Dienstag, Mai 21, 2013

Spam

Ständig wird man ungebeten überhäuft mit Gewinnspielen, Werbemails, Newslettern und Spams. Langweiliglangweiliglangweilig. Als Spam noch ein Sketch von Monty Python, bzw. Dosenfleisch waren, waren Computerspams ja noch richtig aufregend. Viagra, Ferkeleien, Pornoseiten und Dingsbumsverlängerungen. Aber das ist - zumindest in der Geballtheit - längst vorbei.

Hierbei fällt mir direkt dieser nette Cartoon von Weissichnicht ein, den ich hier nicht einstelle, weil ich mich heute morgen noch nicht mit dem Urheberrecht befassen möchte. Deswegen erzähl ich ihn. Ich erzähle sowieso gerne Bildwitze, weil ich mir die besser merken kann. Also, in diesem Cartoon steht ein Vertreter vor einer Hausfrauentür und sagt: "Guten Tag, Frau Meyer, ich hörte, Sie haben keinen Computer. Mein Name ist Spam, brauchen Sie vielleicht eine Penisverlängerung?" Witzig, was? Ich mag auch den von Herrn Sauer, in dem ein Schneemann ohne Nase und ein Hase in einem Raum stehen und der Hase sagt: "von Karotten muss ich immer pupsen" und der Schneemann sagt "ich riech nix".  Ich schätze, mit Schilderungen dieser Art werde ich meinem Umfeld noch bis an mein Lebensende auf die Nerven gehen. Apropos Nerven. Zurück zu den Spams.

Heute sind Spams gähnend langweilig. Werbungwerbungwerbung und Gewinnegewinnegewinne. Manchmal nur ein Link, auf den man *knickknack auf gar keinen Fall klicken sollte, wenn man nicht sofort ein kleines Programm auf dem Computer haben möchte, welches eigenständig Spams entwickelt und in die Briefkästen einspeist und nebenbei nutzbringende Programme aus Langeweile zerstört. Glaub ich zumindest. 

Ich mag gar nicht daran denken, was ich durch die blosse Löschung der Gewinnegewinnegewinne-Spams schon verloren habe. Diese ganzen Weltreisen, Autos und diese tausenden von möglichen Gewinnoptionen, die uneingelöst in meinem Papierkorb rumliegen... Sünde auf den ersten Blick. Aber als charakterliche Frau Wankelmut ist es einfach unglaublich wichtig, in gewissen Bereichen des Lebens Konsequenz walten zu lassen. Chips aus der Schüssel, nicht aus der Tüte, Duscharmatur nach erfolgter Nutzersäuberung trocken wischen, nur im Notfall nachdenken, bevor man was sagt, und Spams löschen.

Vor einiger Zeit dachte ich an anderer Stelle nicht nach und  machte den Fehler, meinen vollen Namen mit meiner Telefonnummer irgendwo im Internet zu verknüpfen. Fortan war ich glücklicher Gewinner sogenannter Telefonspams. 

Wenn ihr jetzt an Marktforschung denkt...weit gefehlt. Die sind auch lästig. Aber Telefonspams sind noch lästiger, nämlich die zeitgemässe Weiterentwicklung der traditionellen Drückerkolonne. Ihr kennt sie vielleicht noch? Junge Frauen und Männer, die vor Eurer Haustür stehend tränenerstickt ihr Schicksal, dass sie Geld verdienen müssen für ihre Familie, weil alle tot sind, sie ihr Abi nachmachen möchten oder ihr Hund krank ist, preisgaben. Dafür solle man ihnen bitte langfristige Zeitschriftenabos abkaufen. Im Hintergrund stand immer ein Bewacher, der die jungen Frauen und Männer gehörig verkloppte, wenn sie nicht ausreichend Hörzu an den Mann brachten.

Eine etwas modernere Oliver-Twist-Version mit etwas bescheuerteren Hauptdarstellern.

Diese bescheuerten Hauptdarsteller sitzen jetzt warm und trocken - und sicherlich angekettet - in einem Callcenter und haben die Strategie ein wenig geändert. Die devote Haltung ist einer etwas aggressiven Haltung gewichen. Wenn man nur Kloppe von hinten und nicht mehr von vorne zu erwarten hat, werden die lieben Kleinen gern etwas mutiger. 

Angerufen wird - wie auch immer die das bewerkstelligen - mit Nummern, die nicht vergeben sind. So haben wir uns die verbotene Rufnummernunterdrückung auch nicht vorgestellt. Angerufen wird ferner stündlich. Es kann passieren, dass der Wählautomatismus zwanzig bis dreissig Mal am Tag die, nämlich meine, Nummer wählt. Gar nicht rangehen führt zu konsequenter Wiederholung des Anrufversuches. Rangehen bedeutet allerdings nicht, dass dann auch ein Gegenüber greifbar ist. Und dann legt der Computer sofort wieder auf.

