Irgendwie fühle ich mich grade wie ein dickes Haustier mit buntem Steinchenhalsband, bequemen Kissen und einem eigenen Zimmer. Stets sind die Näpfe gefüllt und an Leckerlis ist auch kein Mangel. Ein wenig feist ist es schon, daß ich Montag schon wieder in den Urlaub fahre. Da bin ich eben gerade erst wieder aus der Schweiz zurück, kam gar nicht dazu, mich wieder urlaubsreif zu stressen und steige nun schon wieder in den Flieger um mich eine Woche lang in türkischer Sonne bräunen zu lassen.
Ich fahre gut erholt in den Urlaub. Gibt es etwas dekadenteres? Dabei gibt es so viele andere arme Menschen, die sich täglich in ihrem Leben, im Privaten und im Job, eine kleine Hölle bauen, damit sie ein Mal im Jahr, neben Karneval, einen Grund haben, "mal rauszukommen", "mal was anderes zu sehen", "mal die Seele baumeln zu lassen". Sich mal was zu gönnen.
Ich mache ich die ganze Zeit nichts anderes. Ich habe das so gelernt. In den Jahren des Lebens, in denen man sich mit der Selbstfindung befaßte, wurden die Samen dafür gepflanzt. Ich komme raus, ich sehe anderes und ich lasse stets meine Seele baumeln, daß ich mich schon ganz labberig fühle. "Genieße jeden Tag, als wäre er dein letzter". Jaja. "Lebe dein Leben hier und jetzt". Jaha. "Sorge dich nicht, lebe". Hmmmm.
Natürlich habe ich auch Sorgen. Klar. Aber es sind mehr diese kleinen Luxussorgen. Mehr so die Falte in der Socke, die nervt, kein Damoklesschwert weit und breit. Nichts was wirklich lebensnotwendig wäre. Und diese kleinen unnötigen Luxussorgen sollen das Gegengewicht zum harten Jäger- und Sammlerleben bilden, damit ein vernünftiges Jingjangdingdong zustandekommt? Welches harte Jäger- und Sammlerleben? Mir fliegen zwar die gebratenen Tauben nicht in den Mund, ich esse nicht täglich Kaviar und Wachteln. Aber mit Essen auf Rädern ist das schon zu vergleichen.
Dingdong, Napf voll. Wahrscheinlich würde ich das Damoklesschwert, wenn es mal auf Besuch käme, interessiert beschnuppern, es für uninteressant erachten, zwei Meter weiter nach links robben und weiterschlafen.
Eigentlich kann ich ganz schön froh sein, oder? Doch gewinnen da die kleinen Sorgen nicht die quantitative Qualität einer Existenzsorge? Nicht, daß ich dringend "HIER" gröhlen würde, wenn die nächsten Existenzsorgen verteilt werden, aber all die Energie, die andere Menschen dafür aufwenden müssen, sich die Margarine fürs Brot aus irgendwelchen Ecken zu kratzen, verpufft in Gedankenspielen über Banalitäten. Ich bin zwar nicht reich, aber für Butter reicht es allemal.
Schwieriges Problem. Nicht wahr?
Ich werde es genießen. Irgendwann schlägt vielleicht das Schicksal zu und dann ist es gut zu wissen, daß mich der mentale Zivilisationsspeck am metamorphorischen Hintern im Notfall mindestens zwei Wochen am Leben erhalten wird. Das ergibt Sinn.
4 Kommentare :
vielleicht solltest du lebensratgeber für die dekadenten neuzeitler schreiben. sowas wie: "sorge dich, aber richtig verdammich nochmal und zwar über jeden furz"
dann wirst du gaaaanz schnell reich und müßtest dir sorgen machen, was du mit dem vielen geld machst.
geht mir ganz genauso.. ich lass das stressige leben einfach an mir vorbeiziehen; was soll ich mich über etwas aufregen, das ich eh nicht ändern kann? (stichworte politik oder wetter..) und was ich ändern kann, lässt sich auch gelassen ändern.
gleichzeitig bin ich überzeugter single ohne auto, und da man/frau nach abzug der fixkosten sonst das meiste übrige geld für partner und/oder kinder und/oder auto braucht, lebe ich so ziemlich gut..
wie sagte Woody Allen mal (frei übersetzt):
die ehe (/partnerschaft) ist der versuch, zu zweit mit den problemen fertig zu werden, die man alleine niemals gehabt hätte..
Jep, geht mir genauso. Wenn ich nicht völlig leichenblass, abgearbeitet und mit tiefliegenden Augen in Urlaub gehe, habe ich ein echt schlechtes Gewissen. Aber sieh es einfach als Bildungsreise oder so.
Ich bin übrigens ein Cockerspaniel.
langer, du hast doch immer die besten ideen. die sorgen hätte ich wirklich gern. ich setzt mich gleich an den plot..
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