Wißt ihr noch was ihr werden wolltet als ihr klein wart? Ich muß jetzt wirklich ein wenig überlegen, denn das war nicht wenig. Keine Garantie abgebend für die korrekte Chronologie vermute ich, daß meine erste Vorstellung sicher eine große Tierarztphantasie war. Nee. Falsch. Das kam erst später. Eigentlich wollte ich, glaube ich, Fleischereifachverkäuferin werden. Die korrekte Berufsbezeichnung ging mir damals natürlich total ab. Für mich waren das die Frauen die Wurst verkauften. Und ich stand bei jedem Aufschnittkauf grün vor Neid vor der Theke und starrte begehrlich dieses Metallmonstrum an, mit dem die Damen damals wie heute den Bon an die Wursttüte tackerten.
Herrjeh wollte ich sowas haben. Ich wollte unbedingt auch mit diesem Inbegriff der Macht über Schnitzel und Sülze, diesem Symbol dafür, endlich erwachsen zu sein, Bons an Tüten tackern, einfach so Wurstscheiben an Kinder verteilen und "Schöön´ Tach noch" schmettern. Ja. Das wollte ich. Zum Glück habe ich diesen Wunsch nicht verfolgt. Wir haben nämlich einen solchen Wursttütentacker im Büro für die kleinen Hefterchen, und ich gebe zu, der Spaß ist schnell Ernüchterung gewichen.
Stempeln fand ich auch geil. Bei der Post hätte ich auch gern gearbeitet. Aber das war nur kurz.
Aber dann kam die Nummer mit dem Tierarzt. Das bot sich sozusagen von Haus aus an. Zwar waren wir genetisch nicht tierärztlich vorbelastet, dafür hatten wir immer viel Geviech. In erster Linie Hunde. Mindestens zwei, meistens drei. Und Vögel und Katzen und Meerschweinchen auch. Die aber nur so lange, bis uns schließlich unser letztes, Houdini war sein Name, aus dem Käfig, den wir zusätzlich mit einer großen Glasscheibe gesichert in die Sonne gestellt hatten, flüchtete und verschwand. Nomen est omen. Seit vorsichtig, welche Namen ihr euren Kindern gebt...
Durch die Tiere und dadurch, daß wir alle ein bis zwei Jahre eine Horde Welpen im Haus herumlaufen hatten, war ich damals häufiger beim Tierarzt als beim Kinderarzt. Das prägt. Der Tierarzt hatte einen Beo. Einen dieser unglaublich sprachgewandten Biester, der, wenn die Welpen zu irgendwelchen frühkindlichen Aktionen beim Doc vorstellig waren, deren Gewinsel so täuschend echt nachmachte, daß die Mutterhündin, die mit mir im Wartezimmer bleiben mußte, dieses erst einmal gepflegt auseinandernahm aus Sorge um ihre Brut.
Leider muß ich zugeben, daß ich für den Beruf des Tierarztes in keinster Weise geeignet war. Ich hätte nicht einmal eine Zecke aus dem Fell eines Hundes ziehen können ohne ohnmächtig zu werden. Außerdem taten mir die Biester immer leid. Ich hatte auch nie gern Spritzen bekommen. Und mochte das den Viechern auch nicht zumuten. Und wenn denn tatsächlich mal der schwere Tag kam, an dem wir uns von einem Hund auf nicht ganz natürlichem Weg verabschieden mußten weil er litt, dann wollte ich auch nicht in seiner Haut sein. In der des Tierarztes meine ich.
Also, Tierarzt war nix für mich. Tierärztin auch nicht.
Danach folgten die unausweichlichen depressiven pubertären Phantasien. Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, schwebte mir damals vor, Biologin zu werden. Und die Verhaltensweisen von Pinguinen in der Arktis zu erforschen. Ga-ha-hnz allei-schluchz-ne. In einer Forscherhütte im Eis. Ohne Menschen. Viel Landschaft, ein paar Tiere und ich. Gottchen, was tat ich mir damals leid.
Als ich älter wurde, wollte ich unbedingt Journalistin werden. In Deutsch war ich meistens gut. Im Gegensatz zu diesem Landkartenunterricht oder "Werte und Normen". Wah. Also Journalist. Was macht man, wenn man in einer Kleinstadt Journalist werden möchte? Man macht ein Praktikum beim örtlichen Käseblatt. Das tat ich auch und war kuriert. Mein Leben lang über die örtlichen Karnickelzüchtervereinsjahresversammlungen (was für ein Wort) berichten, da stand ich ja gar nicht drauf. Kritik an meinen Texten? Das ging gar nicht. Wenn ich etwas für gut befinde, dann ist das gut. Punkt.
Also wurde ich immer älter und irgendwann kam ich auch an den Punkt, wo ich mir über die tatsächliche Berufswahl gedanken machen mußte. Und was machte ich dummes postpubertierendes Huhn? Ich dachte mir: Hey, alle fragen dich, was du jetzt beruflich machst. Und dann sagt man: Rate mal. Also, mußte ich, um den Spaß für mich in optimiertem Rahmen zu halten, etwas lernen, wo nieeeemals jemand drauf kommt. Und machte das auch. Jugendlichen sollte man verbieten, eigene Entscheidungen zu treffen..
Ich überlegte also, was wohl ein Beruf wäre, den mir niemand zutrauen würde, und begann eine Lehre bei einem Rechtsanwalt. Da lernte ich dann alles mögliche, unter anderem "viel arbeiten für wenig Geld". Da genau diese Qualität bei Banken damals gern genommen war, landete ich da, wo ich jetzt bin. Also, nicht ganz. Ein paar Abteilungen hab ich schon durchlaufen und ich verdiene auch nicht mehr so viel wie bei dem Anwalt, eher mehr, aber diese alberne Jugendsünde hat meinen Weg gezeichnet.
Dabei wollte ich doch eigentlich nur Wurst verkaufen.
6 Kommentare :
mein erster berufswunsch war schlagersingender fußballstar ;)
Bine, das mit der Bank ist doch was hoch seriöses. Stell Dir vor, Du wärest Schauspielerin geworden, oder Schaustellerin, oder Schauschau... ach nee, den schreibt man ja Chowchow :-)
Du könntest jetzt natürlich noch Autorin werden. Das fänd ich gut ;-)
Als erstes wollte ich Piratenbraut werden, dann Indianerprinzessin. Als ich erkannte, mit weissblonden Haaren, die ich als Kind hatte, wirkt man in beiden Rollen nicht überzeugend, wollte ich Krankenschwester werden. Tja...das habe ich dann auch gelernt. Ich erkannte aber schnell, meine soziale Ader hat ihre Grenzen und ich wurde etwas anderes.. ;)
Äh meine Wortbestätigung ist gerade IMKER...soll ich ne Umschulung beantragen?
piratenbraut will ich immer noch werden. das ist ein beruf?
schlagersingende piratenprinzessin mit blauer zunge am millerntor mit schreibblock(ade).
traumberuf. aber ich kann nicht singen.
ich auch nicht, deswegen habe ich meine karriere als fußballstar aufgegeben
Wenn ich groß bin möchte ich immernoch Spielerfrau werden...
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