Sonntag, November 05, 2006

Pipiessen

Der rote Blitz ist weg. Zum Glück. Besonders in der kalten Jahreszeit behagt mir die Vorstellung des Autofahren-Müssens nicht. Im Sommer fuhr ich zwar auch kaum noch, weil ich in Hamburg alle Wege bequem, schnell und ohne langwierige Parkplatzsuche mit der U-Bahn erledigen kann, doch im Winter wurden die Pausen, in denen der Wagen sich kaputtstand, immer länger. Es ist zwar nicht so, als hätte ich für mein Vehikel keine Winterreifen besessen, aber als unlustiger Reifentauscher bzw. - wie ich mit schamgesenktem Haupt zugeben muß - Reifen-vom-Dachboden-Holer, der trotzdem an seinem Leben hängt, zog und ziehe ich doch die eine oder andere Schlenderei an der frischen Luft vor.

Daran mußte ich heute morgen denken, als ich im Radio von den ersten Bodenfrostergebnissen hörte. Jede Menge Unfälle und Staus. Der Winter kommt aber auch immer so plötzlich. Hinterhältig sowas. Aber nicht mehr mein Problem. Ich bin jetzt wieder Fußgänger.

Fußgänger und Grünkohlesser. Denn pünktlich zum ersten Frost war ich heute zum Grünkohlanstich geladen. Ob man das sagt? Keine Ahnung. Grünkohlanessen? Grünkohl Start-up? Grünkohl-Premiere? Auf alle Fälle gabs heut zum ersten Mal in diesem Jahr Grünkohl mit Kochwurst, Kassler und Kartoffeln. Und Pinkel. Börps. Hinterher gibt es traditionell ziemlich viel Schnaps, was der Laune am Tisch nicht unbedingt abträglich ist.

Ungeachtet des urinstrotzenden Namens ist Pinkel eine Wurst. Mein Gefühl bezüglich dieser Wurst ist ein zwiespältiges. Es handelt sich hierbei um eine Art Grützwurst, welche ich unter normalen Umständen in ihrer Urausprägung niemals in meinem Munde dulden würde, nachdem ich einst im Fernsehen sah, wie sie hergestellt wird. Die normale Grützwurst, welche auf dem Teller liegend zu allerhand Fäkalphantasien einlädt, was die inliegenden Rosinen in keinster Weise abmildern, baut man nämlich zusammen aus einem im ganzen gekochten Schweinekopf, der durch den Wolf gedreht wurde, Grütze und noch mancherlei Gemenge. Mögen andere Leute Innereien und Gehirn essen. Mir wird schon von der Vorstellung schlecht.

Mir wurde versichert, daß Pinkel nicht die Intelligenz eines Schweines beherbergt, und so habe ich sie, höflich und leichtgläubig wie ich bin, gegessen. Es war okä. Kein Jahrmarkt der Geschmackknospen mit Feuerwerk, aber eßbar. Wieder zu Hause angekommen, gebot mein natürliches Mißtrauen allerdings, die Zusammensetzung der Pipiwurst google-technisch zu prüfen.

Glück gehabt. Teilweise. In Pinkel ist kein Hirn hurra. Cholesterinzählende Lebensmittelphobiker sollten sie allerdings auch weiterhin von ihrem Speiseplan fernhalten. Eigentlich besteht sie nämlich nur aus Fett und Grütze. Schmalz, Speck, Talg und Grütze. Was übrigens irgendetwas aus Getreide ist. Fragt mich nicht. Fragt Oma. Oma weiß sowas.

Der Name "Pinkel" kommt übrigens aus dem ostfriesischen und bedeutet so viel wie "Geschlechtsteil". Ich bitte jetzt einmal die männliche Leserschar, sich zu entblößen und an sich herunterzuschauen. Was ihr seht, ist es dunkelgrau? Etwa zehn Zentimeter lang und labberig? Ungefähr zweieinhalb Zentimeter im Durchmesser? Sieh an. Wenn jetzt auch noch das, was da rauskommt, krümelig ist, braucht ihr euch keine Sorgen machen. Ich würde mal sagen, dann seid ihr Ostfriesen.

Oder tot.

6 Kommentare :

oldmarty hat gesagt…

Manchmal sollte man echt nicht wissen was wo drin ist. Solche Würste sind meistens früher Reste Verwertung gewesen, da Fleisch ja recht Teuer war und frisch nicht all zulange haltbar war. Für solche Würste wurde dann die Schwarte und Fleischfetzen des Kopfs benutzt.
Das wurde dann mit Getreide (Grütze:Grob geschrotetes Getreide. Bevorzugt werden Hafer, Gerste und Buchweizen. Wird in verschiedenen Graduierungen angeboten: mittel, fein oder grob. Zu erkennen an der Zweifarbigkeit: die Bruchstellen mit dem weißen Mehlkörper und die dunkleren Randschichten) oder http://de.wikipedia.org/wiki/Grütze
vermischt. So hat konnte man das verlängern.

Bei einem Teil der männlichen Leser muss du aber einen Spiegel mitgeben. Weil ihr Blickfeld nach Unten behindert durch ein Ergebnis eines Pilzgetränk wird :)

Singamoebe hat gesagt…

Grützwurst ist lecker....aber nicht die Hamburger Variante mit Rosinen, sondern die aus Schleswig Holstein ;)
Und überhaupt, was spricht gegen die Intelligenz eines Schweines? Irgendwoher muss sie schliesslich kommen

Anonym hat gesagt…

na toll, da kredenzt man dir großzügig die leckereien einer meiner heimaten und denn ziehste hier darüber her. pfff^^
naja, zumindest hast du sie nicht nieder gemacht. danke
ich mag pinkel (und milchhaut^^)
grützwurst ist aber buääääh, egal ob aus sh oder hh!

Anonym hat gesagt…

Mir ist während des Lesens hier eben zwischendrin ganz flau im Magen geworden...ich glaub ich esse lieber ein ordentliches Schnitzel. :-)

Anonym hat gesagt…

Wenn mich demnächst wieder jemand fragt, warum ich kein Fleisch esse, habe ich ein neues Argument.

Bin übrigens weder Ostfriese noch tot.. Überprüfung funktionierte ohne Spiegel.

Makrele hat gesagt…

Morgen ist nach dem roten Blitz auch meine schwarze Stereoanlage dran.

Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken.