Dienstag, Dezember 23, 2008

Advent Advent

Hamburg, Innenstadt, kurz vor Weihnachten

Kunde: Guten Tag, sagen Sie, wo finde ich denn hier die Finanzkrise?
Verkäufer: Tut mir leid, Finanzkrise ist aus. Kommen Sie doch im neuen Jahr nochmal wieder.

Es heißt ja, dass die Menschen um die besinnliche Zeit ein wenig näher zusammenrücken. Und wo kann man das besser beobachten, als in der Vorweihnachtszeit auf der Mönckebergstrasse. Täglich tauchen aus irgendwelchen Ecken noch mehr Menschen auf, die endlich einmal wieder in kuscheligen dreissig Meter langen Schlagen für ein paar Weihnachtskarten anstehen wollen. Weihnachten ist ein Revivaltrip in die DDR. Das ganze Jahr haben wir darauf gewartet, uns auf den Weihnachtsmärkten mit Glühwein und Eierpunsch schon ein wenig in Stimmung gebracht, und allüberall wird gemeinsam gelacht und gefachsimpelt.

"Meine Schwiegermutter hab ich schon, ich muss jetzt nur noch fünf" hör ich. Von dem sonst so überpräsenten "wir schenken uns dieses Jahr nix" ist in der Innenstadt weit und breit nix zu spüren.

Find ich ja nix verwerfliches dran. In diesen Schlangen vor den Kassen stehend, kann man ja auch das eine oder andere schöne Gespräch verfolgen. So wie gestern, als ich mit meiner Energiesparglühbirne (Sagt man gar nicht mehr, ne? Glühbirne ist doch verboten) also Energiespareinschraubleuchtmittel, welches ich dringend benötige, weil ich sonst weiter morgens im dunklen duschen müsste, in der Schlange stand.

Zwei schätzungsweise achtzehnjährige Mädels mit Migratrionsschminkproblemen (ich weiss nicht, ob das am Alter, an der etwas dunkleren Hautfarbe, oder an der Jugend von heute liegt, diese Mädchen sehen immer aus, als hätten sie ihre Gesichtsmaske glattgeschliffen und dann fröhlich bunt angemalt. Hugh), stehen vor mir. Miniröckchen, Stiefelchen, Mäntelchen. Hübsch mit diesem leicht aggressiven Touch, den die Mädels von heute leider oftmals haben. Der Tonfall ist allerdings der, den man normalerweise bei schwulen Männern unterstellt:

Mädel 1: Oh, guck mal hier (zeig auf die selbstgebaute Totemmaske), ich krieg voll die Falten hier am Auge. Mmmmmhhh. Ob man die wegspritzen kann? Also ich finde das voll schlimm. Ej, da krieg ich doch total diese Lachfalten. Seufz

Mädel2: (wirft einen prüfenden Blick auf die Augenpartie der anderen, die die babypopoglatte Spachtelmasse zwischen Daumen und Zeigefinger eingeklemmt hält und so ein paar Falten simuliert) Hmmmmmmh, oh ja, das kenn ich auch. Aber am Auge kann man da ja gar nichts machen, ne. Das geht ja mehr so an der Stirn. Aber am Auge, nee, da kann man ja nur mit Creme. Oder man lacht weniger.

Mädel1: Hach ja, du hast ja recht, ich lach halt zu viel. Aber das ist auch so schwer, immer ernst zu gucken, ne?

Mädel2: Ja du, ich kenn das, ich bin ja auch so ein lachfreudiger Mensch. Ich krieg hier ja auch ne, aber weisst du, wenn man immer nur ernst guckt, kriegt man hier oben an der Stirn Falten.

Mädel1: Aber die kann man wegspritzen.

Mädel2: Aber so gar nicht lachen? Aber ich lach doch so gern.

Mädel 1: Ja, scheisse, ne?

Ja, scheisse. Ich musste nämlich ernst bleiben in der Schlange. Wenn ich da angefangen hätte zu lachen, hätten sie mich wahrscheinlich verkloppt. So hab ich mich damit begnügt, mir auszumalen, wie das ist, wenn die Süßen irgendwann das Alter erreichen, in dem sie merken, wo man sonst noch so alles Falten kriegen kann.

Ein weiteres Mittel gegen Falten, abgesehen von den Spritzen, hätte ich den Mädchen übrigens auch verraten können. Es hat auch sein Vorteil, schon etwas älter und lebenserfahrener zu sein. Aber ich wollte auch gern noch älter werden. Ansonsten hätte ich , politisch zwar inkorrekt, aber wahr, geraten, zum Christentum zu konvertieren. Dann nämlich muss man in der Weihnachtszeit essen, essen, essen. Und dicke Leute haben deutlich weniger Falten.

In diesem Sinne, haut rein, lasst es Euch gutgehen über die Tage, lasst Euch beschenken, esst und trinkt nach Herzenslust und im Januar machen wir dann alle zusammen eine Fastenkur

Dienstag, Dezember 16, 2008

Einszweidrei - einszweidrei

Als ich noch jung war, gab es dort, wo ich großgeworden bin, noch Saalfestivitäten in mehr als angemessener Zahl. Es wurde mit dem ganzen Dorf auf dem Saal geheiratet, dass es nur so eine Freude war, an Karneval gab es Faschingsbälle (Jaja, liebe Jecken, das konnten wir auch. Unter Einfluß von Asbach mit Lift ist so einiges möglich), Schützenbälle, Feuerwehrbälle, Bällebällebälle. Immer n büschn mit schickmachen und so und entweder mit Kapelle a la Heinz Strunk, oder mit Dietmar an der Orchesterorgel.

Die jungen Frauen kicherten in der Sektbar, die Jungens standen am Biertresen, die Alten hatten alles im Blick und eines zog sich durch sämtliche Veranstaltungen: Die Herren meiner Altersklasse bekam man zu 70 % nur unter Androhung von Liebesentzug nach Hinzufügung diversester alkoholischer Getränke auf die Tanzfläche. Da so eine Tanzerei im hohen Promillebereich nicht mehr so ganz die Sissyträume der Damen unterstützte, sondern eher in Richtung Sisyphusarbeit tendierte, da das Gleichgewicht für zwei gehalten werden musste, betrunkene Tänzer sind hemmungslos, haben wir damals aus Notwehr halt untereinander getanzt. Und Michaela war ein guter Herr. Tina konnte das auch ganz gut, und wenn die Herren zu fortgeschrittener Stunde anhänglicher wurden, spielte der Mann an der Orgel eh die etwas langsameren Lieder, wo man eigentlich nur ein wenig aneinandergelehnt herumstehen musste.

Was habe ich also gelernt als großes Axiom? Männer in meinem Alter tanzen nicht.

Denkste.

In diesem Jahr zeigt sich gerade in dieser Altersklasse (jetzt auch zwanzig Jahre älter) ein Trend, der mich verwirrt. Männer, die sich damals auf dem Parkplatz versteckten, weil sie auf gar keinen Fall weibisch umherhopsen wollten, rennen heute in Salsakurse, zum Tango, Standard und Latein, besuchen in Tanzschulen "offene Tanzgelegenheiten", bei uns hieß das damals "Tanztee" und ich warte schon gespannt auf den ersten, der mir erzählt, dass mittelalterliche Schreittänze das allergrößte sind.

Ist es der Rythmus, der die Herren zieht? Das sportliche Event? Die Herausforderung der Schrittfolge? Was ist es, was diesen Hype ausgelöst hat. Dirty Dancing war es nicht, der kam ja schon viel früher. Oder hat es einfach so lange gedauert, bis die Herren aus dieser Nichttanzermännlichkeit, mit der sie mich geprägt haben, herausgewachsen sind?

Ich vermute das in der Tat. Und ich vermute weiterhin eine unmittelbare Verbindung zu den allseits präsenten Kochsendungen. Früher kochte Mutti. Frauenkram. Wie tanzen. Heute kochen Laferlichter und Güngürmüs. Voll Witzigmann. Kochen, putzen und Haushaltssorge....ich halte die Emanzipation für abgeschlossen. Meinetwegen. Hauptsache, ich darf die Frau bleiben und muss weder beim Tanzen führen, noch Bohrmaschinen benutzen. Ich komm euch auch ein wenig entgegen und töte meine Spinnen selbst.

Auch im Wiegeschritt. Wenns nötig ist.

Donnerstag, Dezember 11, 2008

Blödes Gör

Zwar bin ich grade einmal wieder der Vierzig etwas nähergerutscht, dennoch fühle ich mich momentan ein wenig wie eine wirklich ätzende Zwölfjährige. Das Innenverhältnis zu mir selbst ist nun einmal nicht immer deckungsgleich mit der zumeist ausgeglichenen Aussenwirkung, die ich natürlich in gesellschaftlich angemessener Art und Weise anzupassen weiss.

Dieses ätzende Blag taucht turnusmäßig immer wieder ungefragt auf und ist die destruktive Seite der Sonne meines inneren Teams. Dieses Gör ist der personifizierte passive Widerstand, was sich im Falle ihres Erscheinens schon am frühen Morgen darin bemerkbar macht, dass sie nicht aufsteht. Verdammt. Mein normal denkendes Ich ist durchaus in der Lage zu entscheiden: "Hey, Bine, wird mal langsam wieder Zeit, ein wenig disziplinierter durch das Leben zu gehen. Andere machen das auch. Dazu gehört dann auch mal, schon um halb neun/neun zur Arbeit zu gehen. Dafür musst du noch nicht einmal früher aufstehen (!), du musst nur früher aus dem Haus gehen als sonst."

Sprachs, wachte heute morgen auf und lag da wie festgenagelt. Zwar durchaus zur richtigen Uhrzeit, wo stressfrei alles machbar war was machbar sein sollte, dachte noch "so, das hat ja gut geklappt, dann steh ma auf, Binschn", da sperrte sich dieses Rotzblag, sagte so etwas wie "hhhhmmmmmmnööööööööö" und blieb liegen. Bis zwanzig vor neun. Die ist doch irre. Ich wette, dass ich rechtzeitig aufgestanden wäre, wenn das mit der Disziplin nicht so laut geäussert hätte. Obwohl...im Moment ist sie eh da. Sie stellt mit Absicht ihre Kaffeebecher nicht in den Geschirrspüler und im Schlafzimmer liegt ein riesengroßer Klamottenberg, der ein gehöriges Ohrenziehen verlangt. So eine Schlampe.

In der Spüle steht ein ungespülter Topf, der Geburtstagstisch ist immer noch in Fragmenten anwesend, hier hat also keiner das Esszimmer zwischendurch mal wieder "hübsch" gemacht, die Wollmäuse wandern schon wieder Hand in Hand und singend durch den Flur und die alte Zicke sitzt mit tückischem Blick in der mentalen Ecke, die Haare zerklettet, aussehend, als hätte sie mal wieder mit Zopf geschlafen und würde schon die Idee einer Bürste aber mal so gar nicht in Betracht ziehen. Außerdem trinkt sie den ganzen Tag Glühwein und stopft Süßigkeiten in sich rein. Und ich werd immer dicker. Das ist doch voll gemein, ej.

Vertrauter Feind. Sie kommt und sie geht. Und irgendwann finde ich auch raus, warum, und wie ich sie mir vom Hals halte. Wahrscheinlich hört sie immer wenn es mir zu gut geht und sagt sich: "Polarität ist wichtig." Yingjangdingdong.

Ach, tückisch und jetzt auch noch esoterisch? Nein, von so einem Zeug hat die sicher keine Ahnung. Sie ist lediglich ein alter Stänker. Die gibts ja leider auch. Ich kann aber drauf verzichten. Heute Abend geh ich erstmal mit ihr zum Zahnarzt. Wolln wir doch mal sehen, wie ihr das schmeckt.

Nörgel.

Donnerstag, Dezember 04, 2008

Heute kann es regnen, stürmen oder schnein...

Ich habe eine Kerze für mich angezündet.

Ich habe eine Kerze für mich angezündet und Karten vor einer Blumenvase arrangiert. Doch auf den Karten sind nicht etwa Kreuze zu finden, sondern Pralinen und sowas, die Worte innendrin künden auch nicht von allzu großer Trauer und auf der Kerze ist eine Zahl mit einem albernen Spruch darunter. Und jetzt sitze ich davor und freu mich, dass ich bin. Zwar etwas älter mal wieder, doch die Zahl 38 klingt und sieht aus wie eine Runde Sache. So seh ich ja momentan auch aus, zumindest partiell, ein Alter, mit dem ich mich also völlig depressionsfrei anfreunden kann. Im Gegensatz zu meiner Figur, aber das ist heute nicht mein Thema.

Selten hatte ich beim Aufwachen an meinem Geburtstag so gute Laune wie heute.

Gestern, sozusagen im Sinkflug auf diesen Tag, der, bei aller Coolness, doch irgendwie innendrin immer etwas besonderes ist, den man natürlich auch so verstreichen lassen könnte, weil er so unwichtig ist, was man aber irgendwie doch nicht kann, ich zumindest, kaute ich so für mich auf diesen Fragen rum, die man sich in der Mitte des Lebens irgendwann stellt: Ist das okä so? War es das, was du wolltest? Ist es das, was du wolltest? Kann das so weitergehen? Gibt es noch Wünsche? Wie waren sie mal, die Wünsche?

Als ich achtzehn Jahre alt war, war ich unglaublich alt. Ich hatte klare politische und soziale Meinungen, ich war bereit für die erste Dauerwelle und fest davon überzeugt, spätestens mit 23 oder 24 Jahren Kinder zu bekommen, damit ich keine alte Mutter werde. Ich lebte in der Kleinstadt mit dem festen Wissen, irgendwann dort ein Haus zu besitzen und diese Vorstellung fühlte sich gut an. Als sich dann mit 23 diese Möglichkeit bot, der Damalige also mit entsprechenden "man-hat-nie-wieder-so-viel-Zeit-für-sein-Kind-wie-als-Student"-Ideen um die Ecke kam, war ich schon panisch drei Ecken weiter und hab mich lieber nicht mehr umgedreht. So wurde ich also keine Arztgattin. Da kann man mal sehen, wie sicher man zu seinen Lebensentwürfen mit achtzehn steht.

