Aus hormonischen Gründen war heute bei mir mal wieder ein Süßigkeitenfreßflash vorstellig. „Guten Tag“ sagte er, „ich wäre dir sehr verbunden, wenn Du Dich jetzt mittels ekliger Gummisachen an den Rand eines Zuckerschocks befördern könntest, vielen Dank“. „Oh, ebenfalls vielen Dank“ sagte ich. Diese ekligen Gummisachen sind ja wohl der Grund für die fabelhafte Figur von Heidi Klum. Die hätte ich auch gern, die Figur, wanderte los und kaufte mir abgepackte Schnökertüten in unserer Cafeteria, kippte den Inhalt wahllos in die Schublade und begann, die Teile beiläufig aber kontinuierlich zu verspeisen.
Ich bin wirklich sehr froh, dass mein Freßflash mich nicht zwingt, Schokolade zu essen. Schokolade macht ja – im Gegensatz zu blauen Gummischlümpfen – ziemlich was dick. Ich habe eben einen verantwortungsvollen Appetit und bin dick genug. Keine Ne…äh..Schaumküsse will ich essen, ich brauche keine Ritter-Sport, niemand muß für mich die Toblerone-Berge erklimmen oder göttlich daherkommen wie der Mars. Ich bin 35 Jahre alt. Da schafft man Hormonfreßflashs schon ohne M&M`s . Und Gummischlümpfe oder Schaummäuse machen…na gut, machen auch dick. Negativ. Aber mir wird sehr schnell übel von dem Zeug. Positiv.
Und dann hat sich was mit Herrn Freßflash. Dann geht er wieder, alles ist gut, mir ist schlecht und ich habe ein wenig Herzklopfen. Vermutlich wegen des ungewohnten Zuckers. Außerdem klebt noch total viel von dieser roten Gummibanane an der Rückseite und zwischen den Zähnen. Während ich so herumprokel, muss ich daran denken, wie ich einst, in jungen Jahren, zum ersten Mal von dem größten aller Herren Freßflashs besucht wurde, den man sich vorstellen kann. Er blieb zwei Monate. Jawohl. Unvorstellbar? Glaubt mir das, das wäre mir auch lieber gewesen.
Natürlich hatte der große Typ damals wirklich nicht so wahnsinnig viel zu tun mit den kleinen netten Stippvisiten aus der heutigen Zeit, das Grundprinzip stimmte aber überein. Alter Schwede, was habe ich damals in den zwei Monaten in mich reingerattert. Ich erinnere mich – ungern – an einen Abend, an dem ich ein ganzes Paket Kartoffelpürree mit einer Familienpackung Bratwurst aufaß. Einfach so aufaß. Und ich mag gar keine Bratwurst.
Nach zwei Monaten wog ich 30 Kilo mehr. Das war alles ich. Das war unglaublich.
Nachdem ich merkte, dass ich offenbar gerade irgendwo ein schwarzes Loch hatte und nicht aufhören konnte, mir ständig etwas in den Hals zu schieben, entschied ich mich, dass ich dann genauso gut auch gesunde Dinge essen könnte. Konnte ich. Zum Glück gab es damals schon die großen Säcke mit den Möhren und den Äpfeln. Aber auch die machen in Massen verzehrt nicht unbedingt schlanker.
Originell wurde diese Phase wegen einer vagen Erinnerung von mir an den Film „Das fliegende Klassenzimmer“. Ich würde einmal behaupten, ich hätte draufgehen können. Wegen des Films. Übel was? Aber warum? In diesem Film sagt irgendwo jemand den – für mich – sehr denkwürdigen Satz „Trockenobst ist gesund“. Daran erinnerte ich mich merkwürdigerweise. Daran erinnere ich mich heute noch wie heute. Der Satz ist anscheinend wichtig für mich. Oder er wird es vielleicht einmal.
