Mittwoch, Oktober 25, 2006

Das heulen der Stürme

Wenn ich die Frage nach der Herkunft ernsthaft beantworten müßte, würde ich behaupten, ich bin Norddeutsche. Als Schleswig-Holsteiner von Geburt, Niedersachse aus der Jugend und Hamburger in der Gegenwart bin ich laut den jeweiligen Landeshymnen nicht nur sturmfest, erdverwachsen und standhaft in Stürmen, ruhlos schäumend und treu, stattlich und laut dem Hamburg-Song auch vielbegabt, ich bin auch eine blöde Heulsuse. Das steht da aber nirgends drin.

Ich behaupte ja immer, Rührseligkeit ist der Preis für allzu großen Realismus. Ihr dürft prima auf mir herumhacken, böse zu mir sein und und versuchen, mir auf normaler zwischenmenschlicher Ebene eine reinzudrehen. Ich werde allerhöchstens ein wenig gemein in Retour und euch den Rücken kehren, so wie das bei all der Erdverwachsenheit möglich ist, und euch Gelegenheit geben, das Schwein zu sein, welches sich am Baum kratzt. Mich haut doch nix um. Wer ein Mädchen will, soll woanders suchen.

Wenn ich allerdings vor den Fernseher sitze und mich mit amerikanischen Rührstücken füttere, werde ich zwei Tage lang meine zugeschwollenen Augen nicht mehr aufbekommen. Es gibt Filme, da heul ich durch. Entweder kompensiere ich vergangene Stürme, oder ich bin eigentlich doch ein Hormonmonster. An manchen Tagen nimmt meine Rührseligkeit schier überhand, daß ich sogar schluchzend vor der Merci-Werbung hocke weil diese Überdosis an Harmonie (wahrscheinlich eher Hormonie - hö) mich so bewegt.

Es kommt wirklich selten vor, daß ich bei dem Ansehen eines komischen Filmes zum zweiten Mal an den gleichen Stellen lache. Gut, ich gehöre sowieso eher zu den Schmunzlern. Laut lache ich meist über das, worüber man nicht lachen sollte, wenn man zu den Menschen mit dem "richtigen" Humor gehören will. Ich lache also immer, wenn im Film jemand im Fahrstuhl pupst, wenn jemand übel stolpert oder Leslie Nielsen auf dem Flugzeugträger seiner Mütze hinterherstaunt. Aber zeig mir zehn mal hintereinander einen anrührenden Film, ich werde zehn Mal schmelzen.

Natürlich nicht in Gesellschaft. In Gesellschaft wende ich all meine Körperbeherrschung auf, drehe mich zu meiner Couchbegleitung um, zeige mit dem Zeigefinger auf ihn oder sie und grinse höhnisch: "Sach ma, heulst du etwa?"

Fies ne?

1 Kommentar :

Singamoebe hat gesagt…

Och Bine....da kommen mir ja die Tränen...ok, bei Merci rührt sich bei mir nichts..aber du solltest mich mal sehen bei Legenden der Leidenschaft...da gibt es bei mir keine Halten mehr...egal, ob jemand mit mir schaut oder nicht ;) Ich finde es menschlich