So in etwa wird es sich nachher anhören, wenn andere Hochzeitsgäste ihre Evolutionsprodukte zur Höflichkeit mahnen. Meine Füße habe ich irgendwo in der Mönckebergstraße abgelaufen, nachdem ich gestern sage und schreibe fünf Stunden verzweifelt durch die Geschäfte tourte.
Folgender Merksatz ist dabei herausgekommen: nur wer weiß was er will, wird Erlösung finden.
Das Axiom "kein Kleid" allein reicht nicht. "Dann irgendwie ne Hose und was drüber" ist zu schwammig. Kaufparadiese wecken zwar in mir den einen oder anderen Bedarf, Klamotten waren aber noch nie darunter. Irgendwann, nach ungefähr zwanzig Umkleidekabinenslapsticks merkt man, daß die Geflatter auf dem Bügel deutlich anders aussehen als am Körper.
Und nach zigtausend hin- und hergeschobenen Kleiderbügeln sieht eh alles gleich scheiße aus.
Ein Aha-Effekt hatte ich gestern aber. Dachte ich doch immer, daß das Geschäft "Zara" eher etwas für kaufkräftige Hanseatinnen ist. In meiner Verzweiflung habe ich gestern natürlich auch - gegen meine eigentliche Überzeugung - die hochpreisigen Geschäfte besucht. Dachte ich also, "Zara" wäre gleichzusetzen mit "Gerry Weber" oder "Aust", wurde ich beim Eintreten eines besseren belehrt. Dachte ich bisher "H+M" wäre in der Präsentation seiner teils mit Rissen und Flecken versehenen Ware das Unordentlichste, was in der City zu finden ist, habe ich mit "Zara" die Schlampe des Monats gefunden. Unorganisiert, schlecht strukturiert, die Hälfte der Klamotten auf dem Boden liegend, zerknüllt und in die Ecke getreten.
Zwar laufen jede Menge Angestellte rum, die sind aber die mit wichtigen Gesprächen über die letzte Party und die Kollegin aus dem Erdgeschoss beschäftigt und haben keine Zeit haben zum aufräumen. Kann man ja verstehen. Ich räum auch nicht gern auf. Aber ich will meinen Saustall hier ja auch nicht verkaufen.
Mich ärgerte das, weil das Betreten des Ladens mit dem folgenden Woandershinwalking auf blankem Knochen wertvolle Zeit fraß.
Nach ungefähr drei Stunden planlosen Herumgerennes hatte ich den point of Overreiz erreicht. Aber es half ja nix. Ein wenig halfen die Telefontipps von Sorgentelefon Kay, doch einfach ein Bettlaken um mich zu drapieren, daß Jeans von Diesel auch bei kleinen Frauen mit dicken Hintern klasse sitzen und daß er mich tötet, wenn ich mir Jeans mit Flitterkram oder gemalten Blumen aufm Bein kaufe und das dann möglicherweise auch noch anziehe, wenn wir zusammen weggehen. Auch sagte er, daß Palliettenoberteile für € 270,00 nicht das richtige wären für mich. Gut, da wär ich vielleicht auch selbst drauf gekommen.
Und was soll ich sagen? Während des Telefonates nahm ich beiläufig eine Hose vom Ständer, probierte sie dann an - und super! Gut, nur weil da Ralf Lauren draufsteht, war sie "ein wenig" teurer, obwohl sie in der DomRep hergestellt wurde, aber ich hatte keine Zeit mehr für diese blöden moralischen Bedenken. Das sind doch alles Sozialneider und Hintz-und-Kunz-Verkäufer die so denken. Basta. Die hab ich mir jetzt verdient, die Hose. So.
Schlimmer war, Kay sagen zu müssen, daß er allein zum Fußball gehen muß.
Damit war für mein Untenrum schon mal gesorgt. Zumindest äußerlich. Höhö. (Wenn die Nerven blank liegen, macht der Humor es sich im Keller bequem)
Tick.....tick
Heute ticken die Uhren ja gar nicht mehr. Zumindest nicht die auf dem Handy. Aber im Kopf. Da tickte es. Hoffentlich noch halbwegs richtig. Mittlerweile war es 19.00 Uhr und ich hatte immer noch nichts Fetziges zum drüberziehen.
Endspurt. Ich fiel in das nächste Geschäft und fast im wahrsten Sinne der nächsten Verkäuferin in die Arme:
"Helfen sie mir. Bitte. Ich stehe kurz vorm Nervenzusammenbruch. Ich habe hier eine Hose. Gucken sie mal. Feine Hose. Gute Hose. Aber Hose allein macht nicht glücklich. Auch mein Oberkörper will verhüllt sein. Gib mir was. Jetzt. Irgendwas, was nach ein wenig Geschwitze unter den Armen nicht aussieht wie ein Batiktuch und auf einer Hochzeit nicht für hochnäsige Blicke sorgt".
