Montag, Juni 05, 2006

Exkremente

Vor meinem Bett steht ein lebender Feudel. Musher - der Hund einer Freundin - durfte die letzte Nacht bei mir schlafen, weil Frauchen auch gern einmal die pfingsttägliche Feierstimmung abhopsen wollte. Zu diesen Sitter-Diensten bin ich immer gern bereit. Und das hat nix damit zu tun, daß Katrin noch schnell in der Küche eine Traummahlzeit aus Gambas und grünen Spargel zauberte. Gar nichts.

Mit Hunden heißt es planen, weil sie sich die Nutzung der Toilette so schlecht beibringen lassen. Ich stellte also im Laufe des Abends folgende Überlegung an: Wenn ich um halb eins das Tier noch einmal auswringe, läßt es mich bestimmt bis mindestens um neun schlafen. Gesagt getan.

Nur kurz mal pinkeln sollte sie. Doch netterweise liefert der Hund mir während des nächtlichen Umherwanderns noch eine Füllung für den Kackebeutel. Super. Konnte sie das nicht bei Frauchen machen? Nach Mushers Darmentleerungen die in meinen Zuständigkeitsbereich fallen, fühle ich mich immer wie eine junge Mutter, deren Dreijähriges mit der Hand am Hintern breitbeinig hereingewackelt kommt und stolz verkündet: "Ich hab mich vollgekackat".

Eine leichte Übelkeit steigt auf, Tränen verschleiern meinen Blick und der Magen läuft sich schon einmal warm um schließlich beim ersten olfaktorischen Reiz mit rythmischen Krämpfen Richtung Speiseröhre einzusetzen. Gleichzeitig zittert mein Kinn unkontrolliert und die Speicheldrüsen entleeren sich wie auf Befehl im Schwall.

Mir wird vom Scheißegeruch anderer Leute schlecht. Nicht nur das. Ich muß mich böse zusammenreissen, um nicht meinen Mageninhalt mit dem fremden Darminhalt zu vereinen. Hunde zählen in dieser Aussage mit zu den "Leuten". Zumindest die Hunde, deren rückwärtige Hinterlassenschaften ich aufsammeln darf.

Ich kann das ja auch einfach liegen lassen? Ja, das ist sicher eine Überlegung wert.

Aber ich mag Hamburg. Hamburg soll nicht in Scheiße versinken. Außerdem könnte ich dann nicht mehr über die Hundehalter motzen, die ihre Köter ohne den ultimativen Gassi-Beutel im Anschlag auf sämtlichen Gehwegen und Grünstreifen rumschweinigeln lassen. Scheiß-Konsequenz. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Also prüfe ich kurz die Windrichtung, um aus strategisch günstiger Position mit angehaltenem Atem und Plastiktütenhandschuh die Stelle abzutasten, wo Musher sich erleichterte. So einfach ist das gar nicht im Dunkeln. Ich weiß nicht, was ich alles einsammeln würde, wenn der Haufen sich nicht netterweise durch leicht erhöhte Temperatur zu erkennen geben würde. Örks.

Bei den nächsten Handgriffen hilft mir die weibliche Fähigkeit, mehrere Dinge gleichzeitig zu machen. Würgereiz kontrollieren und zackig die Tüte über die Hand stülpen und verknoten. Puh. Geschafft. Jetzt aber wieder rein. Noch ein paar Mal an ungefährlicher Stelle tief durchatmen und den Magen loben. "Fein gemacht, hast den Spargel gut bei dir behalten. Zur Belohnung darfst du morgen ausschlafen".

Ausschlafen? Von wegen. Es ist sieben Uhr und Musher tanzt vor meinem Bett den Pipitanz. Um sieben? Ist die krank? Nee. Also wirklich. Ich tu einfach so, als wäre diese Choreographie der "Hach, Bine ich freu mich so dich zu sehen, lob mich, daß ich die ganze Nacht im Wohnzimmer geblieben und nicht wie sonst heimlich ins Bett gesprungen bin während du schliefst-Tanz" und dreh mich wieder um.

Aber Musher gibt nicht auf. Sie springt aufs Bett und auf mir herum. Zusätzlich zu wilden Verrenkungen beginnt sie nun auch noch mit hochtonigen Gebetgesängen. "Ach Köter, pinkel doch einfach in die Dusche" grummel ich und versuche, gleichzeitig in meine Hose zu steigen und dabei den Struppelflummie, der um mich herumspringt, abzuwehren.

Wer mich schon einmal morgens um sieben gesehen hat weiß, daß mein Zustand um diese Uhrzeit in keinster Weise gesellschaftsfähig ist. Die Augen sind geschwollen und von Wimperntuscheresten untermauert, die Haare stehen in gar nicht aktueller Weise in alle Richtungen ab und die Mundwinkel folgen der Schwerkraft genauso wie die Stirn.

Warum wohne ich nicht auf dem Lande. Dann könnte ich jetzt einfach die Terassentür öffnen und mir, während der Hund selbständig seinen Geschäften nachgeht, schon einmal einen Kaffee kochen. Dann müßte ich nicht damit rechnen, auf dem Weg nach unten und durch den Hof schon mehreren gutgelaunten und wachen Nachbarn zu begegnen, die mir kopfschüttelnd hinterhersehen und sich hinterher darüber unterhalten, daß die Bine sich ja wirklich in unglaublichen Aufzügen auf die Straße traut.

Ich fand den St-Pauli-Totenkopf-Pulli durchaus passend zu meinem right-out-of-the-bed-punk-style. Beim nächsten Mal werde ich als zusätzliches Accessoire eine Flasche Bier schwenken und untenrum meine Schlafanzughose anbehalten.

Wennschon dennschon.

2 Kommentare :

Bob hat gesagt…

Sehr schön. Ich sag ja: Die Viecher sollen da hin zurück, wo sie hergekommen sind. Ins Tierheim oder zum cinesischen Suppenfabrikanten. Die Pipi-Kacka-Nummer würde mir so auf den Keks gehen, dass ich dem Vierbeiner ne Runde Freilauf an der nächsten Autobahnauffahrt gönnen würde. Das Problem würde sich selber lösen. Ist das jetzt vetärinärpolitisch vertretbar? Ich hoffe nicht...:) Also, das nächste Mal abwinken und etwas von Familiennotfall murmeln... oder mich anrufen und sich verleugnen lassen.

Anonym hat gesagt…

Das leid mit dem lieben Hund, dem besten Freund des Menschen :-)
Sehr treffend beschrieben. Du hast die Stelle vergessen, wo die die der Hund verloren hat Zecke über den Fußboden krabbelt und sich Dein Blut nehmen will... Yeah!

Gruß vom 2 Hundbesitzer :-)