Mittwoch, Mai 07, 2008

72 qm Höllehöllehölle

Ich bin eine alte Schlampe. Offen und unumwunden gebe ich das zu. Werft ruhig mit Putzlumpen nach mir und Ata-Flaschen. Bei mir zu Hause sieht das in aller Regelmäßigkeit aus wie bei Hempels unterm Sofa. Und noch einen Zacken schlimmer.

Die Ordnung an sich ist sowieso schon ein gewagtes Thema für einen Schrankmessi wie mich. Hatten wir früher in der Küche EINE Wühlschublade, habe ich heute in der gesamten Wohnung ungefähr acht. Ich habe auch nur ungefähr acht Schubladen, welche immer genau das aufnehmen, was ich gerade in der Hand habe und verschwinden lassen möchte. Feste Plätze? Sind nur was für anal Fixierte. So lange ich mich daran erinnere, in welchen Schrank/welcher Lade/welcher Ecke ich den ganz kleinen Schraubenzieher gelegt habe, ist doch alles in Ordnung. Derzeit liegt er im Badezimmerschrank links auf dem untersten Fach ganz rechts. Warum? Weiß ich doch nicht.

Wenn ich mir überlege, wie viel Speicherplatz des Gehirns verbraucht wird, nur weil ich mir so einen Scheiß merken muss, wird mir ganz anders. Den Nobelpreis hätte ich längst haben können, wenn der Forschungsspeicher nicht damit belegt wäre, in welcher Reisetasche unterm Bett der Zettel vom Telefonanbieter liegt, wo der Code für die erstmalige Anmeldung im Internet draufsteht. Meine Büroführung lässt übrigens auch ein wenig zu wünschen übrig. Der Reisepass liegt übrigens im Schuhschrank. Nicht vergessen. Die Schuhe? Ach, fragt nicht.

Geputzt wird immer kurz bevor Besuch kommt. Also, kurz bevor ein Besuch kommt, dem auffallen würde, dass die Staubflusen sich gegenseitig per Feuerleiter auf das Fensterbrett hieven, um an der trüben Scheibe um Hilfe zu rufen. Ich kenne allerdings leider auch eine Menge Leute, die einen genauso scharfen Blick für dieses Thema haben wie ich. Da saug ich nicht, sondern puste nur schnell die größeren Staubflusen hinter die Tür.

Ich kann aber auch anders. In den Zeiten, in denen ich mit anderen Menschen eine Wohnung teilte, sei es als WG oder als Paar, war ich sittsam, ordentlich und sauber. Halt, WG bitte streichen. Da konnte ich es nicht oder es fiel nicht auf, weil meine Mitbewohnerinnen immer heimlich saugten. Außerdem liest hier wenigstens eine mit. Die würde mich hier ganz schön bloßstellen können. Naja, eigentlich auch nicht mehr als ich mich selbst.

Als treusorgende Lebensgefährtin konnte ich aber tatsächlich Dinge an vorbestimmte Plätze legen und mich auch den Staubflusen auf dem Boden so widmen, dass sie verschwanden. In der Zeit war das schon deswegen wichtig, weil dringend Speicherplatz benötigt wurde, um sich den ganzen Scheiss des Liebsten zu merken (wo ist mein Geldbeutel/Autoschlüssel/Hemd/Brille/Telefon etc.pp, was hab ich morgenübermorgennächstewochenächstesjahrumdreivor?). Außerdem muss man Punkte sammeln, damit man in diesen Diskussionen, in denen sich der Herr-wischt-großräumig-um-den-Toaster als Hygienefee aufspielte (Bine, wir haben wohl nicht das gleiche Sauberkeitsverständnis), genug Stoff hatte, um so lange blöde Gegenbeispiele aufzuführen, bis er keine Lust mehr aufs Diskutieren hatte.

Es kommt mir heute noch vor wie ein weit entfernter Traum, dass ICH mich ernsthaft mal mit jemandem darüber gestritten habe, dass ich NICHT unordentlich bin.

Aber zurück zu meinem Riesenkinderzimmer, welches ich immer zur Gänze bewohne und deswegen alles überall hinlege. Das geht so nicht weiter. Heute Morgen musste ich es mir eingestehen: Es dauert nicht mehr lang und die Wohnung schlägt zurück. Wenn wir die Küche mal unter die Lupe nehmen, kann ich mit Fug und Recht behaupten „Bei mir können Sie vom Fußboden essen!“ (da liegt genug rum). Hätte ich Kinder, hätten die mit Sicherheit ein Immunsystem das nur so strotzt.

Das schlimmste ist eigentlich, dass ich das selbst gar nicht sehe. Bis nicht ein bestimmter Verschmutzungsgrad erreicht ist, liegt der Zustand meines Fußbodens und der Schränke völlig ausserhalb meiner Erlebniswelt. Ich sehe es tatsächlich nicht. Niemals würde ich auf die Idee kommen, ein in meinen Augen noch nicht verschmutztes Bad zu putzen. Genausogut könnte ich ein Stück Papier weglochen. Auf die Idee komm ich genauso oft. Vor allem, da ich gar keinen Locher besitze, was mit ein Grund für meine mangelhafte Büroführung sein könnte. Unter anderem. Ich leg mich da lieber nicht fest.

Ekelhaft sag ich euch. E-kel-haft. Zum Glück bekomme ich morgen lieben Besuch der sauberen Sorte und ich hab heute nichts vor. Ich schau gleich mal, ob meine Staubsaugerin Ariane noch mit mir spricht.

Und wenn wir das dann hinter uns gebracht haben, suche ich für sie eine Nanny für zwei Stunden die Woche. Vielleicht adoptiert diese dann auch meine Bügelwäsche. Dann sehe ich besser aus und bin bestimmt bin ich auch ordentlicher. Das ist nämlich typisch deutsch. Bevor die Putzfrau kommt muss schnell aufgeräumt werden, damit sie einen nicht für eine Schlampe hält. Ich wär da nicht anders.

Menschen sind komisch.

4 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Soll ich dir den Herrn W. vorbeischicken?! *breitgrins* Der könnte dir beim Räumen helfen - allerdings erst, wenn er aus dem Koma wieder erwacht ist. ;o)

Anonym hat gesagt…

Liebste Bine,

Du warst noch nie bei mir.....

Kühles Blondes hat gesagt…

stimmt markus, dabei wäre es zeit für einen spargeligen gegenbesuch ;)

frau weitergelesen, behalten sie ruhig ihren mann. männer mit koma krieg ich hier in hamburg genug *g

Garageland hat gesagt…

MEINE FRAU, WIR KÖNNTEN UNS ZUSAMMENTUEN DENN MINUS MAL MINUS GIBT PLUS. SO SCHNELL HÄTTEN WIR NIE WIEDER AUFGERÄUMT. GRU? HOODOO