Mit achtundzwanzig war ich dann austherapiert, ich hatte ein paar Jahre Extremselbstfindung mit all diesen peinlichen Büchern, die sich manchmal noch in meinem Bücherschrank materialisieren, wenn andere Leute diesen durchflözen, hinter mir. Ich habe mich von vorne bis hinten kennengelernt und hatte dann schließlich keine Lust mehr darauf. Diese Innenschau kann nämlich auf Dauer auch ganz schön nervig sein. Da war ich dann mal wieder bereit für diese Vattamuttakindideen und zog mit dem seinerzeitigen Erwählten an den Stadtrand, um dort ein Nest zu bauen. Als dann die Gespräche tatsächlich in die Familienecke wanderten, nahm der seinerzeit Erwählte die Beine in die Hand und lief. So wurde ich also keine Frau Bankdirektor und mein Karmagutbösekonto war wieder ausgeglichen.

Und jetzt bin ich achtunddreissig und plane nicht mehr. Ich bin gesund, habe eine schöne Wohnung, ich habe eine reizende Familie, ich habe gute Freunde und habe einen Job mit netten Kollegen, der mir keine Bauchschmerzen verursacht.

Da kann einem schlecht werden, was? Natürlich läuft rundherum nicht immer alles rund und ich renne nicht ständig mondkuchenstrahlend durch die Gegend, was aber heute für mich keinen Grund mehr darstellt, an dieser Basis zu zweifeln.

Als in einem Selbstmanagementseminar der Trainer fragte: Wenn Sie sich vorstellen, Sie haben genau dieses Leben, welches sie heute haben, in zehn Jahren immer noch, wie fühlt sich das an? Was möchten Sie ändern? Da dachte ich: "Naja, alles in allem....ich hätte vielleicht gern einen anderen Schrank im Eßzimmer".

Ich bin schon ein zufriedenes altes Binchen. Und ich wünsche mir selbst von Herzen, dass das noch lange so bleibt. Und wenn nicht, möchte ich mich bitte daran erinnern, dass ich heute mondkuchenstrahlend mein Leben überdachte und für gut befand.

Freitag, November 28, 2008

Drews ist Linksträger

Am letzten Sonntag habe ich im Fernsehen beim Durchzappen etwas entdeckt, was mich einen deutlichen Drang verspüren ließ, mich auf den Boden zu werfen, mir abwechselnd die Ohren zuzuhalten und ein wenig um mich zu schlagen, um dann, zum krönenden Abschluß, ins Wohnzimmer zu brechen. Also die ganze Palette hysterischpanischer Aktivitiät, die ich mich, wenn überhaupt, zuletzt im Alter von zwei Jahren traute. Ungefähr genauso lange mag es her sein, dass ich den Magendeckellöser das erste Mal im Fernsehen sah.

Da saß er in der Kocharena, der Jürgen Drews. Das allein mag noch keinen ausreichenden Grund zum Brechen darstellen, der Blick auf seine Hose aber durchaus. Herr Drews trug eine um eine Nummer zu kleine weisse Röhrenjeans, die, wie soll ich sagen, keine Fragen offenließ. Diese Hose schnürte sich nicht nur recht vakuumatös um seine Anatomie, sie erlaubte ihm auch nur eine Sitzhaltung, bei der keine Spontanabbindungen ausgelöst werden. Eine in Männerkreisen übrigens recht weit verbreitete Sitzposition, die an die Wochenshow, Ingo und "Millemillemille" denken lässt. Halb im Sessel liegend, die Beine in einem Winkel von ungefähr 95 Grad auseinandergestellt, die Hand in Al-Bundy-Manier auf dem, äh, Oberschenkel ruhend. Herr Drews benutzte als offenkundiger Linksträger natürlich die linke Hand.

Ich habe zwar eine gewisse Neigung, anderen Menschen auf den Hosenstall zu schielen, aber ich reagiere doch etwas echauffiert, wenn mir die Mitten von Menschen ungefragt aufs Auge gedrückt werden. Es gibt Dinge, die will ich nicht wissen. Erst recht nicht von Herrn Drews.

Wobei man den alten Jodeldödel wahrscheinlich noch nicht einmal wirklich für sein Verhalten verantwortlich machen kann. Viele Menschen, die - älterwerdend - ins Arbeitsleben tauchen, Familien gründen und mit ganz vielen Sachen beschäftigt sind, die mit abendlichem Weggehen nichts zu tun haben, holen, sobald sie die Gelegenheit bekommen mal wieder ein wenig auf die Rolle zu gehen, die Klamotten aus dem Schrank, die sie in ihrer Sturm- und Drangzeit trugen. Und in den Fünzigern waren es nunmal Röhrenjeans.

Ich bin sicher, dass man auf einer Ü-40-Party diverse weinrote Sportmoderatorenjacketts mit Ärmelaufschlag im DonJohnsonlook sehen wird, ein paar pinke Strechminis mit kurzen Lederjacken, vielleicht noch ein Paar Sweatshirtpumphosen und natürlich die gute alte Karotte. Mit Pumps. Man sieht zwar aus wie ein lebender Füller, aber man trug das damals so. Dann noch schön den Pony hochtoupieren und rauf auf die Tanzfläche. Glitzer auf dem T-Shirt mit seitlichem Knoten in Hüfthöhe, den Pferdeschwanz ganz revolutionär oben links auf dem Kopf und das schöne lila Hemd mit Blümchenmuster. Hawaii geht auch. Hauptsache, es passt noch.

Wahrscheinlich lacht sich die Jugend von heute auch schon über meinen üblichen Jeansundpulli-Look kaputt. Obwohl, wenn ich mir die Kiddies heute so angucke...die sehen genauso beknackt aus, wie wir damals. Die sollen sich das Lachen mal schön verkneifen.

Mittwoch, November 26, 2008

Freitag, November 21, 2008

So lange die dicke Frau noch singt....

Eines sei kurz vorweggenommen, nur für den Fall, dass es in diesem Jahr wider Erwarten nicht mehr passieren sollte: Als ich eben aus dem Fenster schaute, segelten dicke weisse schöne Schneeflocken zur Erde. Diese Sorte Schneeflocken, die einen wohlig schauern und ein Feuer in der Ecke des Zimmers anzünden lässt. Ich hatte meinen Vermietern schließlich gesagt, dass ich den Kachelofen behalten will...Wer nicht hören will, nichwahr?

Na gut, in Anbetracht der Tageszeit, in welcher Kaminfeuer höchstens praktisch, aber nicht behaglich sind, da die Unbillen des Arbeitstages noch vor mir liegen, verzichte ich ausnahmsweise darauf, meine Wohnung anzuzünden und erzähle, was ich eigentlich erzählen wollte. Heute gehts um Kultur.

Die an mir geleistete Erziehung hat durchaus dazu geführt, dass ich Kultur auch in frühen Jahren schon nicht nur für einen Ort hielt, an dem man Zahnbürsten aufbewahrt. Da die Annährung an Kunst und Kultur in einer sehr freiwillig gestalteten Art und Weise geschah, habe ich lernen dürfen etwas auch blöde zu finden, selbst wenn die gesamte Öffentlichkeit den Atem anhält. Den Film "Babel" zum Beispiel. Gott war der blöde. Selten so einen beknackten Film gesehen. Auch wenn man mir hinterher erklärte, dass ich ihn überhaupt niemals synchronisiert schauen dürfte, weil grad dieser Sprachwechsel Mexikanisch, Japanisch, Englisch, und dass grad dieses globale Sprachwirrwar die Tiefe des Filmes...super.

Das geht mir dann aber mit jedem unsynchronisierten Film so. Wenn die Babel-Gutfinder "Adams Äpfel" im Original gucken, haben sie nicht nur lustige Bilder, sondern den gleichen Babel-Effekt. Wenn sie nicht grad der dänischen Sprache mächtig sind. Und sie dürfen zumindest eine Handlung verfolgen, welche...

Aber auf Filme wollte ich gar nicht. Ich hab mich nur hinreissen lassen. Ich war doch grad bei dem Thema "Kultur auch mal blöde finden dürfen". Mancher Kultur spreche ich, selbst wenn ich für mich entscheide, dem nichts abgewinnen zu können, den Status überhaupt nicht ab. Karl Valentin zum Beispiel. Seit Kindertagen unter "kulturell wertvoll und ausserdem witzig" gespeichert, habe ich mich tatsächlich einmal mit Karten versorgt und durch einen Karl-Valentin-Abend gelangweilt. Seitdem weiss ich, dass der Bayer und die Hamburgensie keine Freunde fürs Leben wären, würden wir uns kennen. Aber seine Zitate - vereinzelt - verehre ich dennoch. "Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut"..... allein für diesen Satz liebe ich ihn aus der Ferne.

Ich latsche immer wieder mal ins Museum, um mich abwechselnd anöden und begeistern zu lassen, ich renne verhälnismässig regelmäßig in ein bestimmtes Theater, in welchem ich bisher jedes Mal in der Pause kopfschüttelnd die Vorstellung verlassen habe. Es kann ja mal was gutes kommen. Vielleicht hätte ich mich in diesem Jahr zum Weihnachtsmärchen anmelden sollen. Das hätte mir vielleicht gefallen. Auch dort.

Ich gehe zu Lesungen mit Kammerkonzertbegleitung und ohne Kammerkonzert, dafür mit Kaffeeduft und selbstgebackenem Kuchen, ich besuche Liederabende von Schubert, gehe in Kirchenkonzerte und bin auch ein Musicalgernhörer. Was bisher immer ein wenig auf der Strecke blieb, war die Oper.

Natürlich sass ich als Kind auch mit glühenden Augen in der Zauberflöte für Blagen und war hin- und weg. Natürlich entschied ich als Erwachsene, unbedingt diese Zauberflöte wiedersehen zu wollen. Und natürlich geriet ich in eine Inszenierung, die eher "modern" überhaupt keinen Erkennungswert für die Optik bot und mich daher in die Schmollecke schob. Die Tatsache, dass es sich um eine Open-Air-Oper im strömenden Regen handelte, die so viel kostete wie ein Mittelklassewagen und einen Service bot wie eine Jugendherberge, half auch nicht grade, mir "Opern sind toll-Aussagen" zu entlocken. Gut, die Musik war hübsch. Aber die kann ich auch auf CD.

Opern fielen also weiterhin aus. Zugegebenermaßen verfolgte mich auch eine Angst vor Sopranarien. Das kann ganz schön schlimm sein. Männergesang, meinetwegen auch bis Tenor hoch, finde ich sehr schön, schreiende Frauen legten nach meiner Meinung einen so dermaßen unangenehmen Steptanz auf meiner Ohrschnecke hin, dass ich das auch gern umging.

In der letzten Woche war es dann mal wieder Zeit für einen Test. Denn genauso, wie in in regelmäßigen Abständen die Dinge esse, die ich ums verrecken nicht abkann (Leber, Dosenmais, Milchreis), weil es sein kann, dass der Körper sich mit einem Mal entscheidet, die Vorlieben auf diese zunächst verschmähten Gerichte auszubreiten (Sauerbraten, Birnen Bohnen und Speck, Königsberger Klopse), muss man auch mal andere Abneigungen ausprobieren um sich zu bestätigen oder überraschen zu lassen.

Die Einladung in die Oper kam mir da gerade Recht. Turandot sollte es geben, die Oper, mit der der Telekomheini Paul Potts seinen Durchbruch geschafft hat, und diese Einladung hieß "Oper mit Rotwein und Käsestullen". Ich brachte die Käsestullen, mein Begleiter den Wein. Nun ist die Vorstellung sehr witzig, im Parkett der Hamburger Staatsoper seinen Picknickkorb auszupacken und Limburgerschnitten zu mampfen, um dann Anfeindungen und gerümpften Nasen mit hochgezogener Stirn und dem vorwurfsvollem Hinweis, doch nicht in die Vorstellung zu quatschen, zu begegnen. Doch mein Begeleiter soll seinen Job in der Oper gerne behalten, weswegen wir eine etwas abgeschiedenere Basis aufsuchten, wo wir nach Herzenslust rumstinken und Budnikowski-Wein trinken konnten.

Hoch oben über dem Parkett waren für uns diese Raumschiffsessel reserviert, in welchen sonst Beleuchter mit Spots die Sänger auf der Bühne verfolgen. Die Idee, diverse Knöpfe auszuprobieren, wurde im Keim erstickt mit "die gehen jetzt nicht" und so hatte ich Gelegenheit, die gesamte Turandot anzuschauen, ohne vorher rauszufliegen.

Was soll ich sagen. Es schmeckte. Sogar als die dicke Frau schrie, war ich immer noch ganz angetan und bewegt. Diesen Blödarsch der da seinen Vater draufgehen und die Sklavin totfoltern lässt für so ne blöde Prinzessinenbraut, hätte ich zwar gern mal in die Finger bekommen, aber im großen und ganzen hat es mir hervorragend gefallen. Ich könnte mir fast vorstellen, öfter in die Oper zu gehen.

Hab ich schon mal gesagt, dass ich alt werde? Ich habe schon total Angst vor dem Moment, wo ich anfange Kittelschürzen gutzufinden und Bauernmalerei. Oder Andrea Berg. Aber egal wie alt ich werde und was ich alles noch so gutfinden werde, so lange die dicke Frau noch schreit, ist die Oper noch nicht zu Ende.

Donnerstag, November 13, 2008

Duschen

Gibt es eigentlich auch Frauen, die sich im Rahmen der Morgentoilette am Ende kalt abduschen? Als ich eben mal wieder nach einer Viertelstunde gemütlichen Tropenregens das Wasser erneut etwas heisser stellte, damit ich auch ja nicht anfange zu frieren, erschien mir die Idee, dieses wohlige Gefühl durch einen Schwall Kaltwasser zu beenden, ziemlich bescheuert.

Männer machen das, hab ich mir sagen lassen. Aber Männer müssen ja auch, solange die Emanzipation deren Köpfe noch nicht völlig verkäst hat, evolutionär ein wenig kerlig daherkommen. Dazu gehört eben auch, sich mit nacktem Oberkörper im Schnee waschen, Bären mit der blossen Hand töten und der gesunde Kneippschwall nach der heissen Dusche. Ich da durchaus für. Ein Mann sollte durchaus ein Forum haben, in welchem er Mann sein darf. Und wenn es nur die Dusche ist.

Die sehr unterschiedlichen Duschstile von Männern und Frauen decken sich übrigens mit den ebenso unterschiedlichen Kommunikationsstilen. Während Frauen kommunizieren, um Beziehungen herzustellen, um eine mentale Behaglichkeit aufzubauen, um soziale Strukturen und warmes menschliches Miteinander zu fördern, kommunizieren Männer, um ihren Status kundzutun. Ich bin größerhärterschnellerbesser. Und so wird auch geduscht. Männer duschen um sich zu säubern und schnell wieder dem täglichen Kampf zur Verfügung zu stehen, Frauen duschen um sich aufzuwärmen.

