Ich habe es in den Knochen. Es wird Herbst. Ja, auch draußen. Aber auch hier, drinnen, bei mir. Es kribbelt langsam durch den großen Zeh das Bein hoch und ich gucke interessiert an mir herunter und frage mich, wann dieses Kribbeln auch meinen Kopf erreicht hat.
Ich spüre, es wird Zeit für den Winterschlaf. Es wird Zeit für eine warme und gemütliche Höhle, in die man gerne, sicher und behaglich die dunkle Jahreszeit an sich vorbeiziehen läßt. In dieser Höhe sollten angenehme Farben vorherrschen, es sollte einem das Herz aufgehen, wenn man sie betritt um sich nach dem draußen herrschenden Gewetter aufzuwärmen.
Es sollten nicht in allen Ecken leere Weinflaschen herumstehen, die zwar von geselligen Abenden zeugen, aber am nächsten Tag den Charme eines bis unter den Rand gefüllten Aschenbechers im faden Licht eines bewölkten Morgens verbreiten. Mit entsprechendem Geruch. Es sollten auch nicht alle in den letzten Wochen getragenen Jacken statt auf der Garderobe über sämtliche Eßzimmerstühle gehängt sein. Und die ganzen kleinen Fliegen, die sich stets aus dem Nichts bereits tot auf der Fensterbank materialisieren, die gehören beerdigt. Die lagen da jetzt auch lange genug herum.
Der Berg Altpapier könnte der Abholung zugeführt werden und das Fahrrad wieder von seinem angestammten Platz im Flur in den Keller umziehen. Machen wir uns nichts vor. Benutzen werde ich es dieses Jahr nicht mehr.
Außerdem sollten Tine Wittler und die Maiglöckchen-Ernie bestellt werden und die gesamte Wohnung neu einrichten. Nee, Stopp. Halt. Auftragsstorno. Ich mag es zwar hübsch, aber möchte ich wirklich in einer Musterwohnung von Ikea leben? Mit erbsensuppenfarbenen Streifen an der Wand?
Ich hab das mal probiert. Als ich in diese Wohnung zog. Ohne die Erbsensuppe. Stylish minimalistische Einrichtung im Eßzimmer. Klare Linien und klare Farben. Hei fand ich das schick. Es hielt drei Monate. Bis ich fünf Wochen in Berlin arbeitete und dort in einem ähnlich minimalistisch (aber deutlich langweiliger) eingerichteten Apartement lebte. Wieder zu Hause stand mir der Sinn nach einem Zuhause. Ich wollte leben wo ich wohne. Und das wollte ich auch sehen. Diese klare Ordnung ist ja sowas von hübsch. Und sowas von unpersönlich.
Also, nicht übertreiben mit dem Höhlebautrieb. Aber die leeren Flaschen müssen weg.
Ich muß jetzt schließen. Mein Staubsauger steht neben mir und fordert mich zum Tanz.
3 Kommentare :
Höhlen sind klasse...und die Jacken überm Stuhl haben Charme...wer minimalistisch steril lebt, ist auch im Kopf minimalistisch und steril...ähm...kannst du bei mir weitermachen, dann kann ich zum Friseur ;)
Stimme dir voll und ganz zu!
Ach, Du sprichts mir mal wieder aus dem Herzen. Ob das wohl genetisch bedingt ist, daß ich mich so oft in Deinen Texten wiederfinde ;)
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