Dienstag, Juni 12, 2007

Bat out of Hell

Ich bin traurig. Selten war ich so traurig, nachdem ich ein Konzert besucht habe. Aufgrund freundschaftlichverwandtschaftlicher Verstrickungen, danke Katrin und Knud, kam ich heute spontan dazu, das Meat-Loaf-Konzert in Hamburg zu besuchen und freute mir den ganzen Tag ein zweites Arschloch.

Ich steh auf große Musik. Ich steh auf Stimmen, die den kleinen vorderen Knöchel im kleinen Finger zum schwingen bringen, ich mag Musik, die in die Ohren strömt und sich dann überall im Körper wohlig ausbreitet. Ich mag das. Ich mag das Gefühl was es mir bereitet, ich mag es, wenn mir die Tränen in die Augen strömen, einfach, weil die Musik so schön ist. Ich mag Gänsehaut weil mich die Stimmen so beeindrucken. Ich mag es, wenn die Musik von der Bühne aufsteigt, an der Decke abprallt und mich überzieht wie einen Film. Wie eine Gänsehaut. Ich mag Meat Loaf. Ich hatte viele schöne Zeiten mit seiner Musik. Er verursacht mir freudige Stimmung wenn ich ihn hörte, ich bewundere seinen Stimmumfang, ich verehre seine Lieder.

Und heute? Er war ein Desaster. Furchtbar, schrecklich, traurig. Wie die zweite Sabine im Bunde trefflich fragte: "Hat er kein Management"? "Der ihm sagt wann gut ist?" Erst schien es wie ein schlechter Scherz. Das Dickerchen kam auf die Bühne mit langen Haaren und sang wie ein Greis. Ich dachte, es gehört zur Show und rockte noch fröhlich mit. Die Perücke fiel und ich glaubte noch daran, die Hot Summer night gleich in alter Stärke zu hören.

Aber nein. Der Dicke traf das ganze Konzert über kaum einen Ton. Geschweige, daß er den Rhythmus halten konnte. Immer wieder blinkten zwar zwischendurch Töne, die auf alte Höhen schließen ließen, seine Stimme ließ sich nicht verhehlen, aber er blieb der Greis. Er zitterte, als hätte (hat?) er Parkinson der Spitzenklasse. Körperlich und stimmlich. Er konnte nur singen, wenn er stand wie ich zu besten Hexenschußzeiten. Verkrampft, zitternd. Singen? Nein, es war nicht einmal mehr ein Fragment da von dem was ich verehrte. Und er tat mir leid. Unendlich leid. Warum hat er sich das angetan? Er konnte die Tonlängen nicht halten, er verlor die Luft lange bevor sie verloren sein sollte, er startete neue Zeilen lange bevor sie gestartet werden sollte....es war ein Auftritt, der einen die Hände vor den Mund schlagen ließ vor lauter Entsetzen.

Warum? Wegen Erinnerungen, wegen dem was er war und wegen der phantastischen Band, die einen hervorragenden Sänger verdient hatte. Wegen der grandiosen Backgroundsängerinnen, die ihn in manchem Lied locker rausrissen, weil nettfühlende Tonmeister die Mikros hinten ein wenig lauter stellten. Wegen dem dunkelhaarigen Gitarristen, in den ich mich spontan verliebte, wie es sich für einen anständigen Gitarristen gehört. Wegen diesem liebevollen Auffangbecken herausrangender Musiker, die den armen alten Fleischklops auffingen. Wegen der guten Zwischendurchshow die er machte. Aber nicht mehr wegen der Musik. Hätte man mir heute abend eine CD vorgespielt, ich wäre wohl glücklich nach Hause geschwebt. Aber so?

Während ich dieses Blog schreibe läuft im Hintergrund er, wie er war. Heaven can wait..... ja. So, Meat Loaf, so möchte ich dich hören, dich in Erinnerung behalten. I`ve got a taste of Paradise...
But you`ve run away... Währste mal stehengeblieben. Baby, we can talk all night. Hättstes mal gemacht. Kein Geleier. Keine Töne, die sich durch die Oktave leiern. Nur Erinnerung an einen phantastischen Musiker.

Das wärs gewesen. Don`t be sad....Angekommen on the middle of nowhere.

Ich höre jetzt deine CD, Frikadellchen, wie es sein könnte, und mit jeder Silbe macht es mich noch trauriger. Als wir zum Konzert fuhren, für das wir Sitzplatzkarten hatten, fragte Katrin: "Sitzplatz, werden wir alt?" Und ich sagte: "Man ist so alt wie man sich macht. Das hat mit Jahren nichts zu tun". Fleischchen, nach heute bin ich mir nicht mehr sicher.

"I`ve never had a girl, looking better than you did". Vielleicht sollte ich mich nicht drauf verlassen... nee, ain`t no doubt obout it.