Ich persönlich bin gar nicht so sehr dafür, viel Wasser zu verschwenden, aber das geht leider nicht anders. Natürlich habe ich auch schon mal gedacht: "Hey Bine, reinsteigen, nassmachen, Wasser aus, einseifen, Wasser an, abduschen, raus." Aber genausowenig, wie der knappe Telegrammstil im kommunikativen Bereich mir entspricht, habe ich dieses Vorhaben umsetzen können. Ich war schließlich nicht bei der Bundeswehr, wo einem übrigens beigebracht wird, sich nach der körperlichen Säuberung mit einem waschlappengroßen Stück irgendwas ökonomisch und hygienisch sinnvoll von oben nach unten abzutrocknen.

Ich steige in die Duschwanne und verbringe die erste Minute damit, in eine Ecke gepresst, den Duschkopf auf die andere Seite gerichtet, das kalte Wasser abzuwarten, was zuerst aus dem Schlauch kommt. Die nächsten fünf Minuten justiere ich das Wasser minütlich ein wenig heisser und treibe damit meine Körpertemperatur in erträgliche Höhen. Dann nehme ich so einen Plastikwuschel und tränke den in wohlriechendem Duschgel und widme mich dann ausgiebigem Geschrubbe. Danach stehe ich wieder ungefähr drei Minuten regungslos unter dem Heisswasser.
Dann erst wird der Kopf nassgemacht, der bisher ausgespart wurde. Es folgen Shampoonierung, Spülung, vielleicht noch Conditioner oder Kur. Mit Einwirkzeit. Das Wasser läuft weiter. Bin ich froh, dass mein Heisswasser unendlich ist.

Kurz bevor ich den Hahn abdrehe, bekomme ich schon furchtbare Vorahnungen. Dieser kurze Moment, den es braucht, bis ich den bereitliegenden Bademantel, den ich statt Waschlappenabtrockhilfe nutze, gegriffen habe und reingeschlüpft bin, muss ich nämlich frieren. Und ich bekomme schlechte Laune wenn das zu lange dauert. So geht mir das auch mit allzu kühler Kommunikation.

Das einzige, was ich mittels Kommunikation noch nicht hinbekomme habe, sind die Schrumpelfinger. Aber ich fürchte, da muss ich nur noch ein paar Jahre warten und kräftig weiterduschen. Demnächst beende ich nämlich schon das achtunddreissigste Lebensjahr und die Frisöse zog letztens das erste weisse Haar aus meinem Blondschopf. Da sind die Runzeln nicht mehr fern. Mit ausreichend Zeit kann man sich alles einreden.

Dienstag, November 04, 2008

Logikproblem

Heute ist die Verhandlung von dem Steinevonderautobahnbrückeschmeisser, bei dessen Wurf eine junge Frau ums Leben kam. Eben im Radio hörte ich diesen Satz:

"...er ist drogenabhängig. Was ist, wenn sich herausstellen sollte, dass er zum Zeitpunkt der Tat Drogen genommen hat und nicht schuldfähig war..."

Moment, nicht schuldfähig? Hallo? Wenn ich nüchtern entscheide, mir Drogen zuzuführen, von denen allgemein bekannt ist, dass sie lustige Wirkungen haben, dann nehme ich das, was ich im Zustand der geistigen Abwesenheit produziere, doch billigend und zustimmend in Kauf.

Oder nicht?

Bild dir eine Meinung

Wer in den letzten vier Tagen meine Wohnung betrat, musste sich durch Riesenberge von Klamotten wühlen, die ich mit panischem, leicht abwesendem Blick, kaltschweissigem Antlitz und mittels der wie zum Angriff gezückten Kreditkarte in meinen Besitz brachte, dann tütenweise nach Hause schleppte, um anscheinend damit nicht mich an- sondern meine Höhle auszukleiden.

Ganz so war es natürlich nicht. Nur die Hälfte der völlig nutzlosen Klamotten sind neu. Die andere Hälfte, die hier großflächig im Eß- und Wohnzimmer verteilt ist, gehörte eh schon mir. Und natürlich reicht mir für meine kleine behagliche Höhle meine Leopardenmusterpuscheldecke (irgendwo in diesem Blog erwähnte ich schon einemal eine Tendenz zu abwesendem Geschmack).

Was kann einen also noch dazu bringen, die eigene Wohnung schlimmer aussehen zu lassen als einen Shop von H&M oder Zara? Genau. Es war mal wieder soweit für: Sowas.

Der November ist nun traditionell nicht unbedingt der Wonnemonat für romantische Hochzeiten in Tütü, hektische Klamottenkäufe unter Umgehung der Stirnlappen sind aber auch bei anderen Gelegenheiten denkbar. Zum Beispiel, wenn man gebeten wird, mit einer Freundin auf einem Hanseatenabend auf dem Süllberg Häppchen zu essen und Sekt zu trinken. Tütü war also nicht wirklich angesagt, sondern dunkelblau mit Goldknopf. Für die Herren.

Nach zwei Tagen Shoppingautismus hatte ich ungefähr tausend Euro ausgegeben für Mist und eine Bluse, die ich tatsächlich zu der Hose, die ich damals zur Hochzeit kaufte, anzog. Schlicht, hanseatisch, schick. Und die ganze Panik mal wieder fürn Arsch, der dann zum Glück kurz vorm mentalen Supergau entschied, doch in ebendiese superteure beige Hose zu passen, die ich vor zwei Jahren kaufte, als ich meine Füße verlor.

Ich muss einfach öfter "für gut" weggehen, dann bin ich vorher nicht immer so aufgeregt. Also Jungs, ich lass mich gern einladen. Dafür trag ich dann auch mal Schuhe mit Hacken. Vielleicht sogar die, die den Mittelpunkt meiner Frustkäufe bilden. Ein Zehnzentimeterabsatzpeeptoegoldschläppsche mit einer Aufliegefläche im Hackenbereich von nicht mal einem halben Cent. Stellt Euch das mal vor. Gut, wenn ich die trage müsst ihr mich tragen, aber ich würde sie anziehen. Das ist ein büschn, wie einen Lastwagen auf rohe Eier stellen, aber ich hab sie gekauft, verdammt. Und ich krieg die nicht zurückgebracht, die waren nämlich runtergesetzt und ich nicht mehr Herr meiner Sinne.

Nun gut. Der gefürchtete Abend, auf dem diverse Damen und Herren, die sich um den Hafen Hamburg verdient gemacht haben, Medaillen verliehen bekamen von einer Zeitung, von der jeder behauptet, sie nicht zu lesen, ist vorbei und war viel entspannter als ich dachte. Es gab viel zu sehen, wobei ich, traditionell politisch uninteressiert, gerade mal den Herrn von Beust erkannte und mit etwas Nachhilfe von Flavia auch noch ihren Landesherrn, Herrn Carstensen.

Die ganz berühmten Leute, bei denen es sich lohnt, in ihren Hintern zu kriechen (schuldigung Herr von Beust), waren in der Menge leicht auszumachen, weil sich in locker gestrickter Formation dann und wann eine Klumpenbildung zeigte, wo aufgeregte Herren an den Lippen der Verehrten hingen, um ja keinen Einsatz zum Lachen über einen schlechten Witz zu verpassen. Ich kenn das ja aus der Bank.

Es waren Schauspieler da, die mich jetzt aber nicht so aufgeregt mit den Flügeln schlagen ließen, weil wir uns nämlich selbst eine davon mitgebracht hatten. Carlo von Tiedemann erzählte wirklich lustige Witze (Was sagt ein Wirt zu einem Schornsteinfeger? "Das geht aufs Haus" Haha), die aber keiner hören wollte, ich aß irgendwelches Fingerfood mit Sülze (gewöhnungsbedürftig), ohne Sülze (lecker) und mit Kohlensäure (bsssss). Gut, die trank ich. Trotzdem bsssss.

Schade war, dass die Verleihung der Medaille die ganzen Pfeffersäcke überhaupt nicht interessierte. Der Geräuschpegel im Raum war enorm, weil sich alle fröhlich unterhielten und niemand die verzweifelt um Ruhe bittenden Laudatoren auch nur im Ansatz beachtete. Auch Herr von Beust nicht. Und der redet nicht leise. Als ich einem Herrn neben mir, den ich natürlich nicht kannte, zuraunte, dass Herr von Beust doch ziemlich ungehemmt laut in die Laudatio quatscht, was mit Höflichkeit nicht viel zu tun hätte, bekam ich ungefragt eine recht ausführliche Schilderung, wie sehr der Bürgermeister die Kultursenatorin, die auch grad neben uns stand, fördere, weil sie diese Förderung grad etwas nötig hätte, es wäre wohl ein wenig viel für sie.

Ach so. Na dann.

Die Hamburger Symphoniker, die ebenfalls anwesend waren, wurden genauso beachtet wie die Preisträger. Eigentlich wäre es sinnvoll gewesen, man hätte mit ein paar Fotografen die Preise im Hinterzimmer übergeben und die Gäste sich derweil im Saal betrinken lassen, um hinterher noch ein paar kompromittierende Fotos zu machen. Das nur mal als Vorschlag fürs nächste Mal.

Alles in allem hat mir der Abend gut gefallen. Ich schaue mir gern mal andere Kulturen an und mit dieser komme ich auch noch recht gut aus. Die Jungtiere sind nicht so meine Welt, Herren mit hochgeklappten rosa Poloshirtkragen und achtzehnjährige Blankeneser Eisenten mit Kostümchen und Perlenkettchen. Aber die etwas gesetztere Generation dieser Gattung könnte ich mit nach Hause nehmen und mich die ganze Zeit daran erfreuen.

Und jetzt sammel ich meinen Klamottenberg zusammen, stopfe ihn unten in den Kleiderschrank, damit ich ihn nicht mehr sehen muss, und überlege, wie ich die Insiderinformationen über diverse Vorstandsvorsitzende von Firmen, die ich nicht näher bezeichnen werde, anbringe. Pfeffersäcke sind nämlich genau so normale Lästermäuler wie alle anderen auch. Und ich konnte schon immer gut zuhören. Auch wenn ich nur die Hälfte verstehe.

Mittwoch, Oktober 29, 2008

Kälber sind kein Fisch

Wer dachte, nach Schulschluss ist das mit Lernen vorbei, hat sich im besten Fall geirrt. Man kann während ein paar netten Abendessen mit Freunden allein schon so viel lernen, dass sich das Aufstehen selbst dann morgens lohnt, wenn der Job einem keinen Spaß macht und die Frau auf gepackten Koffern an der Haustür sitzt und auf das Taxi zu ihrem neuen Lover wartet.

Mein Job macht natürlich Spaß. Haaallooo, mein Job macht mir Spass. Alles in Ordnung. Superjob. Ich habe auch so keine Probleme mit dem Aufstehen. Ich weiss sogar, wie sich unsere Zentrale Personalabteilung seit neuestem nennt: Zätt-äitsch-aaaaahr. Zentrale hjuumään Riessooooohrsiss in ausgeschrieben. Damit die Kollegen und Kunden in Usbekistan, der Antarktis und am Amazonas auch etwas damit anfangen können. "Personalabteilung" klingt ja doch ein wenig sehr deutsch. Meinetwegen. Warum man allerdings nur das Äitschaaahr globalisiert hat und nicht die Zentrale...darüber mögen sich klügere Köpfe streiten, ich amüsiere mich nur.

Ach so, nein, nicht amüsieren, nicht schlecht Aufstehen, guter Job, Traumjob. Nur für den Fall, dass mein Arbeitgeber dieses Blog längst entdeckt hat und mir aufgrund meiner Aussagen hier im Zuge irgendwelcher Restrukturierungsideen irgendwann anbietet, zukünftig noch länger schlafen zu dürfen, weil ich hier immer öffentlich rummotz. Das möchte ich nicht. Dann hätte ich zwar viel Zeit zum bloggen, ich wüsste aber nicht mehr, was.

Ich hätte nämlich kein Geld mehr, um solche Abende zu erleben wie die letzten beiden, wo ich in Gesellschaft lieber Personen viel lernte, was ich hier jetzt schreiben kann. Ich würde nichts mehr erleben und nur noch apathisch Kalenderstriche in die Raufaser ritzen, auf mich selbst starren und meine Hirnatrophie beobachten. Und mir fiele nicht mehr ein, was Atrophie ist. Schlimm. Wahrscheinlich wüsche ich mich nicht mehr und äße nur noch Hering in Tomatensosse aus der Dose vorm Fernseher. Mit der Hand.

Apropos "Heringe" und "mit der Hand". "Heringe pfeifen beim Sex", wurde mir Montag abend beigebracht. Ich gebe diese Aussage jetzt einfach mal so ungeprüft weiter. So, wie Bauarbeiter einer Frau hinterherpfeifen und früher beim Danz op de Deel die Burschen am Tresen ihren Maiden an der Sektbar zupfoffen, dass sie sich nun zur Kopulationsvorbereitung auf der Tanzfläche treffen mögen, so pfeift so ein Hering seiner Angebeteten zu, dass sie sich auch gleich auf der Tanzfläche der Paarung mit ihm treffen möge. Hübsch ne? Da stelle ich mir direkt einen riesengroßen Schwarm Heringsrüden vor und davor ein total verwirrtes und fast taubes Weibchen, was sich nicht entscheiden kann. Wie im richtigen Leben. Wenn alles laut ist ringsherum, haben die zarten Zwischentöne einzelner Herren keine Chance mehr, erhört zu werden. Haben Heringsweibchen eigentlich Ohren? Nein? Na, dann ist ja Wurst.

Wurst. Wurst macht man nicht aus Fisch. Zumindest habe ich noch nie eine Fischwurst gegessen. Wurst macht man aus Säugetieren. Aber es gibt, abgesehen von der Präsentation im Darm, noch andere kulinarische Unterschiede. Wie ich gestern lernte, sind Säugetierbacken nicht gleichzusetzen mit Fischbacken. Fischbacken sind nämlich eine zarte und leckere Angelegenheit. Wenn der Karpfen schön dicke Backen macht, kann das wohl schmecken.

