Freitag, Mai 12, 2006

Mist

Bei ganz neutraler Beurteilung meines Tütüs in angezogen vorm Spiegel und bei Licht fiel das Aus. Das geht wirklich nicht. Damit mach ich mich ja gänzlich lächerlich. Was grundsätzlich nicht schlimm ist. Doch auf einer Hochzeit sollte das Brautpaar im Mittelpunkt stehen und nicht irgendso ne olle Kollegenwurst, die man mit ausgestrecktem Zeigefinger bestaunt, weil Ihre Figur Verschiebungen vorgenommen hat wie eine Wanderdüne.

Aber was mach ich jetzt? *wimmer
An zwei Tagen hintereinander bin ich jetzt durch die Läden getourt und habe ungefähr hundertzwanzigtausend Ensembles anprobiert. Und jedes Mal starrte ich entweder fassungslos in den Spiegel (tragen andere Frauen die Taille unter den Achseln?) oder guckte in das Gesicht einer Barbie für Arme, die mit meiner Person ungefähr so viel gemeinsam hatte wie ein Waschbecken.

Wobei, Ähnlichkeiten mit einem Waschbecken...da es gestern und vorgestern wirklich warm war, besonders in Kaufhäusern, und Einkaufen an sich mich immer ein wenig unter Streß setzt, waren auch bei mir alle Hähne auf. Wenn ich schon kein Kleid gekauft hab, vollgeschwitzt hab ich eine gehörige Anzahl davon.

Und wenn nur aus Rache für die schreckliche und bereits vielbeschriebene Umkleidekabinenbeleuchtung. Ich weiß nicht, warum. Wenn ich vor einem Kaufhaus stehe und mich zufällig in einem Spiegel betrachten kann, dann sehe ich mich, finde mich gut, mag mich. Ich knuffe mir sozusagen kräftig an die Schulter vor lauter Freude mich zu sehen.

Wenn ich diese Person dann im Kaufhaus wiedertreffe, hat sie eine Gesichtsfarbe wie ein Kalkeimer, strohige Haare, die in alle Richtungen abstehen und deutlich zu wenig an. Egal wohin ich gucke. Eine liebevolle Beziehung mit mir selbst ist dann nicht mehr herzustellen. Am allerwenigsten, wenn ich in einer dieser Kabinen mit strategisch gesetztem Spiegel für die Rückseite stehe. Alter Schwede. Weiße Winterhaut, die noch keine Sonne gesehen hat dieses Jahr. Von oben mit gnadenlosem Weißlicht beleuchtet. Da hat jede Zellulitebeule ihren eigenen Spot. Die Spannkraft weicht insgesamt langsam der Schwerkraft und ich beschließe sofort, doch lieber nie wieder in die Sauna zu gehen. Und einen Mann will ich auch nicht mehr, denn das da, diese Kehrseite, kann nur eine Mutter lieben. Wenn jemand jetzt sagte: Bine, eine Münze hat immer zwei Seiten, werde ich tapfer nicken und sagen: Ja. Wahrlich oh du Weiser. Was ein kluges Wort lässig ausgesprochen. Wahrscheinlich werde ich dabei versuchen, meinen Hintern heimlich einzuziehen.

So stehe ich also verschwitzt und stinkend in einer Umkleidekabine, entkleidete mich ächzend und umständlich, um dann in die mitgebrachte Hose zu steigen und festzustellen, daß ich sie eine Nummer zu klein gegriffen hab (Ja, 36, das andere Bein auch) Eckesetzen und heulen ist die erste Idee. Geht aber nicht. Die Schweißporen haben die gesamte Körperflüssigkeit für andere Kanäle annektiert. Keine Verkäuferin in Sicht (aber die ziehen eh immer nur den Vorhang auf wenn sie es wirklich nicht sollen), nackig kann ich hier nicht raus, also muß ich mich wieder in meine alten Klamotten ächzen, die anstrengenden Schuhe zubinden, wobei ich ungefähr noch einmal fünf Liter Körperflüssigkeit verliere und raus in die feindliche Welt. Neue Hose holen. Und dann alles wieder von vorn. Noch ne Nummer größer.

Ich bin frustriert und will Schokolade. Jetzt vermag ich auch nicht mehr so lauthals zu skandieren, daß die Klamotten nur deswegen nicht mehr passen, weil sich die Schnitte auf die Figuren der jungen Mädchen ändern. Oder weil die Größenbezeichnungen aus Bosheit eine Nummer nach oben gerutscht sind. Irgendwo mußte ja XS auch noch in die Reihe. Neinnein Bine, du hast ganz ehrlich gesagt die Teenagerfigur hinter dir gelassen.

Seufz.

Heute gehts dann in den Endspurt. Ich kann auf der Hochzeit wirklich nicht mit Jeans und T-Shirt auftauchen. Das wird bestimmt übelgenommen. Und dann werd ich nie wieder eingeladen.
Obwohl...nein, gar nicht drüber nachdenken.

Einen Hinweis auf das noch Kommende hab ich allerdings schon. Eben hab ich meine alten Schuhe (die mit den Absätzen von ganz hinten ausm Schrank) begutachtet und beschlossen, daß nur ein einziges Paar tragbar ist. Und das ist braun. Damit fällt blau aus. Und ziemlich viele der anderen Farben auch.

Neue Schuhe kaufen? Neeehee. Neue Schuhe auf Hochzeiten gehen gar nicht wenn man hinterher noch gehen will.

Außer es sind Prinzen anwesend. Dann würd ich natürlich auch die "Ruckediguhn Blut ist im Schuh-Nummer" machen. Aber ich hab die Gästeliste gesehen. Von Prinzen keine Spur.

Darauf geh ich mir jetzt erstmal den Strohkopf waschen.

2 Kommentare :

Der_grosse_Transzendentale_Steini hat gesagt…

Ich weiß überhaupt nicht, warum die ganzen Modelagenturen und Casting-Fredis so einen Riesenaufwand betreiben. Germanys next Top Model by Heidi Klum und so. So'n Quatsch. Schleus einfach eine Horde einigermaßen ansehnlicher Mädchen a-go-go durch die Hertie-Umkleidekabine. Diejenigen wenigen, bei der sich nicht alle bei der Betrachtung würgend zur Seite drehen müssen, werden die neuen Superstars auf den Titelseiten von Vanity Fair, Vogue und Bäckerblume. So einfach ist das.

Ich persönlich erhalte mir übrigens meinen Selbstrespekt, in dem ich einfach erstmal alles kaufe, zuhause anprobiere und Nichtpassendes wieder umtausche.

Bob hat gesagt…

Wie würde ich meinen Tag nur ohne deine herzallerliebsten Berichte überstehen. Ich gestehe, ich bin süchtig:) Mehr von den wunderbaren Alltäglichkeiten in denen ich mich immer wieder finde (Die Nummer mit den Ankleidekabinen aus der Hölle kenne ich natürlich auch. Da versteht man warum manche sowas einfach in die Luft sprengen und radikale Islamisten dafür verantwortlich machen). Ich war aus diesem Grund auch schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr Klamotten kaufen. Der GAU steht mir auch noch bevor... bibber.