Donnerstag, Oktober 23, 2008

Haare auf den Zähnen?

Es gibt ja kaum einen Platz auf der Welt, wo ich bescheuerter aussehe, als beim Frisör. Mit nassem angeklatschtem Haar und einem schwarzen Umhang, der - mit Recht - nicht in meinen Farbtafeln auftauchen würde, wenn ich welche hätte, sehe ich ein wenig aus, wie eine drei Wochen alte Wasserleiche. Ein Kalkeimer mit Termin zum waschenschneidenföhnen.

Ich bin sehr froh, dass hochgeschlossene schwarze Umhänge kein "must have" in deutschen Kleiderschränken sind. Allerdings besitze ich auch kein Twinset. Und die sollen angeblich dazugehören. Und Etuikleider. Die hab ich auch nicht. Naja. Man muss ja nicht jeden Scheiss mitmachen. Zurück zum Frisör.

Durch das helle Licht und die so wundervoll ausgeleuchteten Umkleidekabinenspiegel sieht mein Gesicht immer blass, bläulich verädert und verquollen aus. Und ich glaube, jeder sieht unter der Schere aus wie ein ein Hund, den man badet. Resignation pur.

Und das hat ja auch System. Der Moment, wo die Frisette einen aus der Zwangsjacke befreit und man seine Haarpracht aus etwas grösserer Entfernung im Zusammenspiel mit normaler Kleidung betrachtet, sieht es immer um achthundert Prozent besser aus, als im Werden. Die Erleichterung darüber, sich nicht mehr die ganze Zeit im Spiegel selbst betrachten zu müssen, löst - zumindest bei mir - einen Fluchtreflex aus. Ich zahle und verlasse schnellstmöglich den Laden. Froh, davongekommen zu sein, froh, schöne Haare zu haben.

Und zu Hause kommt dann das böse Erwachen, so eines in der Geschichte vorgesehen ist. Wie einst, als ich die Haare dunkler tönen lassen wollte und erst zu Hause feststellte, dass die Pracht bei Tageslicht nicht dunkelblond war, sondern den Charme einer Karotte hatte. Es wandelte sich im Lauf der nächsten Wochen Richtung "Fuchs" und ich hatte viel Spaß mit dem Mimikspiel derer, die in Gedanken schnell diverse mögliche Reaktionen durchprobierten. Von "was ist Dir denn passiert" zu "oh, äh, hübsch".

Doch nicht dass Ihr glaubt, ich wäre beim Frisör gewesen. Das sollte ich vielleicht mal wieder, ich kann es mir nur nicht mehr leisten. Seit einiger Zeit überweise ich mein Gehalt nämlich an meinen Zahnarzt, wofür er mir bis heute schon zwei schöne neue Implantate in den Kiefer fräste. Gestern wurden die Kronen darauf endgültig einzementiert. Und in zwei Wochen erfreuen wir uns dann mit der Produktion diverser Teilkronen.

Auf einem Zahnarztstuhl falle ich - genauso wie beim Frisör - in eine leichten katatonen Sperrungszustand und lasse mir gottergeben Löcher hinein- und hinausbohren und meine Mundwinkel kaputtreissen. Nützt ja nix. Es tut weh, aber nicht hingehen tut weher (Hundeblick aus der Badewanne).

Ich habe Angst, ich verspanne, ich muss ständig nervöses Pipi und gebe mich gezwungen fröhlich vor lauter Nervosität. Und dennoch gehe ich gerne hin, denn ich freue mich, dass ich beim Dentisten nicht gezwungen werde, die ganze Zeit in einen Spiegel zu starren. Gestern fühlte ich mich mit fünfzehn Wattebäuschen im Mund, und zwei herausragenden Bäuschen zum draufbeissen, ein wenig wie ein Warzenschwein. Ich sehe davon ab, das Foto, welches ich aus Interesse von mir machte, hier einzustellen. Ich sehe sogar davon ab, es irgendwo zu stellen. Ich habe es direkt wieder gelöscht und den Dauerauftrag an den Zahnarzt erhöht, damit er den Mund hält.

Falls mal wieder Loriotaufführungen stattfinden, ich mach dann den Vic Dorn. Ich weiß jetzt, wie das geht.

Hauptsache, ich kann auch morgen noch kraftvoll zubeissen.

5 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Tja, Zahnprobleme lassen sich leider nicht auf die gleiche Weise lösen, wie ich meine Haarprobleme gelöst habe… …auch wenn's immer wieder Versuche in dieser Richtung gibt. Bis jetzt aber immer sowohl ästhetisch als auch funktional äußerst unbefriedigend.

Anonym hat gesagt…

Es gibt genau zwei Orte, an denen ich in eine Schreckstarre falle und mir wünschen würde, woanders zu sein. Schlimm ist es auf dem Zahnartzstuhl, nur ein wenig besser auf dem Friseurstuhl. Vororte zur Hölle. Alle beide. *ächz* Die machen da was mit mir, was ich nicht beeinflussen kann - wobei der Zahnarzt seine Sache meist besser macht. Allerdings tut's bei dem auch mehr weh.

Habe ich schon erwähnt, dass ich jetzt eine Friseurin habe, die mir das auf den Kopf zaubert, was ich haben möchte und nicht das, IHR gefällt? Seidem muss ich nicht mehr weinen, wenn ich zu Hause in den Spiegel sehe. Das ist echt klasse. ;o)

Schwarz taucht in deiner Farbtafel nicht auf? Pah. Wenn es das nicht gäbe, würde ich es erfinden.

Anonym hat gesagt…

nein, da hab ich jetzt bei beiden anlässen keine angst vor. aber ich bin auch ein mann, da reduziert sich zumindest der friseur auf ein maximum von 20 minuten alle 2-3 monate und das gleich um die ecke und zum preis von umgerechnet ca. 22 euro. ich geh da seit über 20 jahren hin, unterdessen ist zwar der kleine italiener vor ein paar jahren verstorben, gottseidank hat seine tochter den laden übernommen. ...und sie hat auch nur die ersten dreimal gefragt, ob sie beim schnauz etwas kürzen soll...
der zahnarzt hat an mir dieses jahr auch verdient. geht heutzutage aber doch eher schmerzlos, ihr solltet mehr lokale betäubung machen lassen! eine sitzung ist mir da speziell in erinnerung: mir wurden zwei füllungen erneuert UND ein weisheitszahn gezogen, und ich war nach kaum 20 minuten wieder draussen! hat später am abend natürlich gepocht, aber mit der erhaltenen tablette ging's.

Anonym hat gesagt…

Haben Sie neben dem schwarzen Umhang auch silberne Folie im Haar? So bescheuert sehe ich nämlich immer aus, wenn ich zum Friseur gehe. ;-)

Kühles Blondes hat gesagt…

herr schmidt, da wir irgendwann weiss werden und niemals tolles silbernes haar haben werden, ist das nur eine kompensierung von neid.

mahort, ohne spritze mach ich den mund noch nichtmal für zahnsteinentfernung auf.

frau w. mal hat man glück, mal die anderen pech. jetzt hatte ich leider pech. die neueste frisur ist wieder äh.

jorge, auf felge kaut sichs schlecht. echt.