Donnerstag, April 25, 2013

Etüde

Wenn man nach Jahren der Abstinenz und der fröhlichen Degenerierung sämtlicher kreativer Hirnareale versucht, direkt wieder in den alten Trott der messerscharfen Blogschreiberei hineinzugleiten, hat man sich ganz schön geschnitten. Zwar ist das Passwort wieder aus den Untiefen meines Unterbewusstseins aufgetaucht, mein Hirn hat aber noch nicht eingesehen, dass es beim Schreiben nix zu suchen hat und bla`t ständig dazwischen, wirft wild mit Ideenfragmenten um sich, erinnert ständig daran, wer alles mitlesen könnte, was also aus Gründen der Pietät doch nicht geschrieben sein sollte und versucht immer wieder, Satzbauten zu ändern, anzupassen, rumzustreichen.

Meine Finger, die früher völlig selbständig und ohne Hirnbeteiligung die Posts verfassten,  sind  aus der Übung und schweben noch oft lange bewegungslos und völlig ideenfrei leicht über den Tasten, um schließlich, ihres Mentalgefängnisses enthoben, loszurasen wie ein Hund, der ordentlich Hummeln im Hintern hat und endlich in den Garten darf. Ihr kennt das Bild? Diese Biester hetzen los wie die Berserker, proben Vollbremsungen und 180Grad-Wendungen, pflügen mit ihren Schnauzen durch den frischen Schnee und schmeissen sich auf die erste tote Wühlmaus oder einen riesen Scheisshaufen, um diese mit einem entrückten Grinsen und viel Gestrampel plattzuwälzen. Unzensiert, urtümlich, desorganisiert.

Und dann liegen sie in der Ecke und sind erschöpft. Meine Finger auch. Arme kleine Fingerchen, total ungeübt, steif und ungelenk erwarte ich hier unglaubliches, will den Phönix aus der Asche und das gleiche Unterbewusstsein, wie in 2006  und nehme dann die wilden Ergüsse, und redigiere mit meinem Hirn das ganze schöne Chaos in ein nichtschönes Chaos mit tollerer Grammatik und viel zu viel geistigen Ablegern in langweilig. Börks. Kein Wunder, dass die Geschmeidigkeit auf sich warten lässt. 

Ich sperr mein Hirn jetzt aus und lasse die Fingerchen üben. Da müsst Ihr jetzt mal durch, sonst wird das nix.

Mein Hirn hat eh überhaupt keinen Humor und wird langsam immer verbiesterter wie so ein zickiges Weib in der Lindenstrasse, die übrigens in München wohnt, wo auch der Herr lebt, der hier mittelfristig während meiner Blogabwesenheit mal meine Behausung teilte und mir gegen Ende der Zusammenleberei  ebendies regelmässig vorlamentierte: Bine, man hat überhaupt keinen Spass mit dir, du hast überhaupt keinen Humor. Mit Dir kann man gar nicht lachen. Immer bist Du nur schlecht gelaunt. Bei anderen bist du immer so fröhlich und lustig und bei mir nie. Hier immer nur Stimmungsschwankungen wohin man guckt, du gehst mir sowas von auf die Nerven.

Ja, liebe Freunde, ein kleiner Einblick in die Welt, die ich bisher aus dem Blog ausklammerte: Beziehungen. Wenn Ihr Euch also jemals die Frage gestellt habt, warum ich hauptsächlich als Solitärbine unterwegs bin, da habt Ihrs. Kein Humor, Anspruchsdenken bis an den Haaransatz und  hormonelle Schwingungen, die nicht immer in ein sexuelles Ergebnis münden. Das will ja keiner. Es gibt allerdings auch einiges, was ich nicht will, diesbezüglich hängt aber grad mein Hirn über dem Unterbewusstsein und hält ihm Mund, Ohren und Nase zu. Nein, das machst Du nicht. Nein? Pfh. Na gut, nein.

So bleibe ich allein beziehungsweise Beziehungswaise. Und lache weiter trotzdem gern. Nicht unbedingt über das, was ich als "Altherrenwitz" bezeichne. Ich lache auch nicht über Unterleibsbewegungen und Schulterklopfer, aber manchmal lache ich schon. Glaub ich. Ich hab gestern kurz gelacht, als ich einem Kollegen auch einen ganz alten Witz erzählte. Ihr kennt ihn vielleicht: Was hat vier Beine und fliegt?

Zurück zu den Fingerchen, die natürlich auch nicht allein funktionieren, sondern dringend darauf angewiesen sind, dass sich mein Unterbewusstsein an Dinge erinnert, was mein Hirn einfach nicht schafft. Ich könnte Euch nicht erzählen, was ich gestern zum Mittag hatte. Zum Glück besitze ich ein Smartphone, wo ich alle meine Termine aufschreibe, weil ich sonst auch nicht mehr wüsste, was ich letzten Freitag gemacht habe. Und das wäre sehr schade, da besuchte ich nämlich eine Lesung von Herrn Timmerberg.

Herr Timmerberg ist der einzige Mann, der mein Bett länger als drei Jahre geteilt hat. Jede Nacht war er der Grund für meine überhaupt nicht schlaflosen Nächte, weil ich jahrelang jeden Abend eine der drei CD`s "Tiger fressen keine Yogis" einlegte und mich dann von der Stimme Matthieu Carrieres in den Schlaf wiegen liess. Dies könnte übrigens auch ein Grund für mangelnde Beziehungen sein.

