Dienstag, August 28, 2007

Pilze

Überall steht es. Überall kann man es lesen. Es ist Pilzzeit. Jetzt schon. Ich persönlich fand es ja im Jahr ein wenig früh, so dringend wollte ich noch gar keine Pilze suchen. Pilze sammeln verbinde ich eigentlich immer mit Herbst und kalt und Porreekuchen essen und Tee trinken, während man in eine Wolldecke gehüllt alte Miss Marple-Filme im Fernsehen schaut. Sonntag nachmittags, wenn man nach dem Spaziergang durch den Wald erstmal in eine warme Badewanne muß und dann in einen flauschigen Bademantel gehüllt mit einem großen Glas Rotwein neben sich Steinpilze in der Pfanne wendet und rundherum alles behaglich bekerzenscheint ist. Genau. So stell ich mir Pilze suchen vor. Auch wenn ich gar keine Badewanne mehr besitze.

Na gut, fast genauso ging es auch in diesem Jahr beim Pilze sammeln im August. Die Jahreszeit mutet ja doch eher herbstlich an. Aber die Sonne war gnädig als wir durchs Unterholz krochen und die Temperaturen waren recht angenehm. Wir hatten Gemüsefrikadellen und Möhrchen und Passionsbier als Zielwasser und wir hatten einen Hund dabei, dem die gesamte Energie des Waldes in die alten Knochen kroch, wonach er wie ein irres Turnierpferd durch den Wald raste. Über Stock und Stein, ununterbrochen fröhlich bellend um die Pilze zu warnen? Muß ja. Wildschweine wollten wir nicht pflücken.

So strolchten wir also mit Messerchen bewaffnet im Zeitlupenschritt weit abseits der Hauptverkehrswege und fanden - zunächst nix. Gar-nix. Stinkmorcheln ohne Ende. Pilze, die wir nicht weiter zuordnen konnten - oooohne Ende. Maronen? Fehlanzeige. Steinpilze? Neeneenee.

Dafür eine Menge Spinnen. Denn merke: Die Rotzbiester spinnen in Wäldern ihr Netz in Augenhöhe und zwar zwischen zwei Bäumen. Würde man mit nach vorn gerichtetem Blick durch die Wälder streifen, würde man sich ihnen direkt Aug in Aug gegenüberfinden. Hat man allerdings den Blick auf den Boden geheftet und scannt ihn Quadratzentimeterweise ab, damit einem auch ja kein Steinpilz unterm Laub entgeht, latscht man nicht nur direkt ins Netz, man verpaßt dabei Thekla auch noch eine Kopfnuss a la Zidane, gefolgt von Igittigittscatmangehampel, um die Spinne wieder vom Kopf und vor allem die Klebefäden wieder aus dem Gesicht zu bekommen.

Nach zwei Erfahrungen dieser Art hatte ich gelernt. Ich ging zwar immer noch langsam den Boden absuchend, fuchtelte aber in zusätzlicher Choreographie mit einem langen Ast vor mir herum wie ein leicht abwesender Ninja-Kämpfer und zerstörte diese Wunder der Natur bevor sie mich angreifen konnten. Auch Waldspinnen sollen sich nicht langweilen. Das nächste Netz wird bestimmt viel größer und schöner.

Und dann kam es. Es war wie im Märchen. Zwischen einem ganzen großen dunklen Wald voller Spinnen und nassem Laub leuchtete mit einem Mal eine kleine Lichtung vor uns. Mit langem zarten Gras bewachsen lag ein Hügelchen in der Sonne und strahlte, als würden uns Außerirdische ins Raumschiff locken wollen. Wow. Und überall Pilze. Wir liefen wie Hund Dino durch das Gras und brüllten uns gegenseitig an: Bine, schnell, hier, guck. Flaavia, hier, guck.
Und konnten es gar nicht glauben. So viele Pilze. Der ganze Wald ist leer. Und hier sind alle. Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugehen. Das sind doch Köder...

Schnell hatten wir unser Behältnis vollgesammelt und konnten unser Glück immer noch nicht fassen. Mittlerweile hatte sich Military-Dino ein wenig weit von der Truppe entfernt und ich machte den großen Fehler, meine Finger in den Mund zu stecken um nach ihm zu pfeifen.