Na gut, gehen wir wieder gut 12 Jahre zurück. Da dachte die Bine: „Hey, Trockenobst. Das ist doch bestimmt lecker. Und so gesund.“ Wanderte los und kaufte einen Riesenbatzen Trockenpflaumen. Weder hatte ich so ein Zeug vorher schon einmal gegessen, noch wusste ich über diese systemschmierende Wirkung der Knödel. Ich aß also fast ein Kilo Trockenpflaumen auf einmal weg und verwandelte mich dann in einen Vulkan.
Zwei geschlagene Tage lag ich bewegungsunfähig wie ein Käfer auf dem Rücken in meiner Wohnung und bestaunte die Dehnfähigkeit meiner Bauchdecke. In meinem Bäuchlein fand ein Krieg der Welten statt. Zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Sozusagen. Zum Glück war das Fenster auf. Was für ein Erlebnis.
Während meiner Giftgasangriffe auf mich selbst, formte sich dann auch langsam die Erkenntnis, dass ich möglicherweise gerade einer Vollmacke zum Opfer fiel und ich hatte ja genügend Zeit und Muße, zu reflektieren. Ziemlich schnell hatte ich raus, was da grad ablief. Liebeskummer. Ich hatte Liebeskummer. Ich war in den alten Engländer verknallt und der hatte sich irgendwie mitten im Lauf kommentarlos vom Acker gemacht.
Da fehlte was, da musste was rein. Mein kleiner oraler Supergau. Mit dem Erkennen des Musters, wars vorbei. Wie ein Wasserhahn, den man abdreht. Zack war ich wieder normal. Also, soweit so gut. Normaler als damals auf alle Fälle. Und dann bald wieder dünner.
Was lernen wir jetzt daraus?
Bei Liebeskummer unbedingt Trockenpflaumen in großen Mengen konsumieren. Das Problem wird gelöst, herausgespült, und jetzt das beste: Danach seid ihr immun. Glaubt mir, ich habe mich nie wieder so schlimm gefühlt wie damals.
Übrigens habe ich über die Episode meines Lebens später noch herzlich lachen müssen, als man mir zutrug, dass der englische Müllsack, dem ich das ganze zu verdanken hatte, schwul war.
Ich Depp.
11 Kommentare :
Du hast wegen einem schwulen, alten, englischen Müllbeutel 30 Kilo zugenommen? Ich fass es nicht. Bine, das hätt ich nicht von dir gedacht...
du bist doch nie im Leben 35? Ok.. kenne nur das Bild hier. ne.. nie im lebbe net
so ist das steini, wir waren alle mal jung und verflaust :)
anonym, kannst du das in drei monaten noch einmal sagen, dann bin ich nämlich 36 :/
Wow! Komatöser Fressflash kenn ich gar nicht. Ich fress immer so viel... Trockenobst käme mir aber nie in die Tüte. Da mach ich lieber ne Currywurst-Diät
Liebeskummer lohnt sich nicht mein Darling *träller*
Und wenn doch, nimm Glaubersalz...bläht nicht auf, hat aber ebenfalls eine durschschlagende Wirkung ;)
Fressen sollte man halt mit Genuss und nicht aus Trauer. Dann klappt es auch mit dem dickwerden :-)))
Die Beschreibung Deiner Eigengasversuche hat mir allerdings die Freudentränen in die Augen getrieben. Herrlich!
ex-anonym von letzte Nacht
Kann ich dir gerne öfters sagen wenn du das magst.
warum ist der fressflash eigentlich ein "herr fressflash"? ist alles boese maennlich?
es heißt DER fressflash. nicht DIE fressflash :)
im übrigen klingt FRau FRessflash blöde. oder?
sollte es dann nicht eher "das fressflash" heissen...mit dem "geschlecht" von woertern sollte man vorsichtig sein...
fast alle negativen substantive haben weibliche "bestimmte artikel". na gut, die positiven auch...lach...
neutrale artikel werden verwendet bei worten, die zur verniedlichung geeignet sind oder bereits verniedlicht sind. mädchen, brötchen, pferd-chen...das wäre das hier? freß-fläschchen?
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