Montag, Dezember 18, 2006

Going modern

Ich muß mir dringend ein neues Radio kaufen. Die lebensgefährliche Weihnachtszeit mit Herzschmerzmusik ist ja bald vorbei und bei der morgendlichen Alternative VIVA oder MTV taucht mir im Moment ungefähr hundert mal zu oft Xavier die alte Heulsuse Naidoo auf. Dann hör ich doch lieber acht Mal in zwei Stunden "What a wonderful World" von Louis Armstrong auf meinem bevorzugten Oldie-Sender. Ich unmodernes Stück.

Es ist ja nicht so, als wäre ich - abgesehen von der Musik in großen Teilen, nicht interessiert an all dem, was die Gegenwart zu bieten hat, ich gucke schon ganz gerne. Aber Genügsamkeit ist mein zweiter Vorname. Jahrelang lebte ich in trauter Dreisamkeit mit einem Mini-Fernseher, den man nur dadurch an einen Videorecorder anschließen konnte, indem man das Antennenkabel herauszog und in den Recorder steckte und dessen Fernbedienung leider kaputt war, weil mir dort irgendwann eine Batterie drin ausgelaufen war, und einer Minianlage von Tchibo.

Mir hatte es gereicht. Es gibt einen alten Spruch, der auf Küchentücher gestickt und auf kitschige Holzbretter gebrannt ist, der lautet: "Spreche was wahr ist, esse was gar ist, trinke was klar ist und sammle was rar ist. Bei mir müßte er heißen: Spreche was wahr ist, nutze was da ist, esse was da ist und trinke Bier, wenns da ist. Oder so ähnlich.

Bezüglich technischer Modernisierungen ist bisher noch selten etwas auf meinem Mist gewachsen. Stets waren es Freundinnen oder Freunde, die irgendwann beschlossen, daß das nicht mehr geht mit meiner Ausstattung. Diesen Antrieb brauche ich anscheinend. Und jedes Mal habe ich mich trotzdem wie irre über meinen neuen Technikpark gefreut. Es ist ja nicht so, als hätte ich da keinen Spaß dran. Ich sehe nur selbst oft nicht die Notwendigkeit, Funktionierendes auszutauschen. Nur weil etwas alt ist, ist es ja nicht schlecht. Wenn ich da so drüber nachdenke, vielleicht sollte ich diese Einstellung mal auf meine persönlichen Beziehungen anwenden. Noch weiter drüber nachgedacht: Mach ich ja. Nur anscheinend gehen Männer eher kaputt als Fernseher. Egal, das ist jetzt nicht mein Thema. Ich war bei Technik.

So kam ich im Laufe der Zeit durch Interventionen, Geburtstagsgeschenke oder Ausmusterungen im Freundeskreis zu diversen Geräten, daß ich jetzt so ne Fünfpunkt-Anlage besitze, einen anständigen Fernseher, zwei DVD-Geräte und einen Videorecorder. Und bei jedem neuen technischen Mitbewohner freute ich mich, als wäre grad das Telefon erfunden worden und ich hätte eines der ersten Geräte.

Mit meinen Computern ist es ein ähnliches Spiel. Meinen alten Hein hatte ich bereits in einem anderen Artikel vorgestellt. Hein lief - manchmal unpraktischerweise - noch mit Windows 98 und war so laut wie ein Staubsauger. Aber es war okä. Da gewöhnt man sich dran. Ich bin neben einer Bahnlinie aufgewachsen. Die Züge hört man auch irgendwann nicht mehr. Und gut, mit Hein konnte man nicht alles machen. Keine Handy-Synchronisation zum Beispiel, weil das erst ab Windows2000 geht. Weil ich aber vorher auch noch nie das Bedürfnis hatte, irgendwas zu synchronisieren, fehlte mir auch nichts. Bilder lud ich per Kartenleser auf den Hein, alles was ich brauchte, war da.

Seit diesem Wochenende gehe ich wie auf Wolken. Hein ist in den verdienten Ruhestand gegangen. Eine junge Kollegin von ihm ist eingezogen. Schimi sagte, er würde sie eh nur vernachlässigen, bei mir hätte sie es besser. Gerne und dankbar habe ich sie aufgenommen. Seitdem beeindruckt mich mit ihrem zarten Stimmchen, mit ihrem Windows XP und ihrer schlanken Gestalt. Ungeachtet des Wetters freue ich mich wie ein Schneekönig. Und weil ich mich so freue, werde ich sie vielleicht zu Weihnachten aus Eigenantrieb mit einem Flachbildschirm verkuppeln, auf daß die beiden sich aneinander und mich erfreuen.

Wie nenn ich sie bloß?

10 Kommentare :

Singamoebe hat gesagt…

Also, ich hätte da noch etwas zum verkuppeln. Sexy, athletisch und intelligent. Und - es bleibt im Freundeskreis ;)

Anonym hat gesagt…

boah, ist dat fies! hinter meinem rücken wird hein abserviert????

dann ist mein soundkartendate wohl auch gestorben :(

Anonym hat gesagt…

"Nur weil etwas alt ist, ist es ja nicht schlecht" , jedoch ist das Bessere der Feind des Guten.

Namensvorschlag: Uschi oder Ursel.

Hab Spaß

Kaster

Kühles Blondes hat gesagt…

amoebchen: da werde ich ggfls. gern noch einmal freundschaftlich an dich herantreten ;)

langer, tja, drei versuche hattest du schon, danach wird man disqualifiziert...

kaster, uschi heißt doch schon mein trockner. das könnte zu üblen verwechslungen führen.

oldmarty hat gesagt…

wie wär es mit Henriette ... oder Martina

schimi hat gesagt…

gabi oder dorit, martina oder henriette geht gar nicht, die können ja nicht mal mit Word ;-)

Anonym hat gesagt…

als erinnerung an den guten alten hein, ebenfalls ein altdeutscher name: hulda, bedeutet 'guter weiblicher geist', und das sollte das maschinchen doch für dich sein...

lorretti hat gesagt…

also ... mein vorschlag (um bei den guten deutschen namen zu bleiben): waltraut

lieben gruss aus zürich

Singamoebe hat gesagt…

Ich bin für "Heinrike" - du kannst sie dann liebevoll "Heini" nennen

Der_grosse_Transzendentale_Steini hat gesagt…

Ich wär ja für Winni, weil ihr ja freundschaftlich verbunden zu sein scheint. Meine Rechner heißen übrigens traditionell alle immer schon "Drecksau". Elektrogeräten soll man (genau wie Schlachttieren) keine Namen geben, sonst kann man sie irgendwann nicht mehr umbringen!