vorderen Gedanken motzen "Hey, ja, das ist lustig. Aber es reicht völlig, wenn man da einmal drüber schmunzelt. Sooo witzig ist das nun auch wieder nicht." Und trotzdem, zack steht der Scheiß im Blog. Egal. Ich hab jetzt auch keine Lust, mit mir selbst zu streiten.

In den letzten Tagen hörte ich im Radio, daß die Leistungsbereitschaft des Menschen ab 30 Grad im Schatten um 50 % sinkt. Oder war es die Leistungsfähigkeit? Die Hirnhälfte, die diese Information behalten hat, ist grad aus. Wär aber schon wichtig das zu wissen, wenn man, von seinem Chef beim Nichtstun überrascht wird. Es wäre schon schöner sagen zu können: "Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß heute nur meine rechte Gehirnhälfte arbeitet. Und bevor ich anfange, die Zwangsversteigerungsanträge mit Buntstift auszumalen, mach ich lieber gar nix", als wie sonst immer reagieren zu müssen:


Eine Frage, die mich auch seit dem Wochenende beschäftigt ist: Wenn man den ganzen Tag schwitzt wie ein Wasserhahn, also schon überhaupt nicht mehr hinterherkommt mit dem Nachfüllen von Flüssigkeit, man normalerweise total dehydriert sein müsste, woher nehmen die Beine dann das Wasser zum schwellen?

Schlimm, wenn eine Hirnhälfte grad Urlaub an der Schneegrenze macht.

Hoffentlich kommt sie bald wieder.

Gaga.

Mittwoch, Juni 06, 2007

Schöner wohnen

Herrjeh bin ich im Arsch. Heute bin ich auf alle Fälle mindestens im gleichen Maße gealtert, wie die Wahrscheinlichkeit, daß ich jemals aus meiner Wohnung ausziehe, gesunken ist. Nämlich um hundert Prozent.

Ich saß im Bett. Es war morgens, wie so häufig, und ich dachte "örks". Damit fing alles an. Denn nicht immer, wenn ich morgens im Bett sitze und "örks" denke, hat das etwas mit Alkohol am Vorabend oder überraschendem Besuch zu tun "Hallo, wie heißt du denn eigentlich?", sondern manchmal auch damit, daß ich mir mein Schlafgemach anschaue und es so gar nicht behaglich finde. So auch heute morgen.

Wenn man einmal zu häufig die Maiglöckchenernie geguckt hat, wenn sie anderen Leuten ihre Kemenaten verschönert, wächst schon ein Bedürfnis. Und dieses Bedürfnis sagte heute morgen sehr laut und vernehmlich "ÖRKS". Das ist noch kein Grund zum altern? Nein. Das ist noch kein Grund zum altern. Noch nicht.

"Neue Vorhänge müssen her" dachte ich. Der Tag, an dem ich diese grüngelb karierten Dinger gekauft habe, gehört aus dem Kalender gestrichen. Seh ich aus wie Landhausstil? Aber vielleicht kann ich sie ja noch verwenden, um links und rechts von den Kleiderschränken eine Aufbewahrungsmöglichkeit a la Bine zu bauen. Das bedeutet in der Regel, daß ich Teleskopduschstangen kaufe und Vorhänge dranbimsel. Auch gute Idee. Gesagt, getan, ich besorgte heute also neue Vorhänge. Sie hingen bald, sie sehen gut aus. Und nun der Rest.

Jetzt gings ans umräumen. Das Bett muß auf die andere Seite. Das war nicht schwer. Es war Zentimeterarbeit, aber nicht schwer. Die Kleiderschränke sollten mittig an der Wand stehen. Grundsätzlich auch nicht schwer. Und nun fings an.

Ich weiß, daß man niemals schwimmen gehen soll, wenn man grad gegessen hat. Und ich weiß, daß man Kleiderschränke ausräumen soll, bevor man sie verschiebt. Ja. Weiß ich. Na und? Es ging noch nur um anderthalb Meter. Ausräumen bedeutet Arbeit. Ich wollte nicht arbeiten, ich wollte es schön haben. Sofort.

So hängte ich mich also an den ersten Schrank und ruckelte ihn, voll wie er war, an die ihm bestimmte Stelle, derweil fröhlich Staubmäuse auf mich niederrieselten. Dann zog ich das zweite Exemplar aus der Ecke in der es stand und klemmte mich dann mit meinem Körper zwischen Schrank und Wand, von oben noch mehr Staubmäuse, und plante, mittels kräftiger Kniestöße unter Anlehnung ans Gemäuer, das Ding .... und KRACK! Die Rückwand brach raus und der gesamte Schrank neigte sich wie ein Trapez. Autsch. Behende packte ich zu und zog den Schrank, der noch mindestens 40 Zentimeter von seinem geplanten Standort entfernt war, und zog ihn wieder grade.

Egal was ich machte. Sobald ich den Schrank losließ, neigte er sich in dem Wunsch zusammenzubrechen. Ich auch bald. Nachdem ich zehn Minuten mit dem Ding händchengehalten hatte, kam mir eine überlebenswichtige Frage: "Machich`n jezz?"

Der Schrank ist fast zwei Meter fünfzig hoch. Platz, ihn nach vorne zu kippen um die Rückwand wieder anzunageln, hatte ich nicht. Herausziehen und Rückwand annageln...keine Chance. Außerdem konnte ich das Ding ja noch nicht mal loslassen, ohne daß es sofort Lemming spielte.
Mein Telefon lag taktisch günstig im Wohnzimmer, lange elf Flurmeter entfernt. Außerdem hab ich ja auch noch meinen Stolz. Mittlerweile lief mir vor lauter Aufregung und Anstrengung der Schweiß in Strömen die Stirn runter. Der sollte nicht zusammenbrechen der Kackschrank. Dreckmistverdammter.

Als Beschäftigungstherapie riß ich erstmal die Türen des Mistbiestes auf und schleuderte den Inhalt, unter anderem ungefähr achtzig Kubikmeter Hosen, die mir schon lange nicht mehr passen, hinter mich aufs Bett. Wenn er schon zusammenbricht, dann wenigstens leer. Dann stand ich wieder da. Eine Hand war damit beschäftigt, den Schrank im Gleichgewicht zu halten, mit der anderen zeigte ich ihm, immer wenn es mir in den Kopf kam, Stinkefinger. Also alle zwei bis drei Sekunden. Apropos "Kopf kam". Eine Lösung mußte her.

"Wenn ich es schaffe, ihn so instabil auf den anderen Schrank zuzubewegen, ist mir schon viel geholfen" dachte ich. "Machich`n jezz?" Ich machs jetzt. Eigentlich hätte ich gern ein wenig geheult, aber dafür war keine Flüssigkeit mehr da. Die klebte vollständig an Stirn, Gesicht und Hals. Sehr dezent, immer um Ausgleich bemüht, trat ich also irgendwann immer unten an das Mistbiest und schaffte es tatsächlich, ihn auf den anderen Schrank zuzubewegen und die beiden wieder zu vereinen. Er lehnte sich an....und lehnte sich im nächsten Moment wieder trapezmäßig in meine Richtung. Ich hab ihn aufgefangen. Gute Schrankmama. Machichn`jezz?

Er wollte nicht stehenbleiben. Ich wollte nicht, daß er zusammenbricht. Irgendwann muß auch ich mal Stärke beweisen. Ich wollte doch nicht bis an mein Lebensende da stehen und das Ding festhalten. Hektisch suchte ich nach Möglichkeiten. Hinter mir im Zimmer herrschte das Totalchaos. Tausend Kubikmeter Klamotten auf dem Bett. Damit mußte doch was zu machen sein. Ich versuchte, die Knäufe der Schranktüren zusammenzubinden, damit sich die Schränke gegenseitig halten. Mit einem Pullover. Fragt nicht. Aber es klappte.

Als ich ihn zwei Minuten alleine lassen konnte, raste ich im hektischen Hürdenlauf los, um die gekaufte Teleskopstange zwischen das Mistbiest und die Wand zu klemmen. HURRA! Aber das wird nicht halten.

Ich muß sie untrennbar miteinander verbinden. Mit Schrauben. Gute Idee. Zum Glück fand ich noch ein paar Holzschrauben in angemessener Größe und schraubte drauf los. Nix passierte.

Na gut, jetzt mußte ich wirklich Hilfe beim Feind suchen. Wo ist bloß die blöde Bohrmaschine? Ich muß Löcher bohren. Zwar nur durch Holz, um die Schränke miteinander zu verschrauben, aber immerhin. Ich weiß doch gar nicht wie das geht....

Es ging. Zwar vertrieb ich mir ein paar erbauliche Minuten damit, die Bohrmaschine zu hypnotisieren um herauszufinden, wie ich jetzt eigentlich den Bohrer da reinbekomme, ich bevorzuge es, irgendwelchen netten Helferlein zu sagen: "Heh, ich hab auch ne Bohrmaschine", und trotzdem alles anzunageln was ich selbst machen muß, aber es ging. Ich bohrte Löcher und fühlte mich wie Tom Hanks in diesem Schiffbrüchigenfilm, der "Iiiiich habe Feuuuer gemaaaacht" brüllt. Also, Schraube reindrehen...ging nicht. Ging einfach nicht.

Hab falschrum gedreht. Ich Depp. Wahrscheinlich hätte ich mir die Bohrmaschine sparen können.

Jetzt steht er, der Schrank. Umstellen ist in diesem Leben, also, seinem Leben, nicht mehr möglich. Umziehen auch nicht. Im Schlafzimmer herrscht totales Chaos und ich bin im Arsch.

Machich`n jezz?

Auf der Couch schlafen, Wein trinken.

Prost.

Dienstag, Juni 05, 2007

Immer auf die Fresse

Jetzt krieg ich aber langsam zu viel. Schon wieder wurden 50 Polizisten bei "Rangeleien" um den G8-Gipfel verletzt. Ich muß mich jetzt mal auf die Seite der Ordnungshüter schlagen und ich wundere mich wirklich, daß nicht langsam die G8-Gegner, denen es wirklich nur um eine Demonstration für eine bessere Welt geht, eindeutig Stellung beziehen gegen die Gewalt. Die für alle anderen deutlich sichtbar aus ihren Reihen kommt.

Wer ernsthaft einen Raum bietet für die Fraktion, deren politisches Verständnis darin besteht, die letzte Hirnzelle zu aktivieren um mit Schaum vor dem Mund "Bullenschweine, auf die Fresse" zu brüllen, darf sich nicht wundern, wenn die gesamte wohlgemeinte Aktion nicht in dem Sinne öffentlichkeitswirksam ist, wie es mal geplant war. G8-Gegner sind also autonome Spinner. Genauso wie beim Fußball, wo es manches Mal naheliegt zu glauben, daß diese sich, besonders im ostdeutschen Raum, ausschließlich aus Rechtsradikalen zusammensetzt.

Ja, kann man auch glauben. Wenn man bei einem Spiel sieht, daß die Gästekurve stilisierte Fahnen des dritten Reichs ausbreitet und Dinger singt wie "Wir bau`n ne U-Bahn von St. Pauli nach Auschwitz", wie seinerzeit bei dem Spiel gegen Chemnitz, dann fällt es einem der Gedanke schwer, daß es ja höchstens fünfzig Leute von zweitausend sind und die anderen sich nur nicht trauen, sich zur Wehr zu setzen. Eintausendneunhundertfünfzig brave Fußballfans stehen wie die Schafe um fünfzig Idioten herum. Das läßt doch tief blicken. Auf die Idee, vielleicht einfach wegzugehen und die fünfzig alleine da stehen und ihre Suppe auslöffeln zu lassen, kommt anscheinend keiner.

Wie ernst kann man denn die anderen Demonstranten/Fans nehmen? Es wird sich nicht von der Gewalt distanziert, weil es ja viel einfacher ist, die gesamte Verantwortung in die Hände der Polizei zu legen. Habt ihr euch mal überlegt, wie sich der Job der Jungs darstellt? Die müssen doch Aschenputtel spielen um die schlechten Bohnen aus der Masse zu fischen. Die guten ins Kröpfchen, die schlechten ins Töpfchen.

In der Hektik passiert es anscheinend leider, daß auch mal ein gutes Böhnchen im Töpfchen landet. Ist es dann wirklich ein Grund, sich hinzustellen und "miese machtgierige Polizeiwillkür Bullenschweine" zu rufen?

Wenn das gute Böhnchen fröhlich fähnchenschwenkend neben einem Pflastersteinwerfer spaziert, muß es sich eine gewisse Selbstverantwortung anhängen lassen. Es sei denn, das Böhnchen weist darauf hin, daß Böhnchen ja gar kein Hirn haben und somit von sämtlicher Verantwortung entbunden sind. Dann aber stelle ich die gesamte Ernsthaftigkeit solcher Demonstrationen in Frage. Dann geht es nicht um Meinung. Dann geht es um einen Spaziergang an der frischen Luft, schicke Musik und hauptsache dagegen.

Kann man nicht mal eine Demonstration gegen Spinner machen? Oder noch besser: Vielleicht sollte man einfach mal das ganze rechtsradikale Pack und die linksautonomen Blödmänner irgendwo zusammensperren? Auf daß sie das Problem gewaltbereiter systemfickender rechtsradikaler Autonomer durch natürliche Auslese im Rahmen des Zehn-kleine-Negerlein-Prinzips selbst lösen. Ohne Polizei, ohne Deeskalation, ohne Krisenmanagement. Der letzte kommt dann zum Psychiater und darf dort ein wenig auf Gummimatten einschlagen weil er eine schlechte Kindheit hatte.

Und der Rest hat Ruhe.

Noch ein letztes Wort zur Polizei: Jeder hätte Verständnis dafür, daß ein Polizist, der einen Kinderschänder zu fassen kriegt, diesem erstmal ordentlich eine reinsemmelt. Es wird aber andererseits erwartet, daß er ruhig bleibt, wenn sein Kollege nach einem Pflastersteintreffer leblos auf der Straße liegt. Das ist eine ganz schön hohe Erwartung. Nicht wahr? Natürlich müssen die Jungs diese Erwartung erfüllen. Deeskalation im Steineregen. Ja klar, dafür haben sie die Ausbildung genossen. Aber das Organ "Polizei" setzt sich nun einmal aus Einzelpersonen zusammen. Der Job von denen wäre sicher einfacher, wenn man sie, und sei es nur durch konkludentes Handeln gegen die Gewalt unterstützen würde.

Freitag, Juni 01, 2007

Bigfoot

Zwar ist mein Name korrekt "Sabine" und nicht "Clementine", aber gestern abend schoss mir doch das eine oder andere Mal ein altes Lied ein, welches meine Eltern in meiner Kindheit häufiger sangen. Speziell natürlich ganz bestimmte Strophen:

"Light she was, and like a fairy,
And her shoes were number nine,
Herring boxes without topses,
Sandals were for Clementine.

Walking lightly as a fairy,
Though her shoes were number nine,
Sometimes tripping, lightly skipping,
Lovely girl, my Clementine."

Als erste Vorbereitung für meinen Selbstverstümmelungstrip nach Spanien, habe ich mich nämlich gestern aufgemacht, mir Wanderschuhe zu kaufen. Sowas muß ja rechtzeitig eingelaufen werden. Schuhe kaufen ist für mich, frauenuntypisch, seit jeher ein rotes Tuch. Bereits in früher Jugend lebte ich auf großem Fuß. Gut, auf die "nine" komme ich nicht ganz. Aber die "eight and a half" schaff ich locker. Schuhgröße 41 bei einer Körperlänge von 1,68 m entspricht nicht unbedingt dem geltenden Standard. Man sollte vielleicht Kindern im Wachstum nicht unbedingt Grass` "Blechtrommel" zeigen.