Kurz danach kippten wir traurigen Blickes den Fang wieder auf den Waldboden. So sollten unsere Finger nicht schmecken nachdem sie leckere Steinpilze berührten. So können sie nur schmecken, wenn sie glücklich Gallenröhrlinge schnitten. War das ekelhaft. Gallenröhrlinge sehen genauso aus wie ein Steinpilz und sind nur durch eine feine Netzmaserung am Stil zu erkennen. Und nur ein Röhrling im Steinpilzessen verbittert dir die ganze Ernte und die Lust auf Pilze. Schummelpilze blöde. Eine ganze Tüte voll mit Schummelpilzen.

Aber immerhin Pilze. Pilze haben wir gefunden. Ob man die jetzt essen kann oder nicht. Egal. So ist es doch mit vielen Sachen im Leben. Der Eindruck zählt. Sie sahen auf den ersten Blick haargenau aus wie leckerstes Abendessen. Und so lange man nicht nah genug rangeht oder gar tatsächlich anfängt zu kochen, bleibt der Blick und die Hoffnung auf ein mögliches leckeres Essen.

Aber merkt euch: Immer erst die Finger waschen vorm Pfeifen. Sonst gibts ein böses Erwachen.

Ich halte übrigens diese Kindersprüche von wegen "jetzt stillt se, scheiß Pilze" für ein Gerücht. Wir haben uns nur einmal zum Ausruhen niedergelassen, also Flavia und ich, es ging ums Bier trinken, nicht ums kopulieren, aber dennoch saßen wir auf dem weichen Waldboden, der auf den ersten Blick auch für Kopulationszwecke durchaus geeignet wäre. Wäre da nicht dies: "Guck mal Bine, ne rieesen Waldameise. Oh, noch eine. Wo kommen die denn alle her. Hier ist ja alles voll..."

Also: Immer schön auf den Wegen bleiben. Und wenn man keine Pilze findet, kann man immer noch Zwetschgenkuchen backen. Das riecht auch hübsch herbstlich.

Dienstag, August 21, 2007

Kultur pur

In meinem Bücherregal stehen diverse kleine originelle und nicht so originelle Sammelbände, voll mit allem, worin Mensch gern schmökert. Naja gut, mal mehr, mal weniger. Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich das Buch mit den Klosprüchen schon längere Zeit nicht mehr angefasst. Was ja aber nicht heißt, daß es nicht irgendwann ein dummes-Graffiti-Revival gibt. Die Achtziger kommen ja wieder wie ich hörte. Ich wäre dann gern nicht da.

Seien wir doch mal ehrlich. Es gab doch niemanden, der damals nicht Scheiße aussah. Letztens bekam ich eine Einladung zum zwanzigjährigen Klassentreffen mit aufgedrucktem Schwarzweißfoto und fiel fast vom Stuhl. Was ich damals an meinen Klassenkameraden cool und modisch fand, sieht heute aus, wie Kleiderkammerladenhüter hinten links. Blousonjacken und Hochwasserkarottenbundfalten. Sweatshirts mit Bündchen - außerordentlich figurschmeichelnd - und farblich abgesetzte Jeansapplikationen. War das schick. Und dazu diese Frisuren mit den mächtigen Ponys.

Gibt es dort draußen irgendjemanden, der von damals noch Fotos von sich besitzt, die er gerne herumzeigt? Ichkannmirdasnichtvorstellen. Und jetzt möchte die Jugend von heute tatsächlich davon einen Abklatsch. Nichts gegen die Musik. Ich hör Oldies ja gern, aber von dem Style oder Nichtstyle sollten die Gören heute lieber die Finger lassen, wenn sie sich auch in zehn Jahren noch in die Augen gucken wollen. Laßt es euch gesagt sein.

Jetzt bin ich bei der Schreiberei aber doch neugierig geworden auf das Graffitibuch und ob ich das tatsächlich peinlicherweise noch besitze. Zack ins Wohnzimmer geeilt und gesucht. Dieses Goldstück meiner Sammlung soll jetzt doch ein letztes Mal noch zu Ehren kommen, bevor ich es vielleicht doch so langsam mal den Weg alles Ewigen gehen lasse. Buchstellplatz ist ja begrenzt. Ah, da ist es tatsächlich. Ein Jubiläumsband von Heyne, mit dem der Verlag sich laut Klappentext bei seinen Lesern zum 50 Jubiläum bedankt.