Das hatte ich im Sinn, als ich gestern im Schatto Pauli Kalbsbacken orderte. Kalbsbäckchen um genau zu sein. Das klang süß und zart und lecker und ich wollte es esen. Auch wenn ich jetzt bestimmt für meine Tierkinderbestellung gesteinigt werde von allen Achwiesüsssagern. Das Tier war eh schon tot, weil meine Begleitung von Montag schon seine Leber aß.

Als die Backen kamen, sah das ganze auch noch superlecker aus. Die machen schon ganz schmackhaftes Essen da im Schatto. Als ich mir aber den ersten Bissen in den Mund schob, war ich leicht irritiert, weils wabbelte. Fettwabbeln möchte ich selten essen. Ich begutachtete das Fleisch näher und stellte zu meiner Unfreude fest, dass es auch nicht möglich war, das Gefettel einfach abzuschneiden, weil es sich, wie marmoriert, durch die gesamten Stücke zog. Für Fettliebhaber ist das bestimmt der Himmel auf Erden. Wer meine Urlaubsfotos gesehen hat, weiss aber, dass ich davon momentan wirklich selbst genug hab. Ich muss das nicht auch noch essen.

Was macht eine Frau in einer solchen Situation? Man preist das Essen dem Begleiter an, macht ihm den Mund wässerig und schlägt ihm, wenn er lobt und preist, vor, die Essen doch zu tauschen, wenn es ihm doch so gut schmeckt. Ich habs probiert, wurde aber schon im Ansatz aus dem Rennen geworfen, weil der Herr meinte: "Na gut, ich probier mal, aber ich mag dieses fettige Zeug eigentlich nicht so gern. Ich hab mich schon gewundert, dass du das bestellst. Erinnerst du dich noch an das Grünkohlessen, als ich die Schweinebacke mitbrachte, das fandest du doch megaeklig...." Da konnte ich zwar noch ein wenig auf meinen Begleiter einschimpfen, dass er mich da nicht früher dran erinnerte, mein Essen musste ich aber selbst hinter mich bringen.

Zum Trost bekam ich die Hälfte von seinem Bratapfel, was uns zum nächsten Lernstoff des Abends führte. Nach Kindeszeugung und Hausbau muss sich der Begleiter von gestern nämlich ernsthafte Gedanken machen, welchen Apfelbaum er in seinen Garten pflanzt. Das ist wohl gar nicht so einfach, gibt es doch tausend Sorten, welche die Entscheidungsfreudigkeit auf eine lange Probe stellen. Zum Glück zählte er mir nicht alle möglichen Sorten auf. Nur ein paar. Unter anderem die Sorte "Stina Lohmann". Die Namensgeberin dieser Frucht war sozusagen eine Mutter Theresa in Apfel. Die Bertha Keyer der Streuobstwiese. Der Engel von Kellinghusen.

Weil sie ihre Äpfel großherzig mit der hungernden Bevölkerung teilte, wurde die Sorte nach ihr benannt. Und Frau Keyser, der Engel von Sankt Pauli, bekam nur so einen blöden Versicherungshansel als Namenspaten.

Das Apfelproblem wurde natürlich nicht mehr gelöst, aber ich habe wieder viel gelernt dank meines großherzigen Arbeitgebers.

Das musste halt mal gesagt sein.

Donnerstag, Oktober 23, 2008

Haare auf den Zähnen?

Es gibt ja kaum einen Platz auf der Welt, wo ich bescheuerter aussehe, als beim Frisör. Mit nassem angeklatschtem Haar und einem schwarzen Umhang, der - mit Recht - nicht in meinen Farbtafeln auftauchen würde, wenn ich welche hätte, sehe ich ein wenig aus, wie eine drei Wochen alte Wasserleiche. Ein Kalkeimer mit Termin zum waschenschneidenföhnen.

Ich bin sehr froh, dass hochgeschlossene schwarze Umhänge kein "must have" in deutschen Kleiderschränken sind. Allerdings besitze ich auch kein Twinset. Und die sollen angeblich dazugehören. Und Etuikleider. Die hab ich auch nicht. Naja. Man muss ja nicht jeden Scheiss mitmachen. Zurück zum Frisör.

Durch das helle Licht und die so wundervoll ausgeleuchteten Umkleidekabinenspiegel sieht mein Gesicht immer blass, bläulich verädert und verquollen aus. Und ich glaube, jeder sieht unter der Schere aus wie ein ein Hund, den man badet. Resignation pur.

Und das hat ja auch System. Der Moment, wo die Frisette einen aus der Zwangsjacke befreit und man seine Haarpracht aus etwas grösserer Entfernung im Zusammenspiel mit normaler Kleidung betrachtet, sieht es immer um achthundert Prozent besser aus, als im Werden. Die Erleichterung darüber, sich nicht mehr die ganze Zeit im Spiegel selbst betrachten zu müssen, löst - zumindest bei mir - einen Fluchtreflex aus. Ich zahle und verlasse schnellstmöglich den Laden. Froh, davongekommen zu sein, froh, schöne Haare zu haben.

Und zu Hause kommt dann das böse Erwachen, so eines in der Geschichte vorgesehen ist. Wie einst, als ich die Haare dunkler tönen lassen wollte und erst zu Hause feststellte, dass die Pracht bei Tageslicht nicht dunkelblond war, sondern den Charme einer Karotte hatte. Es wandelte sich im Lauf der nächsten Wochen Richtung "Fuchs" und ich hatte viel Spaß mit dem Mimikspiel derer, die in Gedanken schnell diverse mögliche Reaktionen durchprobierten. Von "was ist Dir denn passiert" zu "oh, äh, hübsch".

Doch nicht dass Ihr glaubt, ich wäre beim Frisör gewesen. Das sollte ich vielleicht mal wieder, ich kann es mir nur nicht mehr leisten. Seit einiger Zeit überweise ich mein Gehalt nämlich an meinen Zahnarzt, wofür er mir bis heute schon zwei schöne neue Implantate in den Kiefer fräste. Gestern wurden die Kronen darauf endgültig einzementiert. Und in zwei Wochen erfreuen wir uns dann mit der Produktion diverser Teilkronen.

Auf einem Zahnarztstuhl falle ich - genauso wie beim Frisör - in eine leichten katatonen Sperrungszustand und lasse mir gottergeben Löcher hinein- und hinausbohren und meine Mundwinkel kaputtreissen. Nützt ja nix. Es tut weh, aber nicht hingehen tut weher (Hundeblick aus der Badewanne).

Ich habe Angst, ich verspanne, ich muss ständig nervöses Pipi und gebe mich gezwungen fröhlich vor lauter Nervosität. Und dennoch gehe ich gerne hin, denn ich freue mich, dass ich beim Dentisten nicht gezwungen werde, die ganze Zeit in einen Spiegel zu starren. Gestern fühlte ich mich mit fünfzehn Wattebäuschen im Mund, und zwei herausragenden Bäuschen zum draufbeissen, ein wenig wie ein Warzenschwein. Ich sehe davon ab, das Foto, welches ich aus Interesse von mir machte, hier einzustellen. Ich sehe sogar davon ab, es irgendwo zu stellen. Ich habe es direkt wieder gelöscht und den Dauerauftrag an den Zahnarzt erhöht, damit er den Mund hält.

Falls mal wieder Loriotaufführungen stattfinden, ich mach dann den Vic Dorn. Ich weiß jetzt, wie das geht.

Hauptsache, ich kann auch morgen noch kraftvoll zubeissen.

Montag, Oktober 20, 2008

Alte Socke

Der Herbst braucht Tee, Kerzenschein, Fahrstuhlmusik und Puschelsocken. Ich hatte schon einmal kurz angerissen, dass ich mit den Fußhüllen harmonische Probleme hatte. Diese sind mittlerweile zur Zufriedenheit, also zu meiner und sicher auch zu der der Socken, ausgesöhnt. Wir kommen hervorragend miteinander zurecht, seitdem ich sie einfach falschrum trage. Mit der dicken Nahtwurst nach aussen. Und das Puschelige nach innen. Da rubbelt nichts mehr nervenzehrend auf dem Zeh. Natürlich sieht das nur noch noch halb so gemütlich aus, aber ich starr mir ja auch nicht ständig auf die Füße und möchte das auch sonst niemandem nahelegen.

Dabei fällt mir ein, dass ich wohl langsam das Alter erreicht haben sollte, in dem ich hier zu Hause meine Einzelsocken auftragen darf. Davon habe ich schon mindestens vierzig und ich traue mich nicht, sie wegzuwerfen, weil ich immer noch daran glaube, dass die Gegenstücke wie durch ein Wunder wieder auftauchen. Einige dieser Unikate schleppe ich schon über fünfzehn Jahre und über mindestens acht Umzüge mit mir herum. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Eine gute Möglichkeit wäre vielleicht eine Sockenparty. Man lade alle ehemaligen WG- und Lebenspartner ein, mit ihren Einzelsocken vorbeizukommen, um nach Übereinstimmungen zu suchen. Bei gemeinschaftlich genutzten Waschmaschinen kann es ja schon den einen oder anderen Überläufer geben. Damit die Diskussionen, wem denn jetzt eigentlich das wieder zusammengeführte Paar ursprünglich gehörte, reizvoller werden, könnte man die Party mit ordentlich Eierpunsch und Grog und Glühwein unterlegen.

Mitgeführte Kinder würden aus den übriggebliebenen Socken Fu`s basteln und man könnte Wetten abschließen, wie viele Socken man übereinander anziehen kann, Torwandwerfen mit Sockenbällen wäre eine Möglichkeit des Zeitvertreibs und man könnte aus den Resten Adventskalender basteln und sich gegenseitig beschenken. Was für eine Idee. Ich werde darüber noch ein wenig meditieren.

Zurück zum Alter, zum Herbst und dazu, was die Einzelsocken damit zu tun haben.

Ich verfolge die Theorie, dass es bestimmte Verhaltensweisen von Menschen gibt, die mit dem Alter in direktem Zusammenhang stehen. Einer Zwanzigjährigen ist Rotwein völlig piepe, während ein Dreissigjähriger anfängt, Halbwissen über Rebensorten in die Welt zu posaunen und sich teuren Wein von italienischen Weingütern bestellt. Ich weiß, wovon ich rede. Ich habe auch einst behauptet, einen Merlot erkenne ich mit verbundenen Augen.

Mit vierzig beginnen die Leute Golf zu spielen, mit fünfzig unterhalten sie sich in erster Linie über das Essen (Wie war der Urlaub? Oh, super, so ein gutes Seelachsfilet hatte ich noch nie), mit sechzig drehen sich die Unterhaltungen um körperliche Gebrechen und mit siebzig fangen die Männer spätestens an, braune Ledersandalen mit Socken zu tragen.

Was einem Zwanzigjährigen noch als absolutes no go erscheint, Vollbart, Haushaltskittel, nachmittägliche Kuchentafel, Spazierengehen, Sauerbraten und Eierlikör, erscheint einer fast Vierzigjährigen nicht mehr ganz so weit weg. Ich persönlich habe zwar noch Schwierigkeiten mit dem Vollbart, dieses Problem löst sich dann vielleicht irgendwann hormonell, und Haushaltskittel trage ich auch selten....obwohl...


Ausnahmen bestätigen die Regel.

Mit zwanzig wäre ich niemals auf die Idee gekommen, mit Absicht unterschiedliche Socken zu tragen. Wer weiss, was mir in zwei Jahren alles einfällt. Dann werd ich vierzig. Ob ich mir dann ein praktisches Permanentmakeup zulege oder in den unterschiedlichen Socken auch auf die Strasse gehe....wir werden sehen. Langweilig wirds sicher nicht.

Donnerstag, Oktober 16, 2008

Mannomann

Die Emanzipation zwischen Frau und Mann schreitet ja weiterhin mit Siebenmeilenstiefeln voran. Frauen verdienen schon mehr als früher, zwar oft noch nicht so viel, wie ihre männlichen Kollegen, aber sie arbeiten sich darauf zu. Das Rollenverhalten im Haushalt ist aufgebrochen. Immer mehr Männer gehen in Elternzeit und kümmern sich selbst um ihre Brut. Und sie werden dafür nicht mehr ausgelacht.

Wenn ich nicht jemanden dafür bezahlen würde, meine Wasserkisten hochzutragen, müsste ich das selbst machen, mir macht auch kaum einer die Tür auf oder zahlt mein Essen. Die Frauen von heute tragen den Müll runter und Männer von heute kochen das Abendessen. Sie schneiden anderen Männern die Haare, und Frauen auch, und betreiben ernsthaft Turniertanz als Hobby, ohne ihre Männlichkeit aufs Spiel zu setzen.

Obwohl...also, sie schneiden anderen Männern die Haare. Und danach machen wir, die Männlichkeit betreffend, mal einen Cut.

Auch sollten nach meinem Dafürhalten kräftig gebaute Männer mit dunklen Schnurrbärten und roten Hemden in Dauerwerbesendungen keine Porzellanpuppen anpreisen. Das habe ich aber auch erst einmal gesehen. Seidem muss ich immer lachen, wenn ich einen Mann mit Schnurrbart sehe.

Zurück zum Thema: Frauen tragen Hosen, Männer dürfen Röcke tragen. Sie sollten es zumindest nach der Meinung diverser Modeschöpfer jedes Jahr tun. Und zieren sich zu Recht. Ein Mann im Rock ist zwar nicht ganz so schlimm, wie mit rotem Hemd und Schnurrbart auf die entzückenden Muster auf dem Täschchen der Puppe hinzuweisen, welche sich - ganz zauberhaft - auch im Kleidchen wiederfinden, aber schon recht schlimm.

In echt habe ich bisher neben der althergebrachten Schottenrocksache eigentlich nur einen einzigen Mann gesehen, der einen Rock trug, nämlich den einundzwanzigjährigen angeheirateten Sohn einer Freundin, der dem Alter entsprechend "anders", nämlich "Gothik" ist. Aber das verwächst sich ja in der Regel. Nix für ungut, Daniel. Ach ja, und die Nachthemden meines Vaters, aber die zählen glaub ich nicht.

Na gut, aber alles in allem denkt man doch: Wow, da ist das mit der Emanzipation doch schon ganz schön weit, eigentlich ja fast schon durch. Die Ossiwessigeschlechterschranke ist langsam gefallen, wir sind alle gleich vor wem auch immer.... aber nein, meine Lieben, es gibt sie noch. Die hormonunabhängige reine Fraueninsel. Den Ort, den Lebensraum, in den sich kein Mann freiwillig wagen würde. Der einzige Ort, den der Mann an sich in seiner Gesamtheit als den schlimmsten Alptraum empfindet, zu dem seine zarte Seele in der Lage ist.