Nun ja, Herr Timmerberg in natura war eine helle Freude. Auf leicht schräge Typen gedrillt, war mir die Tatsache, dass er offensichtlich bis an das letzte Haarfollikel zugedröhnt war, völlig egal. Könnt Ihr Euch noch an das Interview zwischen Klaus Kinski und Alida Gundlach in der NDR3-Talkshow erinnern? Nehmt den Kinski, packt das Gesicht von Herrn Timmerberg darauf. Gleiche Frisur, die Haare werden ständig aus dem Gesicht gewischt und es wird sich immer wieder über das Gesicht gewischt. Diese herausschnellende Zunge, die die Mundwinkel benetzt, diese leichte Fahrigkeit, die starke Gestik... habt Ihr? Dann nehmt aber diesem Bild das etwas Wahnsinnige und packt stattdessen  kindliche Begeisterung, tolle Stimme, einen Riesenschalk und ganz viel Sonne auf das Bild.

Ich hätte ihm gern gesagt, wie wichtig er mir in den letzten Jahren für meinen gesunden Schlaf war. Leider neige ich bei allzu grosser Begeisterung für irgendwas oder irgendwen dazu, staunend mit offenem Mund in der Ecke zu sitzen und überhaupt nichts sagen zu können, wie früher beim Kasperltheater,  und zog deswegen unverrichteter Dinge ab. Wenn Sie also hier mitlesen, Herr Timmerberg: Ich verehre Sie.

So, genug geübt  für heute morgen. Die Fingerchen müssen ausruhen. Morgen versuchen wir fünfzig mentale Meter mehr. Die Bank ruft und ich bin weder anständig bekleidet, noch befindet sich mein Haar in einem öffentlichkeitstauglichen Zustand. Das will geändert sein. Das Hirn muss auch wieder an. Auch wenns nicht wirklich nötig ist.

Ach ja...zwei Vögel.

Ichfindswitzig.

3 Kommentare :

Der Lange hat gesagt…

Du keinen Humor? Dann wart ihr wohl zu unterschiedlichen Zeiten in der Wohnung!

Ich bezeuge hiermit das Gegenteil!
Isch schwöre bei Leben, ey!

Anonym hat gesagt…

überlegte lange ....
Bin ich gut genug ?
Im Kopf ein Feuerwerk ADHS - noch im Erwachsenenalter.
Beim lesen des Bogs ein Feuerwerk. Die Wurstfinger könnten tippen ohne Ende. Wiedre die Angst. Gut genug ?
Bekannt seit Jahren LRS.
Sollte ich die Rechtschreibkontrolle nutzen.
Warum eigentlich? Satzzeichen weglassen ? Warum nicht schreiben wie es mir zu Eigen ist ?

Der Innenarchitekt sagt: "Trauma ist wohl auch noch drinn".
Zweifel- hängt das irgendwie zusammen.
Das Schreiben mit den 2 bis 4 Fingern bremst. Futsch sind die Gedanken- Neue kommen.
Aufhören ?
Konditioniert wieder überlegen, ob alles der Norm entspricht ?
Irgendwelchen Knallköppen die Macht geben mir eine Norm vorzuschreiben ?

Nee, ich lese das jetzt nicht noch mal was oben steht ! Wer was wissen will, weil er es nicht versteht soll fragen.

Bine, Danke für die Einblicke in Beziehung und den tolen Tipp mit Zimmerberg.
Ein Mann der viel gelebt, erlebt hat und
...
...
...
überlebt hat.
Ich vermute, das man da vieles anders sehen kann. Mit Gras sowieso.

So wie ich bestimmt und vermutlich auch Du. (das überleben)

[Schwuppps hier ein Beispiel von Feuerwerk, 2te Gendanke mogelrt sich da rein.
Die Leserin/ dre LEser ist verwirrt). Ich nicht. Zumindest habe ich was gemerkt. Sortiere nun aber auch die Sätze nicht mehr.
Kreativität der LEsin überlassen.]
Humor ? Bei mir ? Eine die aus einem Landstrich kommt, dem man absagt, dass es Humor dort gäbe ? Klar, jedoch nicht mit den 2-4 Finger - Blick auf der Tastaur. Viel zu langsam.
Und müde. Zu früh, zu weit weg gewesen.
Ja DU , DU hast den Humor ! Aber da war es wieder ...
Humor, nur wenn dre andere lacht ?
Ich mache mir den Spaß selbst.
Kommt irgendwie von innen.
Muste neulich an den Rand fahren, weil ich vor Lachen Tränen in den Augen hatte.
Keine Ahnung worüber. Schwupp - vergessen, war was anderes drann.

Bin da nie sicher ob ADHS nicht sogar eine Segen ist.

~ Unrecht & Segnung ~

Ein Mönch tritt in ein Teehaus ein und verkündet: "Mein Meister hat mich gelehrt zu verbreiten, dass die Menschheit solange nicht das Stadium der Vollkommenheit erreichen wird, bis derjenige, dem kein Unrecht geschah, über ein Unrecht genauso empört ist, wie derjenige, dem ein Unrecht geschah." Für einen Augenblick ist die ganze Versammlung beeindruckt.
Dann spricht Nasrudin: "Mein Lehrer lehrte mich, dass überhaupt niemand über irgendwas empört sein sollte, ehe er nicht sicher ist, dass das vermeintliche Übel auch tatsächlich ein Übel ist - und nicht eine verkleidete Segnung!"

Getz genuch von mir.
Mach weiter Bine. So wie Du bist darfst Du Dich zeigen und ist OK, wenn es für Dich OK ist.

Die olle Ällen

Kühles Blondes hat gesagt…

Langer, ey, binnischfroh!

Euer Ällen, "Humor ist, wenn der andere lacht". Ich hab mich die halbe Nacht über diesen Satz gefreut. Über andere Sätze auch. Und wenn mir Dein Landstrich mal über den Weg läuft, werde ich ihm gern etwas über Humor erzählen. Weiter so.