Tja liebe Freunde, wer ist "Frau T."? Ich schreibe diesen Namen gleich noch einmal: "Frau T.". Damit ihr euch an ihn gewöhnt. Und ich mich auch. Denn wir werden alle zukünftig sehr viel Zeit mit der Dame verbringen.
Anscheinend hatte ich mich zu laut gefreut, daß ich zukünftig an den Nachmittagen ein lauschiges Einzelbüro mein eigen nenne, weil ich die Kemenate nach diversen Umstrukturierungs und -setzungsplänen nur noch mit einer lieben Halbtagskollegin teilen sollte. So viel Glück kann das Schicksal nicht gutheißen. Das Schicksal (mein Schicksal?) ist nämlich ein schadenfrohes Scheusal. In den hinteren Reihen will es sitzen und Tränen lachen darüber, daß man mit den neuen Schuhen auf dem ersten verfügbaren Hundehaufen ausrutscht. So gab es mir Frau T. Und sitzt nun weiterhin kichernd in der letzten Reihe. Mit Sicherheit stopft es sich dabei in unangenehmer Art und Weise Popcorn in den Hals.
Es gibt auf jedem Schulhof die armen Gestalten, die als letzte in die Mannschaft gewählt werden, in der Bank gibt es die Gestalten, die einst für einfache Eingabearbeiten eingestellt wurden und den genau für diese Tätigkeiten notwendigen IQ mitbringen. Nämlich etwa so viel wie man von einem Meter Feldweg erwarten kann. Leider gibt es durch die allgegenwärtige Technisierung diese Jobs nicht mehr. Die Leute aber sehr wohl. Frau T. zum Beispiel. Und wenn man hunderttausend qualifizierte Mitarbeiter einfach auf die Straße setzen kann, Frau T. wird man nicht los. Frau T. ist 53 und besitzt einen tollen Schwerbehindertenausweis, der uns jetzt auf ewig zusammenkettet.
Nun sieht Frau T. natürlich nicht aus wie ein Schwerbehindertenausweis. Eigentlich besteht Frau T. zu 80 % aus Angst zu 5 % aus Drüsen und auf die restlichen 15 % verteilt sich ein recht großer Haufen Fleisch, Knochen und Haut. Frau T. entstammt östlichen Regionen. Polen. Oder Tschechien. Was weiß ich. Ich kann ihre Sprache nicht. Sie meine allerdings auch nicht.
Wenn ihr mal bei uns durch die Gänge stromert und seht eine Frau mit wirrem Haar, die zehn Minuten regungslos vor den Postschränken steht und dann die Eingangspost einfach in den erstbesten Kasten wirft und schnell abhaut, dann habt ihr sie gefunden.
Wenn ihr einer Frau begegnet, die mit einem Schlüssel in der Hand regungslos vor einem Schrank steht, in dem sich zwei Schlüssellöcher befinden und die dann nach fünf Minuten anstrengenden Überlegens lieber wieder geht in der Hoffnung, daß ein guter Geist kommt und die Schränke aufschließt. Dann habt ihr sie gefunden.
Aber ich habe Hoffnung. Ich muß diese Hoffnung haben, sonst würde ich mich jetzt Dauerkrank schreiben lassen, weil ich sonst langsam aber sicher dem Wahnsinn in die Finger fallen würde. Dann könntet ihr durch die Gänge stromern und einer blonden Frau begegnen mit den irren Augen derer, die den Teufel gesehen haben. Wahrscheinlich dampft es aus ihren Ohren und sie murmelt ununterbrochen vor sich hin. Dann hättet ihr mich gefunden. Das wollen wir alle nicht. Hoffe ich. Deswegen hoffe ich, daß ich den Fluch brechen kann.
Ich hoffe, daß sie nicht ganz so doof ist wie sie sich gibt. Und ich hoffe, daß sie durch eine nette und freundliche Behandlung ihre Angst verliert und mit einem Mal wie der strahlende Stern am Bankenhimmel auftaucht. Jawohl. Das hoffe ich. Für sie ein wenig und noch mehr für mich. Nennt mich also fortan Robin Bine. Oder Robine wenn ihr nicht so viel Zeit habt. Beschützerin von Witwen und Frau T. Rächerin von Mobbingopfern und die Frau ohne Nasenschleimhaut. Denn Frau T. hat nicht nur Angst. Sie hat Schiß. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ihre Drüsen arbeiten gut.
Jetzt wird sich zeigen, ob wir unsere nicht vorhandenen Qualifikationen (sie als Bankangestellte, ich als Therapeutin) aneinander verbessern können. Stümpern wir also los was das Zeug hält.
Wenn alles nichts hilft, werden wir die Arbeitszeit einfach effektiv nutzen. Ich werde ihr morgens meine Haustürschlüssel in die Hand drücken und sie in meine Wohnung schicken, damit dort einmal tüchtig saubergemacht wird.Wenn ich nämlich eine Hausstauballergie hätte, wäre ich längst tot.
Und wir wären beide zufrieden.
Ich halte euch auf dem laufenden.
3 Kommentare :
Frau T. klingt doch ganz possierlich... in sicherer 400km Entfernung:) Vielleicht wird sie aber auch deine beste Freundin (weil´s nicht anders geht) und ihr beide fahrt mal zusammen nach Mallorca, hm? Also ich freu mich schon auf neue Geschichten von Frau T. (wpfür steht denn das T? Terror? Türkisch? Tärräää? TamTam? Transylvanien? Tabularasa? oder einfach nur Traurig?
Ja, so possierlich wie Kopfkissenmilben unterm Mikroskop...
... haben wir nicht alle unsere "Frau T." ?
Lieben Gruss aus Zürich
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