Darüber könnte man jetzt einmal ernsthaft nachdenken. Der Heyne-Verlag bedankt sich bei seinen Lesern für - weißdergeier - Treue, Buchkauf, Abo, Intellekt? Mit dem, was Heyne wie folgt weiterbeklappentextet: "Der Geist sprüht, wo er will - und die Dose auch. Lockere Sprüche, zündende Parolen und irre Graffiti für mehr Spaß und Lust: eine Kampfansage an Miesmacher, Frust und tierischen Ernst" und ich jetzt unter völliger Distanzierung von sämtlicher Verantwortung auszugsweise präsentiere. Ich verwende das Zufallsprinzip. Aufschlagen, abschreiben. Sollte ich ernsthaft auswählen, bräuchte ich ein stärkeres Beruhigungsmittel und müßte mich wieder hinlegen. Also, obacht:

"Dem Prinzgemahl aus Engelland, beim Defilee der Schwengel stand"

"Wir lernen fürs Leben - deshalb die vielen Diktate"

"Wer Umweltprobleme nicht ernst nimmt, ist selbst eins"

"Bevor ich dich besudel, Puppe, eß ich noch ne Nudelsuppe"

"Ende gut, alles putt"

"Von Phall zu Phall ist die Nummer anders"

"Kannst du nur einmal wöchentlich und möchtest gerne täglich, dann geh nur mal zu Neckermann, denn Neckermann machts möglich"


"Bitte, Heyne" Gerngeschehn. Nachträglich nochmal alles gute zum Jubiläum. Vielen Dank, daß wir jetzt davon ausgehen müssen, daß dieser platte Graffitimüll Teil unserer Kultur ist und künstlerisch so wertvoll, daß da Bücher draus gebunden werden.

Wenn ich heute einen Sammelband mit kleinen Alltagsbonmonts herausgeben müßte um nachfolgende Generationen ungläubig mit dem Kopf schütteln zu lassen, würde ich wahrscheinlich "SMS - im Suff versandt" wählen.

Das kennt doch jeder - oder? Morgens aufwachen, in den Postausgang vom Handy gucken und sich erstmal ordentlich erschrecken. Oder wundern. So habe ich nach einer Geburtstagsfeier und einzwei Ouzo (zu viel) nicht nur zwei fragwürdige SMSen - wahrscheinlich aufgrund feinmotorischer Ausfälle - an den ADAC-Pannendienst geschickt, ich habe auch einen Freund aus mir nicht mehr nachvollziehbaren Gründen mit der Erkenntnis "Nichts ist schwierig. Nur die Zeit" erfreut.

Das ist doch schon mindestens so philosophisch wie der Text mit Neckermann. Einer Veröffentlichung sollte also nichts im Wege stehen.

Donnerstag, August 16, 2007

Eisenhowerprinzip, falsch verstanden

Letztens besuchte ich ein Seminar zum Thema Selbstmanagement. Das war hübsch. Ob es jetzt besonders gefruchtet hat, weiß ich nicht, ich geh morgens immer noch zu spät aus dem Haus und muß länger arbeiten als ich eigentlich will, ich bügel nach wie vor nicht, bevor ich meine Klamotten in den Schrank hänge und erledige weiterhin meinen Kram dergestalt, daß ich alles so lange liegenlasse, bis auch die unwichtigste Aufgabe mit einem Mal dringend und von höchster Priorität ist. Da könnte ich laut diesem Seminar mal dran arbeiten.

Ein Beispiel:

Wenn ich noch fünf Rollen Klopapier im Schrank habe, bin ich ja sowas von entspannt. Bei drei Rollen lege ich kurz den Kopf schief und freue mich darüber, daß ich beim letzten großen Klopapierkauf das Zwölferpack genommen habe, obwohl ich doch sonst meist die teuren Kleinpackungen nehme, weil niemand gern mit diesem unhandlichen Paket fürs Rückwärtige unterm Arm durch die Gegend läuft. Wenn ich die vorletzte Rolle aus dem Schrank nehme, notiere ich im Geiste "Klopapier kaufen". Und ab da wirds spannend. Das Thema "Klopapier" schiebt sich langsam aber sicher in den Fokus meiner Aufmerksamkeit.

