Dienstag, Oktober 16, 2007

Santiago

Nun sind wir in Santiago. Naja, "nun" ist ein wenig falsch ausgedrueckt. Eigentlich sind wir bereits seit Sonntag mittag hier. Und Binschn latscht jetzt an Kruecken von wegen der Schonung. Knapp 60 Kilometer mit einer ansteigenden Entzuendung im Fuss laufen, ist nicht unbedingt gesundheitsfoerdernd, aber mit Apothekendrogen bis unter die Augen durchaus machbar.

Natuerlich habe ich jeden morgen mit dem Gedanken gespielt, den Bus zu nehmen. Auch am Sonntag frueh haderte ich, ob ich die letzten 24 Kilometer fahre. Aber ich gehe doch nicht 300 Kilometer durch Spanien um dann die letzten Meter den Bus zu nehmen. Das ging nicht. Und der Fuss sah das auch ein und liess sich einlaufen. Er durfte keine Pause machen, weil er schlecht wieder ausm Quark kam, aber er hat mitgespielt. Und ich bin den ganzen Weg gelaufen.

Natuerlich ist er jetzt ein wenig boese mit mir und hat ziemlich klare Ideen geaeussert, was das wandern nach Finistera angeht. Eine selbsterzwungene Pause? Vielleicht aber auch die letzte Moeglichkeit des Koerpers, dem Weg entsprechend mal ein wenig langsamer zu machen und tatsaechlich auch die Anstrengung wirken zu lassen. Sowohl die koerperliche, als auch die mentale. Mental hatte ich wohl vordergruendig zu viel Spass.

Der gesamte Weg war ein Heidenspass. Egal ob religioes oder nicht. Einzelheiten folgen, aber wie bereits gesagt, ich kann hier nur situativ.

Also, ein religioeser Heidenspass? Egal wie. Ich wuerde sagen, dass ich grundsaetzlich schon im Normalleben sehr viel Spass habe. In den letzten zwei Wochen habe ich dennoch so viel lachen muessen wie schon lange nicht mehr. Und die logische Quittung dafuer bekam ich dann gestern in der Pilgermesse. Als wir in der Messe in dieser riesigen Kathedrale sassen mit tausend anderen Leuten, von denen mir eine grosse Zahl vom Weg her vertraut waren, war es, als drueckten mit einmal all die Gefuehle aller Anwesenden, die Freude, hier zu sein, der Stolz, es geschafft zu haben, die Dankbarkeit fuer all die Hilfsbereitschaft und Offenheit, die uns auf dem gesamten Weg begleitet hat, auch Trauer und Schmerzen und Sehnsucht auf mich runter und gleichzeitig fiel auf mir drueckendes runter oder ging in diesem emotionalen Gemisch auf.

Und ich habe die ganze Messe lang geweint. Ich konnte ueberhaupt nichts dagegen tun. Es ging ein Hahn auf und es lief und lief und lief. Schaetze, das musste sein.

Als Zwischenfazit, jetzt, wo ich noch zwei Tage lang Krueckentourist in Santiago spiele bleibt festzuhalten, dass die Idee, den Jakobsweg zu laufen, eine gaenzlich phantastische war. Meike und ich haben irgendwelche altschwesterlichen Bruecken gebrochen und uns, nachdem wir uns durchaus am Anfang quer durch irgendwelche Ortschaften anbruellten, wie von allein neu angenaehert und sind jetzt ein prima Team ohne falsche Beziehungsohren.

Und ein weiteres Zwischenfazit ist, dass gleich schon wieder die gemietete Zeit im Internetcafe vorbei ist und ich ausserdem in zehn Minuten mit Herdenteilen verabredet bin. Sobald ich die Bilder runterladen kann, naemlich zu Hause, stell ich euch alle mal vor.

Alsdann. Buen Camino. Das war eine schoene Zeit. Pilgern macht Laune.

7 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Juuuhuu, Bine, Du bist die Größte!!
Trotz schmerzender Entzündung den
schweren Weg bis zum Ende zu gehen.
ALLERGRÖSSTE HOCHACHTUNG!
Ich wußte es von Anfang an, daß Du
es packst, war im Gedanken jeden Tag bei Dir.
Die körperlichen Blessuren vergehen
wieder, aber die tolle Zeit und die vielen Erlebnisse werden Dir in Erinnerung bleiben. Bin schon sehr neugierig auf all die spannenden und lustigen Geschichten.
Komm "gesund" und munter wieder in die schönste Stadt.

:) gaaanz liebe Grüße :):)

Anonym hat gesagt…

GAAAAAANZ FETTES GRATZI!!!!!!

Anonym hat gesagt…

RESPEKT! kann ich da nur sagen! meine herzlichsten glückwünsche zum geschafften weg an dich und auch an deine mitläufer!

ich glaub nicht, dass ich mir das zutrauen würde, weil wie gesagt, ich lass eher meinen geist wandern, wie man so schön sagt. da zolle ich jedem, der sowas mitmacht, massenhaft RESPEKT!

gute besserung deinem fuss, und: wann kommt denn dein buch nun raus?

Martin der Alte hat gesagt…

RIESEN DICKEN GLÜCKWUNSCH auch von mir, freu mich echt das du es geschaft hast. Die kühle protestantische Blonde bei den Katholiken da ;)

Bin schon ganz gespannt auf deine Bilder ...

Wir als Mitwanderleser sind echt stolz auf dich. Ohne dich hätten wir es bestimmt nicht geschaft.


lgg Martin

Jens-Rainer hat gesagt…

Hallo Sabine,
also wenn Du demnächst wieder in die Schweiz kommst hängen wir den "Weg der Schweiz" rund um den Urnersee dran, 36 KM vom Ruetli bis zum Denkma l für die Auslandsschweizer, einverstanden? Die Bülacher gratulieren den Herden-Schwestern zur tollen Leistung! Wie weit is denn noch bis Finistere? Klingt so finster. Gruss, Jens

Anonym hat gesagt…

Wow, gib mir mal was von deinem Durchhaltevermögen ab. Ich bin da wohl auch eher der Geisteswanderer á la mahort. ;-)

Ich finde es einfach klasse, was ihr da durchgezogen habt und vor allem wie. "Respekt" ist das Einzige, was mir dazu einfällt. :-))

Kühles Blondes hat gesagt…

dankeschön, dankeschön an alle ;)
momentan fühle ich mich eigentlich mehr humpelig als stolz. zu haus sieht das ganze wieder so weit weg aus. irgendwie. kann jemand kommen und heut nacht in meinem schlafzimmer schnarchen? :))

jens, ohne gepäck? das machen wir doch vorm mittag. aber nur, wenn deine frau dann wieder lecker kocht ;)