Ich spreche vom Body Shop.

Der Hang von Frauen zu Düften ist schon etwas okkupiert worden im Rahmen des Metrosexualismus. Kein Mann schämt sich mehr, bei Douglas zwei Stunden mit der Nase voran durch die Probeflaschen zu hangeln, Antifaltencremes for men und Haartönungen zu probieren. Aber dass sie ernsthaft in Erwägung ziehen könnten, sich selbst mit einer stark nach Mango duftenden Körperlotion einzucremen, um frisch wie ein Obstteller zur Arbeit zu fahren, kann ich mir noch nicht einmal in meinen kränkesten Phantasien vorstellen. Sollte sich doch ein Mann bereitfinden es zu wagen: Ich habe Proben von Mangocreme und würde den Probanden dann gerne ein wenig begleiten und erfassen, wie wohl es ihm als Paradiscreme so ergehen wird.

Ich schreibe übrigens grade aus einer göttlichen Wolke "Vanilla Spice", denn ich habe mich heute abend sehr großzügig damit einbalsamiert. Was für ein Duft. Er riecht nach Glück, nach Weihnachten, nach Winter, nach Weihnachtsbäckerei, nach hinlegen und träumen. Jawohl. Ich rieche sowas von lecker, ich habe mich grad verliebt. Selbst. Einer muss es ja tun.

Und warum lehnen Männer den Laden ab? Abgesehen davon, dass beim Betreten des Ladens deren Nebenköhlen kollabieren, gehts hier um natürliche Körperdüfte. Das, was wir analog den Analdrüsen der Moschusochsen aus anderen Körperdrüsen sekretieren, um dabei möglichen Paarungspartnern in einem kurzen Briefing aufzugeben, welche Gene wir denn so im Angebot haben. Für die Nachzucht ist es wichtig, sich zu beschnuppern. Damit da auch was gescheites bei rauskommt.

Und Männer wissen das auch. Männer sind ja Urtiere mit Trieben und diese Urtriebe möchten sich nicht mit einem Weihnachtskeks paaren. Das versteh ich ja irgendwie. Ich hätte auch keine Lust auf ein Kind mit einer Mango.

Doch ich wollte mich jetzt auch grade gar nicht paaren, sondern noch ein Becherchen warmen Sanddornsaft trinken und mich dabei ganz langsam bewegen, damit ich von der Wolke, die mich umgibt, möglichst viel selbst schnuppern kann.

Wusstet Ihr, dass Solitärbienen unter Naturschutz stehen?

Mittwoch, Oktober 15, 2008

Wieder etwas gelernt

Wenn man sich im Frisörfachhandel ein drecksteures Spray kauft, welches dafür sorgen soll, die Nutzerin nicht beim kleinsten Hauch von etwas Luftfeuchtigkeit aussehen zu lassen wie ein geplatztes Kissen, darf man nicht vergessen, dass sich in diesen Sprays Öl befindet. Jojojojoba nämlich. Egal wie, es ist Öl. Dieses kann bei falscher Anwendung zum Beispiel dazu führen, dass die Haare aussehen, als hätte man sie - wie es damals in meiner Schulzeit mal ganz kurz "in" war - mal so "richtig durchfetten lassen".

Das war heute morgen aber nicht mein Problem. Mein Haar wallt in genau der Art und Weise wie ich es wünschte. Aber: Wenn man so ein Spray im Flur auf Holzfußboden stehend anwendet, dann fällt natürlich auch etwas daneben. Und ihr dann möglicherweise auch. Öl auf Holz ist nämlich eine ziemlich rutschige Angelegenheit.

Zum Glück gibts hier keine Kameras.

Naja, hauptsache das Haar sitzt....auch.

Dienstag, Oktober 14, 2008

Bunt sind schon die Wälder

"Wann wirds mal wieder richtig Sommer? Ach, das war doch kein Sommer, was wir hatten. Ich muss unbedingt in die Sonne fliegen. Es hat doch nur geregnet. Na gut, ein paar schöne Tage". Aber ansonsten hat es immer nur geregnet, mach mir doch die schönen Erinnerungen an den einmal wieder überhaupt nicht gnädigen Sommer nicht mies." Ein merkwürdiges Phänomen ist ja, dass die Menschen, die sich den Sommer so wünschen, ihn gar nicht zur Kenntnis nehmen...wäre ich jetzt grad entsprechend gestimmt, könnte ich diesen Satz als Metapher aufgreifen und euch einen wundervollen Hausfrauenphilosophie-Exkurs hinlegen. Da hab ich jetzt aber keine Lust zu. Und Hausfrau bin ich auch nicht.

Zurück zum Wetter.

Ich könnte Euch gar nicht sagen, wie im Sommer das Wetter war. Es war warm, denn ich schwamm in Seen, ich wurde auch beileibe nicht bei jedem Spaziergang nass von oben. Und es war schön und Bine war braun. Aber das ist jetzt doch völlig egal, weil nun eine ganz wundervolle Jahreszeit vor der Tür steht. Neben dem Frühling, wenn es draussen anfängt nach Keimendem zu duften und die Vögel wieder lauter werden, ist der Herbst die schönste Jahreszeit.

Ich bin ein Winterkind. Während andere Leute ab Oktober spontan einschlafen sobald sie den Kühlschrank öffnen, fangen meine Lebensgeister grade erst an, sich warmzulaufen. Ab dem Moment, wo ich aus einem frühkindlichen Brauch heraus die erste Kastanie vom Bürgersteig aufhebe, und die ganze kalte Jahreszeit mit mir herumschleppe, bin ich in meinem Element.

Ich bestaune die Farbenpracht der Wälder mit Sprachlosigkeit, ich horte wie eine Geisteskranke Duftkerzen, Wolldecken, Tees in allen Variationen. Ich könnte täglich in die Sauna gehen, ich liebe Kohlgerichte und Braten, heißen Fliederbeersaft, Glühwein, ooooh Glühwein...ich gerate ins schwärmen. Endlich verschwinden diese kleinen mediterranen Gerichte vom Teller und es gibt wieder richtiges Essen. Bekommt ihr nicht auch einen gemütlichen Schauer nur bei dem Gedanken an Rotkohl?

Zu Hause, ich kanns ja gern verraten, trage ich meistens unförmige Sweatshirts, sogenannte Wellnesshosen und dicke Socken mit Streifen. Im Sommer auch. Aber im Winter ist es sinnvoller. Und hier kommen wir jetzt zu einem Punkt, der mir in der kalten Jahreszeit gar nicht gefällt. Diese Puschelsocken sehen so schön aus. So behaglich, ich steh auf behaglich. Sie sind weich und wuschig. Und da ich eine Heizung besitze, bin ich auch mal geneigt darüber hinwegzusehen, dass sie aus hundert Prozent Plastik sind, gar nicht wärmen und auch recht schnell stinken. Was ich aber überhaupt nicht verzeihen kann, ist, dass sich in diesen wundervollen weichen Socken vorne innen eine Naht in Zehenhöhe befindet, die dick und hart und wulstig ist und keine andere Aufgabe hat, als auf meinen empfindlichen Zehen zu rubbeln und mich zu nerven.

Das macht die Behaglichkeit kaputt. Da zerre ich irgendwann jammernd und zeternd die hübschen Ringelsockenpuschel vom Fuß, werfe sie von mir und bin den ganzen Abend beleidigt. Das will doch keiner.

Macht Socken ohne Nähte! Seid gut zu meinen Füßen. Das könnt ihr bestimmt. Plastik kann man doch schweißen.

Ach so, ich hab keine Badewanne. Wo darf ich?


Sonntag, Oktober 12, 2008

Anlauf

Ich spüre es in den Knochen. Zum einen wirds Herbst, bei mir als altem Winterkind erwachen langsam die Lebensgeister, und zum anderen ist die Blogpause jetzt auch lang genug gewesen.

Als Startup oder - wie man auf neudeutsch derzeit viel lieber sagt "Kickoff", dürft Ihr Euch Flavias und meine Urlaubserlebnisse auf Usedom anschauen.

Hier durfte ich nämlich als absatzweiser Gastwriter ein wenig herumschmieren, was mir deutlich zeigte, dass auch dieses arme verwaiste Blögchen wieder meiner Fürsorge bedarf. Oder andersrum? Wer weiß das schon.

Sonntag, Juni 08, 2008

Schämen se sich

Als ich jüngst in der Ubahn saß, fiel mein Blick auf einen dieser Werbeaufkleber, die etwas oberhalb der Kopfgrenze der Fahrgäste in den Fensterscheiben befestigt ist. Normalerweise hängen da Werbeblätter für Englischunterrichte, für bzw. gegen Schwarzfahren, Rückenschule und Berufsausbildungen. Manchmal geht’s auch um Gewichtsverlust. Aber das ist heute nicht mein Thema. Ausnahmsweise.

Ich schaute also kurz auf und blieb an dem Satz hängen: „Keine falsche Scham“. Weißcremiger Hintergrund und daneben das Bild eines etwas verschämt guckenden braunschöpfigen Frauenkopfes.

„Wie jetzt“, dachte ich. „Wieso schämt die sich denn jetzt? Die sieht doch ganz normal aus“. und dann sah ich den Grund für die Schämerei und ich kann den Gesichtsausdruck von ihr gut verstehen.

Mir wäre es auch ausnehmend unangenehm, für ein solches Plakat mein Konterfei hinzuhalten und dann womöglich noch von Passanten erkannt zu werden.

Außerdem lügt sie. Oder unterstreicht zumindest durch ihre bloße (nein, nicht nackt) Präsenz eine unrichtige Aussage. Wenn man sich nämlich untenrum rumschnippeln lässt, ist das hinterher sehr wohl eine falsche Scham. Und nicht keine

Dienstag, Juni 03, 2008

Kocherei unter Freunden

Ich(beobachtend, wie er mit dem Saucenlöffel das Curry auf den Teller häuft): Sag mal, hast du keine große Kelle?
Er: Doch, aber da hab ich jetzt keine Lust zu.
Ich: Ach so.

Samstag, Mai 24, 2008

Vogelvau

Die Bank bedankt sich für aufopferungsvolle Pflege in Verbindung mit nur maßvollem Vandalismus, indem sie mir ein Seminar schenkt, wo ich lernen soll, wie man redet. Nicht nur über andere, sondern mit anderen und das dann auch noch zielgerichtet. Dann hat das ein Ende mit dem Herumwerfen von Vagem an Vages. Und vielleicht erklärt mir der teure externe Trainer, der im übrigen vahrscheinlich nicht nur ein vahnsinnig charismatischer Motivationsanleiter ist, sondern auch Pilot, varum ich heute den Buchstaben "V" övter benutze als sonst. Er ist übrigens nicht nur wahrscheinlich Pilot, sondern in echt. Was dann auch den Hang zum Vogelvau erklärt. Das schreibt man nicht so? Is mir wurscht. Noch habe ich das Seminar nicht hinter mir.

Hinter mir habe ich aber seit langem mal wieder eine längere Zugfahrt. Gebucht war zwar der Dreieinhalbstundenzug von Hamburg nach Frankfurt, aber weils so schön war, hat Herr Mehdorn eine kleine Extraschleife über Rotenburg fahren lassen und mir so Gelegenheit gegeben, die Vorzüge von Züge noch eine halbe Stunde länger zu genießen. Und das hab ich dann auch tüchtig.

Gleich in Hamburg hätte ich das Kommunikationsseminar bereits brauchen können. Wenn man Freitag nachmittags nach Frankfurt fährt, ist der Zug nämlich voll. Übervoll. Überstvoll. Bis man überhaupt erstmal in den Zug eingestiegen ist, ist man bereits schwer verschwitzt und mindestens so genervt wie nach zwei Stunden Stau. Deshalb hatte ich reserviert. Und auf diesem, von mir reservierten Platz saß eine nette junge Frau.

"Hallo" sagte ich "nette junge Frau, Sie sitzen auf meinem Platz. Ich habe nämlich reserviert für zwei Euro. Und das steht jedem frei. Im Gegensatz zu diesem Platz. Der steht nur mir frei. Also, husch." Na,"husch" habe ich nicht gesagt. Das habe ich nur gedacht. Und sie lächelte ebenso freundlich zurück und sagte "Ich auch". Und tatsächlich. Sie auch. Also reserviert. Für diesen Platz. Solche Sätze kommen nach dem Superduperpilotenseminar hoffentlich auch nicht mehr vor.

Am Ende war ich froh, dass ich bis zum Erscheinen einer auch freundlichen Schaffnerin, fröhlich und freundlich blieb und nicht herumzeterte, dass die reizende junge Frau ihren Hintern gefälligst Siewissenschon. Ich hatte den Platz nämlich aus mir unerfindlichen Gründen für Donnerstag reserviert. Das war so schon peinlich genug. Lautes Herumtönen und dann im Unrecht sein, wäre dann auch noch zusätzlich außerordentlich schlecht fürs Karma und das allgemeine Ansehen. Dann hätte ich mich ganz schön geschämt hinterher.

Eine auch reizende junge Frau saß dann ab Kassel-Wilhelmshöhe wozu ich mir mal irgendwann folgenden Satz notierte" "Kassel-W. ist ein schlimmer Bahnhof. Ein wenig weniger schlimm als Bern, aber schlimm", neben mir. Diesen Satz habe ich ihr natürlich nicht gesagt. Und nach dem Kommunikationsseminar in der nächsten Woche, werde ich sowas auch hoffentlich nicht mehr denken. Aber weil ich dann ja mit Leuten reden soll und nicht nur über sie, würde ich ihr, säße sie auf der Rückfahrt wieder neben mir, sagen, dass sie aussieht wie ein katholisches Rapsfeld. Jungechristenunterwegsgesicht, runde Brille, lange braune glatte Haare im Zopf und dazu ein knallgelbes T-Shirt. Zum Glück roch sie nicht so, sondern angenehm. Also nicht wie ein Rapsfeld. Das stinkt nämlich. Christen riechen nicht schlechter als andere Leute auch. Glaube ich.