Wenn ich die letzte Rolle greife, nehme ich mir fest vor, heute einzukaufen. Was ich natürlich nie sofort mache. Im Gegenteil. Ich beginne zu spielen. Ich entwickel mit einem Mal einen Ehrgeiz, die letzte Rolle so lange halten zu lassen wie möglich. Ich werde geizig. Als wäre diese Rolle etwas besonders Wertvolles, sozusagen das letzte Stück von etwas, was einem besonders lieb war. Was man sich bis zum Schluß aufhebt. Mit besorgtem Blick muster ich den Klopapierherbst, die schwindenden Blätter. Ich nehme mir fest vor, mich nicht in ungünstige Situationen zu bringen, und komme trotzdem abends ohne neues Papier heim.

Wenn alles schiefgeht, bekomme ich auch noch Besuch. Also einen von den Besuchen, die sich aus Klopapier Fausthandschuhe basteln und eine halbe Rolle pro Gang verbrauchen. Dann wird es richtig spannend. Da kann man mich schon einmal auf dem Sofa sitzen und Daumen drücken sehen, daß die Rolle noch durchält und reicht, damit mich mein Besuch nicht auf eine neue Rolle ansprechen muß (hier haste ein paar Taschentücher). Adrenalin pur.

Anstatt einfach rechtzeitig Neues zu kaufen. Was naheläge. Und was ich auch mache, sobald die Spannung schier unerträglich wird. Und ab da ist wieder Ruhe bis zur letzten Rolle. Da könnte man wirklich dran arbeiten. All die Energie, die verlorengeht, weil ich über schwindendes Papier nachdenke, oder sonstwie Adäquates, könnte ich sinnvoller nutzen.

Aber mal im Ernst, das möchte doch keiner. Auch wenn ich das eine oder andere Mal ein wenig langweilig daherkomme, an Energie mangelt es mir in keinster Weise. Wenn ich Energie mit Absicht nicht nutze, also aufspare, für irgendetwas, was vielleicht irgendwann mal wichtiger ist, gibts doch einen Stau. Da ist doch mit einem Mal Überspannung. Zack, brizzel ich hier rum wie so ne alte Hochspannungsleitung und muß mich mittels Blitzen entladen.

Dann doch lieber kein Klopapier kaufen.

Man muß nur wissen, wo die eigenen Ziele liegen, dann klappts auch mit dem Selbstmanagement.

Mittwoch, August 15, 2007

"Mein Gott, es geht schon wieder los...

das kann ja wohl nicht waaaaaah sein...dass ich so ... ganz und gar die Form verlier."

Es ist wieder so weit. Habe ich gestern noch versucht, den Tod meiner Lieblingsjeans, meiner LieblingsSTRETCHjeans, auf allgemeine Materialermüdung zu schieben, muß ich heute einsehen, dass meine Oberschenkel derzeit implosive Tendenzen aufweisen. Irgendjemand pustet die heimlich auf wenn ich schlafe. Und morgens ist keiner mehr da. Gemein.

Ja, ich weiß. Ich habe da nicht nur mit gerechnet, daß eine gewisse Gefahrzulage auf mich zukommt wenn ich das mit dem Rauchen lasse, ich habe es sehr billigend in Kauf genommen. Ich habe es sogar drauf angelegt. Mit Absicht. Ich weiß ja, dass mich (hoffentlich) drei Wochen wandern mit Gepäck wieder in die rechte Form bringen werden. So war der Plan. Erst ordentlich verfetten und dann Phönix aus der Asche auf dem Jakobsweg.

Alles schön und gut. Hört sich prima an in der Theorie. Die Hoffnung, die hinter dieser Theorie steht, sieht aber ganz anders aus. So sind sie, die Weiber. Nach vorne raus die Vernunft in Person, aber insgeheim im dritten Untergedanken dann doch die beleidigte Prinzessin. Und diese beleidigte Prinzessin, meine Damen und Herren, ist nicht zu unterschätzen. Wenn die nämlich da hinten mit dem Finger schnippt, bekomm ich hier vorne schlechte Laune.

Meine kleine Prinzessinnenhoffnung war na-tür-lich: Ich höre mit dem Rauchen auf, nehme kein Stück zu, eher ab, sehe weiterhin phantastisch aus, wuppe daher den anstehenden Urlaub sportlich trabend wie ein Rennpferd in der Sonne glitzernd, ohne auch nur außer Atem zu geraten, schlank und souverän Heidi Klu...äh naja, Kabel das Wasser reichend... kann mal jemand dem Gör in meinem Hinterkopf eine ballern?

