Mittwoch, November 15, 2006

Stiefelmode

Wer dieser Tage auf die Straße geht, sieht vieles. Jede Menge Laub auf den Straßen, Regenwolken, herbstliches Ambiente, Autounfälle und Stiefel.

Stiefel, Stiefel, Stiefel. Wohin man schaut. Stiefel. Die Frau von Welt trägt in dieser Saison nicht nur Stiefel, sie trägt sie nach der neuesten - oder ältesten - Mode über den Jeans.

Was ja nicht gar so furchtbar erscheint auf den ersten Blick. Das ist schon schick. Irgendwie. Schaut man aber genauer hin, wird einem klar, daß man, im Gegensatz zu der etwas legereren und lässig sitzenderen Mode der letzten Jahre, hierfür Hosen benötigt, die an den Beinen unangenehm eng anliegen. Diese Röhrenjeans, in die man nur mit Hilfe von Kneifzangen hineinkommt und deren Reissverschluss man nur liegend hochbekommt. Generationen kämpften schon mit diesen Beinkleidern. Generationen von Männern wurden impotent, der eine oder andere fiel der Drogensucht anheim. Gefährliche Hosen.

Diese Hosen stehen nicht jeder. Wer, wie ich, eine Figur mitbringt, die von der Hüfte abwärts eher "keilig" zu nennen ist, ist vielleicht, abgesehen davon, daß man die Hose sowieso nur bis zu den Knien hochbekommt, was in der Öffentlichkeit befremdlich wirken könnte, besser beraten, die Stiefel weiterhin unter der Kleidung zu tragen, weil sich ansonsten von hinten ein Blick auftut, wie auf eine unmotiviert und unordentlich in Folie eingeschlagene Wurst. Eine moderne Wurst. Aber eine Wurst.

Wer auf bequeme Bekleidung nicht verzichten will, quetscht die weiten ausgestellten Beinkleider in den Stiefelschaft. Wenn ich so etwas sehe, denke ich zunächst an Dschingis Khan. Oder ich bekämpfe den Drang, den Trägerinnen Eimerchen und Schäufelchen zu schenken, da frühkindliche Phantasien Erinnerungen an vergangene Regentage wecken, an denen man nur mit Gummistiefeln raus durfte.

Das gleiche Bild erscheint mir allerdings auch, wenn ich eine Dame mit beneidenswerten Streichholzbeinen, Stiefeln und Rock sehe. Nach meinem persönlichen Geschmack sollten Stiefel im oberen Bereich nicht so weit vom Bein abstehen, daß man als Vorübergehender bequem hineinaschen kann.

Diesen Beobachtungen liegt natürlich reiner Neid zugrunde. Die meisten Stiefel bleiben für mich unerreichbar. So wie die Sohle. Wegen meiner Quadratlatschen komme ich nämlich in den meisten Fällen noch nicht einmal annährend in ihre Nähe. Meine Füße bleiben in der Neunzig-Grad-Kurve stecken wie ein Sofa im Treppenhaus.

Also keine Stiefel für mich. Es sei denn, eine andere Mode kommt wieder. Als ich nämlich jünger war, haben wir Stiefel nicht angezogen, sondern getrunken. Hierbei wurden sämtliche auftreibbaren Alkoholika zusammen in einen riesigen Glasstiefel gegossen und reihum getrunken, stets scharf beobachtet von den Mittrinkern, weil der, bei dem die Luftblase in den Vorderfußbereich blubberte, irgendetwas tun mußte. Ich weiß aber nicht mehr, was. Ist vielleicht auch gut so. Sonst dürfte ich aus Gründen der Fairness nie wieder über die Jungend von heute herziehen.

Was schade wäre.

8 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Hose in Stiefel kommt auf _keinen_ Fall in Frage. Ich komme mir schon behämmert vor, wenn ich die Jeans in die moonbootsartigen Schneestiefel stecken muss ... wenn ich mir die Hose auch nicht vorstellen will, welche da drüber geht.

Anonym hat gesagt…

Stiefel... Mein Hassthema ;-) Ich würde mir ja gerne neue kaufen, aber irgendwie scheinen die Schuhhersteller seltsame Modelle zu haben. Ich krieg sie zwar angezogen, aber zumachen kann ich sie ca. zur Hälfte, dann ist einfach Schluss. Dementsprechend ist "Hose in die Stiefel" für mich schon mal total utopisch, ich führ ja schon Freudentänze auf, wenn ich überhaupt mal welche zubekomme...

Du hast noch die Mode "kurze Anzughose zu Stiefeln" vergessen, oder laufen die Leute nur hier so verrückt rum?

Anonym hat gesagt…

Bine, steig um auf DocMartins, da passen auch diese wirr gemusterten Strumpfhosen zu :-)))

Anonym hat gesagt…

wobei mir immer wieder auffällt, dass die aktuelle Stiefelmode mich irgendwie an Playmobilmännchen erinnert...

Anonym hat gesagt…

ole said:
der orthopaede deines vertrauens empfiehlt doc martens. die sind keinerlei modischen schwankungen unterworfen und halten die flunken auch beim fussek schoen warm. bei arktischen temperaturen am besten die ohne stahlkappen, sonst frieren vielleicht die zehen ein.

Kühles Blondes hat gesagt…

playmobile...wahrlich. anzughosen in kurz machen sich - wie ich seit heute weiß übrigens besonders gut unter halblangen jacken...nee kristinschn, hier in hamburg gibts auch genug verrückte :).

tiescher und ole, danke für den tipp, tiescher, ich nehm lieber die ringelvariante. aber der hinweis ist gut ;)

pathologe: freizeitschuhe kauf ich tatsächlich oft in der herrenabteilung. außer sandalen. die kauf ich gar nicht. :)

mcfloyd, dich beachte ich jetzt nicht, du wirst sonst übermütig *g

Anonym hat gesagt…

gummistiefel sind noch lange nicht ausgereizt. es muß ja nicht immer mit schäufelchen und eimerchen sein. eine freundin wünscht sich nichts sehnlicher, als schwarze gummistiefel mit rosa sternchen. gut, ich weiß nicht, ob es eine trotzreaktion ist, weil ich versehentlich ihre bude abgefackelt habe oder ob sie ernsthaft an die sexyness dieser treter glaubt. andererseits: welchen fetisch gibt es nicht? manchmal kann es interessant sein, solche nischen zu besetzen.

Anonym hat gesagt…

Ich hab' weiße Gummischuhe mit schwarzen Punkten... Sehr stylish, wie ich finde! Vergesse nur leider immer, sie anzuziehen, wenn es denn mal regnet.