Höfliche Konversation beherrsche ich manchmal auch schon ohne Seminar, und diese pflegten wir dann auch ein wenig. Gerade als ich tönte, dass Zugfahren heutzutage nicht nur viel billiger sei als Autofahren und ausserdem viel ungefährlicher, raste der Zug durch eine Kurve und der rote Hartschalenkoffer von der Christin schoss, wahrscheinlich aufgrund schiefliegender Instabilität, aus der Gepäckablage wie ein Torpedo in den Großraumwagen. Zum Glück auf einen Platz wo niemand mehr saß. Da haben wir dann aber doch erst ein wenig geschluckt.

Murphy kommt, wenn man ihn ruft. Deswegen werde ich jetzt hier erstmal enden und gar nichts mehr sagen. Das Wochenende wollte ich nämlich noch streit- und unfallfrei mit Freunden verbringen.

Over.

Montag, Mai 19, 2008

Jamie Bond vs. Formel 1

Eben habe ich beim Computereinschalten dieses gelesen:

"Sex-Skandal um Mosley weitet sich aus: Agenten-Gattin soll Orgie inszeniert haben

Die Sexvideo-Affäre um FIA-Präsident Max Mosley kostete einen Geheimagenten bereits den Job. Jetzt werden unglaubliche Details bekannt."

Ich würde mal sagen, der MI5 ist auch nicht mehr das, was er mal war. Agenten-Gattin? Früher 007 und die Lizenz zum töten und jetzt "Agenten-Gattin"?

Laut den Aussagen des Geheimdienstes scheint es so zu sein, dass Geheimdienstagenten nicht nur terroristische Aktivitäten von den jetzt zu räumenden Schreibtischen aus beobachten dürfen, sie dürfen weiter heimlich Prostituierte heiraten, welche sich dann, Agentengattin allein zu Haus, der ganzen Agentengimmicks wie den kleinen Videokameras und so bedienen dürfen, um gänzlich in Eigenregie Formel-1-Chefs bei Nazibumsspielen zu filmen.

Da hatte Mutti wohl Langeweile, was? Wo hat sie die Filme eigentlich veröffentlicht? Bei Youtube? Passt bloß auf, wo eure Kinder surfen.

Natürlich hatte sie selbst mit dem Geheimdienst gar nichts zu tun. Und dieser dann natürlich auch nichts mit dem Rennfahrerporno. Die ganzen technischen Einzelheiten, die Ideen für ihre Filmchen und vor allem die Kontakte zu Menschen, die im öffentlichen Interesse stehen, hatte sie bestimmt aus einem Volkshochschulkurs "Stellungswechsel einmal anders für Nutten mit Karriereanbietionen". Frauen können ja ganz schön kreativ werden wenn sie sich mopsen. Heute noch töpfern und Haare färben und morgen schon Rennstallbesitzer in den Ruin treiben. Heissa.

Also Agentengattin. Wer sich nicht ständig rumlangweilen will, hat hier eine neue Möglichkeit. Da muss icih direkt mal drüber nachdenken. In der Bank wird ja schon wieder umstrukturiert. Was ist, wenn ich dieses Mal hintenüber und aus dem Job kippe. Da wär ich ja nicht die erste. Dann muss ich mir auch eine neue berufliche Erfüllung suchen. Liest hier zufällig irgendein langweiliger Schreibtisch-BND-Agent mit, der seine Ausrüstung aus aktiven Zeiten noch rumliegen hat? Wir sollten uns mal treffen.

Neinnein, ich möchte auf meine alten Tage nicht auf Prostitution umschulen und habe auch keine Lust auf berühmte Leute in meinem Bett...obwohl...nein, ich habe andere Qualitäten, welche meinen weiblichen Reizen, die ja täglich Alterungsprozessen unterworfen und somit nicht für eine ernsthafte Karriereplanung geeignet sind, weit überlegen sind: Ich kann besser lügen als der gesamte MI5 zusammen.

Das kann zwar jeder Fünfjährige, aber die dürfen noch nicht heiraten.

Ich such dann schon mal das alte Yps-Heft mit der Abhöranlage. Zum üben.

Mittwoch, Mai 14, 2008

Taub

Als ich noch jung war, musste man an jedem Wochenende die örtliche Disco aufsuchen und sich direkt neben den Boxen postieren, um sicherzustellen, dass man im Alter angemessen ertaubt. Heute, wo die Jugend ja nachweislich eher mit dem Arsch vorm Fernseher bleibt und säuft und pisat, könnte man annehmen, dass die Hörgeräteindustrie bald einen tiefen Einbruch erleiden wird.

Könnte man meinen. Wird es aber nicht. Heute ist es zur anständigen Vertaubung nämlich völlig ausreichend, einen Fernseher zu besitzen.

Bereits seit einiger Zeit sitzen irgendwo gehässige kleine Tontechniker und drehen an den Lautstärkereglern herum. "Hey" höre ich sie tönen "der Film ist dreckslangweilig, da schlafen die Zuschauer doch bei ein. Komm, wir spielen ein wenig Wagner und drehen die Werbepause als Paukenschlag noch ein wenig lauter als sie eh schon ist". Wer jetzt vor dem langweiligen Film schon sanft entschlummerte und dabei ist, selig träumend sein Kissen vollzusabbern, wird sich im nächsten Moment kauernd und zitternd in der Zimmerecke vorfinden, das Spuckekissen wie zur Verteidigung emporgereckt und sich wimmern hören "Jaaa, ich kauf ne Senseo. Auch wenn sie idiotischerweise sinnlich bis zum letzten Tropfen ist. Das will doch kein Mensch von einer Kaffeemaschine. Aber ja, ich machs, hör bitte auf zu schreien."

Und jetzt kommts, liebe Leute. Die machen das nun schon mitten im Film. Ich darf mittlerweile gar nicht mehr vor dem Fernseher einschlafen, weil ich kontinuierlich auf den Lautstärkereglern herumdrücken muss, damit ich nicht wegen Ruhestörung angezeigt werde.

Stellt euch vor, es gäbe keine Fernbedienung. Wie früher. Immer schön Kniebeuge vom Sofa hoch und ran ans Gerät, nur weil der Film, der eigentlich in einer angenehmen Lautstärke tönt, mit einem mal aufgrund einer Actionsequenz mit Musikgebrülle und kreischender Geräuschkulisse unterlegt ist, für die ich normalerweise meinen Nachbarn nette Zettel auf die Fussmatte legen würde, obs nicht etwas leiser geht. Wenn man jetzt das Kriegsgetümmel auf eine angemessene Größe zurückgestutzt hat, versteht man natürlich nicht mehr, was die Akteure sagen. Zack, wieder lauter. Und ich brauch alle drei Wochen neue Batterien für meine Fernbedienung. Da ist doch System hinter.

Wunderschöne Phantasien kann man da spinnen über Verschwörungstheorien und wahrscheinlich ist mein Fernseher einfach falsch eingestellt. Sagt mir bitte, dass das nur an meinem Gerät liegt und ihr dieses Problem nicht habt. Seht ihr meine Unterlippe zittern?

Bis dahin wäre ich übrigens dafür, dass an den heutigen Fernbedienungen so eine Handschlaufe angebracht wird, wie früher an den Herrenhandtäschchen. Ich habe sowas leider nicht. Also, falls irgendwer so ein Täschchen besitzt und na-tür-lich nie nutzt, darf er mir die Schlaufe übereignen. Dann muss ich nicht immer wie eine Irre durch die Wohnung, weil ich die Fernbedienung schon wieder in der Küche liegenlassen hab und hier im Wohnzimmer die Stampede rollt.

Vielen Dank.

Und jetzt noch kurz mein aktueller Lieblingsradiowerbesatz, bei dem ich jedes Mal überlege, ob ich wohl die Einzige bin, die dabei grammatikalisches Zahnweh bekommt:

"Als verantwortungsvolle Hausfrau kommt bei uns nur Gutfleisch auf den Tisch".

Das klingt wie ein schlecht gekürzter Bruch.

Mittwoch, Mai 07, 2008

72 qm Höllehöllehölle

Ich bin eine alte Schlampe. Offen und unumwunden gebe ich das zu. Werft ruhig mit Putzlumpen nach mir und Ata-Flaschen. Bei mir zu Hause sieht das in aller Regelmäßigkeit aus wie bei Hempels unterm Sofa. Und noch einen Zacken schlimmer.

Die Ordnung an sich ist sowieso schon ein gewagtes Thema für einen Schrankmessi wie mich. Hatten wir früher in der Küche EINE Wühlschublade, habe ich heute in der gesamten Wohnung ungefähr acht. Ich habe auch nur ungefähr acht Schubladen, welche immer genau das aufnehmen, was ich gerade in der Hand habe und verschwinden lassen möchte. Feste Plätze? Sind nur was für anal Fixierte. So lange ich mich daran erinnere, in welchen Schrank/welcher Lade/welcher Ecke ich den ganz kleinen Schraubenzieher gelegt habe, ist doch alles in Ordnung. Derzeit liegt er im Badezimmerschrank links auf dem untersten Fach ganz rechts. Warum? Weiß ich doch nicht.

Wenn ich mir überlege, wie viel Speicherplatz des Gehirns verbraucht wird, nur weil ich mir so einen Scheiß merken muss, wird mir ganz anders. Den Nobelpreis hätte ich längst haben können, wenn der Forschungsspeicher nicht damit belegt wäre, in welcher Reisetasche unterm Bett der Zettel vom Telefonanbieter liegt, wo der Code für die erstmalige Anmeldung im Internet draufsteht. Meine Büroführung lässt übrigens auch ein wenig zu wünschen übrig. Der Reisepass liegt übrigens im Schuhschrank. Nicht vergessen. Die Schuhe? Ach, fragt nicht.

Geputzt wird immer kurz bevor Besuch kommt. Also, kurz bevor ein Besuch kommt, dem auffallen würde, dass die Staubflusen sich gegenseitig per Feuerleiter auf das Fensterbrett hieven, um an der trüben Scheibe um Hilfe zu rufen. Ich kenne allerdings leider auch eine Menge Leute, die einen genauso scharfen Blick für dieses Thema haben wie ich. Da saug ich nicht, sondern puste nur schnell die größeren Staubflusen hinter die Tür.

Ich kann aber auch anders. In den Zeiten, in denen ich mit anderen Menschen eine Wohnung teilte, sei es als WG oder als Paar, war ich sittsam, ordentlich und sauber. Halt, WG bitte streichen. Da konnte ich es nicht oder es fiel nicht auf, weil meine Mitbewohnerinnen immer heimlich saugten. Außerdem liest hier wenigstens eine mit. Die würde mich hier ganz schön bloßstellen können. Naja, eigentlich auch nicht mehr als ich mich selbst.

Als treusorgende Lebensgefährtin konnte ich aber tatsächlich Dinge an vorbestimmte Plätze legen und mich auch den Staubflusen auf dem Boden so widmen, dass sie verschwanden. In der Zeit war das schon deswegen wichtig, weil dringend Speicherplatz benötigt wurde, um sich den ganzen Scheiss des Liebsten zu merken (wo ist mein Geldbeutel/Autoschlüssel/Hemd/Brille/Telefon etc.pp, was hab ich morgenübermorgennächstewochenächstesjahrumdreivor?). Außerdem muss man Punkte sammeln, damit man in diesen Diskussionen, in denen sich der Herr-wischt-großräumig-um-den-Toaster als Hygienefee aufspielte (Bine, wir haben wohl nicht das gleiche Sauberkeitsverständnis), genug Stoff hatte, um so lange blöde Gegenbeispiele aufzuführen, bis er keine Lust mehr aufs Diskutieren hatte.

Es kommt mir heute noch vor wie ein weit entfernter Traum, dass ICH mich ernsthaft mal mit jemandem darüber gestritten habe, dass ich NICHT unordentlich bin.

Aber zurück zu meinem Riesenkinderzimmer, welches ich immer zur Gänze bewohne und deswegen alles überall hinlege. Das geht so nicht weiter. Heute Morgen musste ich es mir eingestehen: Es dauert nicht mehr lang und die Wohnung schlägt zurück. Wenn wir die Küche mal unter die Lupe nehmen, kann ich mit Fug und Recht behaupten „Bei mir können Sie vom Fußboden essen!“ (da liegt genug rum). Hätte ich Kinder, hätten die mit Sicherheit ein Immunsystem das nur so strotzt.

Das schlimmste ist eigentlich, dass ich das selbst gar nicht sehe. Bis nicht ein bestimmter Verschmutzungsgrad erreicht ist, liegt der Zustand meines Fußbodens und der Schränke völlig ausserhalb meiner Erlebniswelt. Ich sehe es tatsächlich nicht. Niemals würde ich auf die Idee kommen, ein in meinen Augen noch nicht verschmutztes Bad zu putzen. Genausogut könnte ich ein Stück Papier weglochen. Auf die Idee komm ich genauso oft. Vor allem, da ich gar keinen Locher besitze, was mit ein Grund für meine mangelhafte Büroführung sein könnte. Unter anderem. Ich leg mich da lieber nicht fest.

Ekelhaft sag ich euch. E-kel-haft. Zum Glück bekomme ich morgen lieben Besuch der sauberen Sorte und ich hab heute nichts vor. Ich schau gleich mal, ob meine Staubsaugerin Ariane noch mit mir spricht.

Und wenn wir das dann hinter uns gebracht haben, suche ich für sie eine Nanny für zwei Stunden die Woche. Vielleicht adoptiert diese dann auch meine Bügelwäsche. Dann sehe ich besser aus und bin bestimmt bin ich auch ordentlicher. Das ist nämlich typisch deutsch. Bevor die Putzfrau kommt muss schnell aufgeräumt werden, damit sie einen nicht für eine Schlampe hält. Ich wär da nicht anders.

Menschen sind komisch.

Dienstag, Mai 06, 2008

Auto...was? Ehh ja, voll auffe Fresse

Nachdem der Krieg vom Vatertag hier in Barmbek wieder verraucht ist, genauso wie die Stapel mit den Autoreifen, nicht zu schweigen von den Autos selbst, lehne ich mich mit einem sehr ernst gemeinten Vorschlag aus dem Fenster. Wie die Oma, die mit dem Kissen im wohnzimmerlichen Ausguck hängt und Sachen sagt wie: "Klausdieter, piss nich imma anne Hecke wenne dun bis. Das gibt gelbe Flecken."

Seht mich lehnen und rufen: "Eeeeh, Andschie, lassas dochma mit den ersten Mai. Wenn die Braun denken, dassas n Feiertach von den middn Baaht is, dann nehm den den doch wech. Kannste uns den Buß- und Bettag für wiedergehm. Dann könn die ma hübsch n büschn bereun und hier wär nich imma so`n Lärm."