Ärgerlicherweise nahm ich tatsächlich im ersten Monat eher ab. Der Stoffwechsel braucht ja immer ein wenig um sich a) an die Veränderung zu gewöhnen und b) die erheblichen Nahrungsmittelmengen, die nun zusätzlich hineingekippt werden, zu bemerken. Außerdem trotte ich schon brav den einen oder anderen Tag ne Stunde zu Fuß nach Hause zwecks wanderstiefeleinlaufings. In dieser Zeit holte Binekörper anscheinend tief Luft, und ging gewichtsmäßig diese einzwei Schritte zurück, die es braucht um Anlauf zu nehmen für das richtige Rennen. Startschuss.

Und jetzt bin ich auf der Bahn. Hmpf. Und ich sage Euch: morgens in die Hosen steigen zu wollen und diese nur noch bis zum halben Oberschenkel zu bekommen, obwohl die gestern noch passten, ist keine Freude. Nein, keine Freude. Vielleicht sollte ich doch noch einmal über die von mir so verabscheuten Röcke nachdenken. Da passen meine Beine auch morgen noch rein...

Scheißegal. Und wenn mir im Stehen die Beine einschlafen weil die Hose so eng ist und die Leute anfangen, sich in meiner Gegenwart merkwürdig zu verhalten, weil sie mein Gesicht für den Vollmond halten. Ich zieh das jetzt durch.

Und jetzt erstmal frühstücken.

Wohlzuspeisen.

Dienstag, August 14, 2007

Nachruf

Meine Lieblingsjeans ist eben gestorben. Frisch gewaschen lag sie da, wie stets nach dem Waschen die Dehnung durch meinen Hintergrund erwartend. In den letzten Wochen habe ich zwar durchaus eine gewisse Fadenscheinigkeit an dem guten Stück wahrnehmen können, da ich sie auch annährend ununterbrochen trug, wollte es aber nicht wahrhaben.

Ich verband sie also mit meiner Unterhälfte, zog einmal kräftig hier, wackelte ein wenig zur perfekten Verteilung des blauen Stoffes und - krock - ermüdete das Material in einer Art und Weise, die eine öffentliche oder gar bankmäßige Zurschaustellung zukünftig ausschließt.

Um das Ausmaß der Materialermüdung nachvollziehen zu können, schlage ich vor, ihr nehmt ein von euch sehr geliebtes Kleidungsstück, für das schnelle Ergebnis empfiehlt sich etwas aus Seide, steckt das in die Waschmaschine - am besten mit einem ganz groben Mittel, laßt es trocknen und bügelt es dann zu heiß.

Dann anziehen. Ich verspreche euch: Eine falsche Bewegung, und ihr steht im Freien. Das Zeug fällt beim kleinsten Druck einfach auseinander. Das möchte man aber nicht wirklich, es sei denn, man arbeitet bei den California Dreamboys und muß sich die Hose mit einem Ruck vom Schritt reissen, ohne sich ernsthaft wehzutun.

Natürlich halten Jeans nicht lange, wenn man sie - von kurzen Waschpausen abgesehen - immer trägt. Genauso verhält es sich mit Schuhen. Hierzu gab es einmal eine sehr schöne Geschichte vom Herrn Goldt, der die durchaus nachvollziehbare These aufstellte: Zwei Paar Schuhe sind drei Paar Schuhe. Also zwei Paar Schuhe, im Wechsel getragen, halten zusammen drei Mal so lange wie ein Paar, ständig abgetreten.

Und jetzt ratet mal....ja, genau, auch die Schuhe trage ich, bis sie mir von den Füßen fallen. Ich bin da wirklich eine sehr treue Seele. Daß man mit Treue etwas kaputtmachen kann ist übrigens eine These, die man irgendwie Selbstfindern und Beziehungsbuchlesern nicht ohne nähere Erklärung anbieten sollte.

Es gibt ja Leute, die glauben alles. Daß man nicht mehr ißt wenn man mit dem Rauchen aufhört zum Beispiel.

Unfug.

Donnerstag, August 02, 2007

Obwohl ich gar nicht mehr rauche....

