Das schönste dieser Tage in der U-Bahn sind nicht die Schweißmiefer und auch nicht die kinderfeindlichen Omas. Nein, es sind die Sorgsam-mit-ihren-Sachen-umgeher. Die Abnutzungsverweigerer, die Pseudosportler. Oder was sonst noch für Geisteshaltungen zugrundeliegen können, wenn jemand morgens sein Fahrrad aus dem Keller wuppt, sich mit albernem Helm und Luftpumpe austattet, und schließlich das kostbare Fahrrad ein wenig mit der U-Bahn spazierenfährt?
In jedem Waggon sind bei schönem Wetter mindestens vier dieser sperrigen Ausstiegshinderer zu finden. Zwei pro Tür. Damit auch schön alles verkeilt und wirklich niemand mehr die Chance hat, ungehindert den Wagen zu verlassen.
In einigen besonderen Fällen hat das kleine Schnuckelrad offensichtlich schon ein Alter erreicht, in dem es sich von seinem Besitzer zu lösen und auch mal auf eigenen Beinen zu stehen hat. Und wie im richtigen Leben haut das nicht immer auf Anhieb hin. Leicht unsicher steht dann das Rad im Gang, um in der nächsten U-Bahn-Wackelphase ins Schwanken zu geraten und eisern zu versuchen, das Gleichgewicht zu halten. Klatschklingeling fällt es um. Ich finde, das war abzusehen. Die jungen Ungestümen brauchen nun einmal eine feste Hand und Halt. Der Fahrradpapa kommt wie immer zum trösten und aufheben, wenn es schon zu spät ist.
Und Rißwunden in den Beinen von umstehenden Mitfahrern heilen ja wieder.
Laßt sie fahren Leute, laßt sie los, und sie werden sich erheben woraufhin ihr aufsteigen werdet in die ungeahnten Himmel der Fahrtwinde und der straffen Waden. Ihr werdet geachtet sein und sportlich. Also gehet hin. Sammelt heraus die Räder aus den Eisenställen. Gebt ihnen Freiheit und Raum. Und sie werden fliegen lernen.
Und wenn mir noch einmal so ein Kackrad das Bein in der Ubahn aufschrammt, fliegt es auch. Aber anders. So.
Dabei fällt mir ein, daß ich einst als Auftragsarbeit einer Kollegin ein wirklich fürchterliches kitschiges Gedicht für eine Hochzeit geschrieben habe. Aus der Sicht eines Fahrrades, welches schon seit Ewigkeiten unabgeholt im fremden Schuppen stand und zum Anlaß der Hochzeit feierlich wieder zurückgegeben wurde. Ha, das such ich jetzt. Nicht, daß ihr denkt, ich schreibe NUR Blödsinn. Ich kann auch echten Durchfall produzieren. Alsdann, Taschentücher raus und Feuerzeuge an:
Ich armes Rad aus hartem Stahl
stand voller Qual
mit Altmetall
im Hühnerstall
- ein volles Jahr -
war dir auf einmal ganz egal.
Und nur weil dieser Typ dich laut
(wir warn doch vorher so vertraut..)
um deine Hand gehalten.
Vergessen war`n wir alten.
Du warst auf einmal nur noch "Braut".
So stand ich da im Schuppen rum
wollt rufen dich - und blieb doch stumm.
Mit jedem Tag die Hoffnung schwand,
daß du mich holst...
Ich bin ein Rad - aber nicht dumm.
Ich gönn ihn dir aus tiefster Nabe
doch mit jeder Speiche find ich`s schade,
daß ich kein Mensch aus Fleisch und Blut.
Denn könnt ich reden, lachen, essen,
du hättest mich wohl nicht vergessen.
Wenn Fleisch und Blut ich nämlich hätte,
ich nähm dich sofort an die Kette.
Gerade so, wie er`s jetzt tut.
Ich wünsch euch Gutes nur - in echt.
Im Grunde find ich`s gar nicht schlecht
und kehre nun von selbst zurück.
Fleißig klingelnd Hochzeitslieder.
Vielleicht hab ich ein wenig Glück
frag ich mich bang
...nehmt ihr mich wieder?
So, darauf jetzt ein Schmalzbrot.
Irgendwie paßt da auch zu, daß ich doch ganz froh bin, noch nicht in der Lage zu sein, von mir gemachte Fotos hier einzustellen, weil Kay und ich uns gestern im Biergarten zwischen Bier, Fußball, spazieren und noch mehr Bier (jaja, ich weiß, ich bin wieder unglaublich konsequent..) damit amüsiert haben, gegenseitig unsere Zungenbeläge zu fotografieren.
Das will ja nun wirklich keiner sehen.
6 Kommentare :
Hübsche Sache, Zungenbeläge. Guck doch mal, ob man in dem Bewuchs das Gesicht von Jürgen Klinsmann erkennen kann. Dann könntest Du den Belag momentan prima bei Ebay versteigern. Von dem Geld kaufst Du Dir dann auch so ein tolles Posh-Bike und einen Kevlar-Aramid-Helm. Neulich hab ich mal ein älteres Edelpärchen mit zwei sauteuren Full-suspended-Downhillbikes gesehen. Die hatten sich vorne ein Körbchen drangebastelt. Manchmal hasse ich unsere Stadt...
Zungenbeläge gucken ist meine Spezialität also nur nicht so schüchtern.
Aber ich war gerührt von deinem Gedicht...schnüff... Selten habe ich mich mit einem Stück Metall verbundener gefühlt. Herzallerliebst... hat es denn eine neue Familie gefunden?
Habbich schon wieder was verpasst? War das Gedicht etwa für Kay & ....? (Würde ja passen, das mit dem Rad!)Ist der doch nicht mehr zu haben (Mal abgesehen, von der coolen Schnidde, mit der er zusammenwohnt)? Wieso wart Ihr überhaupt ohne mich Fussball gucken? *maul*
doch nicht für kay *stirnpatsch
obwohl es mich durchaus mal interessieren würde, wie der lange sich so als braut machen würde :)
Fahrradfahren wird eh erst mit Hilfsmotor schön, aber dann heißt es ja wohl Motorrad. Wäre allerdings bestimmt ein, zwei Lacher wert, wenn ich versuchen würde mit meinem Mopped inne Strpazenbahn zu kommen *ggg*
dr. bob, dr. bob, ich habe jürgen klinsmann auf der zunge...
...dann schlucken sie dreimal kräftig trocken.
*reicht bobby n taschentuch.
keine ahnung. einer wirds schon aus mitleid mitgenommen haben wenns nicht die brautleute taten ;)
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