Aber nich nur die braunen Heckenpisser brauchen mal dringend ein paar an Latz, die schwarzen Heckenpisser sind leider keinen deut besser. Den Autonomen ham se nämlich auch ins Gehirn geschissen. Meine Güte, was Drogenmissbrauch, schnorren und bunte Haare doch für seltsame Blüten treibt.

Bei Spiegel-TV sah ich unlängst einen dieser schwarzen Heckenpisser im Interview. Das Fazit war, dass es natürlich völlig in Ordnung ist, die örtliche Sparkassenfiliale mittels Pflastersteinen kaputtzuschlagen, weil die Steine doch überall rumliegen und siehst du die Bullen da hinten? Da ist das doch kein Wunder. Die sollen das Viertel so lassen wie es ist. Die sollen uns in Ruhe lassen.

Häh? Eine schlüssige Gedankenkette war da nicht auszumachen. Dass die Polizisten in die Schanze einfallen und da Schickimicki etablieren ist eine recht lustige Vorstellung, aber unrealistisch. Aber denken erwartet man ja auch nicht unbedingt vom schwarzen Block. Was ich allerdings erwarte ist, dass sich diese unsere Mitbürger mal andere Pullover kaufen und nicht immer die von Pauli anziehen. Das sieht doch total inkonsequent aus. Autonom sein wollen, antikapitalistisch sein wollen, gegen alles, Gesellschaft und so, gegen arbeiten gehen, für rumschnorren und Bullen verkloppen, aber Merchendisingprodukte für vierzig Euro tragen. Das passt doch nicht ins Bild. Jungs, das müsst ihr doch selber einsehen. Batikt euch die Totenköpfe gefälligst selbst auf einen Pulli von KIK oder so. Ihr macht euch doch unglaubwürdig.

Ob sich eigentlich tatsächlich noch irgendjemand von den Linksradikalen, Autonomen, wasauchimmer für die grundpolitischen Inhalte ihrer eigenen Bewegung interessiert? Ich glaube nicht. Lesen könnnen die zum grossen Teil bestimmt nicht mehr. Zumindest nicht der junge Schläger bei Spiegel-TV. Ist denen ihre eigene Bewegung unter den Fingern zerflossen und jetzt nur noch eine destruktive Schlägermannschaft? Scheint so, ne? Denkt da doch mal drüber nach ihr Floristen. Das fällt doch alles auf euch.

Was diese ganzen Ärgernisse angeht, vertrete ich übrigens eine der populäreren Stammtischmeinungen: Ich wäre dafür, dass die Polizei bei der nächsten Demonstration dieser rechten Spinner die linken Spinner ungebremst auf diese prallen lässt und höchstens noch rundherum abschirmt, damit von draussen keiner verletzt wird. So lange, bis keiner mehr papp sagt. Und dann Fenster auf und frische Luft rein. Das wären zwei Fliegen mit einer Klappe, vielleicht sogar drei, wenn dann endlich die NPD verboten wird. Und alle sind froh. Ich zumindest. Ich kauf dann den Punks an der Feldstrasse auch gern mal ein Bier. Wenn die dann noch über sind.

Versprochen.

Apropos Fliege, eben kreiste die erste Wespe dieses Jahres über meinem quietschgrünen Kaffeebecher. Da sprang ich erstmal hektisch hinter die Wohnzimmertür und hoffte, dass sie von alleine wieder fliegt und nicht sticht. Das tat sie auch. Ohne mein Wohnzimmer anzuzünden. Wofür ich ihr sehr dankbar bin.

Tut es ihr nach.

Samstag, April 26, 2008

Punkt, Satz, Sieg

Ich habe mich verliebt. Rettungslos. Rosarot. Debil lächelnd könnte ich in der Ecke sitzen, entrückt an die Wand oder in mich hineinschauen, dabei an diese neue Liebe denken und ich fühlte mich durchgehend angenehm des Alltags enthoben. Leicht und unbeschwert bin ich, heiter und obertonig. Schmetterlinge kommen mir in den Sinn. Sonne und zarte Flötentöne. Trotzdem ich weiß, dass diese Liebe niemals erwidert werden wird. Ich bin glücklich.

Danke sage ich an dieser Stelle dem Axel-Springer-Verlag, in deren Machwerk „Hamburger Abendblatt“ der Grundstein für diese Liebe gelegt wurde.

Zwei Überschriften der heutigen Ausgabe haben sich heute einen dauerhaften Platz in meinem Herzen gesichert. Ich gebe sie jetzt hier einmal zum Besten und lasse sie unkommentiert stehen:


„Jede zweite Blaumeisenehe geht in die Brüche“

„Ist der Stint der neue Wachtelkönig?“


Ich finde diese Sätze so schön, dass ich mir vorstellen könnte, das Hamburger Abendblatt öfter zu lesen. Genauso, wie ich wegen folgender Sätze lange Zeit eifriger Zuschauer von Dauerwerbesendungen war:


„Schönheit muss auch innerlich sehr gut sein“ (Werbesendung für Puschen)


„Eine Frau mit Pinsel sieht wunderschön aus“ (Werbesendung für Glitzerbastelkram)


Die Affinität zu Einzelsätzen ist bei mir vielleicht etwas stark ausgeprägt, dürfte aber in den Grundzügen jedem bekannt sein

Wenn wir uns Kinder anschauen, die sich langsam aber sicher erst in die Welt der Sprache hineinbegeben, sehen wir die Wurzeln. Kinder verwenden Sätze und Worte, die sie hören und gut finden. Die erwachsen klingen. Die groß sind. Wenn ein Sprechlernkind im Zustand des gerade-durchgekitzelt-werdens anstatt hysterisch zu kreischen empört sagt: „Ich krieg zu-viel“, dann haben wir es genau mit einem solchen Phänomen zu tun.

Weil ich in dem vorherigen Artikel schon meinen Neffen am Wickel hatte, erlaube ich mir hier auch eine diesbezügliche kleine Indiskretion, die mir hoffentlich verziehen wird. Dieser junge Mann hatte im zarten Alter von knapp drei Jahren das Bedürfnis, mir bei der Bügelwäsche behilflich zu sein und plättete sehr konzentriert mit so einem alten Eisending auf den von mir überreichten Kleidungsstücken herum. Er legte diese auch sehr konzentriert und inakkurat zusammen und gab sie mir mit den Worten: „Hier, Bine, das ist fertig, das kannst du in den Schrank legen. Aber bitte ordentlich, ich will nicht alles zwei Mal machen“.

Süß ne?

Doch es geht weiter. Auch in der Pubertät scheint es Vorlieben für bestimmte Wortfolgen zu geben, die als besonders erwachsen gelten. Abgesehen von ej Alta, eh fett Digga, gibt es Sätze, die sehr persönlich mit bestimmten Gefühlen verbunden werden, die eine Situation ausdrücken, oder die besonders erwachsen scheinen aus Sicht des Blagen.

Sätze, deren Urheber meistens Eltern, Fersehgestalten oder erwachsene Bekannte sind, denen die Kinder Bewunderung entgegenbringen. Sätze, die ein Eigenleben haben. Die angewandt werden wollen. Weil sich die Gören dabei fühlen, als dürften sie schon Auto fahren.

So am praktischen Beispiel heute morgen in der U-Bahn erlebt, als die absolute Höchststrafe für einen U-Bahn-Pendler wie mich hereinbrach. Kinderherden nämlich. Heute eine Herde von ungefähr zwanzig Schulkindern im Alter von, na, schätzungsweise dreizehn Jahren pro Kopf im Schnitt. Die Mädels noch kindgesichtig mit viel Schminke, lustigen Frisuren und den obligatorischen weissen Frühlingsjeans, und die Jungs milchbubenlinkisch mit mindestens drei Pickeln pro Quadratzentimeter.

Sie kamen auf die letzte Sekunde hereingerumpelt, was eine Flucht meinerseits unmöglich machte, rasten, sich gegenseitig rempelnd, durch den Waggon, um sich auf die freien Plätze zu schmeißen, und „besääääätzt, hier ist besääätzt“ zu brüllen.

Meine helle Freude könnt ihr euch vorstellen.

Es war also allgemeine Unruhe und Hektik, aber mit einem Mal drang es wie Honig an mein Ohr. Zwar war der Ton etwas schrill und der Unterton in typischer Pubertierart genervt. Doch ganz zauberhaft und unpassend warf eine Weißbehoste sich in den Sitz und dann in die Runde: „Oooooooooooh, massier mir mal die Füüüße“.

Da war ich versöhnt. Und mein Herz vorbereitet für das was noch kommen sollte.

Danke Mädchen, danke Springer, danke Frühling, danke Satz.

Mittwoch, April 23, 2008

Frühling lässt sein blaues Band

Wieder flattern durch die Lüfte
Süße, wohlbekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land...

Feierabend in der Stadt, in der ich am liebsten Feierabend mache. Andere Leute nennen sie die schönste Stadt der Welt, und ich finde das auch. Aber ich wollte ja nicht gleich mit dem Tor zur Welt ins Haus fallen.

Sonnenschein pur, blauer Himmel, fröhliche Menschen auf den Strassen, ich mag diese Tage, wenn die ersten Sonnenstrahlen durchsickern. Ich weiss auch schon, dass morgen in der Hamburger Morgenpost, die ich zu kaufen angewiesen wurde, weil da ne Produktion einer Freundin abgebildet sein wird, auch ein Foto ist, auf dem sich zwei Mädchen im Alter von ungefähr siebzehn/achtzehn Jahren lachend über einen Eisbecher rumpfbeugen. Und darunter steht dann: "Jasemine und Chantall genießen die ersten Sonnenstrahlen in der schönsten Stadt der Welt". Vielleicht sind es auch Aishe und Soey. Ob das soey geschrieben wird? Ich bin mit Kindernamen und den Schreibweisen derer nicht so ganz auf dem Laufenden.

War ich früher schon nicht, weswegen mein bedauernswerter Neffe jetzt einen Namen trägt, den es gar nicht gibt. Den von mir damals als "Tianon" akustisierte und vor allem favorisierte Name, den ich meinem Bruder mit einer unglaublichen Verve anpries, weil ich ihn so viel besser fand als "Julius". Der Name, der dem Kinde hätte gegeben werden müssen, weils der gemeinte war, lautet eigentlich "Cianàn" oder "Cian". Da gibts dann auch Bedeutungen zu (Brüderlein, falls du dir je darüber Gedanken machtest, ob dein Sohn einen Sinn hat, er hat. Zumindest in der gemeinten Grundform heisst er "der Alte" oder "der Weise". Besser spät als nie, sag ich mal).

Also, bleibt mir weg mit Kindernamen. Da bin ich nicht die richtige für. Meinetwegen dürfen sich auch Rolf und Hermann über dem Eisbecher schelmisch anlächeln und die ersten Sonnenstrahlen genießen. Schönste Stadt undsoweiter.

Als ich also aus der Bank Richtung Edeka schlenderte und dabei, Sonnenstrahlen genießend überlegte, was ich mir denn zusätzlich zu der blöden Lauchstange, die unbedingt wegmuss, heute abend noch in den Kochtopf schnibbeln kann, blieb mein etwas abwesender Blick an etwas hängen und ich erstmal recht versonnen stehen. Es gibt auch Frühlingsfolgen, die keiner will. Eine junge Frau nämlich, die gänzlich, von den Zehenspitzen bis zum Haarband in eine Pracht aus Pink, Rosa und ein wenig weiss gekleidet war. Die gute sah aus wie eine große rosa Zuckerwatte ohne Stil.

Ich freute mich selbst ein wenig über dieses wundervolle Wortspiel und rannte, da nicht die Aufmerksamkeit in Person, direkt in zwei junge Männer, die aus der Schlemmermarktschwingtür geworfen wurden, wobei der eine den anderen freudig anbrüllte: DAS IST LEBEN, ALTER, DAS IST LEBEN. "Ach was" dachte ich, und freute mich bis hin zum blöden Grinsen.

Ist das zu fassen? Auf einer Distanz von zwanzig Metern gleich zwei Erlebnisse, die mich bis nach Hause schmunzeln lassen. Zur Feier des Tages ließ ich mein Unterbewußtsein einkaufen, welches mir einmal wieder Oliven mit Chilipaste in den Einkaufskorb legte, die ich gar nicht essen kann, weil sie mir sämtliche Mundschleimhäute wegbrennen.

Diese von mir bis zur Perfektion gebrachte Einkaufstechnik ist eigentlich einen eigenen Artikel wert. Deswegen sei nur am Rande kurz aufgezählt, was ich noch wahllos packte. Ich bin jetzt stolzer Eigentümer eines Glases Orangen-Senf-Sauce, einer Zuccini, einem großen Familienglas Kühne Gewürzgurken, einer Flasche Rotwein und einer Dose passierter Tomaten mit Basilikum.

Und nun muss ich zusehen, wie ich das mit der alten Lauchstange kombiniere. Naja, zur Not hab ich noch Sahne. Mit Sahne ist noch nie ein Essen verdorben worden.

Als ich meine Einkäufe von der U-Bahn nach Hause trug, sah ich, was Leben ist. Vor mir wanderte ein älteres Paar um die achtzig ebenfalls nach Hause. Händchenhaltend. Das ist Leben, Alter.


...Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist's!
Dich hab ich vernommen!

Dienstag, April 15, 2008

Chemie

Eigentlich bin ich krank. Eigentlich bin ich sogar beachtlich krank. Gäbe es nicht diese wunderbare Erfindung Paracetamol, säße ich zu Hause und würde freudig meine steigende Fieberkurve beobachten. Aller Voraussicht nach hätte ich auch noch eine Menge Halsschmerzen und den bedauernswertesten Blick am Leib, den man sich überhaupt vorstellen kann. Mir täte auch alles weh.

Doch ich wohne allein. Niemand da, der sich für den Blick interessiert. Niemand da, der mir Eis bringt und kalte Tücher. Niemand da, der mir Tee kocht und mir die Bettwäsche wechselt, wenn ich aufgrund des Fiebers wieder alle Poren offen Biosauna spiele. Deswegen bin ich froh. Froh über Paracetamol.

Es ist wichtig, für den Notfall fiebersenkende Mittel im Haus zu haben. Sonst sitzt man irgendwann mit dem Thermometer, welches über die vierzig Grad gestiegen ist, im Bett, befleißigt sich einer gefährlich guten Laune und vergnügt sich damit, wahllos irgendwelche Nummern zu wählen und fröhlich in den Höhrer zu krähen: „Hurra, ich bin drüber, ich schmelze gleich. Tschüß.“ Ich entschuldige mich auch hiermit noch einmal in aller Form.

