Als ich heute morgen durch das blasenregnende Ungewetter zur U-Bahn stapfte, fiel mir ein altes Kinderlied ein, welches ich unbewußt vor mich hinsummte. Irgendwann hörte ich genauer hin und mir fiel zum ersten Mal auf, was ich da eigentlich seit - naja - mal mindestens 33 Jahren unbewußt vor mich hinsumme wenn es regnet:
Es regnet ohne Unterlass,
es regnet immerzu,
die Schmetterlinge werden nass,
die Blümchen gehen zu.
Roter, roter Falter,
komm, ach komm zu mir,
aber deinem Brüderlein,
schließ ich zu die Tür.
"Deinem Brüderlein schließ ich zu die Tür"? Kann mir jemand mal die sozialpädagogischen Hintergründe dieses Liedes erklären? Warum läßt man Kinder so etwas singen? Damit sie zukünftig nur eingeschränkt Gutes tun? Damit das Haus nicht voll ist mit Insektengeviech? Und warum bin ich selbst nie auf den Gedanken gekommen, zu fragen, warum ich nur rote Falter reinlassen darf. Ich persönlich habe übrigens noch nie einen roten Falter gesehen.
.....Ach so.
Ich beginne zu begreifen...was für ein Potential. Denkt da noch jemand drüber nach, was man Kinder singen läßt? Da werde ich mich doch demnächst einmal etwas intensiver mit den Liedern meiner Kindheit auseinandersetzen. Also mit den offiziellen. Nicht mit so einem Underdog-Kram wie "HSV, dumme Sau, steckt den Piller in`n Kakao" oder so. Das haben wir auch gar nicht so oft gesungen. Glaube ich. Mehr so der Plumpsack, der die Hucke vollkriegt wenn er sich umdreht oder lacht.
5 Kommentare :
Kleiner Tipp am Rande:
Das mit den roten Faltern ist eine Frage des richtigen bzw. falschen Tabaks. *grins
Und anschliessend machen auch solche Kinderlieder richtig Sinn.
Nur das Sozialpädogische wird stets aus der Strecke bleiben.
Schweizer Kinder und Ex-Kinder summen jeweils folgenden Text vor sich hin, wenn’s regnet:
Regen, Regentröpfchen
Es regnet auf mein Köpfchen
Wenn es regnet werden die Blümchen nass
und alle Steinchen auf der Gasse.
Wenn es regnet werden die Blümchen nass
und alle Steinchen auf der Gasse.
Originalversion in Zürcher Dialekt:
http://www.villa-kunterbunt.ch/Lieder/raege.htm
Ob das pädagogische Ziel einer Repetition der letzten logiktriefenden Strophe sinnvoller ist, als Faltern die Tür zuzuschlagen, lass ich mal Erziehungs-Spezialisten debattieren. Aber eines werden die Rotzbengel ja wohl kapieren: Dass alles nass wird, wenn es regnet. Ist das nun endlich allen klar?
Die "Brüderlein" sind...-> Motten
Ich habe dieses Lied auch im Kindergarten gelernt.
Muss man denn wirklich alles immer auseinander pflücken? Ich finde diesen Reim oder kleines Lied einfach schön.
Wir haben das Lied auch - vor ca. 60 Jahren - im Kindergarten gesungen, und gestern kamen wir zufällig darauf zurück und haben uns ebenfalls gefragt, warum wohl dem Brüderlein des roten Falters die Tür verschlossen bleiben soll.
Mein jüngerer Bruder sagte mir daraufhin, er habe das Lied nie gemocht, da er den Text immer auf sich selbst bezogen hatte.
Unter http://www.gottiswelt.de/liedgut/kinderlieder.htm habe ich lediglich herausgefunden: "Weise nach Helmut Bornefeld aus "Kanons nach Kinderliedern"".
Die "Kanons nach Kinderliedern" wurden 1948 vom Carus Verlag herausgegeben; an anderer Stelle auch bei Bärenreiter.
Wenn diese Information stimmen sollte, dann hat der evang. Kirchenmusiker Bornefeld den Reim also vertont, weil er ihm aus irgendeinem Grund wohl gefallen haben muss.
Der Ursprung des Textes ist damit aber weiterhin ungeklärt. Vielleicht gibt das Buch darüber Auskunft?
P.S.: Es war übrigens ein evang. Kindergarten, wo wir das Lied gesungen haben. Wir haben uns gestern Abend auch gefragt, warum wir diesen sonderbaren Text nie bei den Kindergärtnerinnen hinterfragt haben.
Wir wurden dort allerdingsauch nicht zur Neugier erzogen; die Erziehungsmethoden waren vor 1960 noch hart: wer ein "böses Wort" gesagt hatte, bekam den Mund mit Seife ausgewaschen und als Steigerung wurde der Mund mit Paketklebeband zugeklebt.
Da kann einem Brüderlein auch schon mal zur Strafe die Tür verschlossen bleiben?
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