Sonntag, April 06, 2008

Tage wie dieser

Eine der größten Katastrophen die mir passieren könnte, wäre eine Arbeitslosigkeit, denn ich weiss genau, dass ich, zumindest in den ersten Wochen zu Hause, talkshowgastträchtig verloddern würde.

Na gut, na gut, na gut, ich weiß. Es gibt wirklich Schlimmeres. Wenn jemand ganz ganz doll krank wird oder gar stirbt zum Beispiel. Ich ziehe also gerne den Begriff „größte Katastrophe“ zurück und wandele ihn offiziell in ein „Was irgendwie echt gar nicht gut wäre,...“.

Nicht nur aus Respekt vor Menschen, die in ihrem Leben richtig kämpfen müssen, sondern auch aus Angst vor Murphy. Murphy Law oder wie der heisst. Wenn ich hier so etwas Dramtisches herausrufe, hört er das nämlich vielleicht und kommt. Da wollen wir mal lieber nicht das Risiko des obligatorischen worst case eingehen. In der Bank wird schließlich schon wieder umstrukturiert.

Das wäre also geklärt. Kommen wir zurück zur Verwahrlosungsphantasie. Eigentlich durchaus halbwegs tough und organisiert wirkend, neige ich leider an Tagen, an denen ich nicht dem Broterwerb nachgehe und sozial nicht eingebunden bin, zu grenzenloser Faulheit. Heute zum Beispiel.

An diesen Tagen, an denen ich keine Termine habe und der Kühlschrank mir keinen Hinweis darauf gibt, dass ich verhungern würde wenn ich das Haus nicht verlasse, könnte ich natürlich fröhlich stundenlang herumputzen und meine Wohnung verwandeln in eine Oase voller Frühlingsduft, in der ich zu jeder Tag- und Nachtzeit adrett herausgeputzt und onduliert die Tür für spontane Besuche öffne, um diese mit frischen Beerentorten aus dem Tiefkühlfach und Milchschnittenfluten zu bewirten. Ich würde dabei auch glockenhell lachen und die Sonne würde mein Esszimmer in ein staubfreies blitzendes Paradies verwandeln, wo aus jeder Ecke die Sonne scheint. Smetanas Moldau, oder nein, viel besser ist die Melodie aus „Drei Nüsse für Aschenbrödel tönte leise im Hintergrund und auf dem Balkongitter rastete ein Eisvogel.

Hach, ich könnte weinen vor Glück bei dieser Vorstellung.

Und jetzt zur Realität:

Ich bewege mich an diesen Tagen aus dem Bett direkt zum Kaffeekocher, zum Computer, auf die Couch, vor den Fernseher, an den Kaffeekocher, vor den Fernseher, an den Kaffeekocher, zum Computer. Und dann das ganze wieder zurück. Manchmal, biege ich auf dem Weg zum Kaffeekocher auch noch ins Wasserloch ab, um dort zu tun, was eine Frau tun muss. Müssen halt. Das schaff ich zwischendurch auch schon fast mit verbundenen Augen.

Kissenfalten jedoch, Schlafdünste und Makeupreste, bleiben ebenso am Körper wie Jogginghose und altes Sweatshirt, eine implodierte Haarpracht und – kurzer Blick zum Boden – braunweissen Ringelstopsocken mit Entengesicht. Bei den Ludolfs würde ich an diesen Tagen bestenfalls dadurch auffallen, dass ich blond bin.

Tägliche Gammelei durch erzwungenen Tagesstrukturverlust aufgrund eines fehlenden Arbeitsplatzes, gepaart mit der Tatsache, dass das soziale Netz tagsüber arbeitet und nicht dafür zur Verfügung stünde mich zur Ordnung zu rufen, liesse mich wahrscheinlich langsam aber sicher in Staub und Schwermut versinken. Faulheit zieht Faulheit nach sich. Wer viel schläft ist viel müde. Wer scheisse aussieht macht die Tür nicht auf wenn Besuch kommt. Da beisst der Hund sich doch in den Schwanz.

Eines folgte dem anderen. Am Ende der Vorstellung hätte ich mir dann irgendwann einen Schneidezahn bei Bier öffnen herausgebrochen, welches ich von meiner HartzIV-Zahlung vom vom Pizzataxi kommen liesse. Und natürlich könnte ich mir keinen neuen Zahn leisten. Das Duschgel wäre längst alle und ich dazu übergegangen, mich auf reines Wasser zu beschränken. Wenn nicht grad was gutes im Fernsehen kommt. Die Haare wirkten schön füllig und etwas herausgewachsen. Fettschichten legten sich mit der Zeit sichernd um mich und hielten mich vom umkippen ab. Habt ihr von der Frau gelesen, die jahrelang auf dem Klo saß und um die Schüssel rumgewachsen ist? Das täte ich mit dem Sofa. Spätestens wenn das vollbracht wäre, dann würde ich mich bei Bärbel Schäfer bewerben. Oder bei Frauentausch. Dann würde hier wenigstens mal jemand aufräumen.

Hoffen wir, dass ich noch lange morgens zur U-Bahn traben muss um zur Arbeit zu fahren. Dann kann ich sie auch weiterhin genießen. Die Tage wie diesen.

Und jetzt geh ich duschen. Nur zur Sicherheit.

6 Kommentare :

Anonym hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Anonym hat gesagt…

Ich finde es hervorragend, dass du vor der Verwahrlosung noch einmal ein Lebenszeichen von dir gegeben hast. Nun weiß ich, was ich die ganze Zeit vermisst habe. ;o)

Wenn ich diese Verwahrlosungsphantasie mal selber spinne, komme ich auf ein ähnliches Ergebnis im ersten Teil.

Im zweiten Teil leider auch - wenn ich den Part mit dem Fernseher streiche. Und das finde ich echt gruselig. *schwitz*

Dennis hat gesagt…

Jaa, sie lebt noch! Ich hatte die Hoffnung ja schon fast aufgegeben...

Regelmäßiges bloggen hilft natürlich auch gegen die Verwahrlosung...

Anonym hat gesagt…

HALLO BINE, WELCOME BACK!
ich hab dich soooo(etc.) vermisst!

und es zahlt sich doch aus, jeden Tag oder so den kühlenblondenblog anzuklicken. stell dir vor, ich hätte nach zwei monaten den link gelöscht, 'kommt ja eh nix mehr..'

dürfen wir wieder auf häufigere aufheiterungen hoffen, oder soll ich gleich anfang juli als nächsten termin eintragen? (nein, bitte nicht!)

Kühles Blondes hat gesagt…

na, ihr seid ja lieb :)

ich hoffe dann mal mit euch auf "vielleicht doch noch kurz vor juli"
;)

lorretti hat gesagt…

juhu ... die biene summt wieder. schön, endlich mal wieder ein paar zeilen von Dir zu lesen.

lieben gruss aus zürich