Die Eltern, die dann als Nottaxi aufbrachen, um mich in stirnkühlende mütterliche Hände heimzuholen, hatten zumindest angabegemäß viel Spaß. Ich habe da ehrlich gesagt nicht mehr viel Erinnerung dran. Und ich kann nicht behaupten, dass ich das schade finde. Abgesehen von einem unglaublichen Bewegungsdrang meiner Person, bekam ich auch eine nachdenkliche Phase in der unser damaliger Hund noch zu einem Geheimnisträger wurde. Mir wurden zumindest recht ernsthafte Gespräche mit der Töle unterstellt.

So viel Spaß. Und ich eß Paracetamol und sitze tagsüber im Büro. Ich Depp.

Leiden macht dort auch keinen Spaß. Nicht zu unrecht würden die Kollegen sagen: Heul nicht, dann geh nach Hause. Außerdem leide ich gar nicht. Ich habe ja Paracetamol. In ausreichender Menge verzehrt und regelmäßig nachgelegt, ist eigentlich kaum ein Unterschied zur vollständigen Gesundheit festzustellen. Annährend.

Doch ich weiß, dass der Tag kommen wird, bestimmt am Wochenende, das ist doch immer so, an dem meine Magenschleimhaut dem steten Strom der Chemie nicht mehr standhält und ich auf Entzug muß. Und dann liebe Leute, dann lacht es mir ins Gesicht, dann heißt es „aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ und dann bin ich fällig. Gar nicht gesund, immer nur an Symptomen herumzudoktorn.

Für die Leber ist das Zeug auch nicht soo toll...

Oh, gute Idee. Könnte irgendwann als Ausrede herhalten. Dann eß ich noch ein paar.

Donnerstag, April 10, 2008

Ei leik Scheinies

Es kann wirklich keiner behaupten, die Chinesen wüssten nicht, wie man Spaß hat. Die sind schon ein lustiges kleines Völkchen. Wer sonst käme auf die Idee, aus dem olympischen Fackellauf eine Schnitzeljagd zu machen. Wenn da mal nicht irgendeine Reality- oder Spielshow a la Takeschiss Schloss oder wie das heisst, hintersteht. Jaja, das sind Japaner. Aber wahrscheinlich dauert das nicht mehr lange, bis China die auch schluckt. Dann passt das wieder.

In San Francisco wird der Lauf jetzt heimlich umgeleitet. Die Pro-Tibet-Franktion wird unten am Berg zusammengerottet, das "Unten", von wo diese Strassenbahnen hochfahren. Das Unten, was man im Vorspann zu "Monk" sieht, wo sie gemeinschaftlich bis hundert zählen. Wer möchte darf auch den Schlachtruf "Eckstein, Eckstein, alles muss versteckt sein, China muss aus Tibet weg sein" johlen, und dann gehts los. Wie beim Hansemarathon alle gemeinschaftlich den Berg rauf. Das ist Gemeinschaftssinn in Verbindung mit Sport. Das macht Spaß, das ist gut gegen Cholesterin und Herzinfarkt. Die Amis sind eh zu dick.

Wer die Fackel erobert, darf sie behalten und die Menschenrechte in China vorstellen. Sollte ein Chinese die Fackel selbst erobern, darf er die letzte ledige junge Frau Chinas heiraten und neue Dynastien gründen. Die Chinesen selbst haben in diesem Spiel noch mit einem zusätzlichen Handikap zu rechnen, da sich jeder erwischte Gelbe, der sich bei Pro-Tibet-Akivisten aufhält, selbst die Fingernägel mit einer Kneifzange herausziehen muss. Aber was tut man nicht alles für ein wenig Spass, Gesundheit und Liebe.

Apropos "was tut man nicht alles". China als Staat ist nun wirklich nicht nett. Wären wir alle noch in der Grundschule, würden wir diesen miesen kleinen Laternenpisser, der gerne die Kleinsten verkloppt und Schutzgelder von den eigenen Geschwistern abzieht, immer als letzten in die Mannschaft wählen. Wir würden ihn auch nicht zu Hause besuchen um dort Mensch-Ärgere-Dich-Nicht zu spielen, weil wir gar nicht sehen möchten, wie er die seinen herumkommandiert. Aber anscheinend ist China der kleine Laternenpisser mit der Rügenwalder Wurst auf dem Pausenbrot. Und die wollen wir. Rückgratloses Gewürm, wir. Und dann regen wir uns über die Kinderschwärme in Dritteweltländern auf, die uns anbetteln. Wir sind doch nicht viel besser.

Kann man dieses wirtschaftliche Speichellecken mal überdenken? In Indien stellen sie mittlerweile auch schon ganz passables chemisch verunreinigtes Kinderspielzeug her. Auch ganz billig. Und die lassen ihre Leute auch verhungern. Aber aus religiösen Gründen. Nicht von wegens der Politik. Macht die Sache nicht besser, aber da kann man ganz anders drüber diskutieren.

Bevor ich jetzt einen Krieg auslöse, schnell noch Gutwetter:



Und Jungs, falls es irgendwann mal wegen Eurer Einkindpolitik überhaupt keine little chinese girls mehr gibt, hier noch die neue Chinesische Nationalhymne:



Tschingtschangtschong. Schele schneidet Papiel.

Sonntag, April 06, 2008

Tage wie dieser

Eine der größten Katastrophen die mir passieren könnte, wäre eine Arbeitslosigkeit, denn ich weiss genau, dass ich, zumindest in den ersten Wochen zu Hause, talkshowgastträchtig verloddern würde.

Na gut, na gut, na gut, ich weiß. Es gibt wirklich Schlimmeres. Wenn jemand ganz ganz doll krank wird oder gar stirbt zum Beispiel. Ich ziehe also gerne den Begriff „größte Katastrophe“ zurück und wandele ihn offiziell in ein „Was irgendwie echt gar nicht gut wäre,...“.

Nicht nur aus Respekt vor Menschen, die in ihrem Leben richtig kämpfen müssen, sondern auch aus Angst vor Murphy. Murphy Law oder wie der heisst. Wenn ich hier so etwas Dramtisches herausrufe, hört er das nämlich vielleicht und kommt. Da wollen wir mal lieber nicht das Risiko des obligatorischen worst case eingehen. In der Bank wird schließlich schon wieder umstrukturiert.

Das wäre also geklärt. Kommen wir zurück zur Verwahrlosungsphantasie. Eigentlich durchaus halbwegs tough und organisiert wirkend, neige ich leider an Tagen, an denen ich nicht dem Broterwerb nachgehe und sozial nicht eingebunden bin, zu grenzenloser Faulheit. Heute zum Beispiel.

An diesen Tagen, an denen ich keine Termine habe und der Kühlschrank mir keinen Hinweis darauf gibt, dass ich verhungern würde wenn ich das Haus nicht verlasse, könnte ich natürlich fröhlich stundenlang herumputzen und meine Wohnung verwandeln in eine Oase voller Frühlingsduft, in der ich zu jeder Tag- und Nachtzeit adrett herausgeputzt und onduliert die Tür für spontane Besuche öffne, um diese mit frischen Beerentorten aus dem Tiefkühlfach und Milchschnittenfluten zu bewirten. Ich würde dabei auch glockenhell lachen und die Sonne würde mein Esszimmer in ein staubfreies blitzendes Paradies verwandeln, wo aus jeder Ecke die Sonne scheint. Smetanas Moldau, oder nein, viel besser ist die Melodie aus „Drei Nüsse für Aschenbrödel tönte leise im Hintergrund und auf dem Balkongitter rastete ein Eisvogel.

Hach, ich könnte weinen vor Glück bei dieser Vorstellung.

Und jetzt zur Realität:

Ich bewege mich an diesen Tagen aus dem Bett direkt zum Kaffeekocher, zum Computer, auf die Couch, vor den Fernseher, an den Kaffeekocher, vor den Fernseher, an den Kaffeekocher, zum Computer. Und dann das ganze wieder zurück. Manchmal, biege ich auf dem Weg zum Kaffeekocher auch noch ins Wasserloch ab, um dort zu tun, was eine Frau tun muss. Müssen halt. Das schaff ich zwischendurch auch schon fast mit verbundenen Augen.

Kissenfalten jedoch, Schlafdünste und Makeupreste, bleiben ebenso am Körper wie Jogginghose und altes Sweatshirt, eine implodierte Haarpracht und – kurzer Blick zum Boden – braunweissen Ringelstopsocken mit Entengesicht. Bei den Ludolfs würde ich an diesen Tagen bestenfalls dadurch auffallen, dass ich blond bin.

Tägliche Gammelei durch erzwungenen Tagesstrukturverlust aufgrund eines fehlenden Arbeitsplatzes, gepaart mit der Tatsache, dass das soziale Netz tagsüber arbeitet und nicht dafür zur Verfügung stünde mich zur Ordnung zu rufen, liesse mich wahrscheinlich langsam aber sicher in Staub und Schwermut versinken. Faulheit zieht Faulheit nach sich. Wer viel schläft ist viel müde. Wer scheisse aussieht macht die Tür nicht auf wenn Besuch kommt. Da beisst der Hund sich doch in den Schwanz.

Eines folgte dem anderen. Am Ende der Vorstellung hätte ich mir dann irgendwann einen Schneidezahn bei Bier öffnen herausgebrochen, welches ich von meiner HartzIV-Zahlung vom vom Pizzataxi kommen liesse. Und natürlich könnte ich mir keinen neuen Zahn leisten. Das Duschgel wäre längst alle und ich dazu übergegangen, mich auf reines Wasser zu beschränken. Wenn nicht grad was gutes im Fernsehen kommt. Die Haare wirkten schön füllig und etwas herausgewachsen. Fettschichten legten sich mit der Zeit sichernd um mich und hielten mich vom umkippen ab. Habt ihr von der Frau gelesen, die jahrelang auf dem Klo saß und um die Schüssel rumgewachsen ist? Das täte ich mit dem Sofa. Spätestens wenn das vollbracht wäre, dann würde ich mich bei Bärbel Schäfer bewerben. Oder bei Frauentausch. Dann würde hier wenigstens mal jemand aufräumen.

Hoffen wir, dass ich noch lange morgens zur U-Bahn traben muss um zur Arbeit zu fahren. Dann kann ich sie auch weiterhin genießen. Die Tage wie diesen.

Und jetzt geh ich duschen. Nur zur Sicherheit.

Montag, Januar 07, 2008

Harte Birnen sind voll fürn Arsch

Volksmündlich gesehen ist es überhaupt nicht erstrebenswert, eine weiche Birne sein eigen zu nennen. Ganz schön doof eigentlich und eine Frage der Sichtweise wie ich finde. Was andere Leute sich so hinters Gesicht stecken, mag mir volks oder unvolksmündlich egal sein. Binemündlich mag ich die weichen Birnen. Süß und saftig, so dass hinterher die Finger und das Gesicht kleben und der Fruchtzuckerschock und die Vitaminspritze die Mundwinkel spontan nach oben ziehen. Reife Birnen sind mindestens so lecker wie frische kühle Ananas wenn es warm ist oder Steckrübeneintopf im Winter. Nur anders.

Harte Birnen hingegen haben den Charme und den Geschmack einer Styroporumverpackung. Sie schmecken ein wenig wie Quitten oder Feuersteine, auch wenn sie etwas leichter zu kauen sind. Harte Birnen schmecken ausschließlich grün und trocken, wobei grün schon wieder ein bißchen zu emotional ist für das, was dann auf der Zunge liegt und so tut, als wäre es ein schmackhaftes Nahrungsmittel. Harte Birnen sind sozusagen ein Obstdummy. Ein Obstplacebo. Schummelobst. Und eine Waffe.

Abgesehen davon, daß man mit einer harten Birne ohne weiteres jemandem den Schädel einschlagen kann, ist sie eine Waffe gegen die Verlotterung, eine Waffe für Disziplin und Konsequenz, die bei mir leider eher weichbirnig ausgeprägt sind. So dachte ich jedenfalls heute Mittag, als ich meiner neuesten Arsch-ab-Strategie folgend nur Obst zu mir nehmen wollte. Nämlich heute eine Riesenbirne in hart. Sonst wär mir das Birnenthema ja wurst.

Als ich das erste Stück Birne aß, blickte ich mich ungläubig an, zeigte mir selbst einen Vogel und stand dann kommentarlos auf, um Schmackhafteres zu suchen. In diesem Moment trat aber die durch die blöde "eine Mahlzeit-durch-Obst-ersetzen-Theorie" geweckte birnenharte Disziplin in meinen Weg und brüllte mich an: Birne oder NIX. Was auf den Tisch kommt, wird gegessen, Birne oder tot, Birne oder hungern. Birne statt Bier! Basta!

Blöde Birne.

Da setzte ich mich erstmal ziemlich erstaunt auf meinen weichen Apfelpo, dass sich da direkt Druckstellen bildeten. So kenn ich mich gar nicht. Und ich komm da gar nicht dran vorbei. Da stand ein Dickkopf, sieht aus wie ne Styroporfrucht mit meinem Gesicht, ist aber hart wie Stein und sagte mir, was ich essen soll. Das ist mir ja seit Jahren nicht mehr passiert. "So ein Arsch", murmelte ich trotzig und das Birnengesicht brüllte: "Genau, der Po, der muss ab, iß die Birne! Nimm dir ein Besispiel an ihr. Bleib hart".

Bei wem sollte ich mich da beschweren. Bei mir? Bei wem sonst? Dann nehm ich mich doch aber nie wieder ernst. Fällt mir eh schwer genug. So hab ich mir also die harte, geschmacklose und nahrhafte Birnenparodie zu Gemüte geführt. Und ich wurde satt. Ohne Geschmacksknospenexplosion und mit zerfurchter Stirn. Aber satt. Herz, was will man mehr? Genuß wird doch überbewertet. Also, mittags. Abends macht Genuß dann nämlich doppelt so viel Spaß. Allein die Phantasie, dieses renitente Miststück Birnenpappe in Gorgonzolasauce hübsch weichzukochen und über Nudeln oder andere Sättigungsbeilagen zu kippen, versüßt mir den Nachmittag. Irgendwann krieg ich sie am Arsch.

Soll keiner sagen, mir würde Disziplin nicht schmecken.