Dienstag, Mai 02, 2006

Klischees sind scheiße?

30. April 2006



„Kommt, wir fahren jetzt nach Bonn und gehen in eine Afrika-Disco“.

Es gibt Vorschläge der Freizeitgestaltung, die mich sofort begeistert aufspringen und rufen lassen:
„Hey, wir haben zwar Herbst, aber ich finde auch, daß wir jetzt unbedingt an die Alster fahren sollten um herauszufinden, ob man da wirklich drin stehen kann.“ Es gibt sicher Momente, in denen ich mir auch nichts Schöneres vorstellen könnte, als in unserer ehemaligen Bundeshauptstadt Farbigen beim tanzen zuzuschauen. Allerdings nicht unbedingt morgens um halb eins nach Extremvöllerei und dem Genuß von diversen Flaschen Wein.

So quengelte ich also unmotiviert „Och nöö, nichmehrlosgehenbüdde“, wurde aber von der lieben Freundin, bei der ich mich übers Wochenende eingenistet hatte, stumpf ignoriert. Ohne Rücksicht auf mein deutlich zur Schau gestelltes Schlafbedürfnis wurde ein Taxi bestellt und ich dort resolut reinverfrachtet. Na dann, immerhin war es ihr Wein, den ich den ganzen Abend fröhlich und vor allem in Massen trank...dann also los.

Ankunft Afrika-Disco in Bonn. Der Laden mutete ein wenig an wie ein Partykeller mit richtigen Zapfhähnen. Viel ist auf den ersten Blick nicht los. Ein paar dunkelhäutige Gestalten sitzen in der Ecke, die fünfundsechzigjährige Wirtin mit unglaublichem Ausschnitt säubert Gläser und ein afrikanischer Elefant puzzelt an der Stereoanlage.

Lauschig sollte man meinen. Langweilig könnte man sagen. Ich freute mich und bereitete meine Rede „Ach, laaaaanweilig, laß uns lieber wieder nach Hause fahren“ vor. Aber mit einem Mal schwappte die geballte rheinische Fröhlichkeit in Form von fünf, sagen wir mal „sehr präsenten“ Weiblichkeiten zwischen vierzig und fünfzig Lenzen über mir zusammen. Von der Herzlichkeit erschlagen und fasziniert von diesen unflätigst mit Unsäglichem Umsichschmeißenden, verlor ich auf der Stelle sämtliche kommunikativen Fähigkeiten und saß ab da sediert grinsend mit großen Kuhaugen in meinem persönlichen Kino.

„Koks, da muß Koks mit im Spiel sein“ dachte ich. „Du bist ein wenig unlocker, was?“ sagten die „Mädels“.

Aus Notwehr bestellte ich mir gleich zwei Bier zum festhalten.

Es ist kaum in Worte zu fassen. Man stelle sich eine typische Kegelschwesterngesellschaft vor, wie sie manchmal in Zügen sitzen und Ihre Vereinsersparnisse auf einem Ausflug versaufen. Die Figuren, die man sich vorstellt, darf man in der Masse so belassen. Jetzt subtrahiere man die Hälfte der verhüllenden Kleidungsstücke, addiere ein wenig Oberweite, kürze sämtliche Schamgrenzen, setze das Ergebnis in ständige Bewegung, drehe den Ton voll auf und mache das Licht an. Denn abgesehen davon, daß sie ganz schön strahlig waren, strahlten die Mädels eine solch fröhliche Offenheit aus, daß ich es mir durchaus hätte vorstellen können, an die diversen vorhandenen Brüste zu sinken und zu sagen: „ja, ich mag dich auch (aber du machst mir Angst)“.

Hamburg meets Rheinland. Ab heute glaube ich wieder an Klischees. Aber zum Karneval fahr ich trotzdem nicht.

1 Kommentar :

Bob hat gesagt…

Toll, meine Süße:) Du hast es geschafft! Du bist in der Blog-Gemeinde und hast auch gleich schon ein ordentliches Werk nachgelegt. Chapeau, chapeau!