Freitag, August 04, 2006

Uhrlaup macht dof

Unglaublich. Alter Schwede. Urlaub macht doof. Allein die Vorstellung, sich hinzusetzen, um Geistreiches zu produzieren, löst in mir eigentlich grad ein Gefühl aus wie damals, als ich in der Schule von meiner Deutschlehrerin, Frau Hein, an die Tafel zitiert wurde, um den dort von ihr niedergeschriebenen Satz nach allen Regeln der Grammatikkunst zu zergliedern, zermürben, zerfleischen und zu definieren. Lieber Himmel, was war noch einmal ne Präposition? Ach ja, Adverben gabs ja nur in Latein.

Die ganze Klasse sass kichernd hinter mir. Jeder für sich erleichtert, dass es ihn oder sie nicht getroffen hat. Was eine Präposition ist, habe ich direkt wieder vergessen. Ansonsten bin ich Frau Hein aber heute noch dankbar, dass sie mir, wenn auch etwas autoritär, die deutsche Sprache eingebleut hat. In Gedenken an diese ältere, aufrechte und höchstpreussische Dame, werde ich auch davon absehen, die neuen Rechtschreibregeln zu lernen. Ausser, sie gefallen mir. Wir werden sehen.

Wie bei Frau Hein an der Tafel fühle ich mich nicht nur, weil mein Gehirn grad auf Urlaub ist, sondern auch, sobald ich in der Schweiz ein Geschäft betrete. Ich kann es nicht. Ich kann es wirklich nicht. Ich weiss, dass es sicher höflich wäre , aber ich kriege kein "Gruezie miteinand" über die Lippen. Ich finde es schön, wenn andere es sagen. Und furchtbar, wenn dieses Wort meinen Mund verlässt. Deshalb flüstere ich beim hineinkommen stets verschämt: .....hallo....hmmm und hoffe, dass mir keine Fragen gestellt werden, die ich nicht verstehe.

Die Grussformel beim rausgehen habe ich jetzt doch tatsächlich vergessen. Ich sage genauso verschämt wie beim hineingehen das ....hallo...hm... dann ......schüss.....räusper. Herrjeh. Wie sagt man da noch hier in der Schweiz? Ach, egal. Ich werd es sicher noch wieder zu hören bekommen.

Ansonsten gibt es gar nicht so viel zu berichten. Die Schweiz hat mich so willkommen geheissen, wie man einen Norddeutschen am besten willkommen heisst. Mit durchschnittlich 15 Grad und Regen. Sehr erfrischend nach den schwülen Wochen der letzten Monate. Vielleicht nicht gerade DAS Urlaubswetter, aber ich bin da nicht sehr anspruchsvoll. Immerhin muss ich bei diesem Wetter nicht in der Aare schwimmen und riskieren, wegen der unglaublichen Strömung an irgendwelchen Hauswänden zu zerschellen. Ich gebe zu, ich hatte vor dieser mir angedrohten Freizeitbespassung echt Angst.

Meine letzte grosse Freizeitbespassung in der Schweiz, bei meinem letzten Besuch im Januar, ging auch volle Möhre in die Hose. Die Ankündigung: "Bine, wir gehen jetzt Skifahren", nahm ich ja noch einigermassen stoisch entgegen. Als ich dann mit den Riesenbotten an den Füssen im Lift sass, wurde mir schon ein wenig mulmig, als ich auf die diversen Steilhänge in der überschwebten Piste guckte, wurde mir ein wenig schlecht, und als ich das erste Mal auf Skiern stand, knallte ich hin. Als ich das zweite Mal auf den gleichen Skiern stand, fuhren diese mit mir in einem Affentempo auf einen Abgrund zu, so dass ich lieber hinknallte. Nach 200 Metern im Pflug mit einem wohlmeinenden Freund als Bremser hintendran, war ich bis auf die Unterwäsche durchgeschwitzt, hatte Krämpfe in allen Muskeln der Beine und im Kopf nur noch einen Gedanken: NEIN!

Die erste Kneipe an der Piste war meine, wo ich mir dann erstmal Mittags Schnaps in den Kaffee goss, und dann entschied, dass wandern auch Spass macht. Ich lief also ins Tal. Und was soll ich sagen? Es war wundervoll. Man kann auch mit kleinen Dingen zufrieden sein.

Also, kein Stromschnellengeschwimme für Bine. Hurra.

Was mich übrigens wundert ist, dass es in der Schweiz gar nicht so viele dicke Leute gibt wie Süssigkeitengeschäfte. Sind die nur für Touristen?

3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Über- oder Unterqueren des Alpenhauptkammes bringt es wettermässig (zumindest meist); wenige km zeitigen grossen Effekt.
Bis vor kurzer Zeit glaubte ich, Hamburg Nebelregen oder Hamburg Graupelschauer seien Stadtteile.
Schönen Aufenthalt noch.

Kühles Blondes hat gesagt…

derzeit ist da wettermäßig ja eher sintflut :)
aber egal, die schweiz ist auch im regen schön.

Anonym hat gesagt…

Nachhilfe:
Du warst ja in Thun. Dort sagt man zum Gruss nicht „Grüezi mitenand“ wie in den meisten Dialekten der Schweiz, sondern auf Berndeutsch heisst das „Grüessech mitnang“ („Grüezi“ heisst „Grüsse Sie“ und „Grüessech“ heisst „Grüsse Euch“. In Berndeutsch ist die Höflichkeitsform die 2. Person Plural – na, klingt’s schon bald wieder wie bei Frau Heins Grammatiklektionen?)
Schweizweit tauglich ist die Verabschiedung: „Uf Wiederluege“ (Auf Wiederschauen/ -sehen) oder „Uf Wiederlose“ (Auf Wiederhören). „Tschüss“ oder „Tschau“ (ital. „Ciao“) darf man nur bei geduzte Personen verwenden.
Probiers mal mit Aussprechen von „Grüessech“, das kommt dir sicher besser über die Lippen, als „Grüezi“. Berndeutsch ist doch so viel schöner als Zürichdeutsch.

Um dich an diese Formeln bei der nächsten Schweizreise zu erinnern, kannst du obigen Text ausdrucken und auf Spickzettelformat zuschneiden. – Schon wieder so eine Erinnerung an Frau Heins Schulstunden!