Freitag, November 10, 2006

Kollegen

Seit nunmehr über fünfzehn Jahren trage ich an den meisten Tagen des Jahres meinen müden Körper in eine Bank Und immer wieder schaue ich verwundert um mich und schaffe es nicht, meine landläufigen Kleinmädchenphantasien hinsichtlich des Wesens von Bänkern mit dem zu synchronisieren, was mir so tagtäglich im wahrsten Sinne des Wortes vorbeigeht.

Merkwürdigerweise habe ich in all den Jahren fast nur mit Menschen zusammengearbeitet, welche zwar grundsätzlich einmal nett sind, aber weit entfernt von dem, was man als "normal" bezeichnen würde. Eine Kollegin drückte es gestern aus, wie ich es nicht besser könnte: "Stehen die morgens vorm Spiegel, feuern mit der nackten Hand eine vermeintliche Pistole auf ihr Spiegelbild und sagen zu sich "Hey Baby, du bist so wunderbar verschroben"?.

Das Kuriositätenkabinett folgt mir auf dem Fuße. Ich beginne langsam, das persönlich zu nehmen. Gestaltet meine Umwelt mich, oder ich meine Umwelt? Es wird Zeit darüber nachzudenken und Konsequenzen zu ziehen. Was darauf hinauslaufen wird, daß ich mich dann wohl ab nächster Woche dem allgemeinen Irrsinn anpasse. Ich werde es dadurch zu unterstreichen wissen, daß ich meine Unterwäsche über der Kleidung tragen werde. Realistisch betrachtet wird das niemandem auffallen.

Ich habe einen Kollegen, der aussieht wie ein Ball und seine Nachmittage damit verbringt, in seinem Büro zu sitzen und Fischdosen zu löffeln, wir nennen ihn "Free Willy", ich habe einen Kollegen, der es schafft, einem eine Stunde lang ein Ohr abzukauen, ohne daß man auch nur annährend herausfindet, worüber er grad spricht. Zwar sind die Worte geläufig, weil er durchaus die deutsche Sprache benutzt, aber der Sinn muß verborgen bleiben, weil er nur halbe Sätze spricht und dabei nuschelt. Ich habe eine Kollegin, die die Wahl zum Maskottchen örtlicher Hypochondervereine mit Abstand gewinnen würde. Sie verbringt ihre Arbeitszeit größtenteils in den Wartezimmern umliegender Ärzte. Weil sie einen steifen Nacken hat. Oder es "hier" wehtut wenn man drückt.

Ich habe einen Kollegen, der seine Frisur mit der von Prinz Eisenherz teilt und einen, der seine durchaus vorhandene Fachkompetenz selbst so toll findet, daß er abwechselnd klugscheißert und sich mit Weihrauch und Rosenblättern begießt. Und einen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, andere Kollegen aus seinem direkten Umfeld zu vergraulen. Mit Recht dürfte man ihn "Herrn-mit-dem-arbeite-ich-nicht-mehr" nennen. Aber ich mag ihn. Dann gibt es noch den Herren, der immer mit einem gehetzt gestressten Blick umherwandert, obwohl er eigentlich gar nichts zu tun hat. Es bietet sich eben immer an, überarbeitet zu wirken, um drohender Beschäftigung aus dem Weg zu gehen.

Und ich arbeite auch noch da. Jeder so wie er es verdient. Aber es hätte schlimmer kommen können.

Machen wir uns nichts vor. Lieber teile ich meine Zeit mit dem liebenswert skurrilen Alltagskabarett, als mit der anderen in einer Bank weit verbreiteten Spezies von Kollegen mit den hautfarbenen Badekappen und der Tube Vaseline im Anschlag. Arschkriecher sind in meiner kleinen Nachbarschaft zum Glück dünn gesäät.

Also, nur mal so als Tipp: Wenn ihr bei uns durch die Gänge stromert und einen Menschen mit strahlendem Gesicht und ausgestreckten Armen begegnet, der euch überdurchschnittlich begeistert behändeschüttelt und mit einer etwas zu lauten Stimme anbrüllt: "Herr/Frau XY, ich grüüüüüüüße Sie", haut bloß schnell ab.

3 Kommentare :

Anonym hat gesagt…

Das passt heute noch besser ... auch wenn ich mir langsam wie ein Spammer vorkomme.

Kühles Blondes hat gesagt…

gibs zu, du willst aufm arm.. :)

Anonym hat gesagt…

Du weisst nicht, was Du auslöst, wenn Du sowas sagst ... *siehatmichbeachtettirili*