Was bei mir einen kleinen Flashback an die gute alte Zeit auslöst, in der es noch gar keine Rufnummernübermittlung gab, weswegen die Herren, die einen nachts weckten, um einen vollzustöhnen oder darauf hinzuweisen, dass sie wissen wo man sei und gleich vorbeikämen, noch Hochkonjunktur hatten. Bei mir damals originellerweise mit spamartigem Aufkommen. Ich war davon überzeugt, dass meine Nummer in einer Fachzeitschrift für Telefonperverse als "besonders rauchig" angepriesen wurde. Ich rauche übrigens seit fünf Jahren nicht mehr. Nicht, dass noch jemand auf Ideen kommt...

Zurück ins Heute: Wenn zufällig einer der Galeerensträflinge nicht grad verkloppt wird und keinen Knebel trägt, wird man verbunden. Und dann kann man wirklich viel Spass haben. 

Strategie der Anrufer ist, einen mit dem eigenen Namen zu bombardieren, weil das signalisiert: Ich weiss, wer Du bist, ich habe ein Recht, Dich anzurufen. Folgendes Telefonat steht als Beispiel für einen typischen Telefonspam. Ich habe nur die massgeblichen Sätze niedergeschrieben. Das ganze Füllzeug, wenn auch amüsant, würde den Rahmen sprengen. Das Telefonat dauerte ungefähr zehn Minuten. Spass muss man auskosten.

ring
Bine: "Ja"
doofe Frau: "Hallo, spreche ich mit Sabine X"?
Bine: "wer willn das wissen?"
doofe Frau: "aber Sie sind Sabine X?"
Bine: "wer sind Sie denn?"
doofe Frau: "ich bin "unverständliches Genuschel" Frau X, ich rufe an von Notar. Habe ich gute Nachricht für Sie"
Bine: "von Notar? Echt? Von wen?"
doofe Frau, etwas aggressiver: "Frau X, ich rufe an von Notar. Sie sind ausgewählt für Gewinn. Sie können wählen zwischen zehn Preise Weltreise, Mercedes oder Bargeld und so. Freitag ist Auslosung von die letzte zehn Gewinner und Sie müssen mir sagen, was sie haben wollen.
Bine: "Warum? Ich denke, das ist ne Auslosung"
doofe Frau: "Frau X, ich rufe an von Notar. Das ist wichtig. SEHR WICHTIG. Sie müssen sagen, was, damit wir die Steuer vorbereiten.
Bine - schon ziemlich gut gelaunt: "Echt? Was denn für eine Steuer?"
doofe Frau: "Frau X, ich kenn mich aus. Ich habe auch schon gewonnen und weil isch nich vorberreitet war musste ich sehr viele Steuern zahlen.
Bine: "was denn für Steuern"
doofe Frau, lauter werdend: Frau X, ich hab auf den Gewinn 21 % Umsatzsteuer zahlen müssen, weil ich nicht vorher...
Bine: "in welchem Land wohnen wir eigentlich?"
doofe Frau schreit fast: "Frau X, hören Sie mir zu! Wenn ich nicht Zeitschrift...
Bine: "Aaah, kommen wir jetzt also zum Kern Ihres Anrufes, und sagen sie doch nochmal, in welchem Land Sie die 21 % Umsatzsteuer bezahlt haben"
doofe Frau: "Frau X, Sie hören nicht zu, können Sie nicht zuhören?"
Bine, ziemlich lachend: "Und Sie können nicht antworten. Bitte, ich möchte doch nur wissen, in welchem Land..."
klick, doofe Frau hat aufgelegt.

Tja, so könnte man sich den Tag schön vertreiben, wenn man nicht dann und wann auch anderes zu tun hätte. Nachdem noch weitere zwei Wochen mein Rufjournal so zugespammt war, dass ich schon überlegte, alle Leute, die ich kenne, anzurufen, um ihnen ungefragt mitzuteilen, dass ich nicht mehr zurückrufe, löste ich das Problem durch angewandte Gegenübertragung:

ring
Bine: "ja"
doofer Mann: "spreche ich mit Frau Sabine X"
Bine, schon laut, aggressiv: "WER IST DA?"
doofer Mann: "unverständliches Genuschel"
Bine, laut und bestimmt: "ICH HABE SIE NICHT VERSTANDEN, Sagen Sie mir SOFORT VERSTÄNDLICH wer Sie sind."
doofer Mann: "Frau X..."
Bine, brüllt dazwischen: "WER IST FRAU X??? UND WER SIND SIE?"
doofer Mann: "ist Frau X da".
Bine, mit hysterisch überschlagener Stimme: "ES GIBT HIER KEINE FRAU X"
klick

Und seitdem ist Ruhe. Schade eigentlich. 

Gestern bin ich übrigens nach Herrn Timmerberg einem zweiten Traum nahegekommen. In den Kammerspielen schaute ich "fettes Schwein" mit Bjarne Mädel in der Hauptrolle. Den hätte ich wohl gern im Freundeskreis. Toller Typ.  Aber  ich bin halt kein Promianquatscher und werde ihn, obwohl er nach dem Stück in der Bar am Nebentisch sass, weiter aus der Ferne anhimmeln.  

Seufz.


1 Kommentar :

Anonym hat gesagt…

Belgien, Italien, Lettland, Litauen, Tschechien hat 21% USt.
Welcher Dialekt wurde den gesprochen ?