Ab gestern werden in Niedersachsen den Rauchern die Finger abgehackt. Ferner ist es gestattet, Raucher öffentlich zu bepöbeln und mit unverletzend wirkendem alten Gemüse und einem Ei hier und da zu bewerfen. Wie immer, wenn etwas von offizieller Seite verboten wird, ist der Rest der Bevölkerung angehalten, auf die Einhaltung dieser Verbote zu achten und diese nötigenfalls im Rahmen der Amtshilfe durchzusetzen.

Man kennt das ja schon in klein. Die selbsternannte Bahnsteigpolizei in Form von elegant sportlich gekleideten Damen, die sich auf die - offensichtlich zur asozialen Baustellenkaste gehörenden - Raucher harschen Schrittes zubewegt und dabei obertonig loszickt: Rauchen ist hier verboten, neeee, machen sie gefälligst die Zigaretten aus. Husthust. Wollen Sie mich umbringen?

Oder die immer leicht komisch wirkende Saunapolizei. Zumeist rotgefärbte naturbehaarte mittelalte Damen, die jeden Saunagänger, der sich nicht seiner Badeklamotte entledigen will oder gar mit Badelatschen in die Hütte kommt, lautstark zurechtweist, sich gefälligst der Klamotte zu entledigen. Warum eine Badebekleidung nicht erlaubt ist, hat sich mir noch nie erschlossen, zumal die Saunapolizei, die einerseits auf Freiluft untenrum plädiert, andererseits sofort einen hysterischen Anfall bekommt und die Geschäftsführung ruft, sobald sie vermutet, ihr hätte gerade jemand in den Schritt geschaut. Als könnte man sich nichts aufregenderes vorstellen.

Doch zurück zum Rauchen. Weil die Guardia Zivil recht hat, sich zumindest im Rechte wähnt, traut sie sich sowas. Immer in der Hoffnung natürlich, daß die Asis wissen, wie man sich im Angesicht echter Autorität verhält. Was im übrigen meistens nach hinten losgeht. Was nämlich ein echter Bahnsteigraucher ist, dem ist so eine Halstüchlein-Lady schwer egal. Mit Glück nimmt er sie zur Kenntnis, mustert sie vielleicht einmal erstaunt, denkt ein wenig über die Option des Umbringens nach und schaut dann wieder - leicht resigniert, aber weiterrauchend - in seine Bildzeitung.

Das geht natürlich nicht. Was Recht ist, soll Recht bleiben. Das muss doch jeder einsehen. Für den Fall von renitenten Weiterrauchern empfehle ich das beisichtragen von handelsüblichen Elektroschockern und natürlich von Trillerpfeifen. In Zeiten von ISDN können Sie ruhig die nehmen, die neben dem Telefon liegt. Da ruft keiner mehr an und stöhnt sie voll. Da können Sie noch so sehr hoffen.

Im Nichtraucherschutz wird jetzt ganz hart durchgegriffen.

Endlich hat das mal ein Ende mit dieser Wollpullipädagogik der letzten dreissig Jahre, was? Nix mehr mit: "Wir bitten Sie, in den Gängen nicht zu Rauchen". Nee, zack "verboten". Tausend Euro bitteschön. Dankeschön.

Doch mal ganz im Ernst. Was wären die Menschen für Menschen, wenn sie für diese Lösung nicht ein weiteres Problem fänden. Bei Else und Heini in der Eckkneipe wirds zukünftig schwer. Damit der nichtrauchende Gast geschützt ist, müssen zukünftig alle anderen Gäste vor die Tür. Vor der Tür mit Biergläsern herumstehen ist aber Herumlungerei. Es sei denn, der Wirt hat eine teure Draussen-Lizenz. Und die kriegt nicht jeder. Egal wie, alles kostet Geld. Alles ist zu teuer, die kleinen Kneipen werden wohl - wie die Tante-Emma-Läden eingehen. Ihr meint, ich übertreibe und messe dem Rauchen hier größere Bedeutung zu als es hätte? Weiss nicht. Werden wir sehen.

Wenn es alles mit richtigen Dingen zugeht, wird übrigens in der direkten Folge der öffentliche Alkoholkonsum verboten. Und Kaffee. Kaffee ist auch ziemlich schlimm.

Aber man kann das alles auch positiv sehen. Wenn Hartz IV zukünftig zu Hause saufen oder auf das Rauchen verzichten muß, ist er wenigstens in der Lage, seinen Kindern weiterhin diese teure Milch zu kaufen.

Obwohl die ja auch ungesund ist. Ich sag nur Cholesterin...