Meine Füße bereiteten sich auf Großes vor, der Rest von mir entschied sich dann aber doch fürs Bequeme. Eine Ambivalenz, die sich durch mein Leben zieht. Aus Trotz wuchsen die Füße dann noch ein wenig in die Breite. Ob meine fächerförmigen Fußenden jetzt wirklich dem Trotze anzuhängen sind, oder einem Faible für Holzkloggs und barfuß Laufen in der Kindheit, wer weiß. Auf alle Fälle ist es gar nicht so einfach, bequeme Umhüllungen zu finden, bei denen nicht nach einiger Zeit ganze Teile meiner Unterseite absterben.

So summte ich mich dann gestern fröhlich zum Sport-Karstadt, um den Verkäufern dort auf den Wecker zu fallen. Zuvor hatte ich mich natürlich im Internet bei Stiftung Warentest und anderen Testern durch die Empfehlungen gehangelt und schon den Frieden damit gemacht, daß ein Billigschuh an meinen Quadratlatschen für unser Vorhaben hinderlich wäre. Es erscheint mir zwar immer noch suspekt, für Schuhe so viel Geld auszugeben wie für einen Wohnzimmerschrank, aber ich will es mir mit meinen Füßen nicht unbedingt verderben. Wir wollen bestimmt noch ein paar schöne Jahre zusammen verbringen. Und meine Schwester wird bestimmt ärgerlich, wenn ich wegen schlechtem Schuhwerk drei Wochen durchheul.

So stand ich dann also bestrumpft vor einem Regal, voll mit Meindl, Hanwag und Lowa und strahlte entschlossene Unsicherheit aus, so daß sich dann doch irgendwann ein junger Mann meiner erbarmte. Eine Stunde lang latschte ich dann fröhlich durch den Laden. An einem Fuß einen Meindl, an dem anderen einen Hanwag, und hatte Spaß. Um die Trittsicherheit zu testen, haben die da nämlich eine hübsche Felsenlandschaft mit Brücke aufgebaut, die ich mal im Stechschritt, mal hüpfend überquerte und mich fühlte wie auf einem Abenteuerspielplatz.

Aber entscheiden konnte ich mich nicht. Zwei Hanwag, zwei Meindl, herumhüpfen. Hm, weiß nicht. Vielleicht muß man die Würste unter der Zunge wegnehmen, die zwar polstern sollen, meine Füßchen aber nervten. Nochmal hüpfen, laufen, und immer schön die Damen an der Kasse grüßen bei meinen Runden.

Zwischendurch schickte ich den jungen Mann, der sichtlich viel Freude an meinem ausgeschnittenen T-Shirt hatte, zum Schuhe binden muß man sich ja arg bücken, drei Mal in den Keller, um mir neue Pflaster zu holen. Für die Füße? Nein. Für meine Finger. Wenn so ne Büroliese wie ich Stiefel fest schnüren soll, dann geht das nicht ohne Gekrampfe ab und die blöden Senkel scheuerten so sehr auf meinen armen Fingerchen herum, daß sich drei dicke Blasen bildeten. Ich hoffe, es gibt noch Alternativsenkel oder mir wächst da Hornhaut. Sonst denken die Leute am Ende, ich bin den Jakobsweg auf den Händen gegangen.

Am Ende zog ich fünf Minuten vor Ladenschluß doch noch einmal, nur aus Interesse, die Stiefel aus Gold von Lowa an. Sie sind natürlich nicht aus Gold, aber definitiv das teuerste, was der Laden zu bieten hatte. Und stand in Butter. Na super. Mit "Guter Geschmack ist halt teuer" hat das allerdings gar nichts zu tun. Die Stiefel sind schlicht, schwarz, schnörkellos. Und bequem. Noch. Weil die Kassen schlossen und die Damen schon arg genervt zurückgrüßten, kaufte ich sie kurzerhand. Mein Gott, so viel Geld habe ich noch nie für Schuhe ausgegeben. Ich hoffe, sie werden es mir danken.

Zur Not tausch ich sie wieder um. In dem Fall hol ich mir aber erstmal aus der anderen Abteilung Fahrradhandschuhe für die Senkel.

Schuhe gut, alles gut.