Unnötig zu sagen, daß sie mir kein Stück half und ständig Blüschen anschleppte, die so eng saßen, daß ich die Ärmel aus den Angeln reißen würde, wenn ich nur irgendjemandem die Hand gäbe. Freunde mit einer Umarmung begrüßen, würde zur sofortigen Selbstzerstörung aller Nähte führen. Wenn ich die Arme weit genug hochbekäme. Also wirklich. Sowas trägt man heute? Erneuerung der traurigen Erkenntnis "ich werd alt" die hundertzwanzigste. Am besten war eine wirklich grottenhässliche Weste in rot-lila-kariert. "*Träller die sieht angezogen viel besser aus. Total süß.". Jaja. Natürlich. Ich schätze, die Damen haben Wetten laufen, wie viele von den Ladenhütern sie an verzweifelte Kundinnen mit gehetztem Blick verschachern können. Und ich sehe ja auch so aus, als würde ich "süße" Westen tragen. Würg.
Ich war zwar fast tot. Aber nicht blöde.
Kurzum. Ich riß mir ne weiße Bluse mit ganz viel Knitter vom Ständer, sprang rein, befand es nicht für das non plus ultra aber akzeptabel, kaufte sie (auch hier war mir der Preis egal. Ich weine morgen ein wenig) und fertig. Aus. Wo sind meine Füße
Als "fetzig" kann man natürlich eine beige Hose mit ner weißen Bluse nicht bezeichnen. Dann gibt es eben keinen Preis für das aufsehenerregendste Outfit heute abend sondern einen für die beste Verkleidung als konservative Hanseatin. Arrogant gucken kann ich auch. Paßt.
Wenn alles gutgeht, werde ich nach Adam Riese (wie man so schön sagt) das Thema Klamottenkauf jetzt auch erstmal für eine lange Zeit wieder zu dem Humor in den Keller sperren. Einmal im Jahr reicht. So wie Fenster putzen.
6 Kommentare :
Diesmal gehören die Formulierungen "ihre Evolutionsprodukte zur Höflichkeit mahnen" sowie "point of Overreiz" zu meinen Favouriten. You made my day.. again:)
Na siehste, hat doch gar nicht wehgetan. Füße wachsen nach. Wenn dir jetzt nicht kurzfristig eine brennende Kippe in die Einkaufstasche fällt oder du nicht auf die Idee kommst, kurz vor der Abfahrt noch Spaghetti Napoli im weißen Blüschen in dich reinzuschaufeln, ist der Abend doch geritzt. Vielleicht werden ja durch deine strahlende Erscheinung doch noch ein paar Prinzen angelockt.
Vielleicht solltest du aber zukünftig deine Freunde bitten, nicht mehr öffentlich zu heiraten, wenn ihnen etwas an dir liegt.
Ach was, Prinzen. Papperlapapp. Und wer muß hinterher die Kaka vom weißen Pferd immer wegmachen? Ich doch wahrscheinlich. Nix da. Die sollen schön in ihrem Luftschloß bleiben die Prinzen.
Übrigens, ähm, wie solls ichs sagen, Bobschatz, hilf mir, wie sagen wir Steini am schonensten,daß Füße NICHT nachwachsen? Ich finde ja, das sollten wir tun. Nur so zur Sicherheit...
Doch. Tun sie wohl! Zumindest das Zeug unten drunter.
Duuuuu... Steiniiiii. Das geeeht nich mit den Füssie´s. Da hat die SchwieleBiene recht, Du. Das was da bei Dir nachwächst sollte eh nicht da sein wo es ist... naja, jetzt weißt Du´s. Die Wahrheit kann so weh tun, sorry. Aber nicht wieder ins Bier heulen. Das schmeckt nicht...
Und? Bienchen? Was ist jetzt mit der Hochzeit (Neugier?) Du hast Dir vermutlich so gegen 9 die Lampe ausgeschossen und liegst jetzt noch im eigenen Saft, was? Aber die Blogger-Plicht ruft!! Da gibt es keine ausreden!
Jetzt ist erstmal Mamatag-Pflicht. Diesen einen Tag im Jahr muß die Blogger-Pflicht mal zurückstehen. Ich sach da heut abend noch was zu. Wenn die Synapsen wieder geradeauslaufen.
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