Ich wünsch Dir das Beste! Daß du schnell einsiehst, dass die Jahre, die Du auf dem Höhepunkt Deines Schaffens waren, langsam ausklingen. Genieß es. Genieß die Menschen, die immer noch eine Gänsehaut bekommen. Und lehn Dich zurück. Verdammt nochmal.

Oder halt Bat out of Hell.

Bitte.

8 Kommentare :

Singamoebe hat gesagt…

Nicht jedes Management im Sinne des Künstlers tätig - und nicht jeder Künstler weiss, wann es Zeit ist zu gehen. Schon schade

Anonym hat gesagt…

Traurig, so was zu lesen. Meat Loaf fand ich früher total klasse.

Schade, dass er nicht einfach nur eine (weitere?)"Best of" Scheibe rausgebracht hat. Damit hätte er sich wohl selber den größten Gefallen getan. :-(

Und sonst stimme ich dir zu. Wenn ich auf ein Konzert gehe, dann will ich richtige Musik und keine Konserve oder Leute, denen man anmerkt, dass sie ohne ausgefeilte Tontechnik keinen Ton singen können.

*seufz* Richtig gute Konzerte - an die ich mich noch erinnern kann - waren die von Gary Moore, ZZ Top oder Bryan Adams. Früher mal. :-)*g*Für mich nur Musik gut, die man ohne aufwändiges Equipment fabrizieren kann. An die Instrumente, fertig und los. Nicht der ganze Computerscheiß, der einem heute untergejubelt wird...

*grübel* Ich glaube, so redet man erst, wenn man...

... alt wird. :-((

Anonym hat gesagt…

Ujuijui...da erwartet die Leute hier in Basel ja einiges......Schlechtes!! Bat out of Hell kam 1977 raus (waaaas, vor 30!!!!! Jahren, man bin ich alt) und war absolut genial; er hätte dann schon aufhören sollen!! Aber hinterher ist man ja immer schlauer @sisou: es gibt aber auch geile Konzerte/Musik, die nicht (nur) handgemacht ist: Faithless oder Seeed z.B.! @singamoebe: Manchmal ist das Management (oder sind's die Künstler gar selbst)doch nicht so blöd: siehe POLICE oder GENESIS.

Der_grosse_Transzendentale_Steini hat gesagt…

Traurig, sowas. Er hätte vollständig als Dauer-Nebendarsteller in die Schauspielbranche wechseln sollen: in Fight Club war er super.

Aber seh dein Eintrittsgeld einfach als kleine Belohnung für die vielen Stunden mit seiner Musik und die Kohle hilft ihm vielleicht bei der Begleichung der Arztkosten...

Anonym hat gesagt…

ole said...
ich muss steini beipflichten, ich zahle meinen mittlerweile musikalisch aehnlich schwachen und auftrittstechnisch komplett verpeilten heroen aus der jugendzeit (u.a. andrew eldritch) auch so ne art rente, in dem ich immer wieder auf die konzerte gehe...die ham irgendwie noch was gut bei mir...

Anonym hat gesagt…

Ich gehe mal davon aus, das Du das Konzert in Hamburg besucht hast. In Köln war es genauso miserabel. Er hätte am besten nur das Publikum mitsingen lassen sollen.

Einzige Lichtblicke waren die Band, und natürlich auch die Backgroundsängeringen, die nicht nur mit einer beeidruckenden Stimme überzeugen konnten.

Also für die Fans, die Ihr Konzert noch vor sich haben: Erwartet nicht zu viel. Leider traurige Wahrheit. Mit dieser Tour demontiert er sein eigenes Denkmal!

Bob hat gesagt…

Mannomann. So was blödes. Ja. Zu wissen wann man aufzuhören hat kann hart sein. Wenn Du einmal den Erfolg geschnuppert hast (bei mir zum Glück nie passiert;) ist das wie ne Droge, deren Entzug du nicht verhindern kannst. Ich hoffe nur das er das auch gesundheitlich durchsteht. Der war ja bereits vor etlichen Jahren (odr immer schon?) fettleibig und aufgedunsen. Da ist so ne Rock´nRoll Maschine nicht gerade die beste Kur.
Ach... vertrete ich den Bub eben das nächste Mal;)

Kühles Blondes hat gesagt…

sisou, bei brian adams war ich die woche vorher ;). super konzert.
ja lexi, in hamburg. und ja mike, mach dich auf was gefaßt. steini und ole, ich hatte die ehre, das konzert für umme zu besuchen. wenn ich dafür auch noch über fünzig euros rausgehauen hätte - und ich hätte - müßte ich mir sicher wieder ne neue tastatur besorgen, weil ich die jetzige beim schreiben tränenreich unter wasser gesetzt hätte.
bob, versprochen? hast du jemanden, der dir ein fatsuit näht?